BGer 8C_98/2007 |
BGer 8C_98/2007 vom 15.02.2008 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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8C_98/2007
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Urteil vom 15. Februar 2008
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I. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Ursprung, Präsident,
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Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
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Gerichtsschreiberin Kopp Käch.
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Parteien
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Amt für Arbeit des Kantons St. Gallen, Unterstrasse 22, 9000 St. Gallen,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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C.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher Daniel Küng, Rosenbergstrasse 51, 9000 St. Gallen.
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Gegenstand
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Arbeitslosenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 25. Januar 2007.
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Sachverhalt:
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A.
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Die 1973 geborene C.________ war seit dem 23. März 1999 in einem Vollpensum als Mitarbeiterin Office/Küchengehilfin im Restaurant G.________ tätig. Mit Schreiben vom 14. Februar 2006 kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis per 31. März 2006, da sie aufgrund der Geburt ihres dritten Kindes nicht mehr voll erwerbstätig sein könne. Am 9. März 2006 meldete sich C.________ zur Arbeitsvermittlung an und stellte am 12. März 2006 Antrag auf Arbeitslosenentschädigung ab dem 1. April 2006. Gegenüber dem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) gab sie an, sie suche eine Teilzeitstelle mit einem Beschäftigungsgrad von 40 % als Reinigerin mit möglichen Arbeitszeiten jeweils abends von 18.00 bis 22.00 Uhr.
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Das RAV prüfte die Vermittlungsfähigkeit der Versicherten. Mit Verfügung vom 30. Mai 2006 verneinte es einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung mangels anrechenbaren Arbeitsausfalls. Daran hielt es mit Einspracheentscheid vom 3. Juli 2006 fest.
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B.
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Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 25. Januar 2007 gut, soweit darauf einzutreten war, und stellte fest, dass C.________ vermittlungsfähig sei und einen anrechenbaren Arbeitsausfall von 40 % erleide.
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C.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt das Amt für Arbeit des Kantons St. Gallen die Aufhebung des Entscheids des kantonalen Versicherungsgerichts vom 25. Januar 2007 und die Bestätigung des Einspracheentscheids des RAV vom 3. Juli 2006.
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C.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen:
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1.
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Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2.
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Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 AVIG), insbesondere diejenigen der ganzen oder teilweisen Arbeitslosigkeit (Art. 8 Abs. 1 lit. a und Art. 10 AVIG) sowie des anrechenbaren Arbeitsausfalls (Art. 8 Abs. 1 lit. b und Art. 11 Abs. 1 AVIG), und die Rechtsprechung, wonach sich der anrechenbare Arbeitsausfall grundsätzlich im Vergleich zum letzten Arbeitsverhältnis vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bestimmt (BGE 125 V 51 E. 6c/aa S. 59), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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3.
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Streitig und zu prüfen ist der Anspruch der Beschwerdegegnerin auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. April 2006 und dabei namentlich die Voraussetzung des anrechenbaren Arbeitsausfalls. Unbestritten ist die Bejahung der Vermittlungsfähigkeit der Versicherten.
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3.1 Die Vorinstanz hat in Würdigung der Aktenlage festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin seit März 1999 in einem Vollpensum tätig gewesen war, dieses Arbeitsverhältnis aufgelöst hatte, weil sie nach der Geburt des dritten Kindes nicht mehr ganztags erwerbstätig sein wollte und die bisherige Arbeitgeberin ihr keine Teilzeitstelle anbieten konnte, im Zeitpunkt der Antragstellung arbeitslos war und eine Teilzeitstelle abends suchte. Sie bejahte einen anrechenbaren Arbeitsausfall im Umfang von 40 %. Auf die entsprechenden Erwägungen kann verwiesen werden.
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3.2 Die Tatsachenfeststellungen des kantonalen Gerichts sind für das Bundesgericht im Rahmen der eingeschränkten Kognition nach Art. 105 Abs. 2 BGG grundsätzlich bindend. Dagegen wird denn auch in der Beschwerde nichts vorgebracht. Gerügt wird eine Rechtsverletzung in dem Sinne, dass der Arbeitsausfall gemäss Rechtsprechung nicht anrechenbar sein könne, weil er zufolge der bei der bisherigen Anstellung üblichen Geschäftszeiten tagsüber nicht durch Arbeitsgelegenheiten abends kompensiert werden könne.
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3.3 Diese Argumentation des Beschwerdeführers ist nicht stichhaltig. Zu Recht führte die Vorinstanz aus, dass sich die Ansicht, wonach ein Arbeitsausfall nur dann anrechenbar sein soll, wenn die versicherte Person weiterhin bereit wäre, zu den gleichen Arbeitszeiten wie bisher zu arbeiten, weder auf die gesetzlichen Bestimmungen noch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtes (BGE 125 V 51; Urteil C 119/03 vom 28. August 2003) abstützen könne. Das Gesetz erklärt einen Arbeitsausfall als anrechenbar, wenn er einen Verdienstausfall zur Folge hat und mindestens zwei aufeinander folgende volle Arbeitstage dauert (Art. 11 Abs. 1 AVIG). Als voller Arbeitstag gilt der fünfte Teil der wöchentlichen Arbeitszeit, die die versicherte Person normalerweise während ihres letzten Arbeitsverhältnisses geleistet hat (Art. 4 Abs. 1 AVIV). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
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3.4 Soweit in BGE 125 V 51 E. 6c/aa S. 59, worauf sich der Beschwerdeführer beruft, ausgeführt wird, der anrechenbare Arbeitsausfall bestimme sich grundsätzlich im Verhältnis zum letzten Arbeitsverhältnis vor Eintritt der (Teil-)Arbeitslosigkeit, geht es dabei um die Frage, ob die versicherte Person einen ganzen oder einen teilweisen Arbeitsausfall erleidet. So wurde in diesem Urteil aufgezeigt, dass eine Person, die an ihrer letzten Stelle eine Normalarbeitszeit von 42 Wochenstunden hatte und fortan nur noch an drei Tagen zu acht Stunden wöchentlich arbeiten möchte, lediglich einen tatsächlichen Arbeitsausfall im Umfang von 24/42 oder von rund 57 % erleidet, wohingegen ein totaler Arbeitsausfall besteht, wenn die versicherte Person bereits vorher nur in diesem zeitlich beschränkten Umfang gearbeitet hatte. Dass der anrechenbare Arbeitsausfall der Beschwerdegegnerin lediglich 40 % beträgt, wurde vorliegend nie bestritten. Auch das Urteil C 119/03 vom 28. August 2003 vermag die Ansicht der Beschwerdeführerin nicht zu stützen, ging es doch dort um eine Versicherte, welche bisher im Rahmen eines Praktikums als Kosmetikerin 70 % eines Vollpensums absolvierte und fortan eine Vollzeitstelle als Kosmetikerin oder Servicemitarbeiterin ohne Lehre suchte, wobei sie als Arbeitszeiten drei Tage ganztags sowie von vier möglichen höchstens zwei Abende pro Woche angab und sich an den andern Tagen der Kinderbetreuung widmen wollte. Das Gericht bestätigte einen anrechenbaren Arbeitsausfall von 60 % und stellte klar, dass nicht zusätzlich ein fehlender Arbeitsausfall durch Abendeinsätze ausserhalb der für sie üblichen Arbeitszeit kompensiert werden könne, weil diese Zeitspannen nicht zu dem für die Versicherte massgeblichen vollen Arbeitstag im Rechtssinne gehören. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Anrechenbarkeit anders zu beurteilen wäre, wenn die Versicherte bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit einen Beruf ausgeübt hätte, in welchem Arbeit am Abend oder in der Nacht (z.B. Gastgewerbe, Schichtarbeit) betriebs- und/oder branchenüblich wäre. Im vorliegend zu beurteilenden Fall war die Beschwerdegegnerin als Mitarbeiterin Office/Küchengehilfin in einem Restaurant tätig und sucht fortan eine Tätigkeit in der Reinigungsbranche abends zwischen 18.00 und 22.00 Uhr. Dies entspricht einer branchenüblichen Arbeitszeit. Mit der Vorinstanz ist das Vorliegen eines anrechenbaren Arbeitsausfalls somit zu bejahen.
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4.
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Nach Art. 66 Abs. 4 BGG dürfen dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis und, ohne dass es sich um ein Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. Die Kantone und die mit dem Vollzug betrauten kantonalen Durchführungsorgane (Art. 76 Abs. 1 lit. c AVIG) richten keine Leistungen aus, da hierfür die Kassen zuständig sind (Art. 81 Abs. 1 lit. c AVIG). Sodann hat das Amt für Arbeit kein Vermögensinteresse daran, ob das Bundesgericht die Verneinung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung bestätigt oder nicht (Art. 85 Abs. 1 lit. b AVIG). Dem beschwerdeführenden Amt sind daher als unterliegender Partei (Art. 66 Abs. 1 BGG) keine Gerichtskosten aufzuerlegen, was auch der bisherigen Rechtsprechung zum OG entspricht (BGE 133 V 640 E. 4.5 S. 641). Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat das Amt für Arbeit die obsiegende, durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschwerdegegnerin zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1000.- zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, der Kantonalen Arbeitslosenkasse St. Gallen und dem Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 15. Februar 2008
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Ursprung Kopp Käch
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