Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1B_321/2008
Verfügung vom 11. Februar 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Gerichtsschreiber Pfäffli.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Alain Joset,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001 Basel.
Gegenstand
Haftentlassungsgesuch; persönliche Freiheit,
Beschwerde gegen die Verfügung vom 2. Dezember 2008 des Strafgerichts Basel-Stadt.
Erwägungen:
1.
Das Strafgericht Basel-Stadt sprach X.________ mit Urteil vom 19. November 2008 des mehrfachen Betrugs, des mehrfachen versuchten Betrugs, der mehrfachen Veruntreuung, der Irreführung der Rechtspflege, des geringfügigen Diebstahls, der mehrfachen Nötigung, der versuchten Nötigung, des mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, der mehrfachen Tätlichkeiten, der mehrfachen einfachen Körperverletzung, des Missbrauchs einer Fernmeldeanlage, der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln sowie des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, unter Einrechnung des Polizeigewahrsams vom 16./17. November 2006 (1 Tag), vom 21. November bis zum 4. Dezember 2006 (13 Tage) und vom 6./7. Februar 2008 (1 Tag) sowie der Untersuchungshaft seit dem 29. Februar 2008.
2.
X.________ erklärte am 1. Dezember 2008 die Appellation gegen das Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt und ersuchte um Haftentlassung. Die Statthalterin des Strafgerichts Basel-Stadt wies mit Verfügung vom 2. Dezember 2008 das Haftentlassungsgesuch ab. Sie bejahte dabei neben dem dringenden Tatverdacht das Vorliegen der besonderen Haftgründe der Kollusions- und Fortsetzungsgefahr. Die Haftdauer von etwas über neun Monaten sei verhältnismässig, selbst in Anbetracht der erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Angesichts der bestehenden Kollusionsgefahr bleibe die Möglichkeit der bedingten Entlassung im Zusammenhang mit Entlassungsgesuchen unbeachtlich.
3.
X.________ führt mit Eingabe vom 9. Dezember 2008 Beschwerde in Strafsachen gegen die Verfügung der Statthalterin des Strafgerichts Basel-Stadt. In ihrer Vernehmlassung vom 18. Dezember 2008 stellt die Statthalterin des Strafgerichts Basel-Stadt den Antrag, die Beschwerde als gegenstandslos abzuschreiben. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beschwerdeführer - ohne seinen Anwalt - mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 seine Appellation zurückgezogen habe. Da mit diesem Rückzug die Haftgründe entfallen seien, sei er am 18. Dezember 2008 aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt beantragt ebenfalls die kostenfällige Abschreibung des Verfahrens. Der Beschwerdeführer stellt demgegenüber den Antrag, auf die Beschwerde sei auch unter den sich veränderten Umständen einzutreten.
4.
Mit der Entlassung aus der Untersuchungshaft entfällt grundsätzlich das aktuelle praktische Interesse an der Beurteilung einer Haftbeschwerde (BGE 125 I 394 E. 4a S. 397 mit Hinweisen). Ein solches aktuelles Interesse lässt sich auch nicht unter dem Gesichtswinkel eines späteren Entschädigungsbegehrens bejahen, da das Staatshaftungsverfahren insofern hinreichend Schutz bietet, um angebliche Rechtsverletzungen wirksam geltend zu machen (BGE 110 Ia 140 E. 2a S. 141 ff.).
Ausnahmsweise verzichtet das Bundesgericht jedoch auf das Erfordernis des aktuellen Interesses, wenn die Beschwerde Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, die sich jederzeit unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig eine höchstrichterliche Prüfung stattfinden könnte (BGE 125 I 394 E. 4b S. 397). Diese Rechtsprechung ist auch unter der Geltung des BGG weiterzuführen.
Da sich vorliegend keine Fragen stellen, die im Einzelfall kaum je rechtzeitig höchstrichterlich überprüft werden könnten, rechtfertigt sich nicht, ausnahmsweise vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen. Das Verfahren ist deshalb als gegenstandslos geworden abzuschreiben.
5.
Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen Interesses dahin, entscheidet das Bundesgericht mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrunds (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 72 BZP). Dabei wird in erster Linie auf den mutmasslichen Prozessausgang abgestellt. Lässt sich dieser nicht bestimmen, gehen die Kosten zu Lasten jener Partei, die das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst hat oder bei der die Gründe eingetreten sind, die zur Gegenstandslosigkeit des Prozesses geführt haben (BGE 118 Ia 488 E. 4a S. 494). Die Regelung bezweckt, denjenigen, der in guten Treuen Beschwerde erhoben hat, nicht im Kostenpunkt zu bestrafen, dass die Beschwerde infolge nachträglicher Änderung der Umstände abzuschreiben ist, ohne dass ihm dies anzulasten wäre.
6.
Der Beschwerdeführer rügt die Weiterführung der Haft als unverhältnismässig, da er bereits mehr als zwei Drittel der erstinstanzlichen Freiheitsstrafe verbüsst habe. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Möglichkeit einer bedingten Entlassung bei der Berechnung der mutmasslichen Dauer der Freiheitsstrafe ausnahmsweise zu berücksichtigen, wenn der Beschwerdeführer bereits zwei Drittel der erstinstanzlich verhängten Freiheitsstrafe in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft bzw. im vorzeitigen Strafvollzug verbracht hat und die Strafe im Rechtsmittelverfahren noch verkürzt, nicht aber erhöht werden kann. In diesen Fällen verlangt das Bundesgericht eine Prognose über die Anwendbarkeit von Art. 86 Abs. 1 StGB. Fällt diese positiv aus, muss dem Haftentlassungsgesuch stattgegeben werden (vgl. den von der Statthalterin zitierten Entscheid 1B_51/2008 vom 19. März 2008 E. 4.1). Mit dieser Rechtsprechung hat sich die Statthalterin in ihrer Verfügung nicht vertieft auseinandergesetzt. Aufgrund der noch während der Rechtsmittelfrist erfolgten Haftentlassung und der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung hätte die vorliegende Beschwerde mutmasslich Aussicht auf Erfolg gehabt. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer hat daher Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 BGG). Kosten sind bei diesem Ausgang des Verfahrens keine zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG).
Demnach verfügt der Präsident:
1.
Die Beschwerde wird als gegenstandslos abgeschrieben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Basel-Stadt hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
4.
Diese Verfügung wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Strafgericht Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. Februar 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Féraud Pfäffli