BGer U_20/2007
 
BGer U_20/2007 vom 17.03.2008
Tribunale federale
{T 7}
U 20/07
Urteil vom 17. März 2008
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger,
Gerichtsschreiber Holzer.
Parteien
T.________, 1958, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Christine Fleisch, Langstrasse 4, 8004 Zürich,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. November 2006.
Sachverhalt:
A.
Der 1958 geborene T.________ war als Servicemonteur der P.________ AG, bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 24. August 1995 beim Verdichten von Thermometerhülsen von einer Leiter auf seine rechte Körperseite fiel. Die SUVA anerkannte ihre Leistungspflicht für diesen Unfall; der Versicherte konnte seine bisherige Arbeit am 20. September 1995 wieder voll aufnehmen. Mit Schreiben vom 20. Dezember 1999 lehnte die SUVA ihre Leistungspflicht für die vom Versicherten mit Meldung vom 23. Juli 1999 als Rückfall gemeldeten Schulterbeschwerden rechts ab, da ein Kausalzusammenhang nicht rechtsgenüglich habe nachgewiesen werden können. Die SUVA bestätigte ihre Ablehnung zudem mit Schreiben vom 22. Mai 2001. Nachdem der Versicherte am 18. Februar 2002 erneut Schulter- und Hüftbeschwerden geltend gemacht hatte, verneinte die Versicherung ihre Leistungspflicht mit Verfügung vom 20. Mai 2003 und Einspracheentscheid vom 5. April 2004.
B.
Die von T.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. November 2006 ab.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt T.________, die SUVA sei unter Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides zu verpflichten, ihre Leistungen nach UVG für die Folgen der Gesundheitsschäden in der rechten Schulter und der rechten Hüfte zu erbringen.
Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz. 75) und es wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts nur dann anwendbar, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid am 21. November 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
Im kantonalen Entscheid werden die nach der Rechtsprechung für den Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG) geltenden Voraussetzungen des natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (BGE 129 V 177 E. 3. 1 S. 181), insbesondere bei Rückfällen und Spätfolgen (BGE 118 V 293 E. 2c S. 296) zutreffend dargelegt. Darauf wird ebenso verwiesen wie auf die vorinstanzlichen Erwägungen zu den Grundsätzen der Beweiswürdigung und zum Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352).
3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die vom Versicherten ab dem 18. Februar 2002 geklagten Schulter- und Hüftbeschwerden überwiegend wahrscheinlich mindestens teilweise durch das Unfallereignis vom 24. August 1995 verursacht wurden.
4.
4.1 Vorinstanz und Beschwerdegegnerin gingen aufgrund der Stellungnahmen des SUVA-Arztes Dr. med. B.________ (FMH für Chirurgie), davon aus, dass die Schulterbeschwerden nicht überwiegend wahrscheinlich auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Dieser Arzt begründet dies damit, dass die Schulter durch das Ereignis nicht betroffen gewesen sei und der Versicherte sich erst sieben Monate nach dem Unfall - zu einem Zeitpunkt, in dem er längst wieder voll arbeitsfähig gewesen sei - über Beschwerden in der Schulter beklagt habe. Die im Jahre 2003 - mithin mehr als sieben Jahre nach dem Unfall - nachgewiesene Läsion der Supraspinatussehne sei überwiegend wahrscheinlich degenerativer Genese.
4.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Schulterproblematik sei durch den Unfall verursacht. Er beruft sich dabei einerseits auf den Bericht des Dr. med. S.________, vom 23. Juni 2003, andererseits auf das Gutachten des Dr. med. J.________, Zürich, vom 16. März 2006 sowie auf die ergänzende Stellungnahme desselben Arztes vom 12. Juli 2006. Diese beiden Ärzte gehen davon aus, dass in den ersten Tagen nach dem Unfall Schulterbeschwerden aufgetreten sind und dass eine Brückensymptomatik vorgelegen hat. Während Dr. med. S.________ diese Annahme lediglich auf die Angaben des Versicherten abstützt, verweist Dr. med. J.________ auf die Krankengeschichte des erstbehandelnden Arztes, Med. pract. E.________. Dieser notierte am 28. August 1995, mithin vier Tage nach dem Unfall: "Ellbogen re: Weiterhin Schmerzen Ausstrahlung in die Schulter". Unter dem 21. März 1996 findet sich der Eintrag "Schulterbereich re: Weiterhin reichlich Druckdolenz und Verspannung", unter dem 1. Oktober 1996 "jetzt jedoch Auftreten eines Hals-Schulter-Armsyndromes re, zeitweise auch bis in das Bein (bis Knöchel) ausstrahlend". Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, ergibt sich aus diesen echtzeitlichen Angaben - entgegen der Interpretation des Dr. med. J.________ - dass sich der Versicherte unmittelbar nach dem Unfall nicht über Schulterbeschwerden beklagt hat. Auch der Eintrag vom 28. August 1995 kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass zu diesem Zeitpunkt bereits eine Schulterproblematik vorgelegen hätte, zumal der erstbehandelnde Arzt - als Verfasser der Notiz vom 28. August 1995 - am 15. März 2001 selber festhielt, laut Krankengeschichte habe der Beschwerdeführer keine den Schulterbeschwerden entsprechenden Verletzungen erlitten, sondern nur solche an Ellbogen, Rippen und Hüften.
4.3 Traten die Schulterbeschwerden erst am 21. März 1996 und damit mit einer Latenzzeit von rund sieben Monaten auf, so vermögen die auf einem abweichenden Geschehensablauf beruhenden Stellungnahmen der Dres. med. S.________ und J.________ keine Zweifel an der Einschätzung des Dr. med. B.________ zu begründen. Somit ist die gestützt auf diese Einschätzung getroffene Feststellung der Vorinstanz, die Schulterproblematik sei überwiegend wahrscheinlich nicht durch den Unfall verursacht, nicht zu beanstanden. Anzumerken ist, dass auch der erstbehandelnde Arzt eine Unfallkausalität der Schulterbeschwerden stets verneint hat.
5.
5.1 Es steht fest und ist unbestritten, dass der Versicherte durch den Sturz von der Leiter am 24. August 1995 eine Prellung im Bereich der rechten Hüfte erlitten hat. Wie Dr. med. B.________ in seinem Bericht vom 25. Februar 2004 einleuchtend dargelegt hat, ist bezüglich der durch diese Prellung verursachten Verletzungen der Weichteile spätestens Ende 1999 der Status quo sine erreicht worden.
5.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, durch den Unfall nicht nur an den Weichteilen verletzt worden zu sein, sondern auch einen partiellen Abriss der Glutaeus maximus-Sehne erlitten zu haben. Den Verdacht auf eine solche Verletzung äusserte als erster Dr. med. M.________ (Leitender Oberarzt an der Klinik X.________) in seinem Bericht vom 19. März 2002. Durch das von diesem Arzt angeordnete MRI konnte der Verdacht weder bestätigt noch ausgeschlossen werden, da die Schichten des MRI nicht tief genug gefahren wurden, um den glutealen Ansatz beurteilen zu können. Auf weitere Abklärungen wurde damals verzichtet.
5.3 Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse kann weder der Meinung des Dr. med. J.________, wonach ein partieller Riss der Glutaeus maximus-Sehne klar nachgewiesen wurde, noch jener von Dr. med. B.________, welcher eine solche Verletzung ausschliesst, gefolgt werden. Wie der SUVA-Arzt Dr. med. A.________ am 4. Februar 2003 festgehalten hat, ist der Fall in medizinischer Hinsicht nicht genügend abgeklärt, um die Unfallkausalität beurteilen zu können. Die nach diesem Datum erstellten medizinischen Unterlagen betreffen überwiegend die Schulterproblematik und brachten bezüglich der Frage, ob beim Sturz von der Leiter die Glutaeus maximus-Sehne in der rechten Hüfte riss, keine neuen Erkenntnisse.
5.4 Da der Sachverhalt ungenügend abgeklärt ist, sind der Einsprache- und der kantonale Gerichtsentscheid aufzuheben und die Sache ist an die SUVA zurückzuweisen, damit diese - etwa durch ein zur Beurteilung des glutealen Ansatzes taugliches MRI - abklärt, ob die Glutaeus maximus-Sehne in der rechten Hüfte des Beschwerdeführers tatsächlich partiell abgerissen ist. Sollte dies zutreffen, so wird die Versicherung weiter zu klären haben, ob diese Verletzung überwiegend wahrscheinlich auf das Unfallereignis vom 24. August 1995 zurückzuführen ist und ob die vom Versicherten geklagten Beschwerden mindestens teilweise durch diesen Riss verursacht wurden. Anschliessend wird sie über ihre Leistungspflicht bezüglich der Hüftbeschwerden neu zu verfügen haben.
6.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Aufgrund seines teilweisen Obsiegens hat der Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesgericht Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit Art. 135 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. November 2006 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 5. März 2004 werden aufgehoben. Es wird die Sache an die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zurückgewiesen, damit sie nach erfolgten Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den Leistungsanspruch des Beschwerdeführers neu verfüge. Im Übrigen wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1500.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 17. März 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Holzer