Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_558/2007
Urteil vom 25. April 2008
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Hofer.
Parteien
F.________, Beschwerdeführer,
gegen
beco Berner Wirtschaft, Arbeitslosenkasse, Zentrale Dienste, Lagerhausweg 10, 3018 Bern,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 14. August 2007.
Sachverhalt:
A.
Der 1949 geborene F.________ traf am 28. Januar 2005 mit der Fachschule X.________ eine mit "Lehrauftrag für Dozentinnen und Dozenten" überschriebene Vereinbarung über einen temporären Lehreinsatz an deren Schulorten nach Absprache und Lehrplan. Zu einem eigentlichen Lehreinsatz kam es in der Folge nicht. Am 27. Dezember 2005 machte F.________ gegenüber der Fachschule X.________ Lohnzahlungen in Höhe von Fr. 32'844.- für in den Monaten April bis Dezember 2005 geleistete Arbeitsstunden im Zusammenhang mit der Erarbeitung von Vorlesungsskripten und Unterrichtsunterlagen geltend. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2005 bestritt die Fachschule X.________, einen konkreten Dozenteneinsatz zugesichert zu haben und löste das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung auf. F.________ erklärte sich mit der Kündigung nicht einverstanden. Nach durchgeführtem Aussöhnungsverfahren reichte er am 20. November 2006 Klage gegen die Fachschule X.________ ein. Am 5. Oktober 2006 wurde über die Fachschule X.________ der Konkurs eröffnet, in welchen F.________ eine Forderung von insgesamt Fr. 52'836.- eingab. Am 16. Dezember 2006 wurde das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt.
Am 7. Dezember 2006 meldete sich F.________ zum Bezug von Insolvenzentschädigung an. Mit Verfügung vom 26. Januar 2007 lehnte das beco Berner Wirtschaft das Begehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, es seien keine offenen Lohnforderungen ausgewiesen. Daran hielt die Verwaltung mit Einspracheentscheid vom 30. April 2007 fest.
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 14. August 2007 ab.
C.
F.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, es sei ihm für die nachgewiesenen, vertraglich vereinbarten Arbeitsleistungen der Monate September, Oktober, November und Dezember 2005 Insolvenzentschädigung in Höhe von Fr. 14'994.- zuzusprechen; darauf seien die vertraglich vereinbarten Sozialversicherungsbeiträge abzurechnen. Ferner ersucht er um vorsorgliche Massnahmen, Akteneinsicht mit anschliessender Möglichkeit der Beschwerdeergänzung und unentgeltliche Rechtspflege.
Das beco schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
2.
In der Beschwerdeschrift beantragt der Beschwerdeführer, es sei ihm Akteneinsicht zu gewähren und anschliessend die Möglichkeit einzuräumen, die Beschwerde zu ergänzen. Insbesondere sei er über den Verbleib der beim Beschwerdegegner eingereichten Stundenrapporte und Arbeitsergebnisse in Kenntnis zu setzen.
2.1 Eine Nachfristansetzung zur Ergänzung einer nicht genügend begründeten Beschwerde ist in Art. 42 Abs. 5 und Abs. 6 BGG nicht vorgesehen. Vielmehr hat die Begründung gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG in der innerhalb der Rechtsmittelfrist (vgl. Art. 100 BGG) einzureichenden Beschwerdeschrift zu erfolgen. Ergänzende Beschwerdeschriften sind nur unter den engen Voraussetzungen von Art. 43 BGG möglich. Die zur Begründung der Beschwerde an das Bundesgericht notwendige Einsicht in Vorakten ist grundsätzlich innert der Beschwerdefrist bei der Vorinstanz zu beantragen. Der Beschwerdeführer kann daher nicht damit rechnen, wegen Beantragung der Akteneinsicht beim Bundesgericht Gelegenheit zur Ergänzung der Beschwerdeschrift nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zu erhalten (Laurent Merz, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 37 ff. zu 42 BGG).
2.2 Das Recht, in die vorgelegten Urkunden Einsicht zu nehmen, entspricht dem aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör abgeleiteten Akteneinsichtsrecht. Es bezieht sich auf sämtliche verfahrensbezogenen Akten, die geeignet sind, Grundlage des Entscheids zu bilden. Die vom Beschwerdeführer erwähnten Stundenrapporte und weiteren Unterlagen befinden sich in dem beim Bundesgericht am 2. November 2007 eingegangenen Aktenordner "Beilagen zur Klage vom 20. November 2006" der Zivilabteilung des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen. Auf telefonische Anfrage vom 18. April 2008, ob der Beschwerdeführer die Akten beim Bundesgericht oder bei einem kantonalen Gericht einsehen wolle, erklärte dieser, er halte an seinem Antrag nicht fest und verzichte auf eine Akteneinsicht.
2.3 Das eingangs erwähnte Gesuch ist daher abzuweisen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
3.
Im vorinstanzlichen Entscheid werden die Bestimmungen zum Anspruch auf Insolvenzentschädigung (Art. 51 Abs. 1 lit. a AVIG) und zu dessen Umfang (Art. 52 Abs. 1 AVIG in der seit 1. Juli 2003 geltenden Fassung) und die gestützt darauf ergangene Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Beizufügen ist, dass die Kasse eine Insolvenzentschädigung nur ausrichten darf, wenn der Arbeitnehmer seine Lohnforderung glaubhaft macht (Art. 74 AVIV).
4.
4.1 Das kantonale Gericht hat in pflichtgemässer Würdigung der gesamten Aktenlage mit nachvollziehbarer Begründung erkannt, dass dem Beschwerdeführer aus dem Vertrag vom 28. Januar 2005 keine Lohnansprüche zustünden, da er nie einen Kurs oder ein Seminar abgehalten habe und diesbezüglich auch kein Annahmeverzug seitens der Fachschule X.________ vorliege. Über die Vergütung von Skripten für geplante, aber nicht durchgeführte Kurse sei keine schriftliche Zusatzvereinbarung im Sinne des Vertrages getroffen worden. Dabei hat es insbesondere berücksichtigt, dass die Fachschule X.________ dem Beschwerdeführer am 2. Mai 2005 mittels Mail die Durchführung des für September/Oktober 2005 geplanten Kurses "Psychosomatik" angekündigt habe, welcher mangels Teilnehmer jedoch nicht habe durchgeführt werden können. Im zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag sei keine Zusicherung für die Durchführung von Kursen enthalten und ein Honoraranspruch nur für tatsächlich gehaltene Lektionen vereinbart worden. Weiter hält die Vorinstanz fest, dass für allfällige Schadenersatzansprüche kein Anspruch auf Insolvenzentschädigung bestehe.
4.2 Die Vorbringen des Beschwerdeführers - soweit überhaupt sachbezogen und hinreichend begründet - vermögen die Rechtmässigkeit des angefochtenen kantonalen Entscheids nicht in Frage zu stellen. Die tatsächlichen Feststellungen sind nicht mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG und die rechtliche Würdigung der Vorinstanz ist bundesrechtskonform. Insbesondere traf das kantonale Gericht eine willkürfreie Auslegung des Lehrauftrages vom 28. Januar 2005, auf welchen sich der Beschwerdeführer zur Begründung seines Lohnanspruches stützt. Tätigkeit und Aufgabengebiet bezogen sich gemäss Ziff. 1 Abs. 1 des Vertrages lediglich auf temporäre Lehreinsätze nach Absprache und Lehrplan. Eine verbindliche Zusage für einen konkreten Lehreinsatz und die Ausarbeitung entsprechender Unterrichtsunterlagen liegt nicht vor. Eine solche kann jedenfalls nicht im Mail der Fachschule vom 2. Mai 2005 erblickt werden, mit welchem dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurde, dass der Kurs "Psychosomatik" für September/Oktober vorgesehen sei, die Ausbildungspläne zugesandt würden und eine Kontaktaufnahme erfolgen werde. In der Folge meldete sich die Fachschule X.________ nicht mehr und auch der Beschwerdeführer erkundigte sich nicht von sich aus über die Durchführung des Kurses. Ein Honoraranspruch bestand nach Ziff. 2 lit. a Abs. 3 Satz 1 des Vertrages nur für tatsächlich geleistete Unterrichtsstunden. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung bezieht sich dies nicht nur auf die im zweiten Satz dieser Vertragsbestimmung angeführten Ausfälle bei Krankheit und Schwangerschaft, sondern ist mit Blick auf Ziff. 1 Abs. 1 des Vertrages in einem allgemeinen Kontext zu verstehen. Der Beschwerdeführer behauptet überdies nicht, an der Fachschule unterrichtet zu haben. Laut Vertrag waren Dozentinnen und Dozenten zwar gehalten, den Studierenden den Stoff ihrer Vorlesungen zusammengefasst abzugeben, wobei die einen normalen Umfang nicht übersteigenden Skripten zu den Vorbereitungen gehörten und im vereinbarten Stundenansatz für die Lektionen enthalten waren (Ziff. 2 Abs. 2 und Ziff. 7 Abs. 1). Nur für den Fall, dass der Aufwand für die Erstellung von Skripten oder anderen Unterlagen den normalen Umfang übersteigen sollte, war gemäss Ziff. 7 Abs. 3 des Vertrages nach vorgängiger Absprache mit der Leitung des Instituts eine Vergütung für den Zusatzaufwand gemäss schriftlicher Vereinbarung möglich. Der Abschluss einer solchen Zusatzvereinbarung zwischen den Parteien wird weder behauptet noch belegt. Auch wenn die Kursunterlagen vertragsgemäss vor der Lehrveranstaltung zu erstellen und der Schulleitung vorzulegen waren, ergibt sich aus dem Gesamtkontext des Vertrages, dass diese im Zusammenhang mit einer konkreten Lehrveranstaltung stehen mussten und nicht quasi auf Vorrat zu erstellen und einzureichen waren. Der Beschwerdeführer vermag nicht im Sinne von Art. 74 AVIV glaubhaft zu machen, dass er für die fragliche Zeit Anspruch auf den geltend gemachten Lohn hatte, woran die von ihm ausgestellten Stundenrapporte, Verdienstangaben und eingereichten Skriptkopien ebensowenig zu ändern vermögen wie die Forderungseingaben im Zivilprozess und im Konkursverfahren. Ob allenfalls Ansprüche aus Schadenersatzforderungen bestehen, kann offen bleiben, da solche nicht von der Insolvenzentschädigung erfasst werden, wie bereits die Vorinstanz festgehalten hat. Da eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht unterbleiben muss, ist auf die Einwände in der Beschwerde, welche eine andere Interpretation der Gegebenheiten als naheliegender erscheinen lassen wollen und sich in einer appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid erschöpfen, nicht einzugehen.
4.3 Soweit sich der Beschwerdeführer auf Garantien aus dem unantastbaren Kerngehalt verfassungsmässiger Grundrechte und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte bezieht, legt er nicht dar, inwieweit die von ihm angerufenen Art. 7, Art. 9, Art. 12, Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 35 Abs. 1 bis 3 und Art. 36 Abs. 1 bis 4 BV, Art. 4 Abs. 2 und Art. 13 EMRK verletzt sein sollten. Insoweit ist auf die Beschwerde daher nicht einzutreten.
5.
Gegenstand des angefochtenen Entscheids vom 14. August 2007 bildet einzig der Anspruch auf Insolvenzentschädigung. Allfällige Ansprüche aus dem Recht auf Hilfe in Notlagen gemäss Art. 12 BV werden in separat geführten Verfahren beurteilt, gehören somit nicht zum Streit- und Anfechtungsgegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.
6.
Das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen wird mit der Ausfällung des vorliegenden Urteils gegenstandslos.
7.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mit Beigabe eines Rechtsbeistandes ist abzuweisen, da die Rechtsbegehren von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatten (Art. 64 BGG). Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind daher, dem Verfahrensausgang entsprechend, dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, wobei seine angespannten finanziellen Verhältnisse bei der Festlegung der Gerichtsgebühr Berücksichtigung finden (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteikostenentschädigung im Sinne einer Umtriebsentschädigung wird zufolge Unterliegens nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 300.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Staatssekretariat für Wirtschaft und dem beco Berner Wirtschaft, Arbeitsvermittlung, Rechtsdienst, schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 25. April 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Ursprung Hofer