BGer I 42/2006 |
BGer I 42/2006 vom 26.06.2007 |
Tribunale federale
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{T 7}
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I 42/06
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Urteil vom 26. Juni 2007
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I. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Ursprung, Präsident,
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Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
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Gerichtsschreiberin Hofer.
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Parteien
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T.________, 1964, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecherin Daniela Mathys, Sulgeneckstrasse 37, 3007 Bern,
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gegen
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IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
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vom 12. Dezember 2005.
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Sachverhalt:
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A.
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A.a Die 1964 geborene T.________ war seit 1986 mit einem Pensum von 80% im sozialpädagogischen Bereich tätig. In den Jahren 1999 und 2001 musste sie sich wegen Rückenbeschwerden operieren lassen. Im Jahre 2001 traten zudem psychische Probleme auf. Unter Hinweis auf Rückenschmerzen und eine Depression meldete sie sich am 28. Dezember 2001 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an und beantragte Umschulung auf eine neue Tätigkeit sowie eine Invalidenrente. Die IV-Stelle Bern klärte die medizinischen Verhältnisse ab, indem sie Berichte von Frau Dr. med. M.________ und Dr. med. H.________ einholte und das neurochirurgische Gutachten von Frau Dr. med. L.________ vom 13./19. September 2002 sowie das psychiatrische Gutachten von Dr. med. E.________ vom 14. Oktober 2002 in Auftrag gab. Danach bestand aus psychiatrischer Sicht keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, während aufgrund der neurochirurgischen Erhebungen eine Arbeitsunfähigkeit von 20% (bezogen auf ein Vollpensum oder von 0% bezogen auf ein 80%iges Pensum) für die bisher ausgeübte Tätigkeit und eine volle Arbeitsfähigkeit für eine besser angepasste Tätigkeit attestiert wurde. Zudem liess die IV-Stelle die Verhältnisse im Haushalt vor Ort abklären (Abklärungsbericht Haushalt vom 24. April 2003). Gestützt auf diese Unterlagen wies sie das Leistungsgesuch hinsichtlich Rente und berufliche Massnahmen am 30. April 2003 verfügungsweise ab. Mit Verfügung vom 12. Mai 2003 lehnte sie auch den Anspruch auf Umschulung zur Naturheilpraktikerin ab, bejahte jedoch einen solchen auf Arbeitsvermittlung. Die dagegen erhobenen Einsprachen wies sie mit zwei separaten Entscheiden vom 19. Februar 2004 ab. Auf Beschwerde hin hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die beiden Einspracheentscheide auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen und zum Erlass neuer Verfügungen an die IV-Stelle zurück (Entscheid vom 16. Juli 2004).
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A.b In Nachachtung des kantonalen Rückweisungsentscheids ordnete die IV-Stelle mit Mitteilung an die Versicherte vom 16. August 2004 und den Gutachter vom 30. August 2004 eine spezialärztliche Untersuchung durch den Neurochirurgen Dr. med. R.________ an. Mit Eingabe vom 27. August 2004 lehnte die Rechtsvertreterin von T.________ eine medizinische Abklärung durch diesen Arzt ab mit der Begründung, die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit sei nicht von einem Neurochirurgen, sondern von einem Neurologen vorzunehmen. Zudem sei Dr. med. R.________ befangen, da er während längerer Zeit mit Frau Dr. med. L.________ zusammen gearbeitet habe. Gleichzeitig unterbreitete sie Gegenvorschläge. Die IV-Stelle hielt mit Verfügung vom 3. September 2004 an der Begutachtung durch Dr. med. R.________ fest. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern nach Einholung der Stellungnahme des Arztes vom 15. November 2004 mit Entscheid vom 16. Dezember 2004 ab.
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A.c Am 31. Dezember 2004 gelangte die Rechtsvertreterin von T.________ an Dr. med. R.________ und ersuchte diesen, den Begutachtungsauftrag abzulehnen. Falls er damit nicht einverstanden sei, wünsche sie, bei der Untersuchung anwesend sein zu können. Mit Schreiben vom 4. März 2005 forderte die IV-Stelle die Versicherte unter Hinweis auf deren Mitwirkungspflicht und mögliche Folgen einer Verletzung derselben auf, dem Aufgebot des Neurochirurgen nachzukommen, ansonsten die Abklärungen eingestellt und Nichteintreten beschlossen oder aufgrund der Akten verfügt werde. Es sei am Arzt zu bestimmen, wer an der Untersuchung teilnehme. Am 30. März 2005 forderte Dr. med. R.________ die Versicherte auf, sich am 13. April 2005 in seiner Praxis einzufinden. Nach einer telefonischen Unterredung mit der Rechtsvertreterin der Versicherten vom 5. April 2005 hielt er mit Schreiben vom 6. April 2005 am festgesetzten Datum fest mit dem Hinweis, dass die Untersuchung unter Ausschluss von Drittpersonen durchgeführt werde. Daraufhin liess die Versicherte am 8. April 2005 mitteilen, wegen einer Terminkollision könne sie dem kurzfristigen Aufgebot keine Folge leisten. Gleichzeitig machte sie einen gesetzlichen Anspruch auf Begleitung durch eine von ihr bestimmte Drittperson geltend. Dr. med. R.________ erklärte sich in der Folge bereit, den Untersuchungstermin auf den 24. Mai 2005 zu verschieben. Die Anwesenheit einer Drittperson lehnte er ab. Am 14. April 2005 erklärte sich T.________ mit der Durchführung der Begutachtung grundsätzlich einverstanden, bestand jedoch auf der Begleitung durch eine Drittperson. Nachdem Dr. med. R.________ die IV-Stelle am 25. Mai 2005 informiert hatte, dass die Versicherte den vereinbarten Termin unentschuldigt nicht wahrgenommen hatte, wies die IV-Stelle das Leistungsbegehren mit Verfügung vom 3. Juni 2005 erneut ab. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 21. Juli 2005 fest.
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B.
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Die dagegen geführte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 12. Dezember 2005 ab (Dispositiv-Ziffer 1). Wegen mutwilliger Prozessführung auferlegte es der Versicherten Verfahrenskosten von Fr. 1000.- (Dispositiv-Ziffer 2).
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C.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt T.________ das Rechtsbegehren stellen, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihr die gesetzlichen Leistungen zu erbringen.
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Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz 75) und es wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 395 Erw 1.2).
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2.
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Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann in Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104 und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilt werden, wobei das Gericht an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden ist. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen nicht, wenn der angefochtene Entscheid Leistungen der Invalidenversicherung betrifft. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 ist indessen auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung beim Eidgenössischen Versicherungsgericht anhängig gemachten Beschwerden bisheriges Recht anwendbar. Da die hier zu beurteilende Beschwerde am 1. Juli 2006 beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängig war, richtet sich die Kognition des nunmehr urteilenden Bundesgerichts nach der bis Ende Juni 2006 gültigen Fassung von Art. 132 OG, welche dem neuen Abs. 1 entspricht.
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3.
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Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Pflicht der Versicherungsträger zur Abklärung des Sachverhalts (Art. 43 Abs. 1 ATSG) und die Mitwirkungspflicht der Versicherten, insbesondere die Verpflichtung, sich den von den Versicherungsträgern angeordneten notwendigen und zumutbaren ärztlichen Untersuchungen zu unterziehen (Art. 43 Abs. 2 ATSG), sowie die Befugnis der Versicherer, bei unentschuldbarer Verletzung der Mitwirkungspflicht aufgrund der Akten zu verfügen oder die Erhebungen einzustellen und Nichteintreten zu beschliessen, und das dabei zu beachtende Vorgehen (Art. 43 Abs. 3 ATSG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Beizufügen ist, dass die IV-Stelle gemäss Art. 73 IVV (in der seit 1. Januar 2004 in Kraft stehenden Fassung), unter Ansetzung einer angemessenen Frist und Darlegung der Säumnisfolgen, aufgrund der Akten beschliessen oder die Abklärungen einstellen und Nichteintreten beschliessen kann, wenn Versicherte schuldhaft eine ärztliche Untersuchung (Art. 49 Abs. 2 IVV), eine Begutachtung (Art. 69 Abs. 2 IVV), das Erscheinen vor der IV-Stelle (Art. 69 Abs. 3 IVV) oder Auskünfte (Art. 28 ATSG) verweigern.
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4.
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4.1 Streitig ist, ob die Beschwerdeführerin in entschuldbarer Weise der angeordneten medizinischen Begutachtung durch Dr. med. R.________ keine Folge geleistet hat. Die Versicherte stellt sich auf den Standpunkt, solange ihr das Recht verweigert werde, sich dabei durch eine Drittperson begleiten zu lassen, sei ihre Weigerung nicht schuldhaft. Die Vorinstanz verneinte unter Hinweis auf BGE 119 Ia 260 die Frage, ob sich eine versicherte Person, welche sich einer medizinischen Begutachtung zu unterziehen hat, dabei verbeiständen lassen kann.
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4.2 Nach Art. 37 Abs. 1 ATSG, der gemäss Art. 1 IVG auch im Verfahren vor der IV-Stelle gilt, kann sich die Partei, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, jederzeit vertreten oder verbeiständen lassen (frz. "se faire assister", ital. "farsi patrocinare"). Die Befugnis, sich vertreten oder verbeiständen zu lassen, hängt mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör zusammen (BGE 119 Ia 261 Erw. 6a; Urteil vom 29. September 1994 [1P.210/1994 Erw. 3]): Die Partei ist Subjekt in einem sie betreffenden Verwaltungsverfahren (BGE 116 Ia 99 Erw. 3) und hat deshalb das Recht, am Verfahren teilzunehmen und sich dazu zu äussern (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 42 ATSG). Sie kann dieses Recht selber wahrnehmen oder durch einen Vertreter wahrnehmen lassen oder sich dabei durch einen Beistand unterstützen beziehungsweise begleiten lassen. Dies gilt auch dann, wenn die Behörde Beweismassnahmen durchführt, an denen die Partei kraft ihrer Parteiqualität teilnehmen kann. Ein grundsätzlicher Anspruch auf Teilnahme besteht insbesondere bei Zeugeneinvernahmen und Augenscheinen (Art. 18 VwVG in Verbindung mit Art. 55 ATSG; BGE 121 V 152 f. Erw. 4, 119 V 211 f. Erw. 3, 119 Ia 262 Erw. 6, 116 Ia 99 f. Erw. 3; Michele Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S. 352 ff.). Demnach besteht selbstverständlich ein Anspruch darauf, sich bei derartigen Beweismassnahmen vertreten oder verbeiständen zu lassen (BGE 132 V 445 Erw. 3.3).
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4.3 Hingegen haben die Parteivertreter nach der Rechtsprechung keinen Anspruch darauf, an einer durch einen Sachverständigen durchgeführten Begutachtung teilzunehmen (BGE 119 Ia 262 Erw. 6c, 99 Ia 47 Erw. 3). So hat das Bundesgericht auch entschieden, dass im Rahmen eines Strafverfahrens Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht verletzt wird, wenn der Verteidiger an der Abnahme einer Schriftprobe nicht anwesend sein konnte (BGE 132 V 446 Erw. 3.4; Urteil vom 14. September 1999 [1P.405/1999 Erw. 3d]).
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4.4 Diese Differenzierung zwischen Verhandlung vor einem Gericht oder einer Behörde einerseits und einer Begutachtung durch Experten andererseits rechtfertigt sich insbesondere dann, wenn die Partei in einem Verfahren selber Gegenstand der Beweismassnahme ist, namentlich wenn es darum geht, den Gesundheitszustand der betroffenen Person abzuklären. Dabei ist diese Person - anders als etwa bei einem Augenschein, wo es darum geht, unter Mitwirkung der Parteien das Augenscheinsobjekt zu betrachten und zu würdigen - nicht in erster Linie als Verfahrenspartei beteiligt, die sich zum Begutachtungsobjekt äussert, sondern sie wird selber begutachtet (BGE 122 II 469 Erw. 4c). Es geht darum, dass der medizinische Begutachter eine möglichst objektive Beurteilung vornehmen kann, was bedingt, dass diejenigen Rahmenbedingungen zu schaffen sind, die aus wissenschaftlicher Sicht am ehesten geeignet sind, eine solche Beurteilung zu ermöglichen (BGE 119 Ia 262 Erw. 6c). Es muss eine Interaktion zwischen der begutachtenden und der zu begutachtenden Person stattfinden (Hans-Jakob Mosimann [Hrsg.], Aktuelles im Sozialversicherungsrecht, Zürich 2001, S. 255 ff., 256 f.). Die Begutachtung soll möglichst ohne äussere Einflussnahmen vorgenommen werden (Ulrich Meyer-Blaser, Das medizinische Gutachten aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht, in: Siegel/Fischer [Hrsg.], Die neurologische Begutachtung, Zürich 2004, S. 91 ff., 107; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts vom 16. Juli 2001, Erw. 4a, 5P.164/2001). Die Anwesenheit eines Rechtsbeistandes wäre diesem Zweck nicht dienlich: Dessen Aufgabe ist es, die Interessen seiner Klientschaft zu wahren. Er kann zu diesem Zweck auch einseitige Ansichten vertreten und entsprechend im Verfahren intervenieren. Eine solche Intervention verträgt sich indessen nicht mit der wissenschaftlichen Begutachtung, wo es - ähnlich wie bei einer Zeugeneinvernahme, bei welcher sich der Zeuge auch nicht verbeiständen lassen kann - darum geht, dem Gutachter ein unverfälschtes und wahrheitsgetreues Bild zu verschaffen (BGE 132 V 446 Erw. 3.5). Die anders lautende Meinungsäusserung von Kieser (ATSG-Kommentar, N 7 zu Art. 37) setzt sich mit dem grundlegenden Unterschied zwischen Begutachtung und Verfahrensbeteiligung nicht auseinander und kann daher nicht überzeugen (BGE 132 V 447 Erw. 3.6).
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4.5 Während die Beschwerdeführerin zunächst die Anwesenheit ihrer Rechtsvertreterin bei der Begutachtung verlangt hatte (vgl. Schreiben an Dr. med. R.________ vom 31. Dezember 2004), wollte sie in der Folge von ihrem Lebenspartner begleitet werden. Obwohl dem vorerwähnten BGE 132 V 443 ff. die Verbeiständung durch einen Rechtsbeistand zugrunde lag, haben die dortigen Erwägungen mit der nachfolgenden Präzisierung grundsätzlich auch für die Anwesenheit jeder anderen Drittperson als "Beistand" bei einer ärztlichen Begutachtung Geltung. Im Rahmen der für die Erstellung eines medizinischen Gutachtens erforderlichen rein fachbezogenen körperlichen Untersuchung oder psychiatrischen Exploration ist nebst der zu begutachtenden Person die Teilnahme weiterer Personen im Regelfall nicht notwendig. Ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn ist dadurch im Normalfall nicht zu erwarten. Eine ergänzende Fremdanamnese kann gegebenenfalls auch nachträglich noch eingeholt werden. Um seinen Begutachtungsauftrag erfüllen zu können, ist es unumgänglich, dass sich der medizinische Experte einen zuverlässigen persönlichen Eindruck von der betroffenen Person verschaffen kann. Die Gegenwart einer dritten Person während der Exploration und Untersuchung, für die sich keine ärztliche Notwendigkeit ergibt, kann sich unter Umständen als kontraproduktiv erweisen und die Tatsachenfeststellung erschweren oder der Aufklärung des medizinischen Sachverhalts sonst wie abträglich sein. Nicht nur bei einer psychiatrischen, sondern auch bei der somatischen Begutachtung besteht nämlich die Gefahr, dass die Begleitperson das Wort ergreift, die Gesprächsführung für die zu begutachtende Person übernimmt und damit ihre eigene Einschätzung einbringt oder dass die versicherte Person sich nicht getraut, unbefangen eigene Aussagen zu machen (vgl. dazu Wolfgang Hausotter, "Beistände" bei Begutachtungen - aus Sicht des medizinischen Sachverständigen, in: Medizinische Sachverständige, 2007, S. 27 ff.). Es gilt auch zu vermeiden, dass die medizinische Untersuchung zum Anlass genommen wird, den Sachverständigen in ein Streitgespräch zu verwickeln. Eine kritische Auseinandersetzung hat vielmehr gestützt auf das schriftliche Gutachten zu erfolgen, welches den Parteien in der Folge zu diesem Zweck zuzustellen ist. Gesteht man der zu begutachtenden Person das Recht zu, auf ihren Wunsch hin eine Drittperson quasi als "Zeugen" bei der Begutachtung zuzulassen, müsste aus Gründen der Waffengleichheit auch dem Gutachter das Recht eingeräumt werden, eine medizinische Fachperson als "Beobachter" beizuziehen (vgl. auch BGE 132 V 447 Erw. 3.6), was die Begutachtung nur noch zusätzlich verkomplizieren würde. Nach dem Gesagten muss es dem Gutachter überlassen bleiben, im Einzelfall zu entscheiden, ob die Teilnahme einer Drittperson bei der Beugtachtung als notwendig erscheint. Es verhält sich somit ähnlich wie mit dem Beizug eines Dolmetschers, worüber ebenfalls der Gutachter im Rahmen sorgfältiger Auftragserfüllung zu befinden hat (vgl. dazu AHI 2004 S. 146 Erw. 4.2.1 [Urteil I. vom 30. Dezember 2003, I 245/00]).
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4.6 Wie bereits die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, sind keine objektiven Gründe ersichtlich, welche eine Begleitung der Versicherten zur neurochirurgischen Untersuchung durch Dr. med. R.________ als notwendig erscheinen liessen, zumal die Beschwerdeführerin nicht vorbringt, es sei ihr wegen Gebrechlichkeit, Hilflosigkeit oder einer anderen gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht zumutbar, sich ohne Dritthilfe der angeordneten medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Eine Unzumutbarkeit liesse sich auch nicht aus der rechtskräftigen Ablehnung der im früheren Verfahren von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Ablehnungsgründe gegen den Facharzt ableiten. Dass sie sich durch einen Arzt untersuchen lassen muss, den sie nicht kennt, liegt im System der parteiunabhängigen Begutachtung selbst begründet. Hinzu kommt, dass der Lebenspartner der Versicherten, welcher eine eigene Praxis als Naturarzt führt, gemäss den schriftlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin vom 2. Januar 2006 mit dem Gutachter Kontakt aufgenommen und eine Erklärung dafür verlangt hat, weshalb er nicht dabei sein dürfe. Es ist nicht auszuschliessen, dass er sich bei einer Teilnahme an der Untersuchung auch in medizinische Belange eingemischt und den medizinischen Gutachter so daran gehindert hätte, sich einen zuverlässigen persönlichen Eindruck von ihrem Gesundheitszustand zu verschaffen. Nicht zu überzeugen vermögen sodann die nicht näher begründeten Aussagen des Dr. med. B.________, Chefarzt Chirurgie des Bezirksspitals P.________, vom 9. Januar 2006 und des Dr. med. O.________, Leiter TCM-Abteilung des Bezirksspitals P.________, vom 12. Dezember 2005, wonach die Versicherte die bisherigen Untersuchungen als traumatisch erlebt habe, weshalb bei einer weiteren Untersuchung die Begleitung durch eine Vertrauensperson erlaubt werden sollte. Dasselbe gilt für die Ausführungen der Versicherten vom 2. Januar 2006. Es mag zwar zutreffen, dass sie eine Begutachtung als mühsam oder unangenehm empfindet. Dass sie die Untersuchungen durch Dr. med. E.________ und Dr. med. L.________ jedoch als eigentliches Trauma erlebt haben soll, ist nicht nachvollziehbar, zumal sich den entsprechenden Gutachten dafür keinerlei Anhaltspunkte entnehmen lassen und die Rechtsvertreterin in der Stellungnahme zum Vorbescheid weder solches vorbrachte noch besondere Vorkommnisse anlässlich der Begutachtungen erwähnte. Die Beschwerdeführerin kann sich daher nicht darauf berufen, die IV-Stelle hätte in Befolgung des Untersuchungsgrundsatzes einen Arzt mit dem Gutachten beauftragen müssen, der keine Einwände gegen die Begleitung durch eine Vertrauensperson erhebt.
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4.7 Nachdem die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 31. Dezember 2004 an Dr. med. R.________ gelangt war mit dem Ersuchen, den Gutachterauftrag wegen Befangenheit abzulehnen und zudem in Aussicht gestellt hatte, dass sie widrigenfalls bei der Untersuchung anwesend sein werde, stellte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 4. März 2005 unter Hinweis auf die Folgen einer Verletzung der Mitwirkungspflicht klar, dass sie an einer Begutachtung durch Dr. med. R.________ festhalte, wobei der Experte zu bestimmen habe, wer bei der Begutachtung anwesend sein könne. In Kenntnis der rechtlichen Konsequenzen einer Weigerung, der angeordneten Untersuchung nachzukommen, wandte sich die Rechtsvertreterin der Versicherten am 8. April 2005 erneut an Dr. med. R.________ und bestand auf der Teilnahme einer Drittperson mit der Wirkung, dass der Gutachter sein Mandat gemäss Schreiben vom 25. Mai 2005 niederlegte. Bei diesen Gegebenheiten hat das kantonale Gericht zu Recht geschlossen, die Beschwerdeführerin sei ihrer Mitwirkungspflicht in unentschuldbarer Weise nicht nachgekommen.
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5.
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5.1 Da die Beschwerdeführerin trotz korrekt durchgeführtem Mahn- und Bedenkzeitverfahren der medizinischen Abklärung keine Folge geleistet hatte, war die Verwaltung befugt, gemäss Art. 43 Abs. 3 ATSG und Art. 73 IVV aufgrund der Akten zu verfügen. Dies bedeutet, dass aufgrund der vorhandenen medizinischen Unterlagen - ohne das Ergebnis, welches wegen der fehlenden Mitwirkung der Versicherten nicht zustande kam - materiell über den Anspruch zu entscheiden ist. In diesem Sinne ist die IV-Stelle mit der durch den Einspracheentscheid vom 21. Juli 2005 bestätigten Verfügung vom 3. Juni 2005 vorgegangen und hat nach Prüfung des Anspruchs auf Leistungen der Invalidenversicherung (berufliche Massnahmen/Rente) das Leistungsbegehren abgewiesen. Das kantonale Gericht hat diesen Entscheid bestätigt.
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5.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird unter Hinweis auf BGE 108 V 231 vorgebracht, als Sanktion sehe das Gesetz einen Entscheid aufgrund der Akten oder das Nichteintreten auf das Leistungsbegehren vor, wobei der Versicherungsträger die für die versicherte Person günstigere Variante zu wählen habe. Gemäss diesem Urteil hängt die Beurteilung der Frage, wann die Verwaltung bei schuldhafter Unterlassung der notwendigen und zumutbaren Mitwirkung einen Nichteintretensentscheid und wann einen materiellen Entscheid aufgrund der vorhandenen Akten zu fällen hat, von den Umständen des Einzelfalles ab. Lässt sich der Sachverhalt ohne Schwierigkeiten und ohne besonderen Aufwand abklären, auch wenn der Gesuchsteller die Mitwirkung verweigert oder unterlässt, so wird die Verwaltung die betreffenden Erhebungen zu tätigen und anschliessend materiell zu entscheiden haben. Ebenso ist materiell zu entscheiden, wenn die vorliegenden Akten einen Teilanspruch begründen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Unterlagen den Schluss auf eine halbe Rente erlauben, hinsichtlich der ganzen Rente der Sachverhalt indessen ungenügend erhellt ist. In Grenz- und Zweifelsfällen ist die für die Gesuch stellende Person günstigere Variante zu wählen (BGE 108 V 231 f.).
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5.3 Im Rückweisungsentscheid vom 16. Juli 2004 hatte die Vorinstanz erwogen, angesichts der von der Versicherten im Einsprache- und im kantonalen Beschwerdeverfahren neu eingereichten medizinischen Unterlagen sei zweifelhaft, ob die Leistungsabweisung der Verwaltung rechtmässig sei. Der medizinische Sachverhalt müsse daher näher abgeklärt werden. Die Abklärung des Sachverhalts - auch in medizinischer Hinsicht - obliegt in erster Linie dem Versicherer (Art. 43 Abs. 1 ATSG). Anderseits hat die versicherte Person nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, am Verfahren mitzuwirken. Sie ist daher befugt, dem Versicherer Arztberichte oder andere Akten einzureichen, von welchen sie glaubt, dass sie für den Entscheid über den Leistungsanspruch von Bedeutung sein könnten. Sie verhält sich jedoch rechtsmissbräuchlich, wenn sie Arztberichte zu den Akten gibt und den Versicherer oder das angerufene Gericht daran hindert, die darin festgehaltenen Ergebnisse zu überprüfen und ihrerseits medizinische Abklärungen anzuordnen. Die IV-Stelle kann deshalb von der versicherten Person selbst veranlasste oder eingereichte Berichte über Tatsachen, die sie wegen fehlender Mitwirkung der versicherten Person nicht überprüfen kann, frei würdigen und allenfalls unberücksichtigt lassen.
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5.4 Da die bei den Akten liegenden medizinischen Unterlagen eine Bejahung des Leistungsanspruchs nicht zulassen, ist in Übereinstimmung mit der Vorinstanz nicht zu beanstanden, wenn die IV-Stelle das Leistungsbegehren gestützt auf die Akten erneut abgewiesen hat. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin weder im vorinstanzlichen noch im letztinstanzlichen Verfahren ihren materiellen Antrag auf gesetzliche Leistungen der Invalidenversicherung näher begründet hat.
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6.
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Die Beschwerdeführerin beanstandet des Weitern, dass ihr das kantonale Gericht Verfahrenskosten auferlegt hat.
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6.1 Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht ist grundsätzlich kostenlos. Einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, können jedoch eine Spruchgebühr und die Verfahrenskosten auferlegt werden (Art. 61 lit. a ATSG).
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6.2 Die vor dem Inkrafttreten des ATSG am 1. Januar 2003 ergangene Rechtsprechung zu den bundesrechtlichen Begriffen der Mutwilligkeit und des Leichtsinns bleibt auch nach diesem Datum weiterhin massgebend (SVR 2004 EL Nr. 2 S. 6 Erw. 3 [= Urteil M. vom 4. September 2003, P 23/03]). Mutwillige oder leichtsinnige Prozessführung ist demnach gegeben, wenn eine Partei Tatsachen wider besseres Wissen als wahr behauptet oder ihre Stellungnahme auf einen Sachverhalt abstützt, von dem sie bei Beachtung der ihr zumutbaren Sorgfalt wissen müsste, dass er unrichtig ist. Mutwillig ist ferner das Festhalten an einer offensichtlich gesetzeswidrigen Auffassung. Leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung liegt aber so lange nicht vor, als es der Partei darum geht, einen bestimmten, nicht als willkürlich erscheinenden Standpunkt durch das Gericht beurteilen zu lassen. Die Erhebung einer aussichtslosen Beschwerde darf sodann einer leichtsinnigen oder mutwilligen Beschwerdeführung nicht gleichgestellt werden. Das Merkmal der Aussichtslosigkeit für sich allein lässt einen Prozess noch nicht als leichtsinnig oder mutwillig erscheinen. Vielmehr bedarf es zusätzlich des subjektiven - tadelnswerten - Elements, dass die Partei die Aussichtslosigkeit bei der ihr zumutbaren vernunftgemässen Überlegung ohne weiteres erkennen konnte, den Prozess aber trotzdem führt. Mutwillige Prozessführung kann ferner darin begründet liegen, dass eine Partei eine ihr in dieser Eigenschaft obliegende Pflicht (Mitwirkungs- oder Unterlassungspflicht) verletzt (BGE 128 V 324 Erw. 1b mit Hinweisen).
