BGer 5A_373/2008
 
BGer 5A_373/2008 vom 07.07.2008
Tribunale federale
{T 0/2}
5A_373/2008/don
Urteil vom 7. Juli 2008
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
Gerichtsschreiber Zbinden.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Stahel,
gegen
Obergericht des Kantons Schaffhausen.
Gegenstand
unentgeltliche Rechtspflege (Abänderung des Scheidungsurteils),
Beschwerde gegen die Verfügung vom 30. April 2008.
Sachverhalt:
A.
Im Rahmen der von der früheren Ehefrau erhobenen Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils des Kantonsgerichts Schaffhausen vom 23. November 2004 beantragte X.________ widerklageweise, in Abänderung des vorgenannten Urteils seien die aus der ehelichen Gemeinschaft hervorgegangenen Kinder A.________ (geb. im 2001) und B.________ (geb. im 2002) neu unter seine elterliche Sorge und Obhut zu stellen und die Mutter zu verhalten, an den Unterhalt der Kinder mit Fr. 400.-- pro Monat und Kind beizutragen, wobei der Unterhaltsbeitrag zu indexieren sei. Das Kantonsgericht wies Klage und Widerklage mit Urteil vom 11. März 2008 ab.
B.
Dagegen legte X.________ beim Obergericht des Kantons Schaffhausen kantonale Berufung ein mit dem Begehren um Gutheissung der Widerklage. Für das Berufungsverfahren ersuchte er um unentgeltliche Rechtspflege, die ihm das Obergericht mit Verfügung vom 30. April 2008 verweigerte mit der Begründung, das Berufungsverfahren sei aussichtslos.
C.
X.________ gelangt mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht mit dem Antrag, die Verfügung des Obergerichts vom 30. April 2008 aufzuheben und das Obergericht anzuweisen, ihm die unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren zu gewähren. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.
Es ist keine Vernehmlassung eingeholt worden.
Erwägungen:
1.
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher (Art. 75 Abs. 1 BGG) Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1), dessen ungeachtet, ob er während des Hauptverfahrens, zusammen mit dessen Endentscheid oder nach diesem ergangen ist (Urteil 5A_108/2007 vom 11. Mai 2007, E. 1.2).
1.2 Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache. Diese betrifft einen kantonalen Entscheid betreffend Ehescheidung und damit eine Zivilsache im Sinn von Art. 72 Abs. 1 BGG. Da im Wesentlichen nicht vermögensrechtliche Aspekte der Ehescheidung betroffen sind, liegt eine nicht vermögensrechtliche Zivilsache vor (5D_60/2007 vom 9. August 2007, E. 1.2; Urteil 5 A_108/2007 vom 11. Mai 2007, E. 1.2). Ist die Beschwerde in der Hauptsache gegeben, steht sie auch gegen den vorliegenden Zwischenentscheid offen. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann eine Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), zu dem laut der Begriffsbestimmung des BGG auch das Verfassungsrecht gehört. Gerügt werden kann ferner eine Verletzung des Völkerrechts (Art. 95 lit. b BGG).
2.
2.1 Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat nach Art. 29 Abs. 3 BV Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde; eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet (BGE 124 I 304 E. 2c mit Hinweisen).
2.2 Die Prozesschancen sind in vorläufiger und summarischer Prüfung des Prozessstoffes abzuschätzen, wobei es im Rechtsmittelverfahren um die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs geht (Haefliger, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 167 f. Ziffer 6). Die Frage lautet, ob das Rechtsmittel offenbar prozessual unzulässig oder aussichtslos ist (BGE 60 I 179 E. 1 S. 182; 78 I 193 E. 2 S. 195). Dass der angefochtene Entscheid oder das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, genügt für die Bejahung der Erfolgsaussichten nicht; entscheidend ist allein, ob das Rechtsmittel voraussichtlich gutgeheissen werden muss (vgl. Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, V, Bern 1992, N. 5 zu Art. 152 OG, S. 123).
3.
3.1 Das Obergericht hat zur Begründung der Aussichtslosigkeit des Berufungsverfahrens unter Hinweis auf die Lehre und das erstinstanzliche Urteil erwogen, dem Begehren des Beschwerdeführers könne entsprochen werden, wenn sich eine Neuregelung der elterlichen Sorge infolge wesentlicher Veränderung der Verhältnisse zum Wohl der Kinder gebiete. Eine Neuregelung der elterlichen Sorge komme vorliegend nur in Betracht, wenn die geltende Regelung unter den bestehenden Umständen den Kindern mehr schade als der Verlust der Stabilität in der Erziehung der Kinder und eine Änderung der Lebensumstände. Im vorliegenden Fall hätten sich die Lebensverhältnisse der Kinder seit dem Scheidungsurteil insoweit verändert, als die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich mit superprovisorischer Verfügung vom 30. Mai 2007 der Mutter die Obhut über die Kinder entzogen und die Kinder in einem Kinderheim untergebracht habe, welcher Entscheid mit Beschluss vom 25. Juni 2007 bestätigt worden sei. Seither lebten die Kinder im Heim; die Vormundschaftsbehörde erachte es indes nicht für angebracht, der Mutter die elterliche Sorge über die Kinder zu entziehen. Gemäss Bericht der Vormundschaftsbehörde vom 6. Februar 2008 hätten sich die Kinder im Heim gut eingelebt, was auch für den Kindergarten gelte. Beide Elternteile übten ihr Besuchsrecht regelmässig aus und die Kinder genössen den Umgang mit ihren Eltern, bekundeten aber keine Mühe, sich wieder von ihnen zu trennen und ins Heim zurückzukehren, welches sie als ihr Zuhause betrachteten. Für die Kinder sei spürbar Ruhe und Stabilität eingekehrt. Die Vormundschaftsbehörde erachte den Obhutsentzug nach wie vor als angezeigt, eine Umplatzierung der Kinder zum Beschwerdeführer aber nicht als sinnvoll, da dieser über kein Betreuungskonzept verfüge und sich nur schwer von der Mutter der Kinder abgrenzen könne. Ein Entzug der elterlichen Sorge sei nach wie vor nicht angebracht.
Das Kantonsgericht habe - so das Obergericht weiter - im erstinstanzlichen Abänderungsurteil festgestellt, es gebe keine Anhaltspunkte, die eine Änderung der momentanen Lebensituation erheischten. Eine Rückkehr der Kinder zur Mutter sei nicht angezeigt; ebensowenig komme aber eine Übergabe der Kinder an den Beschwerdeführer in Frage, da dieser berufstätig sei; zwar sei dieser offenbar bereit, sein Arbeitspensum um 50% zu kürzen, doch sei völlig unklar wie er die Kinder in der übrigen Zeit zu betreuen gedenke. Nach Ansicht des Kantonsgerichts bestehe unter den gegebenen Umständen kein Anlass, die elterliche Sorge dem Beschwerdeführer zu übertragen, zumal auch die Vormundschaftsbehörde eine Neuregelung der elterlichen Sorge für unangebracht halte.
Das Obergericht schliesst seine Ausführungen mit der Zusammenfassung, aufgrund der geschilderten Umstände sei nicht anzunehmen, dass die Rechtsmittelinstanz die Sache grundlegend anders beurteile als das Kantonsgericht. Die Gewinnaussichten seien daher beträchtlich geringer als die Verlustgefahren und könnten nicht mehr als ernsthaft bezeichnet werden.
3.2 Die Schlussfolgerung des Obergerichts, das Berufungsverfahren sei aussichtslos, erweist sich als mit Art. 29 Abs. 3 BV vereinbar. Das Kantonsgericht ist gestützt auf den Bericht der Vormundschaftsbehörde der Ansicht, dass vorliegend ein Entzug der elterlichen Sorge nicht in Betracht zu ziehen ist. Aufgrund der Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils ergibt sich, dass sich die von der Vormundschaftsbehörde getroffene Kindesschutzmassnahme (Entzug der Obhut und Unterbringung in einem Heim) bewährt hat, zumal sie den Kindern die erhoffte Ruhe und Stabilität in den Verhältnissen gebracht hat, die Kinder sich überdies im Heim wohl fühlen und dieses gar als ihr Zuhause betrachten. Der Beschwerdeführer hat sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege hinsichtlich der Erfolgschancen seiner Berufung nicht begründet und insbesondere auch kein Betreuungskonzept skizziert, obwohl ihm das fehlende Konzept bereits im Beschluss der Vormundschaftsbehörde vom 25. Juni 2007 vorgehalten worden war. Auch in der Beschwerde versucht er nicht einmal, ein Konzept vorzustellen. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, inwiefern der Berufung Erfolg beschieden sein könnte.
3.3 Soweit die Beschwerde überhaupt den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG entspricht, vermag sie an diesem Ergebnis nichts zu ändern.
Mit seinem Hinweis, die elterliche Sorge ohne Obhut sei ein "holes Gefäss" und mit der Behauptung, die elterliche Obhut sei dem Vater, nicht einem Heim zuzuteilen, setzt sich der Beschwerdeführer nicht den Begründungsanforderungen entsprechend mit dem angefochtenen Entscheid auseinander. Darauf ist nicht einzutreten. Ebenso ungenügend begründet ist die Beschwerde, soweit der Beschwerdeführer einfach behauptet, die Kinder müssten beim Vater bleiben, wenn sie nicht bei der sorge- und obhutsberechtigten Mutter bleiben können. Nicht genügend mit dem Urteil auseinander setzt sich der Beschwerdeführer ferner, wenn er einfach behauptet, er könne seiner Frau nichts ausschlagen, insbesondere ihr das Besuchsrecht nicht verweigern. Nicht hilfreich ist ferner der Einwand, wonach er kein Betreuungskonzept vorlegen konnte, weil ihm die Kinder noch gar nicht zugeteilt worden seien. Der Beschwerdeführer wusste bereits aus dem Bericht der Vormundschaftsbehörde, dass ein entsprechendes Konzept im Abänderungsprozess eine Rolle spielen könnte. Seine Auffassung, er könne damit bis zum Entscheid über seine Widerklage zuwarten, erscheint daher nicht nachvollziehbar. Indem der Beschwerdeführer schliesslich behauptet, nirgends werde dargelegt, dass das Kindeswohl mit der Änderung der Sorge- und Obhutsregelung gefährdet werde, zeigt er, dass er den Sinn der Ausführungen des Kantonsgerichts und des Obergerichts nicht verstanden hat, ergibt sich doch daraus unmissverständlich, dass die verlangte Änderung aus Gründen des Kindeswohls nicht angezeigt ist.
4.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
5.
Wie sich aus der Erwägung 3 hiervor entnehmen lässt, hat sich die Beschwerde von Anfang an als aussichtslos erwiesen. Dem Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann somit nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. Juli 2008
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Raselli Zbinden