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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 7}
H 193/06
Urteil vom 2. November 2007
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Wey.
Parteien
U.________, 1968, Beschwerdeführer,
gegen
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 18. September 2006.
Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 6. April 2006 und Einspracheentscheid vom 15. Mai 2006 wurde der 1968 geborene U.________ auf der Grundlage der Arbeitgeberhaftung gemäss Art. 52 AHVG verpflichtet, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich Fr. 12'443.60 zu bezahlen.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich trat auf die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 18. September 2006 wegen Verspätung nicht ein.
U.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt sinngemäss, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Während die Ausgleichskasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
Die Streitigkeit hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
3.
Streitig und aufgrund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen ist die Rechtmässigkeit des vorinstanzlichen Nichteintretensentscheids zufolge Fristversäumnisses. Nach Art. 60 Abs. 1 ATSG ist die Beschwerde innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides einzureichen. Es handelt sich hiebei um eine gesetzliche und damit nicht erstreckbare Frist (Art. 40 Abs. 1 ATSG).
3.1 Die Vorinstanz trat auf die Beschwerde vom 15. August 2006 mit der Begründung nicht ein, die dreissigtägige Rechtsmittelfrist sei am 16. Juni 2006 abgelaufen und die Eingabe des Beschwerdeführers somit verspätet erfolgt. Als Beginn des Fristenlaufs betrachtete das kantonale Gericht den durch die Post am 17. Mai 2006 unternommenen Zustellversuch (Datum wurde einem nicht aktenkundigen Auszug des so genannten Track & Trace der Post entnommen), der erfolglos geblieben ist, weil der Beschwerdeführer an der von ihm angegebenen Adresse (Strasse X.________) nicht ermittelt werden konnte. Die Zustellung gelang erst, nachdem die Post die Sendung an die Ausgleichskasse retourniert hatte (Eingangsdatum: 19. Mai 2006) und diese hernach durch eigene Recherchen eine andere als die vom Beschwerdeführer genannte Adresse (Strasse Y.________) ausfindig machen konnte. Dem an diese Adresse verschickten Einspracheentscheid legte die Ausgleichskasse ein Schreiben vom 20. Juli 2006 bei, worin sie auf die in der Zwischenzeit abgelaufene Beschwerdefrist hinwies.
3.2 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die vorinstanzliche Betrachtungsweise und bringt namentlich vor, er sei seit 3. Januar 2006 ununterbrochen an der Strasse X.________ wohnhaft und dort mit vollem Namen angeschrieben. An der von der Ausgleichskasse schliesslich verwendeten Adresse liege eines seiner Geschäfte; dort habe er aber nie gewohnt. Zudem gibt er an, die Post seit dem 28. Januar 2006 an die Adresse Strasse Z.________ umleiten zu lassen, wo seine Firma Q.________ GmbH ansässig ist. Der Beschwerdeführer führt das Scheitern der Zustellung an der von ihm angegebenen Adresse auf einen Fehler der Post oder des Postboten zurück.
3.3 Rechtsprechungsgemäss gilt eine eingeschriebene Postsendung grundsätzlich in dem Zeitpunkt als zugestellt, in welchem der Adressat sie tatsächlich in Empfang nimmt. Wer sich indessen während eines hängigen Verfahrens für längere Zeit von dem den Behörden bekanntgegebenen Adressort entfernt, ohne für die Nachsendung der an die bisherige Adresse gelangenden Korrespondenz zu sorgen und ohne der Behörde zu melden, wo er nunmehr zu erreichen ist, bzw. ohne einen Vertreter zu beauftragen, nötigenfalls während seiner Abwesenheit für ihn zu handeln, hat eine am bisherigen Ort versuchte Zustellung als erfolgt gelten zu lassen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Zustellung eines behördlichen Aktes während der Abwesenheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (BGE 117 V 131 E. 4a S. 132 mit Hinweis) und ein Prozessrechtsverhältnis besteht, das die Parteien verpflichtet, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, d.h. unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen Entscheide, die das Verfahren betreffen, zugestellt werden können (BGE 119 V 89 E. 4b/aa S. 94 mit Hinweisen).
Vor diesem Hintergrund ist der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid nicht zu beanstanden. Nachdem die Ausgleichskasse bereits die Verfügung vom 6. April 2006 erfolgreich an die Adresse Strasse X.________ gesandt hatte und der Beschwerdeführer namentlich auch in der Einsprache vom 28. April 2006 dieselbe Anschrift aufführte, bestand für die Verwaltung kein Anlass, an der Richtigkeit der vom Beschwerdeführer angegebenen Adresse zu zweifeln. Vielmehr hatte dieser bei bestehendem Prozessrechtsverhältnis sicherzustellen, dass der von der Ausgleichskasse zu erwartende Einspracheentscheid zugestellt werden konnte. Aus den Akten geht indessen hervor, dass der Beschwerdeführer in den Tagen vor dem 19. Mai 2006 (Datum des Eingangsstempels der Ausgleichskasse auf der retournierten Postsendung) unter der angegebenen Adresse nicht ermittelt werden konnte. Für die beschwerdeführerische Annahme, dass es sich dabei um einen Fehler der Post handeln müsse, bestehen keine konkrete Hinweise. Insbesondere führt der eingereichte Nachsendeauftrag vom 25. Januar 2006 nicht zu einem anderen Schluss, zumal dieser weitgehend unleserlich ist und daher nicht ersichtlich wird, ob er sich überhaupt auf die hier in Frage stehenden Adressorte bezieht. Schliesslich bleibt zu erwähnen, dass der Beschwerdeführer letztinstanzlich erstmals Erklärungen und Einwände zur Frage der verpassten Beschwerdefrist vorbringt, obwohl die Ausgleichskasse ihn bereits im Schreiben vom 20. Juli 2006 darauf aufmerksam gemacht hat, dass die Beschwerdefrist abgelaufen ist. Der Beschwerdeführer hätte unter diesen Umständen eine Wiederherstellung der Frist beantragen müssen (Art. 60 in Verbindung mit Art. 41 ATSG). Er hat stattdessen die Fristversäumnis (trotz ausdrücklicher Aufforderung) auch vor Vorinstanz mit keinem Wort angesprochen (Beschwerde vom 15. August 2006 und Eingabe vom 22. August 2006).
4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 2. November 2007
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: