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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6S.74/2007/bri
Urteil vom 6. Februar 2008
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari,
Gerichtsschreiber Thommen.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Daniela Kuka,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Strafzumessung (Mord),
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Geschworenengerichts des Kantons Zürich vom 23. Juni 2005.
Sachverhalt:
A.
Mit Urteil vom 23. Juni 2005 befand das Geschworenengericht des Kantons Zürich X.________ des Mordes (Art. 112 StGB) und der Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a WG i.V.m. Art. 27 WG) für schuldig und bestrafte ihn mit 17 Jahren Zuchthaus.
B.
Eine dagegen erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Sitzungsbeschluss vom 29. Oktober 2007 ab.
C.
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er die Aufhebung des Geschworenengerichtsurteils und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung beantragt. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
D.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach der Bundesstrafprozessordnung (Art. 132 Abs. 1 BGG).
2.
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung der 'lex mitior' - Regel geltend. Das revidierte Strafzumessungsrecht kenne den Strafschärfungsgrund des Rückfalls (Art. 67 Ziff. 1 aStGB) nicht mehr, weshalb dieses Anwendung finden müsse.
Mit dieser Rüge verkennt der Beschwerdeführer, dass das Bundesgericht im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde lediglich überprüft, ob die Vorinstanz das zum Urteilszeitpunkt geltende Recht richtig angewendet hat (BGE 129 IV 49 E. 5.3). Das Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs ist am 1. Januar 2007 und somit nach Ausfällung des vorinstanzlichen Urteils in Kraft getreten (AS 2006 3459 3535; BBl 1999 1979).
3.
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des Beschleunigungsgebots geltend.
3.1 Nach Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist. Der Beschuldigte soll nicht länger als nötig über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Ungewissen gelassen werden. Gegenstand der Prüfung, ob ein Verfahren zu lange gedauert hat, ist das Verfahren in seiner Gesamtheit. Welche Verfahrensdauer angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, die in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind. Dabei sind insbesondere die Komplexität des Falls, das Verhalten des Angeschuldigten, die Behandlung des Falls durch die Behörden und dessen Bedeutung für den Angeschuldigten zu berücksichtigen (BGE 130 IV 54, E. 3.3.3; 124 I 139 E. 2c; vgl. Hans Wiprächtiger, Basler Kommentar StGB I, 2. Auflage, Art. 47 N 137).
3.2 Das Beschleunigungsgebot wurde vorliegend nicht verletzt. Der Beschwerdeführer wurde am 8. Oktober 2002 verhaftet. Nach knapp zweijähriger Untersuchungsdauer wurde am 8. September 2004 Anklage erhoben. Am 23. Juni 2005 wurde das geschworenengerichtliche Urteil mündlich verkündet. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Verfahren zügig durchgeführt. Die Ausfertigung der schriftlichen Urteilsbegründung nahm rund 19 Monate in Anspruch. Dies ist zwar ein verhältnismässig langer, nicht aber ein übermässig ausgedehnter Zeitraum im Sinne einer eigentlichen Verfahrensverschleppung. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer nach der mündlichen Urteilsverkündung über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht länger im Ungewissen war. Zusammenfassend nahmen weder die Gesamtheit noch die einzelnen Abschnitte des Verfahrens übermässig viel Zeit in Anspruch (vgl. zu einem ähnlich langen Verfahren bei einem Tötungsdelikt Bundesgerichtsurteil 6P.119/2003 vom 20. Januar 2004). Mangels einer relevanten Verfahrensverzögerung brauchen auch allfällige Auswirkungen auf die Strafe nicht diskutiert zu werden.
4.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 63 StGB. Die ausgesprochene Strafe von 17 Jahren sei zu hoch, da wesentliche, positiv ins Gewicht fallende Strafzumessungsfaktoren nicht oder zu wenig berücksichtigt worden seien.
4.1 Die Strafe für Mord ist lebenslängliches Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter zehn Jahren (Art. 112 StGB in der vor dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung, vgl. E. 2). Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen (Art. 63 StGB in der vor dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung, vgl. E. 2 ). Der Umfang der Berücksichtigung verschiedener Strafzumessungsfaktoren liegt im Ermessen der kantonalen Behörde. Der Kassationshof kann im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde in die Strafzumessung nur eingreifen, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wenn sie wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. falsch gewichtet hat (BGE 129 IV 6 E. 6.1; 127 IV 101 E. 2; 124 IV 286 E. 4a). Der Richter muss die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergeben, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Besonders hohe Anforderungen an die Begründung der Strafzumessung werden unter anderem gestellt, wenn die ausgesprochene Strafe ungewöhnlich hoch oder auffallend milde ist (BGE 127 IV 101 E. 2).
4.2 Die Strafzumessung der Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht. Es kann vorab auf deren zutreffende Erwägungen verwiesen werden (angefochtenes Urteil S. 46 ff.). Sämtliche in der Beschwerde angeführten strafmindernden Umstände wurden entgegen dem Beschwerdeführer im Urteil nicht nur erwähnt, sondern auch berücksichtigt. Die geringfügige Einschränkung seiner Steuerungsfähigkeit wurde ihm als leichte Verminderung der Zurechnungsfähigkeit angerechnet. Der Umstand, dass er aufgrund des von ihm als erniedrigend empfundenen Rauswurfs aus der Wohnung spontan und nicht aufgrund vorgängiger Planung zur Tat schritt, wurde ihm zu Gute gehalten. Ebenso wurden ihm sein Teilgeständnis, seine Kooperation in der Untersuchung sowie die in einem gewissen Umfang gezeigte Reue angerechnet. Der positive Führungsbericht der Strafanstalt Pöschwies wurde leicht strafmindernd berücksichtigt. Dass diese verschiedenen Umstände lediglich zu einer Strafreduktion auf 17 Jahre Zuchthaus geführt haben, mag dem Beschwerdeführer hart erscheinen, die Vorinstanz hat sich damit aber im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens gehalten. Die Strafe liegt innerhalb des zu Recht für einschlägig erklärten ordentlichen Strafrahmens von 10 Jahren bis zu lebenslänglichem Zuchthaus. Die hohe Strafe wurde eingehend und nachvollziehbar begründet unter Berücksichtigung aller wesentlichen Zumessungsfaktoren, weshalb für das Bundesgericht kein Anlass besteht, in die vorinstanzliche Strafzumessung einzugreifen.
5.
Zusammenfassend ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, welchem infolge Aussichtslosigkeit der Begehren nicht stattgegeben werden kann (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Seinen finanziellen Verhältnissen ist bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Geschworenengericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Februar 2008
Im Namen des Kassationshofs
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Schneider Thommen