Tribunale federale
Tribunal federal
{T 7}
H 171/06
Urteil vom 16. Oktober 2007
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Wey.
Parteien
S.________, 1958, Malaysia, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Evalotta Samuelsson, Seefeldstrasse 45, 8008 Zürich,
gegen
Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen vom 28. August 2006.
Sachverhalt:
A.
Der im August 1958 geborene malaysische Staatsangehörige S.________ verlangte am 5. April 2004 aufgrund seines definitiven Wegzugs aus der Schweiz die Rückvergütung der in der Zeit zwischen Juni 1988 und April 2004 bezahlten AHV-Beiträge. Mit Verfügung vom 1. November 2004 und Einspracheverfügung vom 30. November 2004 sprach die Schweizerische Ausgleichskasse (SAK) dem Versicherten eine dem Barwert der zukünftigen AHV-Leistungen entsprechende Rückvergütung von Fr. 70'258.- zu.
B.
Die Eidgenössische Rekurskommission der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung für die im Ausland wohnenden Personen (heute: Bundesverwaltungsgericht) wies die gegen die Einspracheverfügung erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 28. August 2006 ab.
C.
S.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Rückvergütung der gesamten von ihm entrichteten Beiträge. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Während die Schweizerische Ausgleichskasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
3.
Streitig und aufgrund der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen ist der Umfang der Rückvergütung der tatsächlich bezahlten AHV-Beiträge.
3.1 Nach Art. 18 Abs. 3 AHVG können Ausländern, die ihren Wohnsitz im Ausland haben und mit deren Heimatstaat keine zwischenstaatliche Vereinbarung besteht, die bezahlten AHV-Beiträge rückvergütet werden (vgl. auch Art. 1 Abs. 1 der Verordnung vom 29. November 1995 über die Rückvergütung der von Ausländern an die Alters- und Hinterlassenenversicherung bezahlten Beiträge [RV-AHV; SR 831.131.12]). Bezüglich des Umfangs der Rückvergütung bestimmt Art. 4 RV-AHV, dass tatsächlich geleistete Beiträge zurückbezahlt werden (Abs.1), die Rückvergütung jedoch verweigert werden kann, soweit sie den Barwert der zukünftigen Leistungen übersteigt, die einem Rentenberechtigten in gleichen Verhältnissen zukäme (Abs.4).
3.2 Die Vorinstanz hat auf der Grundlage des im massgebenden Zeitraum erzielten Gesamteinkommens (Fr. 2'887'946.-) tatsächlich bezahlte Beiträge im Umfang von Fr. 242'587.50 (8,4 % des Gesamteinkommens) errechnet. Da sich der ermittelte Barwert der zukünftigen AHV-Leistung gerundet auf lediglich Fr. 70'258.- beläuft, verweigerte die Eidgenössische Rekurskommission gestützt auf Art. 4 Abs. 4 RV-AHV die Rückvergütung des Differenzbetrags in der Höhe von Fr. 172'329.50. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen diese Betrachtungsweise und wirft der Vorinstanz namentlich eine Ermessensunterschreitung vor, da es sich bei der vorgenannten Verordnungsbestimmung um eine so genannte "Kann-Vorschrift" handelt und die Verweigerung des Differenzbetrags daher nicht zwingend hätte erfolgen müssen. Diese komme einer Enteignung durch das schweizerische Sozialversicherungssystem gleich, zumal das im AHV-Recht herrschende Prinzip der Solidarität einen sozialen Ausgleich innerhalb der Bevölkerung der Schweiz anstrebe, welcher der Beschwerdeführer ja gerade nicht (mehr) angehöre.
