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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
9C_686/2008
Urteil vom 4. November 2008
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiberin Dormann.
Parteien
M.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Petra Oehmke Schiess, Bahnhofplatz 9, 8910 Affoltern am Albis,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 2008.
Sachverhalt:
A.
Die 1970 geborene M.________ ist Mutter von vier Kindern (geboren 1992, 1995, 2001 und 2003). Nachdem ihr mit ärztlichem Gutachten eine volle Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten attestiert worden war, wies die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügungen vom 17. September 1997 das Gesuch um Leistungen der Invalidenversicherung ab. Am 16. März 2004 meldete sich die Versicherte erneut bei der Invalidenversicherung an und ersuchte um eine Rente. Nach Abklärungen verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 10. April 2006 bei einem Invaliditätsgrad von 27 % einen Rentenanspruch, was sie mit Einspracheentscheid vom 15. Januar 2007 bestätigte.
B.
Die Beschwerde der M.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 7. Juli 2008 ab.
C.
M.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 7. Juli 2008 sei aufzuheben und es sei ihr ab 1. März 2003 eine Dreiviertelsrente, ab 1. Februar 2006 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei das Verfahren zwecks Ergänzung der Sachverhaltsabklärungen (medizinischer und tatsächlicher Natur) an die Verwaltung zurückzuweisen.
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
Streitig und zu prüfen ist die Bemessung des Invaliditätsgrades resp. der nach Art. 28 IVG daraus resultierende Anspruch auf eine Invalidenrente.
3.
3.1 Ob eine versicherte Person als ganztägig oder zeitweilig erwerbstätig oder als nichterwerbstätig einzustufen ist, ergibt sich aus der Prüfung, was sie bei im Übrigen unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde. Bei im Haushalt tätigen Versicherten im Besonderen sind die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse ebenso wie allfällige Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu berücksichtigen. Die Statusfrage beurteilt sich praxisgemäss nach den Verhältnissen, wie sie sich bis zum Erlass der Verwaltungsverfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-) Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 130 V 393 E. 3.3 S. 396; 125 V 146 E. 2c S. 150 mit Hinweisen).
3.2 Die Invalidität bestimmt sich in der Folge dadurch, dass im Erwerbsbereich ein Einkommens- und im Aufgabenbereich ein Betätigungsvergleich vorgenommen wird (vgl. Art. 28 Abs. 2 und 2bis IVG, je in der bis am 31. Dezember 2007 gültigen Fassung [heute: Art. 28a Abs. 1 und 2 IVG]). Bei Teilerwerbstätigkeit ergibt sich die Invalidität unter Anwendung der gemischten Methode aus der Addierung der in beiden Bereichen ermittelten und gewichteten Teilinvaliditäten (vgl. Art. 28 Abs. 2ter IVG in der bis am 31. Dezember 2007 gültigen Fassung [heute: Art. 28a Abs. 3 IVG]; BGE 130 V 396 E. 3.3 S. 396).
4.
Die Vorinstanz hat die Anteile der hypothetischen Tätigkeit im Gesundheitsfall auf je 50 % Erwerbstätigkeit und Hausarbeit festgelegt und die Invaliditätsbemessung nach der gemischten Methode vorgenommen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie wäre bei guter Gesundheit zu 100 % erwerbstätig, weshalb die gemischte Methode zu Unrecht angewendet worden sei. Überdies seien bei Anwendung der gemischten Methode Wechselwirkungen zwischen Erwerbs- und Haushaltstätigkeit zu berücksichtigen.
4.1 Die auf eine Würdigung konkreter Umstände gestützte Festsetzung des hypothetischen Umfanges der Erwerbstätigkeit ist eine Tatfrage, welche das Bundesgericht nur in den genannten Schranken (E. 1) überprüft. Eine Rechtsfrage läge nur vor, wenn die Vorinstanz ihre Folgerung, die Beschwerdeführerin wäre im Gesundheitsfall nur noch zu 50 % erwerbstätig gewesen, ausschliesslich auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützt hätte (Entscheid des Eidg. Versicherungsgerichts I 708/06 vom 23. November 2006 E. 3.2), was jedoch nicht der Fall ist.
4.2 Das kantonale Gericht hat nicht bloss die ursprüngliche Angabe der Beschwerdeführerin im Rahmen der Haushaltsabklärung vom Januar 2006 (Bericht vom 10. April 2006), welche in der Beschwerde in Frage gestellt wird, berücksichtigt, sondern sich auch auf die Tatsachen gestützt, dass die Familie der Beschwerdeführerin mittlerweile auf sechs Personen angewachsen ist und dass die geltend gemachte Erwerbstätigkeit von rund 70 % in die Zeit vor der Geburt des jüngsten Kindes fällt. Die vorinstanzliche Bestimmung des hypothetischen Erwerbsanteils von 50 % kann weder als unvollständig noch als offensichtlich unrichtig betrachtet werden, zumal die Versicherte seit Erlass der ersten rentenablehnenden Verfügung keine vollzeitliche und seit der Geburt des dritten Kindes auch keine Erwerbstätigkeit im Umfang von 50 % mehr tatsächlich ausübte, obwohl ihr eine solche in entsprechendem Ausmass (vgl. E. 5) aus gesundheitlichen Gründen zumutbar gewesen wäre.
Die Vorinstanz hat daher zu Recht den Invaliditätsgrad unter Anwendung der gemischten Bemessungsmethode bestimmt.
4.3 Für die Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen Erwerbs- und Aufgabenbereich sind folgende Grundsätze beachtlich (BGE 134 V 9 E. 7.3 S. 12 ff.; Urteil 9C_265/2007 vom 4. Januar 2008 E. 5; je mit Hinweisen):
4.3.1 Damit die sich durch die schlechte Vereinbarkeit der beiden Tätigkeitsbereiche ergebende negative gesundheitliche Auswirkung berücksichtigt werden kann, muss sie offenkundig und unvermeidbar sein. Von einer vermeidbaren Wechselwirkung ist auszugehen, wenn sie durch die - auf Grund der gesamten Umstände zumutbare - Wahl einer anderen Erwerbstätigkeit ausgeschlossen werden kann.
4.3.2 Wechselwirkungen sind nur dann zusätzlich zu berücksichtigen, wenn aus den Akten erhellt, dass die Arzt- und (Haushalts-)Abklärungsberichte nicht bereits in Kenntnis der im jeweils anderen Aufgabenbereich vorhandenen Belastungssituation erstellt worden sind, und konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass eine wechselseitige Verminderung der Leistungsfähigkeit vorliegt, die in den vorhandenen Berichten nicht hinreichend gewürdigt worden ist.
4.3.3 Im hier massgeblichen Kontext beachtliche gesundheitliche Auswirkungen vom Erwerbs- in den Haushaltsbereich können nur angenommen werden, wenn die verbleibende Arbeitsfähigkeit im erwerblichen Tätigkeitsgebiet voll ausgenützt wird, d.h. der - für den Gesundheitsfall geltende - Erwerbsanteil die Arbeitsfähigkeit im Erwerbsbereich übersteigt oder mit dieser identisch ist.
4.3.4 Ein allfälliges reduziertes Leistungsvermögen im erwerblichen Bereich infolge der Beanspruchung im Haushalt kann ferner lediglich für den Fall berücksichtigt werden, dass Betreuungspflichten (gegenüber Kindern, pflegebedürftigen Angehörigen etc.) vorhanden sind. Ist demnach eine Haushaltführung ohne weitergehende häusliche Obliegenheiten wie Betreuungsaufgaben etc. nicht in jedem Fall statusrelevant, kann auch nicht von einer dadurch verursachten, IV-rechtlich abzugeltenden erheblichen Belastung im erwerblichen Bereich ausgegangen werden.
4.3.5 Allfällige Wechselwirkungen sind stets vom anteilsmässig bedeutenderen zum weniger bedeutenderen Bereich zu berücksichtigen. Sind beide Bereiche mit 50 % zu veranschlagen, ist sie dort beachtlich, wo sie sich stärker auswirkt. Wechselwirkungen sind nicht kumulativ in beide Richtungen zu berücksichtigen.
4.3.6 Die Ermittlung des reduzierten Leistungsvermögens hat stets auf Grund der konkreten Gegebenheiten im Einzelfall zu erfolgen und ist auf einen Maximalansatz von 15 ungewichteten Prozentpunkten beschränkt.
4.4 Eine Rückweisung an die Verwaltung zur näheren Abklärung ist nur für den Fall angezeigt, dass das Endergebnis selbst bei Annahme einer entsprechend verringerten Leistungsfähigkeit im einen Tätigkeitsgebiet durch die Beanspruchung im anderen überhaupt beeinflusst würde (BGE 134 V 9 E. 7.3.7 S. 14.; Urteil 9C_265/2007 vom 4. Januar 2008 E. 5.7).
4.5 Selbst bei maximal zulässiger Berücksichtigung eines reduzierten Leistungsvermögens im Erwerbs- oder Aufgabenbereich resultierte ein nicht rentenbegründender Invaliditätsgrad von 34,1 % (0,5 x [25 % + 43,2 %] oder 0,5 x [10 % + 58,2 %]; vgl. E. 5). Es kann daher offen bleiben, ob die behauptete Wechselwirkung entsprechend den genannten Grundsätzen (E. 4.3) zu berücksichtigen ist.
5. Gestützt auf das Gutachten des medizinischen Zentrums A.________ vom 7. Oktober 2005 und auf den Abklärungsbericht Haushalt vom 10. April 2006 hat die Vorinstanz im Erwerbsbereich die Arbeitsfähigkeit auf 50 % festgelegt und einen Invaliditätsgrad von 10 % errechnet sowie im Aufgabenbereich die Einschränkung auf 43,2 % beziffert. Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, eine im Dezember 2005 erfolgte Verschlechterung des Gesundheitszustandes, welche eine am 23. Januar 2006 erfolgte MRI-Untersuchung im Spital X.________ nach sich gezogen habe, sei nicht berücksichtigt worden.
5.1 Das kantonale Gericht ist der Auffassung, in Anbetracht der Befunde des Spitals X.________ (Bericht vom 23. Januar 2006) sei nicht davon auszugehen, dass es seit der Begutachtung durch das Medizinische Zentrum A.________ im August 2005 zu einer massgeblichen Verschlimmerung der lumbalen Beschwerden gekommen sei, zumal sich die festgestellte Grössenzunahme der Hernie auf eine Vergleichsuntersuchung vom Juli 2002 beziehe. Ausserdem sei nicht anzunehmen, dass sich die im Gutachten des Medizinischen Zentrums A.________ ausgewiesene rheumatologisch bedingte Arbeitsfähigkeit von 75 % in nur fünf Monaten auf weniger als 50 % reduziert habe. Die von den Ärzten des Medizinische Zentrum A.________ als ausschlaggebend erachtete psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit von 50 % sei von jenen der Klinik B.________ mit Bericht vom 18. Januar 2007 bestätigt worden.
5.2 Die vorinstanzlichen Feststellungen in Bezug auf die behauptete Verschlechterung des Gesundheitszustandes sind nicht offensichtlich unrichtig. In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, dass gemäss Beurteilung des Regionalen Ärztlichen Dienstes vom 27. Juni 2006 im fraglichen Zeitraum kaum eine relevante Veränderung eingetreten sei, da die im August 2005 erhobenen klinischen Befunde mit den radiologischen Befunden vom Januar 2006 korrelierten. Ausserdem beläuft sich die Einschränkung im Haushalt lediglich auf 43,2 %, obwohl die geltend gemachte Verschlimmerung bei der am 26. Januar 2006 erfolgten Abklärung vor Ort berücksichtigt wurde.
Mangels genügender Anhaltspunkte für eine relevante Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Dezember 2005 resp. Januar 2006 ist der Verzicht der Vorinstanz auf weitere Abklärungen in pflichtgemässer antizipierender Beweiswürdigung (BGE 122 V 157 E. 1d S. 162, Urteil 9C_694/2007 vom 10. Dezember 2007 E. 3.1 mit Hinweisen) erfolgt.
5.3 Es ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht, inwiefern die Erwägungen im angefochtenen Entscheid sonst wie offensichtlich unrichtig sein oder Bundesrecht verletzen sollen. Die Beschwerde ist unbegründet.
6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 4. November 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Meyer Dormann