BGer 4C_4/2007
 
BGer 4C_4/2007 vom 15.11.2007
Tribunale federale
{T 0/2}
4C.4/2007
Urteil vom 15. November 2007
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Leemann.
Parteien
A.________,
Beklagter und Berufungskläger,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Franz Achermann,
gegen
1. Stiftung X.________,
2. F.B.________,
Klägerinnen und Berufungsbeklagte,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Walter Fellmann.
Gegenstand
Auftrag,
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 3. November 2006.
Sachverhalt:
A.
A.________ (Beklagter) wurde im Testament des 1975 verstorbenen C.B.________ zum Willensvollstrecker bestimmt und war mit der Verwaltung des zunächst ungeteilten Nachlassvermögens betraut. Ende 1989 vereinbarten die drei Töchter von C.B.________, D.B.________, E.B.________ und F.B.________ eine partielle Teilung des Nachlasses. E.B.________ und F.B.________ überliessen die ihnen in der Teilung zugekommenen Werte, namentlich Wertschriften im Wert von je rund Fr. 2.26 Mio., weiterhin dem Beklagten zur Verwaltung.
Im Jahr 1990 brachte E.B.________ ihr Vermögen in die Stiftung X.________ ein, was an der Verwaltung durch den Beklagten aber nichts änderte.
Ende 1997 entzogen F.B.________ sowie die Stiftung X.________ (Klägerinnen) dem Beklagten die Verwaltung ihrer Vermögen.
B.
Mit Eingabe vom 27. September 2002 leiteten die Klägerinnen beim Bezirksgericht Zürich eine Forderungsklage gegen den Beklagten ein. Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. November 2005 wurde der Beklagte verpflichtet, der Stiftung X.________ Fr. 1'616'259.20 zuzüglich Zins und F.B.________ Fr. 2'084'761.65 zuzüglich Zins zu bezahlen, wobei in den bereits eingeleiteten Betreibungen im jeweiligen Umfang der Rechtsvorschlag beseitigt wurde. Im darüber hinausgehenden Umfang wurde die Klage abgewiesen.
Die vom Beklagten gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. November 2005 erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 3. November 2006 ab.
C.
Gegen das Urteil des Obergerichts vom 3. November 2006 hat der Beklagte sowohl Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht des Kantons Zürich als auch eidgenössische Berufung an das Bundesgericht erhoben. Das Kassationsgericht hat die Nichtigkeitsbeschwerde mit Zirkulationsbeschluss vom 2. Juli 2007 abgewiesen, soweit es darauf eintreten konnte. Mit Urteil vom 11. Oktober 2007 trat das Bundesgericht auf die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde in Zivilsachen nicht ein.
D.
Mit der Berufung verlangt der Beklagte die Aufhebung des Urteils des Obergerichts sowie die Abweisung der Klage. Eventualiter sei die Sache zur Verbesserung des Entscheids an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Klägerinnen schliessen auf kostenfällige Abweisung der Berufung, soweit darauf eingetreten werden kann.
Erwägung:
1.
1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem OG (Art. 132 Abs. 1 BGG).
1.2 Nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ist in der Berufungsschrift anzugeben, welche Bundesrechtssätze der angefochtene Entscheid verletzt und inwiefern er gegen sie verstösst. Fehl am Platz sind dagegen Rügen der Verletzung von Verfassungsrecht oder von kantonalem Recht (Art. 43 Abs. 1 OG) sowie Ausführungen, die sich in unzulässiger Weise gegen die tatsächlichen Feststellungen und gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz richten (BGE 130 III 136 E. 1.4; 127 III 543 E. 2c S. 547; 116 II 92 E. 2 S. 93 f.). Unbeachtlich sind ebenfalls blosse Verweise auf die Akten bzw. auf Rechtsschriften des kantonalen Verfahrens; inwiefern das angefochtene Urteil Bundesrecht verletzt, ist in der Berufungsschrift selber darzulegen (BGE 126 III 198 E. 1d; 116 II 92 E. 2 S. 93 f.; 115 II 83 E. 3 S. 85; 110 II 74 E. 1). Unerlässlich ist, dass die Berufung auf die Begründung des angefochtenen Urteils eingeht und im Einzelnen zeigt, welche Vorschriften und warum sie von der Vorinstanz verletzt worden sind. Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen der Vorinstanz vorgebracht werden, genügen diesen Anforderungen nicht (BGE 116 II 745 E. 3; 106 II 176 mit Hinweisen).
1.3 Dem Antrag des Beklagten, die in die Berufungsschrift "integrierte" Nichtigkeitsbeschwerde mitzuberücksichtigen, ist aufgrund der erwähnten Rechtsprechung nicht stattzugeben. Auch die vom Beklagten angefügten Teile seiner Berufungsschrift an die Vorinstanz haben nach diesen Grundsätzen unbeachtlich zu bleiben.
1.4 Soweit mit der Berufung eine Verletzung von Art. 9, 29 und 35 BV bzw. von kantonalem Verfahrensrecht (§ 55 ZPO ZH, § 157 GVG ZH) gerügt wird, kann darauf nicht eingetreten werden.
1.5 Die Berufung geht zudem verschiedentlich über den von der Vorinstanz verbindlich festgestellten Sachverhalt hinaus, ohne dass der Rechtsschrift gehörig begründete Rügen gegen diese Sachverhaltsfeststellungen (Art. 55 Abs. 1 lit. d OG) zu entnehmen sind. Soweit der Beklagte seine Rügen auf einen Sachverhalt stützt, der von den Feststellungen der Vorinstanz abweicht, ist er nicht zu hören.
2.
Der Beklagte bringt zunächst eine Verletzung des Rechtsmissbrauchsverbots (Art. 2 ZGB) vor und stellt sich auf den Standpunkt, die Klägerinnen hätten mit ihrer Kündigung des Auftragsverhältnisses mit dem Beklagten, "ihr in Art. 404 OR abstrakt formuliertes Recht" missbraucht. Weiter macht er unter Hinweis auf Art. 398 Abs. 2 OR geltend, die Klägerinnen sowie die Vorinstanzen hätten dem Beklagten "letztlich Unsorgfalt und Untreue vor[geworfen], ohne je abgeklärt zu haben, ob und wenn ja, der B[eklagte] den K[lägerinnen] welchen Schaden verursacht hätte". Schliesslich beruft er sich sinngemäss darauf, die Auflösung des Auftragsverhältnisses sei zur Unzeit (Art. 404 Abs. 2 OR) erfolgt. Die Klägerinnen hätten nämlich übersehen, dass er bei einer plötzlichen Beendigung des Vermögensverwaltungsauftrags "mit seinen verschiedenen Gesellschaften in eine finanziell-wirtschaftliche Notlage geraten könnte".
Letzteres Vorbringen geht über den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt hinaus, ohne dass in der Berufungsschrift eine Ausnahme gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. d OG geltend gemacht, geschweige denn rechtsgenüglich begründet wird. Damit ist der Beklagte nicht zu hören.
Der Beklagte unterlässt es bei seiner Rüge der Verletzung von Art. 2 ZGB sowie von Art. 398 bzw. Art. 404 OR, auf die Begründung des angefochtenen Urteils einzugehen und im Einzelnen aufzuzeigen, inwiefern diese Bestimmungen von der Vorinstanz verletzt worden sind. Seine Einwände bleiben ohne aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen der Vorinstanz, weshalb darauf nicht eingetreten werden kann (BGE 116 II 745 E. 3; 106 II 176 mit Hinweisen).
3.
Der Beklagte macht mit Verweis auf Art. 30 f. OR geltend, es fehle vorliegend an einem Vertrag als Grundlage für die geltend gemachten Forderungen, nachdem er das von ihm unterzeichnete Protokoll vom 24. Februar 1998 wegen Furchterregung rechtzeitig habe anfechten lassen. Die Vorinstanz habe verkannt, so der Beklagte weiter, dass ihn vor der Erstellung des Protokolls vom 24. Februar 1998 nur die Pflichten gemäss Art. 394 - 398 OR getroffen hätten. Alles, was kraft des Protokolls über diese Normen hinausgehe, sei als "abgenötigter übermässiger Vorteil" im Sinne von Art. 30 Abs. 2 OR zu betrachten, weshalb die darin enthaltene Schuldanerkennung keine Wirkung entfalte.
Die Vorinstanz ging davon aus, dass es nicht darauf ankomme, ob G.________ (der Lebenspartner der Mutter von E.B.________ und F.B.________) dem Beklagten tatsächlich mit strafrechtlichen Schritten gedroht hatte und der Beklagte nur unter dem Eindruck dieser Drohung die Verpflichtungen gemäss Protokoll vom 24. Februar 1998 eingegangen war. Die Vorinstanz hielt zutreffend dafür, dass die Androhung einer Strafanzeige im vorliegenden Fall grundsätzlich als zulässig gelten müsse, da ein innerer Zusammenhang zum angestrebten Zweck, d.h. der Durchsetzung der auftragsrechtlichen Ansprüche der Klägerinnen, erstellt sei. Die durch die behauptete Drohung veranlasste Schuldanerkennung des Beklagten wäre nur dann als unverbindlich anzusehen, wenn sich die Klägerinnen damit übermässige Vorteile hätten einräumen lassen (vgl. Art. 30 Abs. 2 OR; BGE 125 III 353 E. 2 S. 355 mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat gestützt auf diese Grundsätze zutreffend geprüft, ob das Protokoll vom 24. Februar 1998 den Klägerinnen mehr Rechte verschaffte, als ihnen tatsächlich zustand. Aufgrund der als pflichtwidrig erachteten Anlageentscheide des Beklagten im Zusammenhang mit Darlehen an von ihm selbst kontrollierte Gesellschaften sowie Aktien der von ihm persönlich beherrschten H.________ AG kam die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht zum Schluss, dass mit dem Protokoll vom 24. Februar 1998 den Klägerinnen nicht mehr versprochen wurde, als ihnen ohnehin zustand, weshalb die Schuldanerkennung auch unter Annahme der behaupteten Androhung einer Strafanzeige durch G.________ nicht als unverbindlich anzusehen wäre. Der Vorinstanz ist beizupflichten, wurden die Klägerinnen mit der vom 24. Februar 1998 datierenden Schuldanerkennung doch nicht besser gestellt, als wenn der Beklagte seinen Vermögensverwaltungsauftrag pflichtgemäss erfüllt hätte. Der vom Beklagten nicht weiter begründete Einwand eines "abgenötigten übermässigen Vorteils" erweist sich somit als unzutreffend.
