Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_490/2008
Urteil vom 16. Januar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
Parteien
F.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Largier, Sonneggstrasse 55, 8006 Zürich,
gegen
AXA Versicherungen AG, General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 13. Februar 2008.
Sachverhalt:
A.
Der 1972 geborene F.________ arbeitete als EDV-Techniker bei der Firma E.________ AG und war in dieser Eigenschaft bei der Winterthur, Schweizerische Versicherungsgesellschaft (nunmehr AXA Versicherungen AG; nachfolgend: AXA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 2. August 2005 meldete der Versicherte der AXA telefonisch, er habe wegen schädlichen Stoffen am Arbeitsplatz schon seit längerem Lungenprobleme. Dr. med. A.________, Facharzt für allgemeine Medizin FMH, berichtete am 22. September 2005, im Dezember 2003, in den Monaten Januar, Februar und März 2004 sowie in den Wintermonaten 2005 und wiederum im August 2005 sei es zu Infektionen der Rachenwege und Bronchien gekommen. Die AXA holte die medizinischen Akten - unter anderem Berichte der Dr. med. L.________, Fachärztin für Lungenkrankheiten und Innere Medizin FMH, vom 30. August 2005, der Abteilung für Arbeits- und Umweltmedizin des Institutes für Sozial- und Präventivmedizin der Universität X.________ vom 10. Oktober 2005 sowie der Klinik B.________ über einen stationären Aufenthalt vom 24. bis 28. April 2006 - ein, und liess einen Bericht über einen Besuch am Arbeitsplatz inklusive einer medizinischen Beurteilung durch Dr. med. R.________, Facharzt FMH für Innere Medizin und Arbeitsmedizin der Abteilung Arbeitsmedizin der SUVA erstellen (Berichte vom 25. August und 22. September 2006). Mit Verfügung vom 1. Dezember 2006 teilte die AXA dem Versicherten mit, gestützt auf die ärztliche Beurteilung des Dr. med. R.________ liege keine Berufskrankheit vor, weshalb für die geltend gemachten Lungenbeschwerden keine Leistungen erbracht würden. Daran hielt die Versicherung auch auf Einsprache hin fest (Entscheid vom 10. April 2007).
B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen geführte Beschwerde, mit welcher eine weitere ärztliche Beurteilung der Dr. med. L.________ vom 14. Mai 2007 eingereicht worden war, mit Entscheid vom 13. Februar 2008 ab.
C.
F.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihm auf Grund seiner Berufskrankheit die gesetzlichen Leistungen zu erbringen. Eventualiter sei die Sache an die AXA zurückzuweisen, damit sie nach weiteren Sachverhaltsabklärungen neu über seinen Anspruch entscheide.
Die AXA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG ).
2.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die darauf beruhende Rechtsprechung zur Definition von Berufskrankheiten, die durch bestimmte schädigende Stoffe verursacht wurden (Art. 9 Abs. 1 UVG inklusive Anhang 1 zur UVV) und solche, die ausschliesslich oder stark überwiegend auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sind (Art. 9 Abs. 2 UVG) sowie zu den Leistungsvoraussetzungen der natürlichen Kausalität und zu dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit richtig wiedergegeben. Es wird darauf verwiesen.
3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die AXA mit ihrer Verfügung vom 1. Dezember 2006 und dem Einspracheentscheid vom 10. April 2007 zutreffend ihre Leistungspflicht abgelehnt hat, weil das Beschwerdebild weder sicher noch wahrscheinlich auf eine Berufskrankheit zurückzuführen sei.
3.1 Das kantonale Gericht hat die medizinische Aktenlage dargestellt und geprüft. Es hat dabei erwogen, es sei auf die Ausführungen des Spezialisten auf dem Gebiete der Arbeitsmedizin, Dr. med. R.________, abzustellen. Demnach sei eine ausschliessliche oder vorwiegende beziehungsweise stark überwiegende Verursachung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch einen Listenstoff respektive durch die berufliche Tätigkeit bei der Firma E.________ AG höchstens möglich, nicht aber überwiegend wahrscheinlich.
3.2 Der Beschwerdeführer macht hingegen zusammenfassend geltend, der Bericht des Dr. med. R.________ vom 22. September 2006 sei nicht umfassend. Der Bericht der Frau Dr. med. L.________ vom 14. Mai 2007 sei dem Arbeitsmediziner nicht zur Stellungnahme vorgelegt worden, weshalb der Sachverhalt noch ungenügend abgeklärt sei. In der kurzen vorinstanzlichen Würdigung des Berichts vom 14. Mai 2007 würden unzulässige Verkürzungen vorgenommen.
