BGer 8C_299/2008
 
BGer 8C_299/2008 vom 07.01.2009
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
8C_299/2008
Urteil vom 7. Januar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Holzer.
Parteien
S.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Alex Beeler, Frankenstrasse 3, 6003 Luzern,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 12. März 2008.
Sachverhalt:
A.
Der 1950 geborene S.________ war als Mitarbeiter der T.________ AG bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er sich am 5. Mai 1997 beim Abladen eines Fasses eine Ruptur der Supraspinatussehne zuzog. Die SUVA anerkannte ihre Leistungspflicht für die Folgen dieses Ereignisses.
S.________ war weiterhin bei der SUVA gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er sich am 24. Mai 2002 bei einem Misstritt eine laterale Meniskusläsion am rechten Knie zuzog. Die SUVA anerkannte ihre Leistungspflicht auch für die Folgen dieses Ereignisses. Nach medizinischen Behandlungsmassnahmen und Abklärungen sprach die Versicherung S.________ mit Verfügung vom 11. April 2006 ab 1. April 2006 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 23 % sowie - für die Schädigung im rechten Knie - eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von 10 % zu. Die vom Versicherten hiegegen erhobene Einsprache hiess die SUVA mit Entscheid vom 31. Oktober 2006 in dem Sinne teilweise gut, als dass sie ihm auch für eine Integritätseinbusse in der Schulter eine Integritätsentschädigung von 10 % zusprach.
B.
Die von S.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 12. März 2008 ab.
C.
Mit Beschwerde beantragt S.________, ihm sei unter Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides eine Rente bei einem Invaliditätsgrad von 100 % - eventuell bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 59 % - sowie eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von mindestens 35 % auszurichten.
Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2.
Im kantonalen Entscheid werden die nach der Rechtsprechung für den Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG [SR 832.20]) geltenden Voraussetzungen des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem versicherten Unfall und dem Gesundheitsschaden (vgl. BGE 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S. 181) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
Streitig und zu prüfen ist zunächst, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine höhere als eine 23%ige Invalidenrente der Unfallversicherung hat. Dabei liegt zu Recht ausser Streit, dass von einer Fortsetzung der medizinischen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr erwartet werden kann.
3.1 Vorinstanz und Verwaltung gingen davon aus, dass das Schulterleiden des Versicherten durch das Ereignis vom 5. Mai 1997, das Knieleiden durch den Misstritt vom 24. Mai 2002 verursacht wurden. Nicht kausal durch ein versichertes Ereignis verursacht sei demgegenüber das Rückenleiden. Aufgrund der unfallkausalen Leiden sei dem Beschwerdeführer seine angestammte Tätigkeit nicht mehr zumutbar, es wäre ihm jedoch möglich, in einer angepassten Tätigkeit vollzeitlich und ohne Leistungseinbusse erwerbstätig zu sein. Der Beschwerdeführer seinerseits macht geltend, auch das Rückenleiden sei unfallkausal. Da dieses aber in Bezug auf seine Erwerbsfähigkeit nur von ganz untergeordneter Bedeutung sei, sei in jedem Fall bezüglich seiner Erwerbsfähigkeit von der Einschätzung der MEDAS-Gutachter auszugehen, wonach ihm auch in einer angepassten Tätigkeit lediglich eine Anwesenheit von sechs Stunden pro Tag am Arbeitsplatz zuzumuten wäre und er dabei aufgrund notwendiger zusätzlicher Pausen eine Leistungseinbusse von 20 % hinnehmen müsste.
3.2 Ob das vom Beschwerdeführer erst letztinstanzlich eingereichte Gutachten der MEDAS vom 28. November 2007 mit Blick auf Art. 99 Abs. 1 BGG ein zulässiges Beweismittel darstellt, kann vorliegend offenbleiben: Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Gutachten nicht, dass er bereits wegen seines Knie- und seines Schulterleidens in einer angepassten Tätigkeit zeitlich eingeschränkt wäre. Vielmehr führen die Gutachter aus, dass die zeitliche Einschränkung sowie die zusätzliche Notwendigkeit zur Einhaltung von Pausen durch ein Zervikobrachialsyndrom mit/bei Haltungsstörung mit Myogelosen im Trapeziusrandbereich, Osteochondrose C3 - C7, flacher medialer Diskushernie C6/7 ohne Neurokompression, Diskushernie C3/4, Unkovertebralarthrosen mit Einengung der Foramen C5/6 und C4/5 sowie Ischialgie links bei linkskonvexer Lumbalskoliose mit Segmentdegeneration L4/5 und L5/S1 begründet sind.
3.3 Bezüglich der Unfallkausalität dieser Rückenbeschwerden ist zunächst festzuhalten, dass kein Arzt eine solche für das Leiden im Bereich der Halswirbelsäule bejaht hat. Eine solche erscheint somit nicht als überwiegend wahrscheinlich.
3.4 Kontrovers wird demgenüber die Kausalität der Ischialgie links beurteilt. Aus neurologischer Sicht erachtete es Dr. med. W.________ in seinem Bericht vom 19. November 2004 als denkbar, dass diese auf die chronische Fehlbelastung und mithin letztlich auf die Unfälle zurückzuführen ist. Demgegenüber hält der SUVA-Arzt Dr. med. P.________ (FMH für Chirurgie) in seinem Aktenbericht vom 19. Oktober 2006 eine Unfallkausalität lediglich für möglich, nicht jedoch für überwiegend wahrscheinlich. Die beiden Stellungnahmen sind jedoch nicht ausführlich genug begründet, damit sie Grundlage eines abschliessenden Urteils über die Kausalitätsfrage bilden könnten. Demnach erweist sich der Sachverhalt als zu wenig abgeklärt, um über die Höhe des Invaliditätsgrades zu entscheiden. Die Beschwerde ist folglich gutzuheissen, und die Sache ist zu weiteren Abklärungen (Klärung der Kausalität der Ischialgie und deren allfälligen Einbezug in das der Invaliditätsbemessung zugrunde liegende Zumutbarkeitsprofil) und zu anschliessendem neuen Entscheid über die Rentenfrage an die SUVA zurückzuweisen.
4.
Streitig und zu prüfen ist sodann, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine höhere als auf eine 20%ige Integritätsentschädigung hat.
4.1 Erleidet der Versicherte durch den Unfall eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität, so hat er gemäss Art. 24 Abs. 1 UVG Anspruch auf eine angemessene Integritätsentschädigung. Fallen mehrere körperliche, geistige oder psychische Integritätsschäden aus einem oder mehreren Unfällen zusammen, so wird nach Art. 36 Abs. 3 UVV die Integritätsentschädigung nach der gesamten Beeinträchtigung festgesetzt.
4.2 Gestützt auf die Einschätzung des SUVA-Kreisarztes Dr. med. B.________ vom 12. November 2004, wonach im Knie des Beschwerdeführers eine mässige Arthrose vorhanden ist, gingen Vorinstanz und Verwaltung von einer 10%igen Integritätseinbusse im Knie aus. Auch wenn Dr. med. I.________ am 29. August 2007 nunmehr einen minimalen Erguss im Knie feststellen konnte, so lässt dies die Einschätzung des SUVA-Kreisarztes in keiner Weise als unzutreffend erscheinen.
4.3 Während Dr. med. B.________ in seiner Einschätzung vom 12. November 2004 das Vorliegen eines entschädigungspflichtigen Integritätsschaden in der Schulter noch verneinte, da bloss eine leichte Periarthrosis humeroscapularis (PHS) vorliege, ging der SUVA-Arzt Dr. med. P.________ in seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2006 von einer nunmehr mässigen PHS aus und schätzte den Schaden auf 10 %. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Schaden in der Schulter habe sich weiter vergrössert. Wie es sich damit genau verhält, lässt sich aufgrund der Akten nicht schlüssig beurteilen. Tatsächlich ging bereits Dr. med. P.________ in seinem Aktenbericht vom 19. Oktober 2006 von einer zunehmender funktionellen Einschränkung in der Schulter aus. Sein Hinweis, wonach das Rückfallmelderecht des Versicherten auch nach Zusprechung der Integritätsentschädigung gewahrt bleibe, lässt daran zweifeln, ob sich der Arzt bewusst war, dass gemäss Art. 36 Abs. 4 UVV (SR 832.202) voraussehbare Verschlimmerungen des Integritätsschadens angemessen zu berücksichtigen und dass Revisionen der Integritätsentschädigung nur im Ausnahmefall möglich sind. Die SUVA wird daher nach weiteren medizinischen Abklärungen die Höhe der Integritätsentschädigung unter Berücksichtigung allfälliger voraussehbarer zukünftiger Verschlimmerungen neu festzusetzen haben.
5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE 133 V 642 E. 5). Diese hat dem Beschwerdeführer überdies eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 12. März 2008 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt vom 31. Oktober 2006 aufgehoben werden und die Sache an die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Anspruch des Beschwerdeführers auf Invalidenrente und Integritätsentschädigung neu verfüge.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 7. Januar 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Holzer