BGer P 57/2006 |
BGer P 57/2006 vom 21.08.2007 |
Tribunale federale
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{T 7}
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P 57/06
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Urteil vom 21. August 2007
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I. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Ursprung, Präsident,
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Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Schön,
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Gerichtsschreiberin Kopp Käch.
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Parteien
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Z.________, 1955, Beschwerdeführer,
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vertreten durch Fürsprecher Roman Manser,
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Schloss-Strasse 1, 2560 Nidau,
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Ausgleichskasse des Kantons Bern,
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Abteilung Leistungen, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Ergänzungsleistung zur AHV/IV,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
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vom 27. September 2006.
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1955 geborene Z.________ bezog seit 1. Februar 1997 Ergänzungsleistungen zur Invalidenrente. Mit Verfügung vom 10. Januar 2006 setzte die Ausgleichskasse des Kantons Bern aufgrund eines Erbschaftsanfalles die Ergänzungsleistungen rückwirkend ab 1. Januar 2001 neu fest und forderte seither zu viel bezogene Beträge in der Höhe von Fr. 19'301.- zurück. Das Gesuch um Erlass der Rückforderung wies die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 23. März 2006 ab, da es an der Voraussetzung des guten Glaubens fehle. An ihrem Standpunkt hielt sie mit Einspracheentscheid vom 29. Mai 2006 fest.
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B.
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Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 27. September 2006 ab.
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C.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Z.________ die Gutheissung des Erlassgesuchs beantragen.
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Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz 75) und es wurden die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
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2.
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Weil es im Verfahren um den Erlass der Rückerstattung zu Unrecht bezogener Leistungen praxisgemäss nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht (BGE 122 V 134 E. 1 S. 136 und 221 E. 2 S. 223, je mit Hinweisen; Urteil P 7/06 vom 22. August 2006, E. 2), gilt die eingeschränkte Kognition mit der Folge, dass das Bundesgericht lediglich zu prüfen hat, ob das kantonale Gericht als Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
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3.
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Die Vorinstanz hat die für den Erlass der Rückerstattungsschuld geltenden Voraussetzungen (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 ATSG; Art. 4 f. ATSV) und insbesondere die bei der Beurteilung der Erlassvoraussetzung des guten Glaubens zu beachtenden Kriterien (BGE 122 V 221 E. 3 S. 223; AHI 2003 S. 159 E. 3a S. 161 f., I 553/01, mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt hinsichtlich der den Bezügern von Ergänzungsleistungen, ihrem gesetzlichen Vertreter und bestimmten Drittpersonen und Behörden, welchen die Ergänzungsleistung ausbezahlt wird, obliegende Pflicht, der Durchführungsstelle von jeder Änderung der persönlichen und jeder ins Gewicht fallenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich Mitteilung zu machen (Art. 31 ATSG, Art. 24 ELV) sowie hinsichtlich der Auswirkungen einer Verletzung der Meldepflicht auf die Frage des Erlasses der Rückerstattungsschuld (BGE 112 V 97 E. 2c S. 103). Richtig wiedergegeben ist schliesslich die Rechtsprechung, wonach sich die versicherte Person allfällige Fehler eines Vertreters oder einer Hilfsperson, deren Dienste sie für die Erfüllung ihrer Auskunfts- oder Meldepflicht in Anspruch nimmt, grundsätzlich anrechnen lassen muss (BGE 112 V 97 E. 3b S. 104, Urteil P 87/02 vom 11. Juli 2003). Darauf kann verwiesen werden.
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4.
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Streitig und zu prüfen ist, ob die Erlassvoraussetzung des guten Glaubens bejaht werden kann, obwohl - wie aus den Akten ersichtlich und unbestritten ist - der Vermögensanfall aus Abtretungs- und Erbteilungsvertrag vom 20. August 2002 mit Wirkung ab 1. Januar 2001 der Ausgleichskasse nicht gemeldet worden ist.
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4.1 Praxisgemäss ist zu unterscheiden zwischen dem guten Glauben als fehlendem Unrechtsbewusstsein und der Frage, ob sich jemand unter den gegebenen Umständen auf den guten Glauben berufen kann oder er bei zumutbarer Aufmerksamkeit den bestehenden Rechtsmangel hätte erkennen sollen. Die Frage nach dem Unrechtsbewusstsein gehört zum inneren Tatbestand und ist daher Tatfrage, die nach Massgabe von Art. 105 Abs. 2 OG von der Vorinstanz verbindlich beurteilt wird. Demgegenüber gilt die Frage nach der gebotenen Aufmerksamkeit als frei überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht, festzustellen, ob sich jemand angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben berufen kann (BGE 122 V 221 E. 3 S. 223).
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4.2 Gemäss den verbindlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts hat weder der Beschwerdeführer noch sein Beirat die aus dem Abtretungs- und Erbteilungsvertrag vom 20. August 2002 resultierende Änderung der Vermögensverhältnisse an die Ausgleichskasse gemeldet, sondern wurde diese erst anlässlich der im August 2005 eingeleiteten periodischen Revision durch die Durchführungsstelle anhand der Steuererklärung 2004 festgestellt. Bezüglich des Unrechtsbewusstseins hält die Vorinstanz fest, die Meldepflichtverletzung sei grobfahrlässig erfolgt. Damit bleibt - als Rechtsfrage - zu prüfen, ob der Beschwerdeführer bzw. sein Beirat bei Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass er den Abschluss des Abtretungs- und Erbteilungsvertrages zu melden hatte. Wie das kantonale Gericht, auf dessen Erwägungen verwiesen werden kann, mit Recht darlegt, findet sich auf dem Anmeldeformular zum Bezug einer Ergänzungsleistung, auf den Gesuchen um Neufestsetzung der EL sowie auf den Verfügungen der Ausgleichskasse der Hinweis auf die Meldepflicht bei Veränderung der Verhältnisse, wobei auf den Verfügungen die Änderungen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, namentlich Erbschaften, Liegenschaftsübernahmen usw. jeweils ausdrücklich aufgeführt waren. Dies schliesst die Berufung auf den guten Glauben regelmässig aus. Eine abweichende Beurteilung kommt nur in Frage, wenn besondere Umstände vorliegen. Was diesbezüglich in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, grösstenteils in Wiederholung der im kantonalen Verfahren erhobenen Einwendungen, vorgebracht wird, vermag zu keinem andern Ergebnis zu führen. Wegen der angeführten psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers wurde dieser am 13. September 1993 unter Beiratschaft mit Vermögensverwaltung gestellt, wobei als Beirat M.________ ernannt wurde, der dieses Amt bis Ende September 2003 versah. Im Rahmen seiner Kompetenzen unterzeichnete M.________ am 3. Dezember 2002 den Abtretungs- und Erbteilungsvertrag mit Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes, ohne dies der Ausgleichskasse zu melden. Der Beirat hätte, wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, bei genügender Sorgfalt feststellen können und müssen, dass der Abschluss eines solchen Vertrages für die Ausrichtung sowie Bemessung der Ergänzungsleistungen von Bedeutung sein kann, und es hätte ihm bewusst sein müssen, dass der Vertragsabschluss einer Veränderung der Vermögensverhältnisse im Sinne des Ergänzungsleistungsrechts gleichkam, die er der Durchführungsstelle hätte melden müssen. Da sich der Beschwerdeführer das Verhalten seines Beirates anrechnen lassen muss (E. 3 hievor), kann er sich nicht auf den guten Glauben berufen.
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4.3 Ist somit bereits der gutgläubige Leistungsbezug zu verneinen, erübrigt sich die Prüfung, ob die Rückerstattung für den Versicherten eine grosse Härte bedeutet.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 1500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
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Luzern, 21. August 2007
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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