3.3 Mit der Regelung gemäss Art. 4 Abs. 4 RV-AHV wollte der Gesetzgeber verhindern, dass ein Versicherter, der - verglichen mit seiner Altersklasse - während kurzer Zeit hohe Beiträge geleistet hat, ein höheres (geldwertes) Interesse an der Rückvergütung des Bezahlten hat als an der Ausrichtung einer Rente (EVGE 1961 S. 219). Der Versicherte, der Anspruch auf Rückvergütung der Beiträge hat, soll mithin nicht besser gestellt sein als ein Rentenbezüger "in gleichen Verhältnissen". Um eine solche Besserstellung zu vermeiden, sind die durch den Versicherten tatsächlich bezahlten Beiträge mit dem Barwert der zukünftigen Altersrente zu vergleichen, die einem Rentenberechtigten unter Zugrundelegung derselben Berechnungsgrundlagen (massgebendes Einkommen, Beitragsjahre, Rentenskala) wie dem Beschwerdeführer zukäme. Übersteigt der Rückvergütungsanspruch den Barwert der Rentenanwartschaft, so kann eine Kürzung in der maximalen Höhe des Differenzbetrags vorgenommen werden. Unter Barwert ist dabei das Kapital zu verstehen, das heute dem Gegenwert der künftigen Renten entspricht, d.h. die Summe der einzelnen Jahresbeiträge, die mit der Wahrscheinlichkeit ihres Anfallens multipliziert und diskontiert werden; mit anderen Worten entspricht der Barwert dem abgezinsten Betrag der kapitalisierten zukünftigen Rente (vgl. Urteil H 207/03 vom 19. März 2004, E. 5.2 mit Hinweisen).
3.4 Zwischen den tatsächlich bezahlten Beiträgen des Versicherten und dem Barwert seiner zukünftigen AHV-Leistungen besteht eine erhebliche Differenz (Fr. 172'329.50; vgl. E. 3.2). Je deutlicher die tatsächlich entrichteten Beiträge den Barwert der zukünftigen AHV-Leistungen übersteigen, umso höher ist das pekuniäre Interesse an der Rückvergütung, das zu reduzieren Art. 4 Abs. 4 RV-AHV zum Ziel hat. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Rückvergütung bis zum Betrag des Barwerts der zukünftigen AHV-Leistungen (maximal) kürzt. Sie hat ihr Ermessen damit pflichtgemäss ausgeübt.
3.5 Darüber hinaus ist einem auf Solidarität fussenden Sozialversicherungssystem eigen, dass kein Recht auf eine mit der Beitragsleistung im Total sich deckende Rentenleistung besteht (EVGE 1948 S. 116 E. 1). Eine gewisse versicherungstechnische Relation zwischen den Beiträgen und der Höhe der Rente besteht lediglich bis zum massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen von gegenwärtig Fr. 75'960.-. Durch die beantragte Rückerstattung der gesamten AHV-Beiträge würde diese Ordnung unterlaufen. Auch Versicherte, die in der Schweiz bleiben, und - wie der Beschwerdeführer - ein hohes Einkommen haben, erhalten nach gesetzlicher Regelung bedeutend weniger Rentenleistungen, als es ihren einbezahlten Beiträgen entsprechen würde. Der Beschwerdeführer ist - pro rata zu den einbezahlten Beiträgen - gleich zu behandeln wie Rentenberechtigte in gleichen Verhältnissen. Hieran ändert namentlich nichts, dass der Beschwerdeführer durch den (freiwilligen) Wegzug aus dem Kreis der Versicherten ausscheidet.
4.
Schliesslich macht der Beschwerdeführer eine Gehörsverletzung der Vorinstanz geltend, weil sich diese zum Eventualantrag, für die Berechnung der Rentenanwartschaft seien die fehlenden Beitragsjahre - auf der Grundlage der bereits bezahlten Beiträge - bis zum Rentenalter zu ergänzen, andernfalls er nicht mit "einem Rentenberechtigten in gleichen Verhältnissen" im Sinne von Art. 4 Abs. 4 RV-AHV verglichen werde, nicht ausgesprochen habe. Diesen Standpunkt des Beschwerdeführers hat die Eidgenössische Rekurskommission indes sehr wohl gehört und im Entscheid denn auch ausdrücklich wiedergegeben (vgl. angefochtener Entscheid S. 3 lit. d). Jedoch hat sie diese Auffassung - ohne explizit darauf Bezug zu nehmen - abgelehnt, indem die Ermittlung des Barwerts im Einklang mit der Rechtsprechung (vgl. E. 3.3) erfolgt ist. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt damit nicht vor.
5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 6000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 16. Oktober 2007
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: