Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 1/2}
2C_122/2008, 2C_123/2008, 2C_124/2008, 2C_125/2008, 2C_126/2008, 2C_127/2008, 2C_128/2008, 2C_129/2008, 2C_130/2008, 2C_131/2008, 2C_132/2008
Urteil vom 23. Januar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Merz.
Parteien
UNIA,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Clivia Wullimann,
gegen
2C_122/2008
Mac Baby,
2C_123/2008
LIPO Einrichtungsmärkte AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Arthur Haefliger,
2C_124/2008
Aldi Suisse AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Ulrich Keusen und Stefanie Pfänder,
2C_125/2008
Karl Vögele AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Probst,
2C_126/2008
Otto's AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Rebsamen,
2C_127/2008
Bally Schuhfabriken AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Kissling,
2C_128/2008
Sport Factory Outlet AG,
2C_129/2008
Fashion Fish, Tomaro AG Premium Factory Outlet,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Kissling,
2C_130/2008
Migros Aare,
vertreten durch Rechtsanwalt Theo Strausak,
2C_131/2008
Vögele Shoes,
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Probst,
2C_132/2008
Otto's AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Rebsamen,
Beschwerdegegnerinnen,
Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn,
Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn.
Gegenstand
Art. 19 Abs. 3 ArG (Bewilligung von Sonntagsarbeit),
Beschwerden gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 20. Dezember 2007.
Sachverhalt:
A.
Das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn erteilte am 20. November 2007 den im Rubrum genannten Beschwerdegegnern die Bewilligung, an den Adventssonntagen des 16. und/oder 23. Dezember 2007 in Egerkingen, Grenchen, Schönenwerd und Zuchwil Personal zu beschäftigen. Die Rechtsmittel, welche die Gewerkschaft UNIA gegen die Bewilligung der Sonntagsarbeit bei den kantonalen Instanzen erhob, blieben ohne Erfolg.
B.
Die Gewerkschaft UNIA beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 1. Februar 2008, die in dieser Sache zuletzt ergangenen Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Bewilligung vorübergehender Sonntagsarbeit am 16. und 23. Dezember 2007 widerrechtlich war.
C.
Aldi Suisse AG, Karl Vögele AG, Otto's AG, Migros Aare und Vögele-Shoes beantragen, es sei auf die gegen sie gerichtete Beschwerde nicht einzutreten. Die LIPO Einrichtungsmärkte AG, Bally Schuhfabriken AG und Fashion Fish, Tomaro AG Factory Outlet ersuchen um Abweisung des sie betreffenden Rechtsmittels, soweit darauf einzutreten sei. Denselben Antrag stellen das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn und das Verwaltungsgericht hinsichtlich aller erhobenen Beschwerden. Das ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladene Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement hat auf eine Stellungnahme zu den Beschwerden verzichtet, weil wegen einer Rechtsänderung kein Interesse mehr an der Klärung der aufgeworfenen Fragen bestehe. Die Mac Baby sowie die Sport Factory Outlet AG haben sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen:
1.
Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Rechtsmittel sind weitgehend identisch. Es rechtfertigt sich daher, die Verfahren zu vereinigen (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP).
2.
2.1 Alle elf angefochtenen Entscheide schützen Bewilligungen vorübergehender Sonntagsarbeit im Advent 2007, um Weihnachtsverkäufe durchführen zu können. Die kantonalen Behörden bejahen das nach Art. 19 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG; SR 822.11) dafür erforderliche dringende Bedürfnis. Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, ein solches Bedürfnis sei angesichts der strengen Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Unrecht bejaht worden.
2.2 Die Eidgenössischen Räte haben am 21. Dezember 2007 eine Gesetzesrevision verabschiedet, welche Art. 19 ArG um einen zusätzlichen Abs. 6 ergänzt. Diese Bestimmung ist am 1. Juli 2008 in Kraft getreten (AS 2008 2903 f.). Danach können die Kantone höchstens vier Sonntage pro Jahr bezeichnen, an denen Arbeitnehmer in Verkaufsgeschäften ohne Bewilligung beschäftigt werden dürfen. Diese Norm soll es den Kantonen ermöglichen, insbesondere Weihnachtsverkäufe ohne Bedürfnisnachweis zuzulassen. Nach Auffassung des Gesetzgebers liessen das frühere Recht und die restriktive Praxis des Bundesgerichts nicht genügend Raum für die erwünschte grosszügige Bewilligung von Sonntagsarbeit in der Adventszeit (vgl. den Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats zur parlamentarischen Initiative "Limitierte Anzahl Sonntagsverkäufe ohne Restriktionen" vom 24. April 2007, BBl 2007 4262 ff.).
3.
Das Beschwerderecht setzt nach Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG voraus, dass ein schutzwürdiges Interesse gegeben ist, das im Zeitpunkt des Entscheides des Bundesgerichts noch andauert (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2A.514/2006 vom 23. Januar 2007, E. 2). Die fraglichen Weihnachtsverkäufe vom 16. und 23. Dezember 2007 haben längst stattgefunden, so dass an der Beurteilung von deren Zulässigkeit kein aktuelles Interesse mehr besteht. Die Rechtsprechung sieht jedoch vom Erfordernis des aktuellen Interesses ab, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig eine höchstrichterliche Prüfung möglich wäre (BGE 131 II 670 E. 1.2 S. 674 mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin beruft sich auf diese Praxis, übersieht indessen, dass die erwähnte - im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung von den Eidgenössischen Räten bereits beschlossene Gesetzesrevision - die Rechtslage wesentlich verändert hat. So können die Kantone nach Art. 19 Abs. 6 ArG nunmehr Adventssonntage bezeichnen, an denen Arbeitnehmer in Verkaufsgeschäften ohne Bewilligung beschäftigt werden dürfen. Wie bereits dargelegt wollte der Gesetzgeber mit dieser neuen Regelung gerade Weihnachtsverkäufe an Adventssonntagen in weiterem Mass als bisher ermöglichen. Es trifft deshalb nicht zu, dass sich die in den Beschwerden aufgeworfene Frage inskünftig wieder in der gleichen Art stellen wird wie in den vorliegenden Streitfällen. Unter diesen Umständen fehlt der Beschwerdeführerin die Legitimation zur Anfechtung der Entscheide des Verwaltungsgerichts.
4.
Aus diesen Gründen ist auf die Beschwerden nicht einzutreten.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat ausserdem die Beschwerdegegner, soweit sie anwaltschaftlich vertreten sind, für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verfahren 2C_122/2008 - 2C_132/2008 werden vereinigt.
2.
Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Die Beschwerdeführerin hat die LIPO Einrichtungsmärkte AG, Aldi Suisse AG, Karl Vögele AG, Bally Schuhfabriken AG, Fashion Fish, Tomaro AG Premium Factory Outlet, Migros Aare und Vögele-Shoes mit je Fr. 1'000.-- sowie Otto's AG mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, dem Volkswirtschaftsdepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. Januar 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
Merkli Merz