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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_684/2007
Urteil vom 26. Februar 2008
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Holzer.
Parteien
B.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Alex Beeler, Frankenstrasse 3, 6003 Luzern,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 27. September 2007.
Sachverhalt:
A.
Der 1952 geborene B.________ war als Angestellter (Gruppenleiter) der L.________ AG, bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 7. Mai 1998 bei einer Teambildungs-Veranstaltung seitlich ausrutschte und sich am rechten Knie verletzte. Die SUVA anerkannte ihre Leistungspflicht für dieses Ereignis. Nach Rückkehr an seinen angestammten Arbeitsplatz erlitt der Versicherte am 4. Juni 2001 erneut einen Unfall, als er auf der Treppe stürzte, sich jedoch am Treppengeländer auffangen konnte. Im Röntgeninstitut X.________ wurde daraufhin eine mediane Diskusprotrusion L 2/4, eine Diskushernie L 4/5 und eine durch spondylotische Alterationen bedingte Enge des Spinalkanals L5/S1 diagnostiziert. Mit Verfügung vom 21. Januar 2002 sprach die SUVA dem Versicherten eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse im Kniebereich von 10 % zu. In der Folge der Einsprache des Versicherten wurden weitere medizinische Abklärungen vorgenommen. Am 11. Juli 2005 erliess die SUVA eine neue Verfügung; sie sprach dem Versicherten nunmehr eine Invalidenrente ab dem 1. Juli 2005 ausgehend von einem Invaliditätsgrad von 28 % und eine Integritätsentschädigung gestützt auf eine Integritätseinbusse von 15 % zu. Daran hielt die Versicherung mit Einspracheentscheid vom 29. Dezember 2005 fest.
B.
Die von B.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Entscheid vom 27. September 2007 ab.
C.
Mit Beschwerde beantragt B.________, ihm seien unter Anpassung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides eine Invalidenrente aufgrund einer Erwerbseinbusse von mindestens 86 % und eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von mindestens 40 % zusprechen; eventuell seien die Ursachen und Auswirkungen der Beschwerden in Lendenwirbelsäule (LWS) und Knie durch neutrale Gutachter abzuklären.
Während die SUVA und die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde schliessen, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zum Anspruch auf Leistungen im Allgemeinen (Art. 6 Abs. 1 UVG) und zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG; Art. 16 ATSG), sowie die Grundsätze zum vorausgesetzten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 128 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen), zum Dahinfallen des natürlichen Kausalzusammenhanges bei Erreichen des Status quo sine (RKUV 2000 U 363 S. 45 E. 2 [U 355/98]) und zum Beweiswert medizinischer Berichte (BGE 125 V 351) ausführlich und zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
Zu ergänzen ist Folgendes: Liegen mehrere, einander nicht beeinflussende Gesundheitsschäden vor, wobei ein Teil der Schäden durch einen Unfall bedingt ist, ein anderer Teil jedoch durch eine Krankheit entstanden ist, so sind die Folgen des versicherten Unfalles für sich allein zu bewerten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die verschiedenen Schäden verschiedene Körperteile betreffen und sich damit die Krankheitsbilder nicht überschneiden (BGE 126 V 116 E. 3a).
3.
Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer am 7. Mai 1998 und am 4. Juni 2001 je einen Unfall erlitten hat. Ebenfalls unstreitig ist die Unfallkausalität der anhaltenden Kniebeschwerden des Versicherten. Dieser macht letztinstanzlich zu Recht nicht mehr geltend, zwischen den Unfallereignissen und der Achillessehnenproblematik oder den psychischen Beschwerden bestehe ein rechtsgenüglicher Kausalzusammenhang. Streitig und zu prüfen ist demgenüber zunächst, ob die Beschwerden an der Lendenwirbelsäule unfallkausal sind.
4.
4.1 Nach Ansicht des Dr.med. G.________ (Spezialarzt FMH für Chirurgie an der Klinik E.________) sind die bei Austritt aus der Klinik am 18. Februar 2004 anhaltenden Rückenbeschwerden auf die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sowie auf die Diskushernie zurückzuführen und daher nicht mehr als Unfallfolgen zu betrachten. Auch der SUVA-Kreisarzt Dr. med. A.________ (FMH für Chirurgie), geht in seinem Abschlussbericht vom 7. Juni 2004 davon aus, dass der Unfall vom 4. Juni 2001 im Bereich der Wirbelsäule nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung eines degenerativen Vorzustandes geführt hat. Demgegenüber postuliert Dr. med. S.________ (Facharzt FMH für Neurologie), in seinem Bericht vom 19. Januar 2007 eine traumatische Genese der Diskushernie. Entgegen der Darstellung des Versicherten äusserten sich die übrigen medizinischen Fachpersonen nicht zu Unfallkausalität der Hernie. Insbesondere lässt der Ausdruck "posttraumatisch" offen, ob die Hernie durch den Unfall verursacht, oder lediglich durch ihn ausgelöst wurde.
4.2 Es entspricht einer medizinischen Erfahrungstatsache im Bereich des Unfallversicherungsrechts, dass praktisch alle Diskushernien bei Vorliegen degenerativer Bandscheibenveränderungen entstehen und ein Unfallereignis nur ausnahmsweise, unter besonderen Voraussetzungen, als eigentliche Ursache in Betracht fällt. Als weitgehend unfallbedingt kann eine Diskushernie betrachtet werden, wenn das Unfallereignis von besonderer Schwere und geeignet war, eine Schädigung der Bandscheibe herbeizuführen, und die Symptome der Diskushernie (vertebrales oder radikuläres Syndrom) unverzüglich und mit sofortiger Arbeitsunfähigkeit auftreten (RKUV 2000 Nr. U 379 S. 192 E. 2a [U 138/99] mit Hinweis auf das Urteil U 159/95 vom 26. August 1996, E. 1b).
4.3 Gemäss den Angaben des Versicherten in der Unfallmeldung wollte er am 4. Juni 2001 eine Treppe hinuntersteigen. Dabei blockierte das vorgeschädigte Knie und er konnte sich nicht mehr halten. Er war allerdings in der Lage, sich am Treppengeländer aufzufangen und so ein Aufprallen auf die Treppe zu vermeiden. Dabei spürte er sofort einen starken Schmerz im unteren Teil des Rückens und im rechten Bein. Aufgrund dieses Geschehnisablaufs kann das Ereignis nicht als Unfall von besonderer Schwere qualifiziert werden. Die Annahme der Dres. med. G.________ und A.________, wonach die Diskushernie L4/5 durch den Unfall lediglich ausgelöst, nicht aber verursacht wurde, steht somit im Einklang mit der in E. 4.2 erwähnten Erfahrungstatsache. Zudem wurde bereits am 4. Juli 2001 durch das Röntgeninstitut ein degenerativer Vorzustand der Wirbelsäule in Form ausgedehnter spondylotischer Alterationen der Hinterkante L5 und S1 mit einer relevanten hochgradigen Enge des Spinalkanals auf diesem Niveau festgestellt. Die Annahme des Dr. med. S.________, es hätten keine degenerativen Veränderungen vorgelegen, ist somit aktenwidrig. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, kann zudem aus dem Umstand, dass der Versicherte vor dem Unfall keine Beschwerden verspürte, nicht auf eine traumatische Genese der Diskushernie geschlossen werden.
4.4 Ist jedoch die Diskushernie bei degenerativem Vorzustand durch den Unfall nur aktiviert, nicht aber verursacht worden, so hat die Unfallversicherung nur Leistungen für das unmittelbar im Zusammenhang mit dem Unfall stehende Schmerzsyndrom zu erbringen (RKUV 2000 Nr. U 378 S. 191 [U 149/99]). Auch die Annahme der Dres. med. G.________ und A.________, wonach beinahe beziehungsweise über drei Jahre nach dem Unfall der Status quo sine längst erreicht wurde, steht im Einklang mit dem derzeitigen medizinischen Wissensstand. Denn nach diesem kann das Erreichen des Status quo sine bei posttraumatischen Lumbalgien und Lumboischialgien nach drei bis vier Monaten erwartet werden, wogegen eine allfällige richtungsgebende Verschlimmerung röntgenologisch ausgewiesen sein und sich von der altersüblichen Progression abheben muss; eine traumatische Verschlimmerung eines klinisch stummen degenerativen Vorzustandes an der Wirbelsäule ist in der Regel nach sechs bis neun Monaten, spätestens aber nach einem Jahr als abgeschlossen zu betrachten (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 354/04 vom 11. April 2005, E. 2.2, mit Hinweisen).
4.5 Somit sind Vorinstanz und Beschwerdegegnerin zu Recht davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt des Fallabschlusses (1. Juli 2005) nur noch das Knieleiden unfallbedingt war.
5.
Der Versicherte argumentiert, dass selbst dann, wenn lediglich die Kniebeschwerden als Unfallfolge zu anerkennen seien, die unfallbedingte Erwerbseinbusse und damit der Invaliditätsgrad höher als die von SUVA und Vorinstanz angenommenen 28 % liegen würde.
5.1 Das kantonale Gericht und die Beschwerdegegnerin gingen zur Bemessung des Invaliditätsgrades vom Zumutbarkeitsprofil des Dr. med. A.________ aus. Danach ist dem Versicherten eine angepasste Tätigkeit grundsätzlich vollzeitlich möglich. Nicht mehr zumutbar sind Tätigkeiten mit Schlägen und Vibrationen auf das rechte Knie, kniende Tätigkeiten und Tätigkeiten in der Hocke sowie das häufige Begehen von Leitern, Treppen und unebenem Gelände. Die Gehstrecke ist auf maximal ein bis zwei Kilometer reduziert. Beim Tragen von Gewichten sollte der Beschwerdeführer eine Limite von zehn bis maximal zwölf Kilogramm beachten. Wie das kantonale Gericht ausführlich und zutreffend erwogen hat, vermögen die vom Versicherten aufgezählten Arztberichte, welche auch die unfallfremden Beeinträchtigungen miteinbeziehen, keine Zweifel an diesem Zumutbarkeitsprofil zu begründen.
5.2 Das aufgrund der Angaben der Arbeitgeberin auf Fr. 120'950.- festgesetzte Valideneinkommen ist zu Recht unbestritten geblieben.
5.3 Bezüglich der Bemessung des Invalideneinkommens anerkennt der Beschwerdeführer zu Recht (BGE 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475), dass grundsätzlich von den Tabellenlöhnen der LSE auszugehen ist. Allerdings wendet er ein, es sei nicht korrekt, bei ihm von den Tabellenlöhnen im Anforderungsniveau 1 und 2 (Verrichtung höchst anspruchsvoller und schwierigster bzw. selbstständiger und qualifizierter Arbeiten) auszugehen. Sein Invalideneinkommen sei gestützt auf den Tabellenlohn im Anforderungsniveau 3 (Berufs- und Fachkenntnisse vorausgesetzt) festzusetzen. Dem kann nicht gefolgt werden. Gemäss eigenen Angaben besitzt der Versicherte ein Diplom in Elektroinformatik der Universität Zagreb. Nach dem Erwerb dieses Abschlusses arbeitete er über zwanzig Jahre als Entwicklungsingenieur und Marketing Manager in der Schweiz und wurde entsprechend entlöhnt. Insofern er geltend macht, der hohe Lohn beruhe einzig auf Spezialwissen, welches er über die Jahrzehnte bei seiner Arbeitgeberin erworben habe und welches er bei einem anderen Arbeitgeber nicht verwerten könne, so erscheint dies wenig plausibel (vgl. auch Urteil 8C_366/2007 vom 14. Januar 2008, E. 5.2.1). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Nachteil, über einen ausländischen Abschluss zu verfügen, durch die lange Berufserfahrung mehr als aufgewogen wird.
5.4 Der Beschwerdeführer verlangt weiter, der Abzug vom Tabellenlohn sei auf mindestens 20% zu erhöhen. Die Frage nach der Höhe eines grundsätzlich angezeigten Abzuges vom Tabellenlohn ist eine Ermessensfrage (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Da nach dem anwendbaren Prozessrecht das Bundesgericht die Angemessenheit des vorinstanzlichen Entscheides nicht überprüft (Urteil 8C_366/2007 vom 14. Januar 2008, E. 5.2.2) und vorliegend weder ein Ermessensmissbrauch, noch eine Ermessensüber- oder -unterschreitung ersichtlich ist, muss es beim 10%-igen Abzug gemäss vorinstanzlichem Entscheid sein Bewenden haben.
5.5 Somit ist weder das Invalideneinkommen von Fr. 87'570.- noch der mittels Vergleich der Erwerbseinbusse mit dem Valideneinkommen bestimmte Invaliditätsgrad von 28 % zu beanstanden.
6.
Insofern der Versicherte eine höhere als die zugesprochene Integritätsentschädigung verlangt, begründet er dies einzig damit, dass auch die Beschwerden an der LWS zu berücksichtigen seien. Da diese jedoch nicht unfallkausal sind (vgl. E. 4 hievor), ist die Beschwerde bezüglich der Integritätsentschädigung ohne weiteres abzuweisen.
7.
Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 26. Februar 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Holzer