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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_318/2008/bri
Urteil vom 8. Oktober 2008
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Ferrari, Zünd,
Gerichtsschreiber Störi.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Rudolf,
gegen
A.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Stadelmann,
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Zivilforderung, Einziehung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 11. Dezember 2007.
Sachverhalt:
A.
Das Obergericht des Kantons Luzern verurteilte A.________ am 11. Dezember 2007 wegen gewerbsmässigen Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren. Es zog die Eigentumswohnung in der Villa B.________, nach Art. 70 StGB ein und verfügte deren Verwertung zu Gunsten des Staates. Die Forderungen der Privatkläger und Geschädigten, darunter diejenige von X.________, verwies es auf den Zivilweg.
B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, A.________ sei zu verpflichten, ihm einen Schadenersatzbetrag von Fr. 3'229'163.60 nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 2001 zu bezahlen. Die Eigentumswohnung in der Villa B.________ sei nach Art. 69 Abs. 1 StGB einzuziehen und nach Rechtskraft des Urteils zu verwerten. Der Verwertungserlös, unter Abzug der Verwertungskosten, sei ihm, gegen Abtretung seiner Forderung an den Staat im entsprechenden Umfange, nach Art. 73 StGB zuzusprechen.
Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht verzichten auf Vernehmlassung. A.________ beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen:
1.
Vor der letzten kantonalen Instanz waren sowohl der Straf- als auch der Zivilpunkt strittig, womit die Beschwerde in Strafsachen entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners gegeben ist (BGE 133 III 701 E. 2.1).
2.
2.1 Nach § 5 Abs. 1 der Luzerner Strafprozessordnung vom 3. Juni 1957 (StPO) kann der Geschädigte im Strafverfahren Zivilansprüche geltend machen, sofern sie aus der strafbaren Handlung hergeleitet werden. Sind die Zivilansprüche nicht ausgewiesen oder würde ihre Abklärung das Verfahren wesentlich erschweren oder verlängern, sind sie auf den Zivilweg zu verweisen. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht habe diese Bestimmung willkürlich angewandt, indem es seine Forderung auf den Zivilweg verwiesen habe. Es sei zudem von einer falschen Beurteilung der Beweislast ausgegangen und habe damit Bundesrecht verletzt, indem es den Umstand, dass niemand die Einvernahme von C.________ als Zeugen beantragt habe, zu seinen Lasten gewürdigt habe.
2.2 Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid (S. 31 ff.) erwogen, der Angeklagte habe zwar eine Zahlung des Beschwerdeführers im Betrag von 2 Milliarden 160 Millionen Lire anerkannt. Er bestreite indessen dessen Zivilforderung von Fr. 3'229'163.60 nebst 5 % Zins seit dem 1. Januar 2001 mit dem Argument, es seien in Anwesenheit von C.________ Rückzahlungen geleistet worden, wobei er allerdings nicht in der Lage sei, diese Behauptung durch Urkunden zu beweisen. Der Angeklagte könne selbstverständlich in einem Zivilprozess die von ihm behaupteten Rückzahlungen mit dem Zeugenbeweis nachweisen. Ein solches Beweisverfahren würde auch angesichts des hohen Streitbetrags den Rahmen des Strafverfahrens sprengen. Es fehle im adhäsionsweisen Zivilverfahren an einem Antrag auf Befragung von C.________ als Zeugen, abgesehen davon, dass dieser wegen seiner engen geschäftlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen zum Beschwerdeführer kaum ein verlässlicher Zeuge wäre. Angesichts der insgesamt grossen Zahl der Geschädigten, deren Forderungen vom Angeklagten nicht anerkannt worden seien, wäre das Adhäsionsverfahren sehr zeitaufwändig. Das Kriminalgericht habe die Zivilforderungen daher zu Recht an den Zivilrichter verwiesen.
Das Obergericht geht somit davon aus, dass A.________ den Beschwerdeführer durch betrügerische Machenschaften um über 2 Milliarden Lire geprellt und im Strafverfahren anerkannt hat, dass daraus eine Rückforderung des Beschwerdeführers gegen ihn in Höhe von Fr. 3'229'163.60 nebst 5 % Zins seit dem 1. Januar 2001 entstanden ist. Es hält die Forderung indessen wegen der von A.________ geltend gemachten "Rückzahlungen" für nicht liquid und deren Abklärung im Strafverfahren als zu aufwändig.
2.3 Die verfahrensrechtliche Lage in Bezug auf die Beurteilung der Zivilforderung des Beschwerdeführers ist höchst einfach: Durch Anerkenntnis steht fest, dass eine dem Beschwerdeführer zustehende Zivilforderung gegen A.________ in Höhe von Fr. 3'229'163.60 nebst 5 % Zins seit dem 1. Januar 2001 entstanden ist. Soweit letzterer behauptet, sie sei durch Rückzahlung (ganz oder teilweise) untergegangen, ist er dafür nach Art. 8 ZGB beweispflichtig. Misslingt ihm dieser Beweis, ist die Forderung des Beschwerdeführers ausgewiesen, da andere Untergangsgründe weder behauptet werden noch ersichtlich sind.
A.________ hat im obergerichtlichen Verfahren die (angeblichen) Rückzahlungen weder beziffert noch dafür irgendwelche Beweismittel angeboten. Wäre er dazu nach kantonalem Verfahrensrecht verpflichtet gewesen, so wäre die Forderung des Beschwerdeführers unbestritten geblieben und damit vollumfänglich ausgewiesen gewesen. Andernfalls hätte ihm das Obergericht Gelegenheit geben müssen, seine (angeblichen) Rückzahlungen zu beziffern und die Beweismittel zu benennen. Ohne Vorliegen dieser Anträge des A.________ ist völlig offen, ob die Beurteilung der Zivilforderung des Beschwerdeführers überhaupt zu einem Beweisverfahren führen würde und ob die Abnahme der angebotenen Beweise den Rahmen des Strafverfahrens sprengen würde. Dies wäre im Übrigen ohnehin nicht zu erwarten, würde sich das Beweisverfahren nach den Ausführungen des Obergerichts wohl in der Einvernahme eines einzigen Zeugen erschöpfen. Das Obergericht ist daher in Willkür verfallen, indem es auf Grund seiner rein spekulativen Annahme den Beschwerdeführer auf das Zivilverfahren verwies, mit der Begründung, die Beurteilung seiner Zivilforderung setze ein den Rahmen des Strafverfahrens sprengendes Beweisverfahren voraus. Der Beschwerdegegner macht zwar in der Vernehmlassung geltend, der Beschwerdeführer habe ihn bereits vor einem italienischen Zivilgericht eingeklagt und stellt damit eine Litispendenz-Einrede in Aussicht. Es ist indessen nicht zu erwarten, dass deren Beurteilung durch das Obergericht einen besonderen Aufwand in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht erfordern könnte. Die Rüge ist begründet. Ob die Beurteilung der Zivilforderungen der weiteren Geschädigten den Rahmen des Strafverfahrens sprengen würde, ist mangels entsprechender Beschwerden nicht zu prüfen.
3.
Weiter hat das Obergericht erwogen, die Eigentumswohnung in der Villa B.________ sei zur Verwertung einzuziehen und der Verwertungserlös dem Staat abzuführen. Den Antrag des Beschwerdeführers, ihm den Verwertungserlös nach Abzug der Verwertungskosten bis zur Höhe seiner Forderung gegen deren Abtretung an den Staat zuzusprechen, lehnte es ab. Es führte dazu aus, nach Art. 73 StGB seien eingezogene Vermögenswerte auf Antrag hin zu Gunsten des Geschädigten zu verwenden, wenn dessen Schadenersatzanspruch gerichtlich oder durch Vergleich festgesetzt worden sei. Vorliegend seien die Zivilansprüche des Beschwerdeführers ins Zivilverfahren zu verweisen und stünden damit nicht fest. Die Voraussetzung für eine Schadloshaltung des Beschwerdeführers aus dem Verwertungserlös der erwähnten Eigentumswohnung sei damit nicht erfüllt.
Mit der Gutheissung der Rüge gegen den Verweis der Zivilforderung des Beschwerdeführers auf den Zivilweg sind diese Ausführungen gegenstandslos geworden. Das Obergericht wird bei seinem neuem Entscheid über den Antrag des Beschwerdeführers, ihm den Verwertungserlös der Villa B.________ bis zur Höhe seiner Forderung zuzusprechen, neu zu befinden haben.
4.
Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, die Dispositiv-Ziffer 4.2 und, soweit sie den Beschwerdeführer betrifft, die Dispositiv-Ziffer 6, sind aufzuheben, und die Sache ist zu neuem Entscheid ans Luzerner Obergericht zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdegegner A.________ aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und ist dieser zu verpflichten, den Beschwerdeführer zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Dispositiv-Ziffer 4.2 und, soweit sie den Beschwerdeführer betrifft, die Dispositiv-Ziffer 6 des angefochtenen Urteils des Obergerichts des Kantons Luzern vom 11. Dezember 2007 werden aufgehoben und die Sache wird zu neuem Entscheid ans Obergericht zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdegegner A.________ auferlegt.
3.
A.________ hat X.________ für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. Oktober 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Schneider Störi