4.
4.1 Dr. med. R.________ zieht im Bericht vom 22. September 2006 über seine Aktenbegutachtung das Fazit, eine berufsbedingte chronische Bronchitis und/oder ein berufsbedingtes Asthma bronchiale sei beim Beschwerdeführer höchstens möglich, nicht jedoch überwiegend wahrscheinlich. Die Lungenspezialistin Dr. med. L.________ fand im Frühjahr 2007 eine toxische Bronchitis mit entsprechenden bronchialen Beschwerden. Als einzige der verschiedenen untersuchenden und begutachtenden Ärzte hat Dr. med. L.________ nicht nur eine Lungenfunktionsprüfung durchgeführt und Röntgenbilder angefertigt, sondern eine Bronchoskopie und eine bronchoalveoläre Lavage vorgenommen. In der bronchoalveolären Lavage fand sie eine Vermehrung der neutrophilen Granulozyten mit 20 - 40%, wobei die Norm unter 3 % liege. Zytologisch habe sich ein makrophagenreiches Bronchialsekret mit granulozytärer entzündlicher Komponente gezeigt. Das in den Makrophagen nachgewiesene Pigment sei von den Zytologen als anthrakotisches pigmentähnliches Material respektive mit diesem identisch beurteilt und als schwarzes körniges Pigment in den massenhaft vorhandenen Alveolarmakrophagen beschrieben worden. Die Biopsien aus der Bronchialschleimhaut im linken Oberlappen hätten eine ödematöse, gering chronisch unspezifisch entzündlich veränderte Bronchialwand mit Verdickung der Basalmembran des Epithels ergeben. An objektiven Befunde habe der Beschwerdeführer am 30. August 2005 eine deutliche bronchiale Hyperreagibilität gezeigt, welche sich erst im Verlauf bis April 2006, unter konsequenter Behandlung mit topischen Steroiden, zurückgebildet habe und nicht mehr nachgewiesen werden konnte. In der Bronchoskopie hätten am 4. April 2007 eindeutige Veränderungen der Schleimhaut des Larynx, der Trachea und der Bronchialschleimhaut dokumentiert werden können. Es handle sich dabei um Veränderungen, wie sie bei einer schweren akuten Bronchitis oder toxischen Reaktionen gesehen würden, und nicht um chronisch bronchitische Veränderungen. Hinzu kämen die zytologisch nachgewiesenen massenhaften Alveolarmakrophagen, welche schwarzes körniges Pigment eingeschlossen haben. Ihres Erachtens sei die beträchtliche Exposition von Tonerstäuben, diversen Sprays und Lösungsmittel am Arbeitsplatz mit grosser Wahrscheinlichkeit für die bronchialen Beschwerden zuständig.
4.2 Damit liegen sich widersprechende Arztberichte vor, zu deren Klärung es eines weiteren Gutachtens bedarf. Entgegen dem kantonalen Gericht hat Dr. med. L.________ ihren Bericht und ihre Schlussfolgerungen nicht primär mit der Formel "post hoc ergo propter hoc" oder damit begründet, dass der Beschwerdeführer nie geraucht und keine Erkrankung der Bronchien gehabt habe. Vielmehr hat diese Ärztin Untersuchungen durchgeführt, welche weder in der Klinik B.________ noch von Dr. med. R.________ vorgenommen worden waren. Der Umstand, dass zytologisch massenhaft Alveolarmakrophagen mit eingeschlossenem schwarzem körnigen Pigment nachgewiesen worden ist, wird im angefochtenen Entscheid weder erwähnt noch gewürdigt. Dieser objektive Befund muss indessen umfassend fachärztlich untersucht werden, weshalb die Sache an die AXA zurückgewiesen wird, damit sie den Sachverhalt entsprechend ergänze und erneut darüber entscheide, ob der Beschwerdeführer an einer Berufskrankheit leide. Daneben wird sie die Akten allenfalls auch an die SUVA zu überweisen haben, damit diese darüber entscheidet, ob F.________ weiterhin geeignet ist, seine bisherige berufliche Tätigkeit auszuüben (Art. 84 Abs. 2 UVG).
5.
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 68 Abs. 1 BGG) zu tragen und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 13. Februar 2008 und der Einspracheentscheid der AXA Versicherungen AG vom 10. April 2007 werden aufgehoben. Die Sache wird an die AXA Versicherungen AG zurückgewiesen, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Leistungsanspruch neu verfüge. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 16. Januar 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Ursprung Schüpfer