BGer 5A_121/2008 |
BGer 5A_121/2008 vom 08.12.2008 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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5A_121/2008/bnm
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Urteil vom 8. Dezember 2008
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II. zivilrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Raselli, Präsident,
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Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
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Gerichtsschreiber Möckli.
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Parteien
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X.________ (Ehefrau),
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Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger,
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gegen
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Z.________ (Ehemann),
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Beschwerdegegner,
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vertreten durch Rechtsanwalt Martin Schwegler,
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Gegenstand
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Eheschutz,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer als Rekursinstanz nach ZPO, vom 11. Februar 2008.
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Sachverhalt:
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A.
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Auf Eheschutzgesuch hin verpflichtete der Amtsgerichtspräsident II von A.________ den Ehemann mit Entscheid vom 12. Dezember 2007 zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von Fr. 1'530.-- an die Ehefrau. Er ging dabei von einer 75%-igen Erwerbstätigkeit und -möglichkeit des Ehemannes aus.
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B.
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In Abweisung des dagegen erhobenen Rekurses bestätigte das Obergericht des Kantons Luzern diesen Entscheid am 11. Februar 2008, nachdem es beim Ehemann ein aktuelles Arztzeugnis ediert hatte.
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C.
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Gegen den Entscheid des Obergerichts hat die Ehefrau am 25. Februar 2008 Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Verpflichtung des Ehemannes zu Unterhaltszahlungen ab 1. April 2007 von Fr. 3'354.--, eventualiter von Fr. 2'165.-- pro Monat. Das Obergericht und der Ehemann verlangen in ihren Vernehmlassungen vom 17. März 2008 bzw. 21. April 2008 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
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Erwägungen:
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1.
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Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in Zivilsachen mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert; die Beschwerde ist somit zulässig (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG; BGE 133 III 393 E. 4 S. 395 f.). Eheschutzentscheide betreffen vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG, weshalb nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann (BGE 133 III 393 E. 5 S. 396 f.) und das Rügeprinzip zur Anwendung gelangt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).
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2.
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Die Ehefrau rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung infolge willkürlicher Anwendung kantonaler Prozessnormen. Sie habe vor Obergericht geltend gemacht, die reduzierte Arbeitsfähigkeit des Ehemannes sei nicht bewiesen, habe doch für die relevante Zeit ab 1. April 2007 kein aktuelles Arztzeugnis vorgelegen. In der Folge habe das Obergericht am 24. Januar 2008 - trotz ihrer sofortigen Opposition gegen dieses Vorgehen - beim Ehemann ein aktuelles Arztzeugnis mit Angabe des Grades der Arbeitsunfähigkeit verlangt und gestützt auf die edierten Unterlagen, insbesondere den Bericht des Hausarztes und weitere eingereichte Facharztberichte die reduzierte Arbeitsfähigkeit als erwiesen angesehen. Das Arztzeugnis S.________ vom 30. Januar 2008 habe das Obergericht zu den Akten genommen mit der Erwägung, der entsprechende Editionsantrag sei in der Vernehmlassung vom 16. Januar 2008 rechtzeitig gestellt worden und die Urkunde habe sich in diesem Zeitpunkt noch nicht in den Händen des Ehemannes befunden. Indes habe die Vernehmlassung offensichtlich keinen Editionsantrag enthalten. Sodann würden sich Editionsbegehren an Dritte richten und insbesondere könnten sie gemäss § 60 Abs. 1 und § 141 ZPO/LU nur gestützt auf einen entsprechenden Parteiantrag erfolgen. Des weiteren gelte die Verhandlungsmaxime nach § 60 ZPO/LU, da keine Kinderalimente zur Diskussion stünden. Im Übrigen seien neue Tatsachen und Beweismittel nach § 262 ZPO/LU bereits in der Rekursschrift vorzubringen und hätten die Parteien die Beweismittel für beweisbedürftige Tatsachen gemäss § 144 Abs. 1 ZPO/LU genau zu bezeichnen. Schliesslich verstosse das Obergericht auch gegen § 234 ZPO/LU, wonach die Edition im Summarverfahren nicht vorgesehen sei.
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Was das letzte Vorbringen anbelangt, handelt es sich bei der Edition nicht um eine Art des Beweismittels, sondern um eine solche der Beweismittelbeschaffung, und zwar des Beweismittels der Urkunde, die ihrerseits in § 234 ZPO/LU gerade als Haupttypus erwähnt ist (Summarverfahren als typischer Urkundenprozess). In dieser Hinsicht kann von vornherein keine Willkür gegeben sein. Ferner kann sich ein Editionsbegehren ebenso an eine Verfahrenspartei richten (§ 152 ZPO/LU) wie an Dritte (§ 153 ZPO/LU), so dass auch diese Rüge fehl geht.
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Was die Prozessmaximen anbelangt, so kommt im Kanton Luzern für den Ehegattenunterhalt grundsätzlich die Verhandlungsmaxime zur Anwendung (§ 60 Abs. 1 ZPO/LU; LGVE 2002 I Nr. 14). Im Übrigen kennt die ZPO/LU keine eigentliche Richterpflicht, welche dem Richter weitreichende von Amtes wegen angeordnete Beweisvorkehrungen erlauben würde, wie dies etwa im Kanton Bern der Fall ist (vgl. Art. 89 ZPO/BE). Immerhin gibt § 174 ZPO/LU dem Richter das Recht, bei Behörden oder ausnahmsweise bei Privaten schriftliche Auskünfte einzuholen; insofern hätte nur das Arztgeheimnis das Obergericht an der direkten Einholung eines Arztberichtes hindern können. Vor diesem Hintergrund scheint es nicht als geradezu willkürlich, wenn das Obergericht den betreffenden Arztbericht beim Ehemann eingefordert hat; gerade im Unterhaltsprozess muss der Sachrichter, wie es denn im Kanton Luzern offenbar auch Praxis ist (vgl. LGVE 2002 I Nr. 14), bei der Handhabung der Verhandlungsmaxime eine gewisse Grosszügigkeit walten lassen dürfen. Im vorliegenden Fall hat das Obergericht im Übrigen nicht von sich aus nach unbehaupteten Sachverhaltselementen geforscht, sondern das vom Ehemann in der Rekursantwort angebotene Beweismittel eingefordert. Allerdings hätte jener das Beweismittel bereits mit seiner Rechtsschrift einreichen können - und nach § 262 ZPO/LU an sich auch müssen, wie die Ehefrau zu Recht vorbringt -, weil die Arztkonsultation auch früher hätte stattfinden können und sich insofern die Argumentation, das Arztzeugnis habe sich bei Einreichen der Rechtsschrift noch nicht in den Händen des Ehemannes befunden, nicht halten lässt.
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Wie es sich damit im Einzelnen verhält, muss letztlich nicht in abschliessender Weise geklärt werden, weil sich die Aufhebung eines Entscheides ohnehin erst dann rechtfertigen würde, wenn er auch im Ergebnis willkürlich wäre (BGE 129 I 49 E. 4 S. 58; 132 III 209 E. 2.1 S. 211). Die Ehefrau müsste deshalb im Rahmen ihrer Substanziierungspflicht dartun, dass die edierten Unterlagen ausschlaggebend waren, dass der Entscheidung materiell so und nicht anders getroffen wurde, dass er mit anderen Worten ohne die betreffenden Unterlagen anders ausgefallen wäre. Entsprechende Ausführungen lassen sich der Beschwerde nicht entnehmen, und es liegt im Übrigen auch nicht auf der Hand, dass das Obergericht ohne die fraglichen Urkunden anders entschieden hätte, ging es doch nicht um ein neues Vorbringen, sondern hatte bereits die erste Instanz die reduzierte Arbeitsfähigkeit gestützt auf verschiedene Unterlagen anerkannt.
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3.
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Für den Fall des Nichtdurchdringens mit den prozessualen Rügen macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots und des Willkürverbots geltend. Das System der einseitigen Mankoüberbindung sei, wie in BGE 133 III 57 nicht publ. E. 4 angekündigt, zu überdenken und in Änderung der bisherigen Rechtsprechung durch das System der Mankoteilung zu ersetzen. Es sei demnach das vorhandene Manko zwischen den Ehegatten aufzuteilen und entsprechend in das Existenzminimum des Unterhaltsschuldners einzugreifen.
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Reichen die gemeinsamen Einkommen zur Finanzierung der Bedürfnisse der Ehegatten und der allenfalls vorhandenen Kinder nicht aus, stellt sich die Frage, wer das sich aus der Differenz der verfügbaren Mittel und des Gesamtbedarfes ergebende Manko zu tragen hat. Gemäss der mit den BGE 121 I 97, 121 III 301 und 123 III 1 begründeten und in den BGE 126 III 353 E. 1a/aa S. 356 und 127 III 68 E. 2c S. 70 bestätigten bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt für alle Unterhaltskategorien (ehelicher Unterhalt, nachehelicher Unterhalt, Kindesunterhalt) der Grundsatz, dass dem Unterhaltsverpflichteten das volle Existenzminimum zu belassen und folglich das ungeteilte Manko von den Alimentengläubigern zu tragen ist.
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In BGE 133 III 57 nicht publ. E. 4 hat das Bundesgericht angekündigt, dass diese Rechtsprechung einer erneuten Überprüfung bedürfe. An ihrer Sitzung vom 23. Oktober 2008 hat die II. zivilrechtliche Abteilung die Frage der Behandlung des Mankos einer eingehenden Neuüberprüfung unterzogen und ist zum Schluss gelangt, dass am bisherigen System der einseitigen Mankoüberbindung festzuhalten ist (Urteil 5A_767/2007). Es hat die sich beim System der Mankoteilung ergebenden Probleme im Zusammenspiel mit den Fürsorgebehörden und der Zwangsvollstreckung höher gewichtet bzw. erwogen, angesichts der Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung der Mankoteilung seien die für eine Änderung der Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen (dazu BGE 127 II 289 E. 3a S. 292; 132 III 770 E. 4 S. 777) nicht gegeben, zumal das bisherige System bei den beteiligten Akteuren vertraut und in der Praxis eingespielt sei. Für die Einzelheiten der Begründung kann auf die Ausführungen in E. 2-10 des zur Publikation bestimmten Urteils 5A_767/2007 vom 23. Oktober 2008 verwiesen werden.
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Ausgehend vom System der einseitigen Mankoüberbindung und den willkürfreien Sachverhaltsfeststellungen des Obergerichts, wonach auf der Seite des Ehemannes das Einkommen Fr. 4'152.45 (Nettoeinkommen aus 75%-iger Tätigkeit inkl. Anteil 13. Monatslohn und Spesenanteil) und der Notbedarf Fr. 2'617.80 beträgt, ist der angefochtene Entscheid bundesrechtskonform, was die Beschwerdeführerin denn auch nicht in Frage stellt.
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4.
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Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer als Rekursinstanz nach ZPO, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 8. Dezember 2008
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Raselli Möckli
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