Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1B_207/2007 /daa
Urteil vom 16. November 2007
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio,
Gerichtsschreiber Haag.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Y.________, substituiert durch Rechtsanwalt Z.________,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8090 Zürich,
Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich.
Gegenstand
Aufsichtsbeschwerde; Rechtsverweigerung
Beschwerde gegen die Verfügung vom 25. Juli 2007 der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich.
Sachverhalt:
A.
Die Bezirksanwaltschaft III für den Kanton Zürich führte gegen die Verantwortlichen der A.________ Ltd. und der B.________ GmbH sowie gegen C.________ eine Strafuntersuchung wegen Betrugs und anderer Delikte. Diese Strafuntersuchung wurde ausgelöst durch eine Strafanzeige vom 25. August 2003, welche Rechtsanwalt Y.________ im Auftrag verschiedener Kunden und Mitarbeiter der genannten Gesellschaften eingereicht hatte (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1P.330/2004 vom 3. Februar 2005). Zu den Geschädigten soll auch X.________ gehören.
B.
Mit Schreiben vom 14. November 2006 gelangte Rechtsanwalt Y.________ an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und machte geltend, den Geschädigten werde seit drei Jahren die Akteneinsicht verweigert. Unter Bezugnahme auf ein Akteneinsichtsgesuch vom 26. Oktober 2006 sowie weitere Korrespondenz ersuchte er die Oberstaatsanwaltschaft um Gewährung der Akteneinsicht. Mit Beschwerdeentscheid vom 2. April 2007 schrieb die Oberstaatsanwaltschaft die als Aufsichtsbeschwerde behandelte Eingabe als gegenstandslos geworden ab. Die Untersuchungsakten seien an die italienischen Strafverfolgungsbehörden übergeben worden, nachdem diese die Weiterführung des gegen den in Italien lebenden italienischen Staatsbürger C.________ laufenden Strafverfahrens übernommen hätten. Die Zürcher Behörden könnten somit den geschädigten Personen keine Akteneinsicht mehr gewähren.
Mit Beschwerde an die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich beantragte X.________, der Beschwerdeentscheid der Oberstaatsanwaltschaft vom 2. April 2007 sei aufzuheben und es sei ihm vollumfängliche Akteneinsicht zu gewähren. Mit Verfügung vom 25. Juli 2007 erwog die Direktion, die Verfahrenshoheit sei an die italienischen Behörden übergegangen, weshalb die schweizerischen Untersuchungsbehörden während dem laufenden Verfahren keine Akteneinsicht mehr gewähren dürften, selbst wenn sie noch über allfällige Kopien oder Restakten verfügen sollten. Die Geschädigten müssten sich diesbezüglich an die italienischen Behörden wenden. Im Übrigen sei die Staatsanwaltschaft nicht verpflichtet gewesen, die Geschädigten über die bevorstehende Übernahme des Strafverfahrens durch Italien zu informieren. Soweit sich X.________ über eine Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung beschwere, sei darauf mangels Rechtsschutzinteresse nicht einzutreten, da er seine Beschwerde erst nach der Übernahme der Angelegenheit durch Italien erhoben habe.
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 11. September 2007 beantragt X.________, die Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern sei aufzuheben und es sei ihm vollumfängliche Einsicht in sämtliche Akten des Strafverfahrens zu gewähren.
Die Direktion der Justiz und des Innern beantragt, die Beschwerde abzuweisen bzw. darauf nicht einzutreten. Die Oberstaatsanwaltschaft verzichtet auf eine Stellungnahme.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251).
1.1 Nach ständiger Rechtsprechung zum Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; BS 3 S. 531) konnte der Entscheid einer Behörde, auf eine Aufsichtsbeschwerde nicht einzutreten, sie abzuweisen oder ihr keine Folge zu geben, nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (BGE 121 I 42 E. 2a S. 45, 87 E. 1a S. 90, mit Hinweisen). Dem Aufsichtsmassnahmen ablehnenden Beschluss fehlt der Verfügungscharakter, da er keinen Akt darstellt, der ein Verhältnis zwischen der Verwaltung und einem Bürger verbindlich regelt (BGE 102 Ib 81 E. 3 S. 85). Die Aufsichtsbeschwerde räumt nach allgemeinem Verständnis keinen Anspruch auf justizmässige Beurteilung ein und gilt deshalb nicht als eigentliches Rechtsmittel, sondern bloss als Rechtsbehelf (BGE 125 I 394 E. 3 S. 396; 123 I 25 E. 2b/aa S. 28). Da der Entscheid der Aufsichtsbehörde, keine verbindlichen Anordnungen zu treffen, nicht Verfügungscharakter hat, kann insofern auch nicht wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung Beschwerde geführt werden (BGE 109 Ib 246 E. 3d S. 250; 102 Ib 81 E.3 S. 85). Diese Rechtsprechung ist grundsätzlich auch unter der Herrschaft des Bundesgerichtsgesetzes weiterzuführen. Die Oberstaatsanwaltschaft und die Direktion haben die vom Beschwerdeführer gerügte Verweigerung der Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde geprüft und dieser Beschwerde keine Folge gegeben. Gegen diesen Entscheid ist auch unter der Herrschaft des BGG kein Rechtsmittel an das Bundesgericht gegeben.
Selbst wenn die Verweigerung der Akteneinsicht durch die Oberstaatsanwaltschaft im Rahmen eines kantonalen Rechtsmittels und nicht bloss eines Rechtsbehelfs beurteilt worden wäre, könnte den kantonalen Behörden jedoch keine Verfassungsverletzung wegen Verweigerung des Akteneinsichtsrechts vorgeworfen werden. Nachdem die Zürcher Strafverfolgungsbehörden im vorliegenden Strafverfahren nicht mehr zuständig sind, können sie in diesem Verfahren auch keine Akteneinsicht gewähren. Der Kritik des Beschwerdeführers könnte in diesem Punkt somit auch nicht gefolgt werden, wenn auf die Beschwerde diesbezüglich einzutreten wäre.
1.2 Soweit der Beschwerdeführer eine Rechtsverweigerung bzw. Rechtsverzögerung rügt (Art. 94 BGG), so ist darauf hinzuweisen, dass die kantonalen Instanzen das Akteneinsichtsgesuch des Beschwerdeführers wegen des Übergangs der Zuständigkeit zur Verfahrensführung an die italienischen Behörden als gegenstandslos bezeichnet haben. Im bundesgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer geltend, die Staatsanwaltschaft ermittle im Rahmen der vorliegenden Angelegenheit nicht nur gegen C.________, sondern auch gegen die beiden Vertriebsvermittler F.D.S. und C.F. wegen angeblicher Vermögensdelikte. Er legt jedoch nicht substanziiert dar, dass er um Einsicht auch in diese Akten ersucht hat und inwiefern er den Zürcher Strafverfolgungsbehörden diesbezüglich Rechtsverzögerung bzw. Rechtsverweigerung vorwirft.
Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht gilt im bundesgerichtlichen Verfahren eine qualifizierte Rügepflicht. Bei solchen Rügen kommt der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht zum Zug. Vielmehr sind diese Rügen präzise vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Führt der Beschwerdeführer nicht zumindest in erkennbarer Weise an, welches Grundrecht seiner Meinung nach verletzt sei, und legt er nicht kurz dar, worin die behauptete Verletzung bestehe, unterbleibt die Prüfung durch das Bundesgericht (vgl. Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4344 f.). Im Anwendungsbereich von Art. 106 Abs. 2 BGG ist demnach die Praxis zum Rügeprinzip gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG (vgl. dazu BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.; 129 I 113 E. 2.1 S. 120) weiterzuführen (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).
Die vorliegende Beschwerde genügt den erwähnten gesetzlichen Anforderungen an die Begründung von Beschwerden an das Bundesgericht wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte nicht. Auf die Beschwerde kann somit auch insoweit nicht eingetreten werden, als die Direktion der Justiz und des Innern auf den Rekurs betreffend Rechtsverweigerung bzw. Rechtsverzögerung nicht eingetreten ist.
2.
Es ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft und der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. November 2007
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
Aemisegger Haag