Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_301/2007 /bnm
Urteil vom 9. August 2007
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
Gerichtsschreiber Schett.
Parteien
X.________, Deutschland,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Reto Arpagaus,
gegen
Y.________, Deutschland,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Advokat Dr. Lukas Bopp,
Gegenstand
Arrest,
Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 25. April 2007.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 5. Mai 2006 erliess die Einzelrichterin im summarischen Verfahren des Bezirks Zürich auf Begehren von X.________ (Beschwerdeführer) einen Arrestbefehl für eine Forderung von Fr. 5'741'922.-- nebst Zins zu 4 % seit 31. Mai 2003 auf sämtlichen auf den Namen von Y.________ (Beschwerdegegner) lautenden Guthaben bei der Bank Z.________. Am 9. Mai 2006 vollzog das zuständige Betreibungsamt den Arrestbefehl. Der Beschwerdegegner erhob dagegen Einsprache. Die Einzelrichterin hiess diese am 20. Dezember 2006 gut und hob den Arrestbefehl auf.
B.
Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer Rekurs an das Obergericht des Kantons Zürich. Am 25. April 2007 wies das Obergericht den Rekurs ab.
C.
Gegen diesen Entscheid hat der Beschwerdeführer am 11. Juni 2007 Beschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag erhoben, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Arresteinsprache abzuweisen, eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem hat er die aufschiebende Wirkung verlangt. In seiner Stellungnahme zu diesem Gesuch hat der Beschwerdegegner erklärt, er sei mit der aufschiebenden Wirkung einverstanden. Er hat aber gleichzeitig beantragt, der Beschwerdeführer sei zu einer Arrestkaution zu verpflichten. Mit Präsidialverfügung vom 9. Juli 2007 hat der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt und ist auf das Kautionsgesuch nicht eingetreten.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid in SchKG-Sachen, gegen den die Beschwerde in Zivilsachen zulässig ist (Art. 72 Abs. 2 lit. a i.V. mit Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG ). Der gemäss Art. 74 BGG verlangte Streitwert von mindestens 30'000 Franken ist gegeben, so dass auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde grundsätzlich eingetreten werden kann. Beim Arrestbefehl handelt es sich um eine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG. Es kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Zur Publikation bestimmtes Urteil 5A_134/2007, E. 2). Das Bundesgericht wendet das Recht nicht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), sondern prüft nur hinreichend vorgebrachte und begründete Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die von Art. 106 Abs. 2 geforderte Substanziierung der Vorbringen ist mit derjenigen identisch, wie sie für die frühere staatsrechtliche Beschwerde gemäss Art. 84 OG gegolten hat (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 IV 4344 f.). Es ist deshalb darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. In diesem Sinn prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen, während es auf ungenügende Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 130 I 258 E. 1.3 S. 262).
2.
Gemäss Art. 272 Abs. 1 SchKG wird der Arrest bewilligt, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass seine Forderung besteht (Ziff.1). Zum den Hintergrund der Arrestforderung bildenden Sachverhalt kann auf die Darstellung im erstinstanzlichen Entscheid (E. 4.1 S. 4 f.) und im vorinstanzlichen Entscheid (E. 3 1. Absatz) verwiesen werden.
2.1 Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache dann, wenn der Richter sie aufgrund einer plausiblen Darlegung des Gläubigers für wahrscheinlich hält (BGE 107 III 33 E. 3 S. 36). Es sind an die Wahrscheinlichkeit keine überhöhten Anforderungen zu stellen (vgl. Pra 2006 Nr. 45 331 E. 2). Der Wahrscheinlichkeitsbeweis ist dann erbracht, wenn der Richter aufgrund der ihm vorgelegten Elemente den Eindruck gewinnt, dass der behauptete Sachverhalt wirklich vorliegt, ohne ausschliessen zu müssen, dass es sich auch anders verhalten könnte (Stoffel, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Hrsg. Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG III, N. 3 ff. zu Art. 272 SchKG).
2.2 Die Vorinstanz ist in Anwendung des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Schluss gelangt, der Beschwerdeführer habe keine Forderung glaubhaft gemacht. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Anwendung dieses Rechts.
Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt; davon kann regelmässig dort nicht ausgegangen werden, wo sich die Rechtsanwendung auf Lehrmeinungen stützen lässt, mögen diese auch nicht unbestritten sein (BGE 127 III 232 E. 3a S. 234 mit Hinweis) oder überwiegen (BGE 104 II 249 E. 3b S. 252 mit Hinweis). Es obliegt dem Beschwerdeführer, Willkür klar und detailliert und, soweit möglich, belegt zu rügen und anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid auf einer qualifiziert unrichtigen Rechtsanwendung beruht (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3) und sich deshalb im Ergebnis nicht mehr halten lässt (BGE 131 I 217 E. 2.1 S. 219).
2.3 Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid ausgeführt, der Beschwerdeführer berufe sich zur Begründung seines Schadenersatzanspruchs auf die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten im Sinne von § 311 Abs. 3 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 und mit § 280 Abs. 1 BGB. Inhalt und Umfang dieser Pflichten hingen jeweils davon ab, inwieweit durch den vorvertraglichen Kontakt ein Vertrauensverhältnis entstanden sei. Die Vertrauenshaftung beziehe sich auf das Zustandekommen des Vertrages. Da im vorliegenden Fall ein Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen sei, sei die Vertrauenshaftung nicht relevant. Das Obergericht verweist dabei auf Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, N. 34 ff. zu § 311 BGB.
2.4 Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht zitiere aus der 65. Auflage von 2006 des Kommentars zum BGB von Palandt. Dort werde nur ein Unterfall der vorvertraglichen Haftung bei Abbruch der Vertragsverhandlungen behandelt. Nur wenig später, nämlich in der N. 42 ff. führe der Bearbeiter in Übereinstimmung mit der allgemeinen Meinung ausdrücklich aus, dass eine Haftung aus culpa in contrahendo auch bei Abschluss eines wirksamen, aber nachteiligen Vertrages gegeben sei, wenn der Vertrag aufgrund einer pflichtwidrigen Einwirkung auf die Willensbildung des Geschädigten zustandegekommen sei. Weiter habe auch das Landgericht Frankfurt a.M., auf dessen Urteil das Obergericht gleich anschliessend verweise, die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 311 BGB gar nicht in Frage gestellt und schliesslich sei der vorinstanzliche Hinweis auf den entstandenen Vertrag verfehlt, weil der geltend gemachte Anspruch nicht gegenüber der Vertragspartei R.________ AG, sondern dem Beklagten gegenüber geltend gemacht werde, mit welchem keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen bestünden. Wenn das Obergericht gleichwohl die Vertrauenshaftung wegen Vorliegens eines Vertrages verneint habe, habe es das ausländische Recht willkürlich angewendet.
2.5 Das obergerichtliche Urteil ist in diesem Punkt tatsächlich zumindest missverständlich. Regelungsgegenstand von § 311 Abs. 1 BGB ist die Begründung von Schuldverhältnissen durch Vertrag und durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen oder ähnlichen Kontakten. Der Kommentar Palandt, auf den sich das Obergericht beruft, äussert sich in den N. 11 ff. (Ausgabe 2006 und 2007) ausführlich zum Verschulden bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo). In der vom Obergericht angerufenen N. 34 ff. (Ausgabe 2006, = N. 30 ff. Ausgabe 2007) behandelt der Kommentar die Vertrauenshaftung bei Abbruch der Vertragsverhandlungen. Dem Obergericht ist zuzustimmen, dass diese Vertrauenshaftung entfällt, wenn ein Vertrag zustandekommt. In den N. 42 ff. (Ausgabe 2006 = N. 40 ff. Ausgabe 2007) legt der Kommentar aber auch ausführlich dar, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen wirksame, aber inhaltlich nachteilige Verträge zu einer culpa in contrahendo führen können, und er weist auf zahlreiche Urteile zu dieser Frage hin. Wollte das Obergericht mit der von ihm angeführten Kommentarstelle belegen, dass culpa in contrahendo nach Abschluss eines Vertrages ausgeschlossen und daher im vorliegenden Fall ein Schadenersatzanspruch des Beschwerdeführers bereits aus diesem Grunde zum vornherein ausgeschlossen sei, dann trifft diese Rechtsauffassung offensichtlich nicht zu, abgesehen davon, dass zwischen den Parteien unmittelbar kein Vertrag abgeschlossen worden ist.
3.
Erforderlich ist Willkür im Ergebnis und nicht bloss in der Begründung (BGE 132 I 13 E. 5.1 S. 17 und 175 E. 1.2 S. 177; 129 I 8 E. 2.1 Abs. 2 S. 9 und 173 E. 3.1 S. 178). Das Obergericht hat sich - sinngemäss eventualiter - mit den Voraussetzungen der culpa in contrahendo befasst und hat ausgeführt, vorvertragliche Haftung setze unter anderem eine Pflichtverletzung voraus. Diese Meinung teilt auch der Beschwerdeführer. Das Gericht führt dazu aus, die Parteien seien davon ausgegangen, der Beschwerdegegner habe dem Beschwerdeführer im Oktober oder November/Dezember 2002 mitgeteilt, dass der Kaufpreis des Aktienpakets von W.________ EUR 15 Mio. betragen werde und man habe darüber gesprochen, dass der Kläger seinerseits Anteile an diesem Aktienpaket erwerben könne. Diese Mitteilung stelle kein pflichtwidriges Verhalten dar. Es habe den Beschwerdegegner auch keine Pflicht getroffen, vor dem Verkauf eines Teils dieser Aktien den Beschwerdeführer darüber aufzuklären, dass es dem Beschwerdegegner in der Folge gelungen sei, einen tieferen Verkaufspreis auszuhandeln. Der Beschwerdegegner sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger an seinem Verhandlungserfolg teilhaben zu lassen. Es wäre am Kläger gelegen, sich über den tatsächlich bezahlten Verkaufspreis zu informieren.
3.1 Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht in diesem Zusammenhang Willkür und eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Es habe "die Frage des offerierten Erstgebots zum Kaufvertrag I nicht gewürdigt", mit welchem der Beschwerdeführer irregeführt worden sei. Es geht darum, dass der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer mitgeteilt habe, er werde den Anteil von W.________ für EUR 15 Mio. kaufen, während W.________ schriftlich erklärt habe, er habe sich als Kaufpreis ursprünglich EUR 10 Mio. vorgestellt. Nach Verhandlungen wurde der Kaufpreis auf EUR 5,5 Mio. festgelegt.
3.2 In der Beweiswürdigung verfügt das Sachgericht über einen weiten Spielraum des Ermessens (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Dass die Ergebnisse des Beweisverfahrens auch Schlüsse gestatten, die nicht mit den vom Sachgericht gezogenen übereinstimmen, bedeutet nicht schon Willkür (BGE 116 Ia 85 E. 2b S. 88). Beweiswürdigung erscheint vielmehr erst dann als willkürlich, wenn das Sachgericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges Beweismittel, das für sein Urteil wesentlich sein könnte, unberücksichtigt gelassen hat oder wenn es auf Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Folgerungen getroffen hat. Der Beschwerdeführer hat darzutun, inwiefern die Sachverhaltsermittlung an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261), der sich auf das Ergebnis auswirkt (BGE 131 I 217 E. 2.1 S. 219).
3.3 Das erstinstanzliche Gericht hat sich einlässlich mit der schriftlichen Erklärung von W.________ vom 26. April 2006 auseinandergesetzt (S. 9 f.) und diese den Schreiben von Rechtsanwalt T.________ und U.________ sowie den Aussagen der Parteien gegenüber gestellt. Es hat die unklaren Umstände im Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen gewürdigt und auch auf die ursprünglichen Preisvorstellungen von 10 oder 15 Mio. EUR Bezug genommen. Es hat bei seinem Entscheid, es liege keine Pflichtverletzung vor, massgeblich darauf abgestellt, dass der Beschwerdegegner nie ausdrücklich oder konkludent versprochen habe, der Beschwerdeführer dürfe die Aktien zum selben Preis erwerben wie die R.________ AG bezahlt habe. Dieses Ergebnis hat das Obergericht nicht beanstandet und es wird vom Beschwerdeführer auch nicht als willkürlich gerügt. Bei dieser Sachlage ist es nicht willkürlich, die Frage des offerierten Erstgebots zum Kaufvertrag I als nicht erheblich zu betrachten. Es kann dem Obergericht weder Willkür noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorgeworfen werden, wenn es nicht noch einmal ausdrücklich auf das Schreiben vom 26. April 2006 zurückgekommen ist. Das Obergericht durfte ohne Verfassungsverletzung zusammenfassend ausführen, die Vorinstanz sei zu Recht davon ausgegangen, es sei nicht rechtsgenügend erstellt, dass der Beschwerdegegner seine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt oder den Beschwerdeführer gar vorsätzlich irregeführt bzw. einen bestehenden Irrtum absichtlich aufrechterhalten habe, weshalb es an der wahrscheinlichen Begründetheit der Arrestforderung fehle.
4.
Die Beschwerde muss aus diesen Gründen abgewiesen werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten. In der Sache selber ist keine Parteientschädigung geschuldet, weil keine Vernehmlassung eingeholt worden ist. Auch für das Gesuch um aufschiebende Wirkung und für die Stellungnahme dazu mit Gesuch um Arrestkaution ist keine Entschädigung geschuldet, weil die Parteien diesbezüglich teilweise obsiegt haben und teilweise unterlegen sind.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 12'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 9. August 2007
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: