BGer 1B_270/2008
 
BGer 1B_270/2008 vom 28.10.2008
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
1B_270/2008 /daa
Urteil vom 28. Oktober 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio,
Gerichtsschreiber Forster.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten
durch Rechtsanwalt Viktor Egloff,
gegen
Bezirksamt Baden, Ländliweg 2, 5402 Baden,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.
Gegenstand
Haftprüfung,
Beschwerde gegen die Verfügung vom 29. September 2008 des Vizepräsidenten der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau.
Sachverhalt:
A.
X.________ befindet sich im Kanton Aargau in Untersuchungshaft. Am 29. September 2008 erliess der Vizepräsident der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau folgende Verfügung:
Es wird den Akten entnommen:
Das Bezirksamt Baden stellt mit Datum vom 26. September 2008 den begründeten Antrag, die Haft sei bis zum Eingang der Akten beim Gericht zu verlängern.
Es wird verfügt:
Die Untersuchungshaft wird gestützt auf den beigefügten Antrag des Bezirksamts Baden bis zum Eingang der Akten beim Gericht verlängert."
(Verteiler/Rechtsmittelbelehrung.)
B.
Gegen diese Verfügung erhob X.________ am 6. Oktober 2008 Beschwerde beim Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides sowie seine unverzügliche Haftentlassung.
Der Vizepräsident der Beschwerdekammer beantragt mit Eingabe vom 8. Oktober 2008 die Abweisung der Beschwerde; im Übrigen werde "unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid" auf eine Stellungnahme verzichtet. Das Bezirksamt Baden liess sich am 9. Oktober 2008 vernehmen, ohne einen Antrag zu stellen. Von der Staatsanwaltschaft ist keine Vernehmlassung eingegangen. Der Beschwerdeführer replizierte am 27. Oktober 2008.
Erwägungen:
1.
Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG geben hier zu keinen Bemerkungen Anlass. Die Beschwerde ist im Lichte von Art. 80 i.V.m. Art. 130 Abs. 1 BGG zulässig.
2.
Der Beschwerdeführer bringt vor, es fehle an hinreichenden Haftgründen. Die Untersuchungshaft sei daher unzulässig. Ausserdem entbehre der angefochtene Haftprüfungsentscheid jeglicher Begründung.
3.
Gemäss Art. 112 Abs. 1 BGG müssen Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, unter anderem die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art enthalten, insbesondere sind die angewendeten Gesetzesbestimmungen zu nennen (lit. b). Das Bundesgericht kann nach Art. 112 Abs. 3 BGG einen Entscheid, der den Anforderungen von Absatz 1 nicht genügt, an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben.
Aus Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG folgt, dass Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, den massgeblichen Sachverhalt und die rechtlichen Schlüsse, die daraus gezogen werden, darlegen müssen. Dies ist insbesondere von Bedeutung im Hinblick auf die unterschiedliche Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei Sachverhalts- und Rechtsfragen (Art. 95 und 97 BGG). Genügt der angefochtene Entscheid diesen Anforderungen nicht und ist deshalb das Bundesgericht nicht in der Lage, über die Sache zu befinden, ist er nach Art. 112 Abs. 3 BGG aufzuheben und die Angelegenheit an die kantonale Behörde zurückzuweisen, damit diese einen Entscheid treffe, der Art. 112 Abs. 1 BGG entspricht (Urteile 1B_61/2008 vom 3. April 2008; 4A_252/2007 vom 15. November 2007 E. 3.2; 9C_423/2007 vom 29. August 2007; 9C_306/2007 vom 22. Juni 2007).
4.
Zwar kann es grundsätzlich zulässig sein, dass der Haftrichter zur Begründung seines Entscheides auf den Haftverlängerungsantrag der Untersuchungsbehörde verweist (vgl. BGE 123 I 31 E. 2 S. 33 ff.). Der angefochtene Entscheid enthält jedoch nicht einmal eine summarische Begründung, welche auf eine Haftprüfung im Sinne von Art. 31 Abs. 4 BV schliessen liesse. Es lassen sich dem Entscheid keinerlei Anhaltspunkte zur Frage entnehmen, inwiefern der Haftrichter sich mit den Vorbringen des Bezirksamtes (in dessen Haftverlängerungsantrag vom 26. September 2008) auseinander setzte bzw. dagegen erhobene Einwände des Inhaftierten prüfte. Dabei ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es sich hier (nach derzeit noch geltendem aargauischem Strafprozessrecht) um die einzige kantonale Haftprüfung handelt. Da der Mangel des angefochtenen Entscheides besonders schwer wiegt, käme eine Heilung im bundesgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht (vgl. BGE 126 I 68 E. 2 S. 72, mit Hinweisen). Darüber hinaus legt das Bezirksamt im Verfahren vor Bundesgericht nicht dar, inwiefern ein besonderer Haftgrund als erfüllt anzusehen wäre. Der kantonale Haftrichter hat sogar "unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid" auf eine Vernehmlassung verzichtet.
5.
Im Lichte der oben dargelegten Rechtsprechung und in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an den Vizepräsidenten der Beschwerdekammer zurückzuweisen, damit er (unter Beachtung des Beschleunigungsgebotes in Haftsachen gemäss Art. 31 Abs. 4 BV) unverzüglich einen neuen Entscheid trifft, der den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG genügt. Da Haftgründe nicht offensichtlich fehlen, kommt eine Haftentlassung durch das Bundesgericht im jetzigen Verfahrensstadium nicht in Betracht. Der entsprechende Antrag ist abzuweisen.
6.
Beim vorliegenden Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens obsiegt oder unterliegt keine Partei (vgl. Urteile des Bundesgerichts 1B_61/2008 vom 3. April 2008; 9C_306/2007 vom 22. Juni 2007; 9C_423/2007 vom 29. August 2007).
Dem Kanton werden keine Gerichtskosten auferlegt (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen rechtfertigt es sich (gemäss Art. 68 Abs. 4 i.V.m. Art. 66 Abs. 3 BGG), den Kanton Aargau zur Zahlung einer Entschädigung an den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu verpflichten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verfügung des Vizepräsidenten der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau vom 29. September 2008 wird aufgehoben und die Sache zum neuen Entscheid an diesen zurückgewiesen.
2.
Das Gesuch um Haftentlassung wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksamt Baden, der Staatsanwaltschaft und dem Vizepräsidenten der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. Oktober 2008
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Féraud Forster