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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_527/2007
Urteil vom 5. März 2008
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Polla.
Parteien
K.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Schmid, Schweizergasse 10, 8001 Zürich,
gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich,
Brunngasse 6, 8400 Winterthur, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 3. Juli 2007.
Sachverhalt:
A.
K.________ war vom 1. August 2000 bis 31. Oktober 2002 bei der Firma X.________ GmbH als Geschäftsführer angestellt gewesen. Ab 1. November 2002 stellte er bei der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich Antrag auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Es wurde ihm in der Folge eine Rahmenfrist für den Leistungsbezug vom 1. November 2002 bis zum 31. Oktober 2004 eröffnet. Am 3. November 2003 stellte der zuständige Mitarbeiter des RAV fest, dass K.________ bei der Firma X.________ GmbH auch als Gesellschafter im Handelsregister eingetragen ist. Mit Verfügung vom 17. März 2004 verneinte das Amt für Wirtschaft und Arbeit wegen arbeitgeberähnlicher Stellung einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Daran hielt es mit Einspracheentscheid vom 1. September 2004 fest, was vom Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 14. April 2005 bestätigt wurde. Dieser Entscheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Verfügung vom 20. Oktober 2004 forderte die Arbeitslosenkasse zu viel ausgerichtete Arbeitslosenentschädigung für die Monate November 2002 bis Oktober 2003 im Betrag von Fr. 78'784.65 zurück. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 16. Mai 2006 fest.
B.
Die dagegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 3. Juli 2007).
C.
K.________ lässt Beschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es seien der vorinstanzliche Entscheid vom 3. Juli 2007 und die Rückforderungsverfügung vom 20. Oktober 2004 aufzuheben; eventualiter sei der Entscheid vom 3. Juli 2007 aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, zudem sei der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Während die Arbeitslosenkasse Abweisung der Beschwerde beantragt, verzichtet das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
1.2 Ist die neue Kognitionsregelung (E. 1) anwendbar, ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen Bundesrecht verletzt (Art. 95 BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 BGG). Hingegen hat eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht (Art. 132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der Ermessensbetätigung (Art. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen zur Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch besteht (entgegen Art. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge.
2.
Die kantonale Vorinstanz hat die gesetzlichen Vorschriften zur Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen der Arbeitslosenversicherung (Art. 95 Abs. 1 AVIG in der bis Ende 2002 gültig gewesenen Fassung; vgl. nunmehr auch Art. 25 Abs. 1 ATSG) und zum Ausschluss arbeitgeberähnlicher Personen vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung (Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG) sowie die Rechtsprechung zur analogen Anwendung dieser Bestimmung auf arbeitgeberähnliche Personen und ihre Ehegatten, welche Arbeitslosenentschädigung verlangen (BGE 123 V 236 E. 7), zur Wiedererwägung (BGE 129 V 110 E. 1; vgl. Art. 53 ATSG) und den dabei massgebenden Verwirkungsfristen (BGE 124 V 382 E. 1) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
Es ist unbestritten und steht fest, dass der Beschwerdeführer vom 1. November 2002 bis Oktober 2003 zu Unrecht Arbeitslosenentschädigung bezogen hat. Anfechtungs- und Streitgegenstand bildet daher nur, ob die Rückforderungsverfügung vom 20. Oktober 2004 innert Frist nach Art. 25 Abs. 2 ATSG erfolgte.
3.1 In BGE 122 V 275 E. 5b/aa erkannte das Bundesgericht, dass bei einer durch das Handelsregister und die entsprechende Bekanntmachung im Schweizerischen Handelsamtsblatt (Art. 931 OR) mit Publizität versehenen Tatsache für die zumutbare Kenntnis der Rückerstattungsvoraussetzungen nicht ein zweiter Anlass, d.h. die Wahrnehmung der Unrichtigkeit der Leistungsausrichtung auf Grund eines zusätzlichen Indizes, verlangt werden kann. Vielmehr muss sich die Verwaltung die Publizitätswirkung des Handelsregisters, woraus sich die Stellung des Beschwerdeführers als Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH ergibt sowie die Bekanntmachung daraus im Schweizerischen Handelsamtsblatt am 12. September 2000 entgegenhalten lassen (Urteil C 267/01 vom 17. Juli 2002).
Weiter ist die Publizitätswirkung nicht auf kantonale Einträge im Handelsregister zu beschränken, womit der vorinstanzliche Schluss, der Eintrag im Handelsregister des Kantons Zug wäre der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich nicht aufgefallen, da ihr nur eine Konsultation des Handelsregisters des Kantons Zürich zumutbar gewesen wäre, fehl geht. Zudem gilt das Publizitätsprinzip per se und bedarf keiner weiteren Voraussetzung. Aus den Unterlagen war zwar nur ersichtlich, dass der Versicherte als Geschäftsführer tätig war; keine Hinweise ergaben sich zu seiner Funktion als Gesellschafter. Dies vermag indessen die Arbeitslosenkasse von ihrer Konsultationspflicht des Schweizerischen Handelsamtsblatts nicht zu entbinden. Demnach hat sie sich die Kenntnis der arbeitgeberähnlichen Stellung des Versicherten von Anfang an, d.h. seit Auszahlung der ersten Taggelder, entgegenhalten zu lassen.
3.2 Die Rückforderung umfasst Leistungen, die für November 2002 bis Oktober 2003 gewährt worden sind. Die Rückforderungsverfügung trägt das Datum des 20. Oktober 2004. Nach der Rechtsprechung sind diejenigen Betreffnisse verwirkt, welche länger als ein Jahr vor Erlass der Verfügung vom 20. Oktober 2004 ausbezahlt worden sind. Leistungen die nach dem 20. Oktober 2003 ausbezahlt worden sind, können demnach noch zurückverlangt werden. Unter Umständen sind die Taggelder für den Oktober 2003 Ende des Monats ausbezahlt worden und können daher noch zurückgefordert werden. Die Verwaltung wird dies noch zu klären haben. Die Rückforderung ist im restlichen Umfang verwirkt.
4.
4.1 Den kantonalen und privaten Arbeitslosenkassen ist gemeinsam, dass sie bei Leistungsstreitigkeiten Aufgaben in ihrem amtlichen Wirkungskreis erfüllen (Art. 81 Abs. 1 AVIG; vgl. Seiler/von Werdt/Güngerich, a.a.O., Art. 66 N 49). Dabei verfolgen sie eigene Vermögensinteressen (vgl. Seiler/von Werdt/Güngerich, a.a.O., Art. 66 N 54). Sie sind für die Auszahlung der Leistungen zuständig (Art. 81 Abs. 1 lit. c AVIG). Somit fallen Arbeitslosenkassen nicht unter den Ausnahmetatbestand von Art. 66 Abs. 4 BGG. Dies steht in Einklang sowohl mit der bisherigen, mit dem BGG grundsätzlich nicht geänderten Praxis, wonach die Arbeitslosenkassen in kostenpflichtigen Verfahren Gerichtskosten zu tragen haben (vgl. E. 4.2 in fine sowie E. 4.3), als auch mit der Einführung der Kostenpflicht für sämtliche Sozialversicherungsverfahren vor Bundesgericht (vgl. E. 4.4), weshalb die Gerichtskosten der Arbeitslosenkasse aufzuerlegen sind (BGE 133 V 637).
4.2 Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 3. Juli 2007 und der Einspracheentscheid der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich vom 16. Mai 2006 werden aufgehoben und die Sache wird an die Kasse zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre.
2.
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das Verfahren vor Bundesgericht mit Fr. 2500.- zu entschädigen.
4.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über den Anspruch auf eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 5. März 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Ursprung Polla