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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_6/2008 /hum
Urteil vom 15. April 2008
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Briw.
Parteien
L.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Bart Krenger,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Teilbedingte Strafe,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 31. August 2007 (SB070110/U/jv).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland warf J.________, E.________, I.________, A.________ und L.________ in über 100 Anklagepunkten im Wesentlichen vor, im Zeitraum von Herbst 2002 bis Ende des Jahres 2004 eine Vielzahl von Einbruchdiebstählen in Gebäude und Fahrzeuge begangen zu haben.
B.
Das Bezirksgericht Winterthur sprach sämtliche Angeklagten am 23. November 2006 in zahlreichen Anklagepunkten namentlich des qualifizierten Diebstahls schuldig und verurteilte sie zu mehrjährigen Zuchthausstrafen.
Es erkannte L.________ des gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls (Art. 139 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 2 und Ziff. 3 Abs. 1 und 2 StGB), der mehrfachen Sachbeschädigung und des mehrfachen Hausfriedensbruchs schuldig. In mehreren Anklagepunkten sprach es ihn frei. Es bestrafte ihn mit 3 Jahren Zuchthaus (unter Anrechnung von 304 Hafttagen).
L.________ focht dieses Urteil beim Obergericht des Kantons Zürich im Strafpunkt an. Das Obergericht stellte am 31. August 2007 fest, dass die Schuld- und Freisprüche des Bezirksgerichts in Rechtskraft erwachsen sind. Es bestrafte ihn mit 3 Jahren Freiheitsstrafe (unter Anrechnung von 304 Hafttagen). Es schob den Vollzug der Freiheitsstrafe im Umfang von 18 Monaten auf und setzte die Probezeit auf 4 Jahre fest. Im Übrigen (18 Monate unter Anrechnung von 304 Hafttagen) erklärte es die Freiheitsstrafe als vollziehbar.
C.
L.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das obergerichtliche Urteil im Strafpunkt (Ziff. 3 lit. c des Dispositivs) aufzuheben, den Vollzug der Freiheitsstrafe im Umfang von 26 Monaten aufzuschieben, die Probezeit auf 4 Jahre festzusetzen und im Übrigen (10 Monate unter Anrechnung von 304 Hafttagen) die Freiheitsstrafe zu vollziehen. Eventualiter sei der Vollzug der Freiheitsstrafe im Umfang von 21 Monaten aufzuschieben, die Probezeit auf 4 Jahre festzusetzen und die restliche Freiheitsstrafe (15 Monate unter Anrechnung von 304 Hafttagen) zu vollziehen. Es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und der unterzeichnende Rechtsanwalt als Anwalt zu bestellen.
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 43, 47 und 50 StGB. Die Vorinstanz habe die Aufteilung der Freiheitsstrafe "äusserst schwammig" begründet und andere Aufteilungsmöglichkeiten gar nicht erst erwogen. Sie habe festgehalten, dass ihn die 304 Tage Untersuchungshaft beeindruckt hatten, und damit festgestellt, dass die Untersuchungshaft Denkzettel genug gewesen sei. Sie hätte die Strafe so aufteilen müssen, dass er keine Strafe mehr abzusitzen gehabt hätte. Nach seinem Hauptantrag wären die vollziehbaren 10 Monate Freiheitsstrafe mit den 304 Hafttagen zu verrechnen gewesen. Werde der unbedingte Teil hingegen auf 18 Monate festgesetzt, so werde er aus dem Arbeitsprozess herausgerissen. Dem habe die Vorinstanz keine Bedeutung beigemessen. Sie habe der Wirkung der Strafe auf sein Leben keine Rechnung getragen und damit Art. 47 StGB verletzt.
2.
Die Vorinstanz setzt sich mit dem teilbedingten Strafvollzug und einer entsprechenden Aufteilung der Freiheitsstrafe auseinander (angefochtenes Urteil S. 54 ff.). Der Beschwerdeführer weise eine zwar einschlägige, aber eher geringfügige Vorstrafe auf. Die 304 Tage in Untersuchungshaft hätten ihn insoweit beeindruckt, dass er nachher - abgesehen von einer Strassenverkehrsbusse - nicht mehr straffällig geworden sei. Das spreche für das Fehlen einer ungünstigen Prognose. Er verfüge über eine feste Anstellung und betreibe Schuldensanierung. Das lasse auf ein künftiges Wohlverhalten hoffen. Insgesamt könne ihm - unter Berücksichtigung, dass ein Teil der Strafe zu vollziehen sei - noch eine günstige Prognose gestellt werden.
