Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_496/2007 /bnm
Urteil vom 30. Oktober 2007
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber von Roten.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, Postfach, 8023 Zürich.
Gegenstand
Mitwirkung bei der Erbteilung (Art. 609 Abs. 1 ZGB),
Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 3. August 2007.
Sachverhalt:
A.
X.________ (fortan: Beschwerdeführerin) und Y.________ sind gesetzliche Erben ihres Vaters, verstorben 1985, und ihrer Mutter M.________, verstorben 2004. Die Anteile der Beschwerdeführerin an den unverteilten Nachlässen wurden am 24. Januar und 16. August 2005 auf Begehren der UBS AG gepfändet. Nach Durchführung der Einigungsverhandlung ordnete das Bezirksgericht Bülach die Auflösung der Erbengemeinschaften an (Beschluss vom 13. Dezember 2005). Das Bezirksgericht Hinwil beauftragte das Notariat Wetzikon im Sinne von Art. 609 ZGB mit der Mitwirkung anstelle der Beschwerdeführerin bei der Teilung der Nachlässe (Verfügung vom 10. April 2006).
B.
Die Nachlässe bestehen im Wesentlichen aus der elterlichen Liegenschaft. Mit Schreiben vom 13. Juni 2006 erläuterte das beauftragte Notariat der Beschwerdeführerin, wie es in der Teilung der Nachlässe mitzuwirken beabsichtige. Die Beschwerdeführerin nahm dazu Stellung. Mit Schreiben vom 21. Juli 2006 lehnte das Notariat die verlangte Realteilung der Liegenschaft mit anschliessendem Verkauf der auf die Beschwerdeführerin entfallenden Hälfte ab. Es hielt insbesondere daran fest, dass die Liegenschaft ungeteilt verkauft werde, dass der Bruder der Beschwerdeführerin seine bereits früher begonnenen Verkaufsbemühungen fortsetze und dass eine Architekturverpflichtung zu Gunsten der Beschwerdeführerin in der Erbteilung nicht berücksichtigt werden könne.
C.
Die Beschwerdeführerin gelangte an die Aufsichtsbehörden über das Notariat. Hauptstreitpunkte waren die drei Fragen, ob eine Architektenklausel zu Gunsten der Beschwerdeführerin in den Kaufakt über die Liegenschaft aufzunehmen sei, ob der Bruder der Beschwerdeführerin mit den Verkaufsbemühungen betraut werden solle und ob eine Realteilung die Interessen der Beteiligten besser wahre als der Verkauf der gesamten Liegenschaft. Das Bezirksgericht Hinwil bewilligte der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Prozessführung und wies die Beschwerde ab (Verfügung vom 25. August 2006). Die Beschwerdeführerin legte dagegen Rekurs ein. Das Obergericht des Kantons Zürich wies den Rekurs und das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters ab. Die schon erstinstanzlich bewilligte unentgeltliche Prozessführung galt auch für das Rekursverfahren (Beschluss vom 3. August 2007).
D.
Dem Bundesgericht beantragt die Beschwerdeführerin, den obergerichtlichen Beschluss aufzuheben. In der Sache erneuert sie ihre Anträge, die vereinbarte Architekturverpflichtung zu ihren Gunsten sei einzuhalten, es sei ihr ein Betrag in der Höhe der Entschädigung, die ihr Bruder für die Verkaufsbemühungen erhalte, auszuzahlen und die Nachlassliegenschaft sei vor dem Verkauf zu teilen. Die Beschwerdeführerin ersucht um unentgeltliche Rechtspflege, insbesondere um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das bundesgerichtliche Verfahren. Es sind die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat gemäss Art. 609 Abs. 1 ZGB die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. Das Notariat als mitwirkende Behörde hat der Beschwerdeführerin angezeigt, es werde die Nachlassliegenschaft ungeteilt veräussern, mit Verkaufsbemühungen ihren Bruder beauftragen und eine so genannte Architektenklausel oder auch Architekturverpflichtung nicht berücksichtigen, d.h. im vorliegenden Zusammenhang einen Käufer nicht verpflichten, der Beschwerdeführerin die Ausführung von Architektenleistungen auf der erworbenen Nachlassliegenschaft zu übertragen.
1.1 Die Aufgabe der mitwirkenden Behörde endet mit dem Abschluss der - vollständigen oder allenfalls nur partiellen - Erbteilung. Das Bundesgericht hat deshalb den Beschluss der mitwirkenden Behörde, den Teilungsvertrag abzuschliessen und zu unterzeichnen, als Endentscheid betrachtet (z.B. Urteil 5P.383/1991 vom 26. August 1992, E. 1a), andere Beschlüsse hingegen, die die Teilung betrafen, aber nicht zum Abschluss brachten, lediglich als Zwischenentscheide erfasst (z.B. Urteil 5P.4/1989 vom 17. April 1989, E. 2). Daran ist unter Herrschaft des geltenden Bundesgesetzes über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) festzuhalten, umschreibt doch Art. 90 BGG den Endentscheid ausdrücklich als Entscheid, der das Verfahren abschliesst. Der hier angefochtene Beschluss betrifft die Frage, wie die mitwirkende Behörde bei der Veräusserung der Nachlassliegenschaft vorzugehen beabsichtigt. Gemäss den obergerichtlichen Feststellungen wird die mitwirkende Behörde, bevor sie einem Verkauf zustimmt, das Angebot des Käufers sorgfältig zu prüfen und die Beschwerdeführerin darüber zu informieren haben (E. 2 S. 8). Der Abschluss der Erbteilung oder wenigstens die Unterzeichnung eines Kaufvertrags über die Nachlassliegenschaft ist zum heutigen Zeitpunkt noch nicht absehbar und nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses. Es liegt kein Endentscheid, sondern lediglich ein Zwischenentscheid vor.
1.2 Vor- und Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch Ausstandsbegehren betreffen (Art. 92 BGG), unterliegen gemäss Art. 93 BGG der Beschwerde an das Bundesgericht, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).
Die zweite Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Dass die Nachlassliegenschaft oder der Anteil der Beschwerdeführerin daran im Rahmen der Erbteilung verkauft werden muss, ist unausweichlich. Davon geht auch die Beschwerdeführerin aus. Streitig ist, wie bei der Veräusserung vorzugehen sein wird. Die Gutheissung der Beschwerde gegen den Beschluss über die Vorgehensweise führt keinen Endentscheid herbei, sondern bedeutet lediglich einen weiteren Schritt in der Durchführung der Erbteilung hin zu deren Abschluss.
Zulässig ist die Beschwerde nach der ersten Voraussetzung, wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Gemeint ist ein Nachteil rechtlicher Natur, der auch dann nicht mehr behoben werden kann, wenn der Betroffene später einen für ihn günstigen Entscheid erlangt. Rein tatsächliche Nachteile wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügen nicht (BGE 133 IV 137 E. 2.3 S. 139 und 139 E. 4 S. 141). Ein rechtlicher Nachteil ist hier nicht ersichtlich. Er wäre anzunehmen beim Beschluss, den Kaufvertrag über die Nachlassliegenschaft zu unterzeichnen, weil dadurch nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen vor Abschluss der Erbteilung geschaffen würden (zit. Urteil 5P.4/1989, E. 2). Davon ist das vorliegende Verfahren noch weit entfernt. Auf die festgelegte Vorgehensweise wird die mitwirkende Behörde zurückkommen müssen, soweit sich kein Käufer der ungeteilten Nachlassliegenschaft finden sollte, und über die Vorgehensweise kann auch noch im Rahmen einer Beschwerde gegen den Beschluss, ein konkretes Kaufangebot anzunehmen und den Kaufvertrag abzuschliessen, zu Gunsten der Beschwerdeführerin entschieden werden. Der angefochtene Beschluss ist kein Zwischenentscheid, der für die Beschwerdeführerin einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt.
1.3 Aus den dargelegten Gründen ist auf die Beschwerde in der Sache selbst nicht einzutreten. Die Rechtsmittelbelehrung des Obergerichts, wonach ein Endentscheid vorliegen soll, trifft nicht zu.
2.
Das Obergericht hat das Gesuch der Beschwerdeführerin um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes abgewiesen. Auch dagegen richtet sich die Beschwerde.
2.1 Beim Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtsverbeiständung handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; vgl. BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131). Der Rechtsweg von Zwischenentscheiden folgt grundsätzlich jenem der Hauptsache. In der Hauptsache geht es um die Aufsicht über die mitwirkende Behörde gemäss Art. 609 Abs. 1 ZGB und damit um eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 5 BGG) vermögensrechtlicher Natur, wobei der Streitwert von mindestens Fr. 30'000.-- gemäss den obergerichtlichen Feststellungen erreicht wird (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde gemäss Art. 72 ff. BGG ist grundsätzlich zulässig.
2.2 Das Obergericht hat dafürgehalten, dass die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren keines Rechtsbeistandes bedurft habe. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, die Begründung treffe nicht zu, würden doch ihre Begründungen entweder falsch interpretiert oder nicht erhört; das Resultat sei jedenfalls in der Regel die Niederschmetterung ihrer Anträge. Dass sie erfolglos Beschwerde geführt hat, belegt die sachliche Notwendigkeit eines Rechtsbeistandes für sich allein nicht. Auch anwaltlich vertretene Parteien können unterliegen. Entscheidend ist namentlich, ob in ihrem Fall besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten bestanden haben, denen die Beschwerdeführerin auf sich alleine gestellt nicht gewachsen war (vgl. § 87 ZPO/ZH und Art. 29 Abs. 3 BV; BGE 130 I 180 E. 2.2 S. 182). Die Frage durfte verneint werden. Zum einen hat sich das Aufsichtsbeschwerdeverfahren weder in tatsächlicher noch in formeller Hinsicht als schwierig erwiesen. Die Eingaben belegen, dass es der Beschwerdeführerin ohne weiteres gelungen ist, die von ihr beanstandeten Punkte nachvollziehbar darzustellen und die aus ihrer Sicht zutreffende Vorgehensweise aufzuzeigen. Zum anderen kann die Beschwerdeführerin nicht als rechtsunkundig gelten. Sie verfügt nach eigenen Angaben über eine Zusatzausbildung im kantonalen Planungs- und Baurecht. Ihr Wissen bezieht sich zwar nicht unmittelbar auf erbrechtliche Fragen, doch hat sie - wie ihre Rechtsschriften belegen - doch ausreichende Kenntnisse darüber erworben, wie Juristen denken und wie sie sich sachgerecht vor Behörden für ihren Standpunkt zu wehren hat. Ihrem Erbrechtsfall war die Beschwerdeführerin gewachsen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung durfte deshalb ohne Verletzung der Verfassung abgewiesen werden.
2.3 Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde gegen die Verweigerung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes als zulässig, aber als unbegründet.
3.
Insgesamt muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführerin wird damit kostenpflichtig. Auf Grund ihrer wirtschaftlichen Lage und der in der Sache unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung des Obergerichts kann auf die Erhebung von Kosten ausnahmsweise verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege wird damit gegenstandslos (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes erweist sich nicht als notwendig, wie sich aus der vorstehenden Erwägung (E. 2.2) ergibt (vgl. Art. 64 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 122 III 392 E. 3b S. 393 f.).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, sowie der mitwirkenden Behörde (Notariat Wetzikon, Turnhallenstrasse 2, Postfach 283, 8622 Wetzikon) schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. Oktober 2007
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: