Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4D_124/2008 /len
Urteil vom 10. November 2008
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Luczak.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Michele Santucci,
gegen
Obergericht des Kantons Aargau.
Gegenstand
Unentgeltliche Rechtspflege,
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, vom 21. August 2008.
Sachverhalt:
A.
Am 21. Juli 2008 reichte A.________ (Beschwerdeführerin) beim Arbeitsgericht Zurzach gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin Klage über Fr. 4'918.95 ein und beantragte die unentgeltliche Rechtsverbeiständung. Gegen die Abweisung dieses Gesuchs zufolge mangelnder Substantiierung der Bedürftigkeit erhob sie Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau, welches diese am 21. August 2008 abwies, ebenso wie das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung für das kantonale Beschwerdeverfahren.
B.
Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht im Wesentlichen, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die zugrundeliegende Beschwerde unter Gewährung des Armenrechts gutzuheissen. Ferner ersucht sie auch für das Verfahren vor dem Bundesgericht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Es wurde keine Vernehmlassung eingeholt.
Erwägungen:
1.
Die Vorinstanz erkannte, die Beschwerdeführerin werde von ihrem Lebenspartner finanziell unterstützt. Diese Unterstützung beinhalte die Zahlung ihres Mietanteils, der Krankenkassenprämie, der Nebenkosten, der Lebenshaltungskosten und Weiteres. Daher habe die Beschwerdeführerin keine finanziellen Verpflichtungen, denen sie nachkommen müsse. Da für die Beurteilung der Prozessarmut nur nachweislich getätigte Ausgaben zu berücksichtigen seien, rechnete die Vorinstanz mangels Nachweises weder die Autoleasingraten noch die Ausbildungskosten an. Da die Beschwerdeführerin auf ihre diesbezügliche Beweislast schon vor erster Instanz hingewiesen worden sei, wurde ihr keine Nachfrist gewährt. Eine allfällige Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die erste Instanz sei als geheilt zu betrachten, da ein uneingeschränktes Novenrecht gelte und das Obergericht die Sache mit derselben Kognition entscheide wie die erste Instanz. Die Vorinstanz erkannte, die Beschwerdeführerin könne mit ihrem variablen Einkommen, das im Juli 2008 Fr. 3'899.45 betragen habe, die angesichts des Streitwerts nicht allzu hoch ausfallenden eigenen Parteikosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren sowie auch im kantonalen Beschwerdeverfahren bezahlen. Für dieses sei das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege auch zufolge Aussichtslosigkeit abzuweisen.
2.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei mit ihrem Lebenspartner nicht verheiratet, weshalb keine eheliche Beistandspflicht bestehe. Die von ihrem Lebenspartner übernommenen Lebenshaltungskosten seien zu berücksichtigen. Sie verweist diesbezüglich auf eine bei den Akten liegende schriftliche Bestätigung ihres Lebenspartners. Angesichts ihres Nettoeinkommens gemäss der im kantonalen Beschwerdeverfahren eingereichten Steuerveranlagung für das Jahr 2007 von Fr. 25'262.-- sei offenkundig, dass die Beschwerdeführerin aus ihrem Einkommen ihr Existenzminimum nicht decken könne. Daher sei es überspitzt formalistisch, wenn die Vorinstanz die unentgeltliche Prozessführung verweigere, weil die Beschwerdeführerin es versäumt habe, sämtliche Ausgaben wie beispielsweise die Leasingraten zu belegen. Im Übrigen sei die Verfügung des Arbeitsgerichts Zurzach offensichtlich unzulässig, da der Beschwerdeführerin keine Gelegenheit zur Verbesserung ihres allfällig mangelhaften Gesuchs gegeben worden sei. Zudem seien das arbeitsgerichtliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren vor der Vorinstanz voneinander unabhängige Verfahren, weshalb nicht nachvollziehbar sei, dass im kantonalen Beschwerdeverfahren die zu Unrecht vorenthaltene Nachfrist erneut nicht eingeräumt worden sei. Der Beschwerdeführerin dürfe das Recht auf unentgeltliche Prozessführung nicht wegen mangelnder Mitwirkung verweigert werden. Für eine derartige Einschränkung ihres Grundrechts gebe es keine gesetzliche Grundlage. Im Rahmen des nunmehr mit gerichtlichem Vergleich rechtskräftig abgeschlossenen Arbeitsgerichtsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens gegen die Abweisung der unentgeltlichen Rechtsvertretung seien der Beschwerdeführerin Aufwendungen von ca. Fr. 5'000.-- entstanden, welche sie angesichts der Ausgleichsschulden gegenüber ihrem Lebenspartner sowie der kommenden Verpflichtungen (Ausbildungskosten / Abzahlung der Restforderung für das Auto) nicht binnen angemessener Frist abzahlen könne.
3.
Hinsichtlich des Streitwerts ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegeben, da dieser den für die Beschwerde in Zivilsachen notwendigen Betrag nicht erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG).
3.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid (Art. 93 Abs. 1 BGB), der weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren zum Gegenstand hat (Art. 92 BGG). Gegen diesen ist die Beschwerde nur zulässig (Art. 117 BGG), wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG) und deshalb die gesonderte Anrufung des Bundesgerichts rechtfertigen würde oder wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), wobei der mögliche Nachteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes rechtlicher Natur sein muss, also auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid des Bundesgerichts nicht mehr behoben werden könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist in der Beschwerde darzutun, inwiefern ein Ausnahmefall vorliegt. Sofern dies offensichtlich ist und sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, kann sich der Beschwerdeführer mit knappen Hinweisen begnügen. Ansonsten muss er im Einzelnen darlegen, dass die Voraussetzungen für eine separate Anfechtung des Zwischenentscheides gegeben sind (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_92/2007 vom 8. Juni 2007 E. 2 mit Hinweisen).
3.2 Die Beschwerdeführerin behauptet, die Ablehnung der Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege begründe einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil und verweist auf BGE 128 V 199 E. 2b S. 202. Der zitierte Bundesgerichtsentscheid behandelt indessen die Aufforderung zur Leistung eines Kostenvorschusses, verbunden mit der Ankündigung, im Unterlassungsfall werde auf das Rechtsmittel nicht eingetreten, womit das Verfahren ohne Sachurteil seinen Abschluss fände. Die Beschwerdeführerin riskiert demgegenüber nicht, dass zufolge Nichtbewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht auf ihre Eingabe eingetreten wird (vgl. Urteil 2D_1/2007 vom 2. April 2007 E. 3.3, wo das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils verneint wurde, nachdem der Gesuchsteller nach Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege den Kostenvorschuss bezahlt hatte, der Zugang zum Gericht mithin jedenfalls gewährt war). Der zitierte Bundesgerichtsentscheid ist mithin nicht einschlägig. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichts, gemäss welcher Zwischenentscheide, mit denen die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wird, in der Regel einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge haben (vgl. BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131; 126 I 207 E. 2a S. 210 mit Hinweisen), kann die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. Nach ihren eigenen Ausführungen wurde das Verfahren vor dem Arbeitsgericht mit ihrer Zustimmung durch rechtskräftigen Vergleich abgeschlossen. Das Risiko, dass der Beschwerdeführerin der Zugang zum Gericht aus finanziellen Gründen versperrt sein könnte oder dass sie allenfalls in der Wahrnehmung ihrer Rechte im Verfahren mangels Rechtsbeistands unwiederbringlich beeinträchtigt wäre, besteht somit nicht mehr. Unter diesen Umständen hätte die Beschwerdeführerin im Einzelnen darlegen müssen, zu welchem anderen nicht wieder gutzumachenden Nachteil die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege führen könnte. Mit dem blossen Verweis auf nicht einschlägige Präjudizien begründet die Beschwerdeführerin nicht hinreichend, inwiefern ihr ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht. Sie bezeichnet auch keine Gründe, die ausnahmsweise ein Absehen von der Voraussetzung des nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtfertigen könnten.
3.3 Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin überhaupt den Zwischenentscheid vor Bundesgericht anfechten kann, wenn sie den Endentscheid unangefochten in Rechtskraft erwachsen lässt. Selbst wenn man der Beschwerdeführerin nicht zumuten wollte, den erstinstanzlichen Endentscheid über den Vergleich anzufechten, wäre eine Auseinandersetzung damit unerlässlich, um aufzuzeigen, inwiefern sich der Zwischenentscheid darauf ausgewirkt hat und dass ein allfälliger Nachteil nicht bereits behoben wurde.
3.4 Damit erscheint die Beschwerde bezüglich der Anfechtbarkeit des Zwischenentscheides jedenfalls nicht hinreichend begründet, weshalb nicht darauf einzutreten ist.
4.
Darüber hinaus genügen die Vorbringen der Beschwerdeführerin den Begründungsanforderungen an eine Verfassungsbeschwerde nicht.
4.1 Die Lebenspartner bestimmen grundsätzlich selbst, wie sie ihr Zusammenleben regeln (vgl. BGE 108 II 204 E. 4 S. 208 f.). Wie diese Regelung konkret aussah, ist eine Frage der Würdigung der tatsächlichen Umstände, von welcher das Bundesgericht nur abweichen kann, wenn die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts zustande kam (Art. 118 Abs. 2 und Art. 116 BGG ), was die Beschwerdeführerin präzise geltend zu machen hätte (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 3.2 S. 445 mit Hinweis).
Die Vorinstanz hat festgehalten, die Beschwerdeführerin müsse dank der Unterstützung ihres Lebenspartners keinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen, so dass ihr genügend Geld verbleibe, um die Prozesskosten selbst zu bestreiten. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, genügt nicht, um den Vorwurf willkürlicher Beweiswürdigung zu begründen. So reicht der blosse Verweis auf das Schreiben des Lebenspartners nicht, um die Beweiswürdigung der Vorinstanz als willkürlich und damit gegen Art. 9 BV verstossend auszuweisen, zumal dem Lebenspartner durchaus daran gelegen sein kann, dass der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt wird. Die Ausführungen, wonach den Lebenspartner keine eheliche Unterstützungspflicht treffe, gehen an der Sache vorbei, da vom Lebenspartner nicht verlangt wird, die Prozesskosten zu übernehmen. Mangels hinreichender Begründung wäre insoweit nicht auf die Beschwerde einzutreten.
4.2 Auch die Rüge betreffend fehlender gesetzlicher Grundlage für eine Einschränkung der Grundrechte der Beschwerdeführerin geht an der Sache vorbei, obliegt es doch grundsätzlich dem Gesuchsteller, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzustellen und soweit möglich zu belegen. Verweigert er die zur Beurteilung seiner aktuellen Gesamtsituation erforderlichen Angaben oder Belege, so kann die Bedürftigkeit ohne Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV verneint werden (vgl. BGE 120 Ia 179 E. 3a S. 181 f. mit Hinweisen). Von einer Einschränkung der Grundrechte der Beschwerdeführerin kann daher keine Rede sein, weshalb auf ihre daran anknüpfenden Ausführungen ebenfalls nicht einzutreten ist.
4.3 Nicht nachvollziehbar ist die Meinung der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz hätte eine Nachfrist ansetzen müssen, damit die Beschwerdeführerin zusätzliche Dokumente hätte beibringen können. Die Beschwerdeführerin geht auf die Erwägung, sie habe bereits aus dem erstinstanzlichen Urteil entnehmen können, dass die entsprechenden Dokumente notwendig seien, nicht ein und setzt sich auch mit den Ausführungen der Vorinstanz zur Heilung einer möglichen Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die erste Instanz nicht hinreichend auseinander, sondern beschränkt sich darauf, ihre eigene Auffassung und rechtliche Würdigung der Geschehnisse darzulegen. Damit genügt sie den Begründungsanforderungen nicht (BGE 134 V 138 E. 2.1 S. 143; 133 III 439 E. 3.2 S. 444 mit Hinweis). Dass sich die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Verfahren vor dem Arbeitsgericht und im Rechtsmittelverfahren unterscheiden, ist nicht von Belang, da die Vorinstanz die unentgeltliche Prozessführung für das Rechtsmittelverfahren auch mit der Aussichtslosigkeit begründet hat, so dass der Frage der Bedürftigkeit insoweit keine Bedeutung zukommt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass mit dem Rechtsmittel gerade die Gehörsverletzung gerügt wurde, denn diesbezüglich fällt ins Gewicht, dass die Beschwerdeführerin mit dem Rechtsmittel vor der Vorinstanz die gemäss dem erstinstanzlichen Urteil notwendigen Belege nicht nachgereicht hat. Eine vernünftige Person, welche das Prozessrisiko selbst tragen müsste, würde kein Rechtsmittel ergreifen, ohne die entsprechenden Beweismittel einzureichen, so dass die Vorinstanz mit Recht von Aussichtslosigkeit ausgehen konnte.
4.4 Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die aufgelaufenen Anwaltskosten beruft, legt sie nicht dar, dass sie bereits vor der Vorinstanz Entsprechendes vorgebracht hat, beziehungsweise dass die Kosten schon in dieser Höhe aufgelaufen waren, als die Vorinstanz ihren Entscheid fällte. Dies wäre aber notwendig, damit der Umstand bei Beurteilung der Beschwerde überhaupt in Betracht gezogen werden könnte (Art. 118 BGG), abgesehen davon, dass die in der Beschwerde angegebenen Fr. 5'000.-- mit Blick auf den Streitwert als exorbitant erscheinen.
5.
Nach dem Gesagten wäre mangels hinreichender Begründung auf die Beschwerde selbst dann nicht einzutreten, wenn die Beschwerdeführerin rechtsgenüglich dargelegt hätte, dass die Voraussetzung für die Anfechtung des Zwischenentscheides gegeben wären. Wegen der offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Beschwerde fällt die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung für das bundesgerichtliche Verfahren ausser Betracht. Angesichts der arbeitsrechtlichen Natur der Streitigkeit, wird die Beschwerdeführerin nur reduziert kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
2.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. November 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Corboz Luczak