Das sehr erhebliche, aber noch nicht schwerwiegende Verschulden stehe einer teilbedingten Strafe nicht grundsätzlich entgegen. Allerdings erscheine es aufgrund der gesamten Umstände und des Verschuldens sowie unter dem Aspekt einer zusätzlichen Warnwirkung gerechtfertigt und angemessen, 18 Monate der Strafe zu vollziehen und die restlichen 18 Monate aufzuschieben.
3.
Das Gericht hat, wenn es auf eine teilbedingte Strafe erkennt, im Zeitpunkt des Urteils den aufgeschobenen und den zu vollziehenden Strafteil festzusetzen und die beiden Teile in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Nach Art. 43 StGB muss der unbedingt vollziehbare Teil mindestens sechs Monate betragen (Abs. 3), darf aber die Hälfte der Strafe nicht übersteigen (Abs. 2). Im äussersten Fall (Freiheitsstrafe von drei Jahren) kann das Gericht demnach Strafteile im Ausmass von sechs Monaten Freiheitsstrafe unbedingt mit zweieinhalb Jahren bedingt verbinden. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens liegt die Festlegung im pflichtgemässen Ermessen des Gerichts. Als Bemessungsregel ist das "Verschulden" zu beachten, dem in genügender Weise Rechnung zu tragen ist (Art. 43 Abs. 1 StGB). Das Verhältnis des Strafteils ist so festzusetzen, dass darin die Wahrscheinlichkeit der Legalbewährung des Täters einerseits und dessen Einzeltatschuld andererseits hinreichend zum Ausdruck kommen. Je günstiger die Prognose und je kleiner die Vorwerfbarkeit der Tat, desto grösser muss der auf Bewährung ausgesetzte Strafteil sein. Der unbedingte Strafteil darf dabei das unter Verschuldensgesichtspunkten (Art. 47 StGB) gebotene Mass nicht unterschreiten (BGE 134 IV 1 E. 5.6).
Im Sinne dieser Rechtsprechung hat die Vorinstanz das Verschulden des Täters mit der Wahrscheinlichkeit der Legalbewährung gegeneinander abgewogen. Zu Recht qualifiziert sie das Verschulden als sehr erheblich. Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, weist sie zwar darauf hin, dass ihn die 304 Tage Untersuchungshaft beeindruckt haben. Sie nimmt aber an, dass eine zusätzliche Warnwirkung erforderlich ist. Sie war nicht gehalten, andere Aufteilungsmöglichkeiten weiter zu erwägen. Es genügt, wenn die getroffene Aufteilung bundesrechtskonform ist. Das ist hier der Fall. Richtig ist, dass gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB bei der Festlegung der Strafe deren Wirkung auf das Leben des Täters zu berücksichtigen ist. Dass der Verurteilte durch die Verbüssung einer Freiheitsstrafe aus einem günstigen Umfeld herausgerissen wird, kann sich deshalb im einzelnen Fall nach wie vor strafmindernd auswirken und zur Folge haben, dass die auszufällende Strafe unter der schuldangemessenen Strafe liegt (BGE 134 IV 17 E. 3.4). Der Richter hat bei der Strafzumessung angesichts der einschneidenden Konsequenzen des unbedingten Vollzugs den Umstand mitzuberücksichtigen, dass die subjektiven Voraussetzungen des Strafaufschubs im Sinne einer günstigen beziehungsweise nicht ungünstigen Prognose im konkreten Einzelfall an sich erfüllt sind. Diese folgenorientierte Überlegung kann durchaus in die Strafzumessung einfliessen, bei welcher dem Richter ein weites Ermessen zusteht. Liegt die ins Auge gefasste Sanktion in einem Bereich, der die Grenze für den bedingten Vollzug (24 Monate) beziehungsweise für den teilbedingten Vollzug (36 Monate) - wie übrigens auch für die Halbgefangenschaft nach Art. 77b StGB (1 Jahr) - mitumfasst, so hat sich der Richter die Frage zu stellen, ob eine Strafe, welche die Grenze nicht überschreitet, noch vertretbar ist (BGE 134 IV 17 E. 3.5). Dies ist bei einem unbedingten Teil von 18 Monaten aber nicht der Fall, so dass die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, wenn sei keine weiteren folgenorientierten Überlegungen anstellt. Es kann für den Betroffenen hart sein, aus seiner Arbeitstätigkeit herausgerissen zu werden. Das ist indessen eine Folge des Gesetzes.
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, weil das Rechtsbegehren aussichtslos erschien (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der Beschwerdeführer trägt die Kosten vor Bundesgericht (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinen finanziellen Verhältnissen ist mit herabgesetzten Gerichtskosten Rechnung zu tragen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. April 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Schneider Briw