4.
Weiter bringt der Beklagte unter Berufung auf Art. 8 ZGB vor, die Vorinstanz habe gestützt auf das Protokoll vom 24. Februar 1998 "[o]hne das rechtsverbindliche Vorhandensein eines Vertrages, ohne diesbezügliche und ergänzende Beweisabnahmen (Letzteres betreffend Nötigung)" in Verletzung von Bundesrecht eine Schuldanerkennung angenommen.
Art. 8 ZGB gibt der beweispflichtigen Partei in allen Zivilstreitigkeiten einen bundesrechtlichen Anspruch darauf, für rechtserhebliche Vorbringen zum Beweis zugelassen zu werden (BGE 133 III 295 E. 7.1; 132 III 222 E. 2.3 S. 226; 130 III 591 E. 5.4 S. 601), wenn ihr Beweisantrag nach Form und Inhalt den Vorschriften des kantonalen Rechts entspricht (BGE 133 III 295 E. 7.1; 129 III 18 E. 2.6; 114 II 289 E. 2a S. 290, je mit Hinweisen). Die allgemeine Beweisvorschrift ist daher insbesondere verletzt, wenn der kantonale Richter Behauptungen einer Partei, unbekümmert darum, dass sie von der Gegenpartei bestritten worden sind, als richtig hinnimmt, oder über rechtserhebliche Tatsachen überhaupt nicht Beweis führen lässt (BGE 133 III 295 E. 7.1; 130 III 591 E. 5.4 S. 601 f. mit Hinweis).
Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Sache nur spruchreif sei, wenn es aus rechtlichen Gründen nicht darauf ankomme, ob G.________ dem Beklagten tatsächlich mit strafrechtlichen Schritten drohte und der Beklagte dadurch veranlasst wurde, die Verpflichtungen gemäss Protokoll vom 24. Februar 1998 einzugehen, und hat dies mit zutreffenden Erwägungen verneint. Nachdem sich die behauptete Drohung als nicht rechtserheblich herausgestellt hat, war die Vorinstanz auch nicht zu weiteren Abklärungen veranlasst. Art. 8 ZGB verleiht keinen Anspruch, zum Beweis unerheblicher Tatsachen zugelassen zu werden (BGE 132 III 222 E. 2.3 S. 226; 129 III 18 E. 2.6). Die Rüge des Beklagten ist unbegründet.
5.
Der Beklagte stellt sich weiter auf den Standpunkt, es sei erwiesen, dass er während seiner 22-jährigen Tätigkeit das Vermögen der Klägerinnen massiv erhöht habe. Entgegen der vorinstanzlichen Ansicht seien eingetretene Vermögensvorteile zur Anrechnung zu bringen.
Zwar trifft es grundsätzlich zu, dass allfällige Vermögensvorteile, die dem Auftraggeber aus der Vertragsverletzung erwachsen, auf den zu ersetzenden Nachteil anzurechnen sind (BGE 128 III 22 E. 2e cc S. 28). Ein bei den Klägerinnen durch die Verletzung des Vermögensverwaltungsauftrags eingetretener Vermögensvorteil, der vom beauftragten Beklagten zu behaupten und zu beweisen gewesen wäre (BGE 128 III 22 E. 2e cc S. 28 f.), lässt sich dem angefochtenen Entscheid jedoch nicht entnehmen. Mit seiner diesbezüglichen Behauptung geht der Beklagte über die im Entscheid der Vorinstanz verbindlich festgestellten Tatsachen (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG) hinaus, weshalb er damit nicht gehört werden kann.
6.
Seinen Eventualantrag, die Sache sei zur Verbesserung des Entscheids gestützt auf Art. 52 OG an die Vorinstanz zurückzuweisen, begründet der Beklagte damit, dass der Entscheid den Anforderungen von Art. 51 Abs. 1 lit. c OG nicht genüge.
Soweit die Ausführungen des Beklagten dem Begründungserfordernis (dazu oben E. 1.2) überhaupt genügen, vermögen sie keine Bundesrechtsverletzung darzutun. Die Vorinstanz hat ihren Entscheid sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht genügend begründet. Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich auch aus Art. 1 Abs. 3 ZGB nichts zu seinen Gunsten ableiten.
7.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Berufung als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beklagte kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 sowie Art. 159 Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 18'000.-- wird dem Beklagten auferlegt.
3.
Der Beklagte hat die Klägerinnen für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 20'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. November 2007
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Corboz Leemann