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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_156/2007 /hum
Urteil vom 23. Juli 2007
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Störi.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Hotz,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld.
Gegenstand
Grobe Verletzung von Verkehrsregeln,
Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 6. März 2007.
Sachverhalt:
A.
Mit Strafverfügung vom 16. März 2006 verurteilte das Bezirksamt Münchwilen X.________ wegen grober Verkehrsregelverletzung zu einer Busse von 600 Franken. Es hielt für erwiesen, dass er am 8. November 2005, um ca. 8 Uhr morgens, auf der A1 in Richtung Zürich fuhr und dabei in Münchwilen 2 Personenwagen rechts überholte.
Die Bezirkgerichtliche Kommission Münchwilen sprach X.________ am 14. November 2006 auf dessen Einsprache hin frei.
Auf Berufung der Staatsanwaltschaft hin verurteilte das Obergericht des Kantons Thurgau X.________ am 6. März 2007 wegen grober Verkehrsregelverletzung zu einer Busse von 600 Franken.
B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, dieses obergerichtliche Urteil aufzuheben und ihn freizusprechen. Ausserdem ersucht er, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung beizulegen.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der angefochtene Entscheid des Obergerichts erging am 6. März 2007 und damit nach dem Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG), weshalb sich das Verfahren nach dessen Bestimmungen richtet (Art. 132 Abs. 1 BGG).
2.
Der Beschwerdeführer wurde auf Grund der Aussage des Polizeibeamten P.________ verurteilt. Er rügt, das Obergericht habe diese willkürlich gewürdigt und die Rechtsregel "in dubio pro reo" verletzt.
2.1 Aus der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Unschuldsvermutung wird die Rechtsregel "in dubio pro reo" abgeleitet (vgl. dazu BGE 127 I 38 E. 2a S. 41 f.; 124 IV 86 E. 2a S. 88; 120 Ia 31 E. 2c und d S. 36).
Als Beweiswürdigungsregel besagt der Grundsatz "in dubio pro reo", dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat (vgl. BGE 127 I 38 E. 2a mit Hinweisen). Die Maxime ist verletzt, wenn der Strafrichter an der Schuld des Angeklagten hätte zweifeln müssen. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann. Es muss sich um erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel handeln, d.h. um solche, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen.
2.2 Art. 9 BV gewährleistet den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Auf dem Gebiet der Beweiswürdigung steht den kantonalen Instanzen ein weiter Ermessensspielraum zu. Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dabei genügt es nicht, wenn sich der angefochtene Entscheid lediglich in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41; 124 IV 86 E. 2a S. 88, je mit Hinweisen).
3.
3.1 Nach dem Rapport des Polizeibeamten P.________ vom 3. Dezember 2005 fuhr er am 9. November 2005 in seinem Privatfahrzeug auf der A1 in Richtung Zürich. Um ca. 8 Uhr morgens, bei Münchwilen, fuhr der vor ihm auf der Normalspur fahrende Personenwagen auf einen Lastwagen auf und wechselte frühzeitig auf die Überholspur. Fuchs tat es ihm nach. Als sie beide auf der Überholspur waren, fuhr der Personenwagen TG Nr.________ auf der Normalspur rechts an ihnen vorbei, wechselte auf die Überholspur, überholte den Lastwagen und setzte seine Fahrt fort. Als Lenker konnte der Beschwerdeführer ermittelt werden, welcher zugab, an jenem Morgen mit dem roten Sportwagen TG Nr.________ seiner Mutter auf der A1 in Richtung Zürich gefahren zu sein, jedoch bestritt, rechts überholt zu haben.
3.2 Gestützt auf die Darstellung des Polizeibeamten P.________ ist das Obergericht zur Überzeugung gelangt, dass es der Beschwerdeführer war, der um ca. 8 Uhr bei Münchwilen vorbeifuhr und das unerlaubte Überholmanöver durchführte. Es hat auf dessen Aussagen abgestellt, weil es ihn persönlich als glaubwürdig erachtete und es seine Aussagen als klar, plausibel und gleichbleibend beurteilte. Es schloss aus, dass der Beamte den ihm unbekannten Beschwerdeführer zu Unrecht angezeigt oder sich in Bezug auf die Nummer des Kontrollschilds getäuscht haben könnte, da es die Wahrscheinlichkeit, dass eine falsche Nummer zu einem passenden Fahrzeug - d.h. einem roten Sportwagen, der am fraglichen Datum (etwa) zur fraglichen Zeit auf der A1 in Richtung Zürich bei Münchwilen vorbeifuhr - geführt haben könnte, als zu gering einstufte, um sie ernsthaft in Betracht zu ziehen. Den Einwand des Beschwerdeführers, es sei aus zeitlichen Gründen ausgeschlossen, dass er um 8 Uhr bei Münchwilen vorbeigefahren sei, da er um diese Zeit erst in Flawil abgefahren sei, wertete das Obergericht als Schutzbehauptung.
3.3 Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, erschöpft sich über weite Strecken in appellatorischer Kritik, die nicht geeignet ist, die Beweiswürdigung des Obergerichts als willkürlich nachzuweisen. Insbesondere hat dieses die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei erwiesenermassen erst um 8:00 Uhr in Flawil losgefahren und könne daher um diese Zeit nicht in Münchwilen ein Verkehrsdelikt begangen haben, zu Recht als unbewiesene, unglaubhafte Schutzbehauptung zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer arbeitete damals als Servicemonteur für die in Bachenbülach ansässige Firma A.________. Nach dem Arbeitsrapport war er an jenem Morgen von 7:00 bis 9:30 Uhr für die Firma B.________ in Flawil tätig, wobei diese Zeit die Rückfahrt von Flawil nach Bachenbülach mitumfasst. Der Beschwerdeführer benötigte nach seinen eigenen Angaben für die Rückfahrt von Flawil nach Bachenbülach rund anderthalb Stunden. Der Schluss des Obergerichts, dass dieser Arbeitsrapport nicht beweist, dass der Beschwerdeführer um bzw. nicht vor 8 Uhr in Flawil losgefahren ist und er daher unmöglich um die gleiche Zeit in Münchwilen - die Fahrzeit Flawil - Münchwilen beträgt nach den vom Obergericht konsultierten Routenplanern 18 bzw. 23 Minuten - gewesen sein konnte, ist ohne weiteres haltbar. Die beiden Geschäftsführer der Firma B.________ konnten zum Zeitpunkt, an dem der Beschwerdeführer sie verliess, keine präzisen Angaben machen. C.________ sagte aus, der Beschwerdeführer sei an jenem Morgen zwischen 7:00 und 7:30, 8:00 Uhr gekommen und sicher nicht länger als anderthalb Stunden geblieben. Nur noch unzuverlässige Erinnerungen an den Einsatz des Beschwerdeführers hatte D.________, der aussagte, dieser sei an jenem Tag "sicher bis am Mittag" bei ihnen geblieben, was nach den übrigen Akten und insbesondere auch nach den Aussagen des Beschwerdeführers selber nicht stimmen kann. Die beiden Aussagen beweisen damit keineswegs, dass der Beschwerdeführer nicht vor 8:00 Uhr in Flawil losfuhr. Das Obergericht ist unter diesen Umständen weder in Willkür verfallen, noch hat es den Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt, indem es auf die Darstellung des Polizeibeamten P.________ abstellte. Die Rüge ist unbegründet.
4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, nach dem Polizeirapport habe an besagtem Morgen starker Verkehr geherrscht, die Fahrzeuge seien nach den Aussagen von P.________ (nicht nur auf der linken Spur) im Kolonnenverkehr gefahren. Gestützt auf diese Aussage müsse davon ausgegangen werden, dass die Fahrzeuge in zwei parallelen Kolonnen gefahren seien. Unter diesen Umständen wäre der Beschwerdeführer indessen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 115 IV 244) zu Art. 36 Abs. 5 lit. a VRV erlaubterweise rechts am Polizeibeamten P.________ vorbeigefahren.
4.2 Das Obergericht hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt und zutreffend dargetan, dass ein erlaubtes Rechtsüberholen bzw. Rechtsvorbeifahren nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung voraussetzt, dass Kolonnenverkehr herrscht, was bei längerem Nebeneinanderfahren von mehreren sich in gleicher Richtung bewegenden Fahrzeugreihen der Fall ist (BGE 115 IV 244 E. 3a). Der Polizeibeamte spricht indessen nirgends von parallelen Kolonnen, sondern lediglich von einer Kolonne auf der Überholspur. Die Annahme von zwei parallelen Kolonnen lässt sich zudem mit seiner Darstellung des Vorfalls schlechterdings nicht in Übereinstimmung bringen: Wenn auf beiden Spuren Kolonnenverkehr geherrscht hätte und sich der Beschwerdeführer in der schnelleren rechten Kolonne befunden hätte, hätte er nicht als einziges Fahrzeug den Wagen von P.________ rechts überholt. Die Folgerung des Obergerichts, es habe nicht auf beiden Spuren Kolonnenverkehr geherrscht, ist damit keineswegs unhaltbar. Die Willkürrüge ist auch in diesem Punkt unbegründet.
5.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. Juli 2007
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: