Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_695/2007/bnm
Urteil vom 18. April 2008
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Rapp.
Parteien
Bank Z.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph J. Joller,
gegen
X.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Fürsprecher Patrick Lafranchi,
Gegenstand
Rechtsvorschlag wegen fehlenden neuen Vermögens,
Beschwerde gegen das Urteil des Gerichts des Seebezirks vom 31. Oktober 2007.
Sachverhalt:
A.
Die Bank Z.________ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) betrieb X.________ (nachfolgend: Beschwerdegegner) in Prosequierung des Arrestes Nr. 622874 für Fr. 42'479'696.95 und Fr. 3'983'596.-- sowie Arrestkosten von Fr. 887.40 und Kosten des Zahlungsbefehls von Fr. 410.--. In dieser Betreibung erhob der Beschwerdegegner am 6. August 2007 Rechtsvorschlag mit der Begründung, nicht zu neuem Vermögen gekommen zu sein. Am 4. September 2007 legte das Betreibungsamt des Seebezirks diesen Rechtsvorschlag dem Präsidenten des Zivilgerichts des Seebezirks zur Bewilligung vor.
B.
Mit Eingabe vom 26. September 2007 legte der Beschwerdegegner dem Präsidenten des Zivilgerichts seine finanzielle Situation dar. Mit Entscheid vom 31. Oktober 2007 bewilligte der Präsident des Zivilgerichts den Rechtsvorschlag des Beschwerdegegners.
C.
Mit Beschwerde vom 26. November 2007 beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht die Aufhebung des Entscheids des Präsidenten des Zivilgerichts sowie die Feststellung, dass der Beschwerdegegner zu neuem Vermögen gekommen sei, eventualiter die Rückweisung an die Vorinstanz.
Der Beschwerdegegner schliesst in seiner Vernehmlassung vom 12. März 2008 auf Abweisung der Beschwerde und beantragt unentgeltliche Rechtspflege. Der Präsident des Zivilgerichts nahm mit Eingabe vom 13. Februar 2008 zum vorinstanzlichen Verfahren Stellung, verzichtete jedoch auf eine weiter gehende Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Erhebt ein Schuldner Rechtsvorschlag mit der Begründung, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen, so legt das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag dem Richter des Betreibungsortes vor, welcher die Parteien anhört und endgültig entscheidet (Art. 265a Abs. 1 SchKG). In diesem gerichtlichen Verfahren wird summarisch geprüft, ob neues Vermögen vorliegt oder nicht (Botschaft, BBl 1991 III 158). Der Schuldner und der Gläubiger können innert 20 Tagen nach der Eröffnung des Entscheides über den Rechtsvorschlag auf dem ordentlichen Prozessweg beim Richter des Betreibungsortes Klage auf Bestreitung oder Feststellung des neuen Vermögens einreichen (Art. 265a Abs. 4 SchKG).
Angefochten ist ein Entscheid im Verfahren nach Art. 265a Abs. 1 SchKG.
1.1 Wie ein Rechtsöffnungsentscheid nach Art. 80 bzw. 82 SchKG (vgl. dazu BGE 133 III 399 E. 1.2 S. 399, E. 1.4 S. 400; 134 III 141 E. 2 S. 143) stellt auch ein Entscheid nach Art. 265a Abs. 1 SchKG einen Endentscheid in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. a und Art. 90 BGG dar (so bereits unter der Herrschaft des OG BGE 126 III 110 E. 1b S. 111; implizit Urteile 5D_28/2007 und 5D_30/2007 je vom 11. April 2007).
1.2 Gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig vom Streitwert zulässig, wenn ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorschreibt. Die Regelung in Art. 265a Abs. 1 SchKG, wonach der Richter endgültig entscheidet, führt im Ergebnis zu einer einzigen kantonalen Instanz, sind doch von Bundesrechts wegen jegliche kantonalen Rechtsmittel ausgeschlossen (BGE 126 III 110 E. 1b S. 112; 131 I 24 E. 2.2 S. 28).
Indes hat Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG - entsprechend der bisherigen Regelung in Art. 45 lit. a und c OG - diejenigen Fälle im Auge, in welchen das Bundesrecht spezialgesetzlich, namentlich auf dem Gebiete des Immaterialgüterrechts, explizit eine einzige kantonale Instanz vorschreibt, so dass das Bundesgericht als einzige und letzte Rechtsmittelinstanz entscheidet (Art. 64 Abs. 3 Urheberrechtsgesetz [SR 231.1], Art. 58 Abs. 3 Markenschutzgesetz [SR 232.11], Art. 37 Designgesetz [SR 232.12], Art. 76 Abs. 1 Patentgesetz [SR 232.14], Art. 42 Abs. 1 Sortenschutzgesetz [SR 232.16], Art. 14 Abs. 1 Kartellgesetz [SR 251], Art. 23 Kernenergiehaftpflichtgesetz [SR 732.44]; siehe Botschaft, BBl 2001 4311).
Demgegenüber erfolgt der Ausschluss kantonaler Rechtsmittel beim Entscheid über den Rechtsvorschlag nach Massgabe von Art. 265a Abs. 1-3 SchKG mit Blick darauf, dass, wer mit dem Bewilligungsentscheid nicht einverstanden ist, nach Art. 265a Abs. 4 SchKG den ordentlichen Prozessweg beschreiten kann (Botschaft, BBl 1991 III 159). Dies rechtfertigt es, Beschwerden gegen Entscheide nach Massgabe von Art. 265a Abs. 1-3 SchKG nicht der Regelung in Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG, sondern der Streitwertgrenze nach Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG zu unterstellen (in diesem Sinne Urteile 5D_28/2007 und 5D_30/2007 je vom 11. April 2007). Vorliegend beträgt der Streitwert mehr als Fr. 30'000.--.
1.3 Gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und des Bundesverwaltungsgerichts. Dabei knüpft der Begriff der Letztinstanzlichkeit an jenen von Art. 86 Abs. 1 OG an (Urteil 5A_678/2007 vom 8. Januar 2008, E. 3.1). Letztinstanzlichkeit gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG bedeutet, dass der kantonale Instanzenzug für die Rügen, die dem Bundesgericht vorgetragen werden, ausgeschöpft sein muss (Urteil 5A_678/2007 vom 8. Januar 2008, E. 3; Botschaft, BBl 2001 4310).
Die Regelung in Art. 265a Abs. 1 SchKG, wonach der Richter endgültig darüber entscheidet, ob ein Rechtsvorschlag bewilligt wird oder nicht, führt zwar zu einem Ausschluss sämtlicher ordentlicher und ausserordentlicher Rechtsmittel des kantonalen Rechts; indes beschneidet sie den Rechtsschutz der Parteien nicht, da diese das ordentliche Verfahren gemäss Art. 265a Abs. 4 SchKG einleiten können (Urteil 5P.117/2005 vom 13. Oktober 2005, E. 1.2, publ. in: Pra 95/2006 Nr. 68 S. 492). Dementsprechend betrachtet die Lehre das zweite ordentliche Verfahren als eine Art Fortsetzung des Summarverfahrens (Brönnimann, Neuerungen bei ausgewählten Klagen des SchKG, in: ZSR 115/1996 I S. 231) bzw. als zweite Stufe desselben Verfahrens (Botschaft, BBl 1991 III 158 f.; Huber, Basler Kommentar, N. 18 zu Art. 265a SchKG; Gasser, Nachlassverfahren, Insolvenzerklärung und Feststellung des neuen Vermögens nach rev.SchKG, in: ZBJV 132/1996 S. 18), in welcher der Richter die Funktion einer zweiten Instanz übernimmt (Fürstenberger, Einrede des mangelnden und Feststellung neuen Vermögens nach revidiertem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, Diss. Basel 1999, S. 97). Im Ergebnis dient die Klage auf Bestreitung bzw. auf Feststellung neuen Vermögens somit als Rechtsbehelf zur Überprüfung des Entscheides über die Bewilligung bzw. Nichtbewilligung des Rechtsvorschlages. Sie erfüllt im Verhältnis zum vorausgegangenen summarischen Entscheid über den Rechtsvorschlag die Funktion eines Rechtsmittels (BGE 131 I 24 E. 2.2 S. 29, E. 2.4 S. 30). Soweit eine bestimmte Rüge durch den Entscheid im ordentlichen Verfahren nach Art. 265a Abs. 4 SchKG behandelt und ein allfälliger Mangel behoben werden kann, ist die gesonderte Anfechtung des Summarentscheides mit der Voraussetzung der Letztinstanzlichkeit unvereinbar (Urteil 5P.117/2005 vom 13. Oktober 2005, E. 1.2, a.a.O., S. 493).
Dies gilt nicht für die Rüge von Verletzungen des rechtlichen Gehörs, kann doch die Klage auf Feststellung neuen Vermögens nach Art. 265a Abs. 4 SchKG in einem nunmehr abgeschlossenen Verfahren begangene Gehörsverletzungen nicht heilen (BGE 126 III 110 E. 1b S. 112). Letztinstanzlichkeit ist vorliegend somit nur mit Blick auf die Gehörsrüge gegeben.
1.4 Nach Art. 75 Abs. 2 BGG setzen die Kantone als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Indes resultiert aus der spezialgesetzlichen Regelung des Verfahrens betreffend Feststellung des neuen Vermögens, welche das Summarverfahren (Art. 265a Abs. 1 SchKG) und das darauf folgende ordentliche Verfahren (Art. 265a Abs. 4 SchKG) vorsieht, dass im Summarverfahren ein nicht oberes kantonales Gericht endgültig entscheidet. Insofern wird im SchKG eine Ausnahme zu Art. 75 Abs. 2 BGG geschaffen.
Das Gericht des Seebezirks erfüllt somit die Voraussetzungen einer Vorinstanz nach Art. 75 BGG.
2.
Die Beschwerdeführerin rügt, dass die Vorinstanz die Ausführungen des Vertreters des Beschwerdegegners als glaubhaft bezeichnet, dies jedoch nicht begründet habe. Obwohl der Vorinstanz Akten vorgelegen hätten, aus welchen hervorgehe, dass der Beschwerdegegner Inhaber der betreffenden Konten gewesen sei, habe sie nicht ausgeführt, aus welchem Grund dieser Beweis des Eigentums des Beschwerdegegners umgestossen worden sei. Sie sieht darin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV).
Der Anspruch auf rechtliches Gehör i.S.v. Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass das Gericht die rechtserheblichen Vorbringen der Parteien anhört und bei der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 124 II 146 E. 2a S. 149). Damit sich die Parteien ein Bild über die Erwägungen des Gerichts machen können, hat es seinen Entscheid zu begründen. Die Begründung muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die sich sein Entscheid stützt (BGE 121 I 54 E. 2c S. 57 mit Hinweisen). Hingegen ist nicht erforderlich, dass sich der Entscheid mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinander setzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr genügt es, wenn sich aus den Erwägungen ergibt, dass und warum das Gericht die Darstellung einer Partei nicht für stichhaltig erachtet und dass der Entscheid damit sachgerecht angefochten werden kann (BGE 121 I 54 E. 2c S. 57; 124 II 146 E. 2a S. 149; 125 II 369 E. 2c S. 372; 126 I 97 E. 2b S. 102; 129 I 232 E. 3.2 S. 236).
Dass die Beschwerdeführerin ohne weiteres in der Lage war, den Entscheid in allen Teilen umfassend und sachgerecht anzufechten, zeigen ihre weiteren Rügen bzw. Ausführungen, auch wenn sie mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht geltend gemacht werden können (s. oben, E. 1.3). Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb die Vorinstanz die Begründungspflicht verletzt haben soll. Die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich demnach als unbegründet.
3.
Insgesamt ist die Beschwerde somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind der Beschwerdeführerin die Gerichtskosten sowie die Entrichtung einer Parteientschädigung an den Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG ). Demgemäss wird das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege als gegenstandslos abgeschrieben.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Gericht des Seebezirks schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. April 2008
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Raselli Rapp