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6.3 Die Vorinstanz hat das Verhalten der Beschwerdeführerin als mutwillig qualifiziert mit der Begründung, diese habe zunächst lediglich Ablehnungsgründe gegen den medizinischen Gutachter vorgebracht. Erst nachdem diese mit Entscheid vom 16. Dezember 2004 abgewiesen worden seien und eine erneute Aufforderung, sich der Begutachtung zu unterziehen, ergangen sei, habe sie geltend gemacht, sie wolle sich nur in Begleitung einer Drittperson ärztlich untersuchen lassen. Nach BGE 125 V 404 Erw. 3 hätte sie indessen sämtliche Anträge und Einwendungen gegen die Untersuchungsmassnahmen auf einmal vorbringen müssen. Das Beschwerdeverfahren sei offensichtlich im Bestreben eingeleitet worden, die Beurteilung durch einen anderen Gutachter zu erzwingen.
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6.4 Nachdem die Vorinstanz nach Einholung einer Stellungnahme des Dr. med. R.________ das Ausstandsbegehren mit Entscheid vom 16. Dezember 2004 abgewiesen hatte, gelangte die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin am 31. Dezember 2004 an den Arzt und teilte ihm mit, da er über die vorgebrachten Einwände gegen ihn als Gutachter sehr ungehalten reagiert habe, sei die Versicherte über die bevorstehende Begutachtung beunruhigt. Falls er den Gutachterauftrag trotz der unerfreulichen Vorgeschichte annehme, werde sie angesichts der schwierigen Konstellation bei der Begutachtung anwesend sein. In der Folge weigerte sich die Versicherte, sich ohne die Anwesenheit einer Drittperson zur Begutachtung zu begeben. Daraus erhellt, dass sich das Ersuchen, zur gutachterlichen Untersuchung eine weitere Person zuzuziehen, erst aufgrund des Ergebnisses des Ablehnungsverfahrens gegen den Gutachter ergab und somit nicht bereits in jenem Verfahren geltend gemacht werden konnte. Dass ein entsprechender Antrag bereits im Verfahren um den Ausstand des Gutachters hätte vorgebracht werden müssen, kann dem von der Vorinstanz erwähnten BGE 125 V 404 Erw. 3 nicht entnommen werden. Hinzu kommt, dass die Frage, ob die zu begutachtende Person sich bei der medizinischen Abklärung durch eine Drittperson begleiten lassen kann, von gewissen Autoren grundsätzlich bejaht wird (vgl. beispielsweise Kieser, ATSG-Kommentar, N 8 zu Art. 37) und im vorliegenden Verfahren zu grundsätzlichen Erwägungen Anlass gegeben hat. Indem die Beschwerdeführerin einen Entscheid über die Zulässigkeit einer Verbeiständung bei der medizinischen Untersuchung angestrebt hat, kann ihr demnach nicht leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung vorgeworfen werden. Der vorinstanzliche Entscheid ist daher im Kostenpunkt aufzuheben.
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7.
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Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 Satz 1 OG). Der teilweise obsiegenden Beschwerdeführerin ist eine reduzierte Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit Art. 135 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 12. Dezember 2005 aufgehoben. Im Übrigen wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 200.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
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Luzern, 26. Juni 2007
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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