Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_634/2008
Urteil vom 30. Januar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiber Holzer.
Parteien
B.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Largier, Sonneggstrasse 55, 8006 Zürich,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 13. Juni 2008.
Sachverhalt:
A.
Der 1949 geborene B.________ war als Hilfsarbeiter der Firma S.________ AG bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 1. Juli 1994 von einer Leiter stürzte und sich an der Schulter verletzte. Die SUVA anerkannte ihre Leistungspflicht für die Folgen dieses Ereignisses und erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Mit Verfügung vom 10. Mai 1999 sprach sie dem Versicherten bei einem versicherten Verdienst von Fr. 58'205.- ab 1. März 1999 eine Invalidenrente gestützt auf eine Erwerbseinbusse von 30 % sowie eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von 12 % zu. Gegen diese Verfügung wurde keine Einsprache erhoben.
Der Versicherte war weiterhin über seine Arbeitgeberin bei der SUVA gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 13. August 2003 erneut von einer Leiter fiel. Die SUVA kam auch für dieses Ereignis ihre Leistungspflicht nach. Mit Verfügung vom 10. Februar 2005 und Einspracheentscheid vom 12. April 2005 erhöhte die SUVA ab 1. Januar 2005 den für die laufende Rente massgebende Invaliditätsgrad von 30 % auf 36 % und den versicherten Verdienst von Fr. 58'205.- auf Fr. 59'901.-.
B.
Die von B.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 13. Juni 2008 ab.
C.
Mit Beschwerde beantragt B.________, die SUVA sei unter Anpassung bzw. Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides zu verpflichten, ab 1. Januar 2005 eine Invalidenrente gestützt auf einen höheren Invaliditätsgrad und auf der Basis eines höheren versicherten Verdienstes zuzusprechen.
Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG ).
2.
2.1 Die Zusprechung von Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung setzt grundsätzlich das Vorliegen eines Berufsunfalles, eines Nichtberufsunfalles oder einer Berufskrankheit voraus (Art. 6 Abs. 1 UVG). Der Unfallversicherer haftet jedoch für einen Gesundheitsschaden nur insoweit, als dieser nicht nur in einem natürlichen, sondern auch in einem adäquaten Kausalzusammenhang zum versicherten Ereignis steht (BGE 129 V 177 E. 3 S. 181). Dabei spielt die Adäquanz als rechtliche Eingrenzung der sich aus dem natürlichen Kausalzusammenhang ergebenden Haftung des Unfallversicherers im Bereich organisch objektiv ausgewiesener Unfallfolgen praktisch keine Rolle, da sich hier die adäquate weitgehend mit der natürlichen Kausalität deckt (BGE 134 V 109 E. 2 S. 111 f.; 127 V 102 E. 5b/bb S. 103). Objektivierbar sind Untersuchungsergebnisse, die reproduzierbar sind und von der Person des Untersuchenden und den Angaben des Patienten unabhängig sind. Von organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen kann somit erst dann gesprochen werden, wenn die erhobenen Befunde mit apparativen/bildgebenden Abklärungen bestätigt wurden und die hiebei angewendeten Untersuchungsmethoden wissenschaftlich anerkannt sind (Urteil 8C_806/2007 vom 7. August 2008, E. 8.2 mit zahlreichen Hinweisen). Sind die geklagten Beschwerden natürlich unfallkausal, nicht aber in diesem Sinne objektiv ausgewiesen, so ist bei der Beurteilung der Adäquanz vom augenfälligen Geschehensablauf auszugehen, und es sind gegebenenfalls weitere unfallbezogene Kriterien einzubeziehen (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111 f.). Hat die versicherte Person einen Unfall erlitten, welcher die Anwendung der Schleudertrauma-Rechtsprechung rechtfertigt, so sind hierbei die durch BGE 134 V 109 E. 10 S. 126 ff. präzisierten Kriterien massgebend. Ist diese Rechtsprechung nicht anwendbar, so sind grundsätzlich die Adäquanzkriterien, welche für psychische Fehlentwicklungen nach einem Unfall entwickelt wurden (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140), anzuwenden (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111 f.; vgl. auch Urteil 8C_583/2007 vom 10. Juni 2008, E. 2.2).
2.2 Mit Urteil vom 19. Februar 2008 (BGE 134 V 109) hat das Bundesgericht die sog. Schleudertrauma-Praxis bei organisch nicht objektiv ausgewiesenen Beschwerden präzisiert. Im genannten Urteil wurde zunächst der Grundsatz bestätigt, dass der Fallabschluss und damit verbunden die Adäquanzprüfung im Hinblick auf die Rentenleistungen in dem Zeitpunkt zu erfolgen hat, in dem von der Weiterführung der medizinischen Massnahmen keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr zu erwarten ist (zitiertes Urteil, E. 4). Hinsichtlich der Beurteilung des natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den geklagten organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden wurde festgehalten, dass diese aufgrund einer eingehenden medizinischen Abklärung zu erfolgen hat (zitiertes Urteil, E. 9.4 und 9.5). Schliesslich wurden in E. 10 des zitierten Urteils die Kriterien, welche zur Beurteilung der Adäquanz bei mittelschweren Unfällen (vgl. dazu insbesondere SVR 2008 UV Nr. 8 S. 26, E. 5.3.1 [U 2/07]) dienen, neu gefasst. Der Katalog der adäquanzrelevanten Kriterien lautet nunmehr:
- besonders dramatische Begleitumstände oder besondere Eindrücklichkeit des Unfalls;
- die Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzungen;
- fortgesetzt spezifische, belastende ärztliche Behandlung;
- erhebliche Beschwerden;
- ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert;
- schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen;
- erhebliche Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen.
Weiterhin gilt, dass nicht in jedem Fall der Einbezug sämtlicher Kriterien in die Gesamtwürdigung erforderlich ist. Je nach den konkreten Umständen kann für die Beurteilung des adäquaten Kausalzusammenhangs ein einziges Kriterium genügen. Dies trifft einerseits dann zu, wenn es sich um einen Unfall handelt, welcher zu den schwereren Fällen im mittleren Bereich zu zählen oder sogar als Grenzfall zu einem schweren Unfall zu qualifizieren ist. Anderseits kann im gesamten mittleren Bereich ein einziges Kriterium genügen, wenn es in besonders ausgeprägter Weise erfüllt ist. Kommt keinem Einzelkriterium besonderes bzw. ausschlaggebendes Gewicht zu, so müssen mehrere unfallbezogene Kriterien herangezogen werden. Handelt es sich beispielsweise um einen Unfall im mittleren Bereich, der aber dem Grenzbereich zu den leichten Unfällen zuzuordnen ist, müssen die weiteren zu berücksichtigenden Kriterien in gehäufter oder auffallender Weise erfüllt sein, damit die Adäquanz bejaht wird. Diese Würdigung des Unfalles zusammen mit den objektiven Kriterien führt zur Bejahung oder Verneinung des adäquaten Kausalzusammenhangs (BGE 117 V 359 E. 6b S. 367).
2.3 Gemäss Art. 17 Abs. 1 ATSG wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers erheblich ändert. Anlass zur Revision einer Invalidenrente im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Zeitlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung einer anspruchserheblichen Änderung des Invaliditätsgrades ist die letzte rechtskräftige Verfügung, welche auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs beruht (BGE 134 V 131 E. 3 S. 132 f. mit weiteren Hinweisen).
2.4 Erleidet der Bezüger einer Invalidenrente einen weiteren versicherten Unfall, der zu einer höheren Invalidität führt, so ist nach Art. 24 Abs. 4 UVV (SR 832.202) zur Bestimmung des versicherten Verdienstes für die neue Rente aus beiden Unfällen der Lohn massgebend, den der Versicherte im Jahre vor dem letzten Unfall bezogen hätte, wenn früher kein versicherter Unfall eingetreten wäre. Ist dieser Lohn kleiner als der vor dem ersten versicherten Unfall bezogene Lohn, so ist der höhere Lohn massgebend.
3.
Streitig ist die Höhe des Invalidenrentenanspruchs der Unfallversicherung ab dem 1. Januar 2005. Da dem Beschwerdeführer mit rechtsbeständiger Verfügung vom 10. Mai 1999 eine Rente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 30 % zugesprochen wurde, ist diesbezüglich zunächst zu prüfen, ob ein Revisionsgrund vorliegt. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, sein Invaliditätsgrad habe sich in Folge des zweiten Unfalles vom 13. August 2003 erhöht.
4.
4.1 Es ist unbestritten und ergibt sich aus dem Bericht des SUVA-Arztes Dr. med. A.________ vom 7. Juni 2004, dass bezüglich der Schulterbeschwerden zum Zeitpunkt der Untersuchung der Zustand, wie er vor dem Ereignis vom 13. August 2003 bestanden hatte (Status quo ante), wieder erreicht worden war. Der Versicherte führt indessen aus, beim zweiten Ereignis nicht bloss eine neuerliche Kontusion der Schulter, sondern auch eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) erlitten zu haben. Die Rente sei aufgrund der auch über den 1. Januar 2005 noch bestehenden Restbeschwerden im Bereich der HWS zu erhöhen.
4.2 Die über den 1. Januar 2005 anhaltend geklagten Beschwerden im Bereich der HWS können nur dann zu einer Erhöhung der mit Verfügung vom 10. Mai 1999 zugesprochenen Invalidenrente führen, wenn diese adäquat kausal durch ein versichertes Ereignis verursacht worden sind und eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes zur Folge hatten. Dem Bericht des Dr. med. M.________ vom 24. Dezember 2003 über ein MRI der Halswirbelsäule ist zu entnehmen, dass keine unfallbedingten Veränderungen der HWS objektiviert werden konnten. Ob, wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht, tatsächlich ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Ereignis vom 13. August 2003 und den organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden besteht, kann offenbleiben, da die Adäquanz eines allfälligen Kausalzusammenhanges - wie nachstehende Prüfung nach der in E. 2.2 hievor dargelegten Rechtsprechung zeigt - selbst unter der Annahme, der Versicherte habe bei seinem Sturz von der Leiter eine dem Schleudertrauma äquivalente Verletzung erlitten, zu verneinen wäre.
4.2.1 Die Schwere des Unfalles ist aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs mit den sich dabei entwickelnden Kräften zu beurteilen (SVR 2008 UV Nr. 8 S. 26, U 2/07 E. 5.3.1). Das Ereignis vom 13. August 2003, bei dem der Versicherte aus einer Höhe von maximal 1,8 Metern von einer Leiter auf die Füsse viel, sich dabei den Kopf anschlug und eine Kronenfraktur mit Pulpabeteiligung des Zahnes 43 zuzog, ist als mittelschwer, im Grenzbereich zu den leichten Unfällen zu qualifizieren. Die Adäquanz eines natürlichen Kausalzusammenhanges wäre somit dann zu bejahen, wenn eines der in E. 2.2 hievor aufgezählten Adäquanzkriterien in besonders ausgeprägter, oder mehrere dieser Kriterien in gehäufter Weise erfüllt wären.
4.2.2 Der Unfall ereignete sich weder unter besonders dramatischen Begleitumständen, noch war er von besonderer Eindrücklichkeit. Die erlittenen Verletzungen waren nicht besonders schwer oder von besonderer Art. In den Akten finden sich keine Hinweise auf eine fortgesetzt spezifische, belastende ärztliche Behandlung oder auf eine ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert hätte. Zur Annahme eines schwierigen Heilungsverlaufes und erheblicher Komplikationen bedürfte es besonderer Gründe, welche die Heilung beeinträchtigt haben (Urteil 8C_624/2008 vom 12. Dezember 2008 E. 4.3.6); solche sind vorliegend nicht ersichtlich. Selbst wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers die beiden verbleibenden Kriterien der erheblichen Beschwerden und der erheblichen Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen bejaht, so vermögen diese beiden Kriterien, da sie jedenfalls nicht besonders ausgeprägt gegeben sind, für sich alleine einen allfälligen Kausalzusammenhang nicht als adäquat erscheinen zu lassen.
4.3 Sind die über den 1. Januar 2005 hinaus anhaltend geklagten Beschwerden nicht adäquat kausal durch ein versichertes Ereignis verursacht worden, so stellen sie keinen Grund dar, die mit rechtsbeständiger Verfügung vom 10. Mai 1999 zugesprochene Invalidenrente zu erhöhen. Da in der Schulter am 1. Januar 2005 der Status quo ante wieder erreicht war (vgl. E. 4.1 hievor), lag kein Revisionsgrund vor und die bereits zugesprochene Rente wäre weder bezüglich des Invaliditätsgrades, noch - da somit auch der Tatbestand von Art. 24 Abs. 4 UVV nicht erfüllt ist - bezüglich der Höhe des versicherten Verdienstes zu ändern gewesen. Da das Bundesgericht gemäss Art. 107 Abs. 1 BGG an die Anträge der Parteien gebunden ist, kann diese Änderung letztinstanzlich nicht rückgängig gemacht werden (vgl. auch das Urteil 8C_330/2008 vom 24. Oktober 2008 E. 4.5). Die Beschwerde des Versicherten, der eine umfassendere Erhöhung der Rente verlangt, ist jedoch ohne weiteres abzuweisen.
5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 30. Januar 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Holzer