Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_803/2008/bnm
Urteil vom 5. März 2009
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiberin Gut.
Parteien
1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Gemeinderat A.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Adoption,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 30. September 2008.
Sachverhalt:
A.
A.a Mit Eingabe vom 5. März 2008 ersuchte X.________, geb. 1934, beim Regierungsstatthalter des Amtes B.________ um Adoption des mündigen Y.________, geb. 1968. Y.________ lebt seit über 14 Jahren auf dem Bauernhof von X.________, den diese mittlerweile gemeinsam führen.
A.b Der Regierungsstatthalter zog zur Sachverhaltsabklärung den Gemeinderat (Vormundschaftsbehörde) von A.________ bei, welcher wiederum dem Sozialberatungszentrum für Lebens- und Suchtfragen des Amtes B.________ einen Abklärungsauftrag erteilte. Nachdem das Sozialberatungszentrum dem Gemeinderat empfohlen hatte, der Adoption zuzustimmen, kam dieser in seinem Bericht an den Regierungsstatthalter indes zum Schluss, das Adoptionsgesuch sei abzulehnen.
A.c Mit Entscheid vom 23. Juli 2008 wies der Regierungsstatthalter das Adoptionsgesuch ab. Mit Eingabe vom 7. August 2008 reichten X.________ und Y.________ gegen diesen Entscheid eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Obergericht des Kantons Luzern ein und beantragten, das Adoptionsgesuch sei zur Neubeurteilung an den Regierungsstatthalter zurückzuweisen, eventualiter habe das Obergericht die Adoption im Sinne des Gesuchs zu gewähren. Mit Urteil vom 30. September 2008 wies das Obergericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.
B.
X.________ (fortan: Beschwerdeführer 1) und Y.________ (fortan: Beschwerdeführer 2) sind mit Beschwerde in Zivilsachen vom 28. November 2008 an das Bundesgericht gelangt. Sie beantragen die Bewilligung des Adoptionsgesuches. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an den Regierungsstatthalter zurückzuweisen.
Die Vorinstanz ist nicht zur Vernehmlassung eingeladen worden.
Erwägungen:
1.
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG), mit welchem die Adoption verweigert wurde. Dabei handelt es sich um einen Entscheid in einer Zivilsache nicht vermögensrechtlicher Natur (Art. 72 Abs. 1 BGG), der das Verfahren abschliesst (Art. 90 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist somit zulässig.
1.2 Mit der Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonaler verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (Art. 95 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
2.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Gesuch um Adoption einer erwachsenen Person. Die Adoption Erwachsener ist nur gestattet, wenn andere Nachkommen fehlen (Art. 266 Abs. 1 ZGB). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt; es steht fest, dass der Beschwerdeführer 1 keine Nachkommen hat. Unbestritten ist auch, dass die Voraussetzungen für eine Einzeladoption nach Art. 264b und Art. 265 ZGB vorliegen.
Die Beschwerdeführer stützen das Adoptionsgesuch auf Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB. Nach dieser Bestimmung darf eine mündige Person adoptiert werden, wenn andere wichtige Gründe als die in Ziff. 1 und 2 genannten vorliegen und die zu adoptierende Person während mindestens fünf Jahren mit den Adoptiveltern in Hausgemeinschaft gelebt hat.
3.
Das Obergericht führt in seinem Urteil aus, es sei unbestritten, dass die Beschwerdeführer seit mehr als fünf Jahren eine Hausgemeinschaft führen. Während den nunmehr über 14 Jahren des Zusammenlebens und des gemeinsamen Bewirtschaften des Bauernhofes sei zwischen den Beschwerdeführern eine persönliche Beziehung entstanden. Diese enge Beziehung genüge jedoch nicht für die Bejahung eines wichtigen Grundes im Sinne von Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB und weitere stark verbindende Elemente seien nicht zu erkennen. Somit seien die Voraussetzungen für eine Erwachsenenadoption nicht erfüllt. Die Erwachsenenadoption habe Ausnahmecharakter und müsse auch die Ausnahme bleiben. Art. 266 ZGB sei daher einschränkend auszulegen. Zudem gehe aus dem Bericht des Sozialberatungszentrums für Lebens- und Suchtfragen vom 13. Mai 2008 hervor, dass das Adoptionsgesuch auch einen wirtschaftlichen Grund habe, nämlich die Sicherstellung der Bewirtschaftung des Bauernhofs. Darüber hinaus dränge sich jedoch der Eindruck auf, dass diese Adoption nicht "auch", sondern "vor allem" wirtschaftlich motiviert sei. Es falle insbesondere auf, dass das Adoptionsgesuch zeitgleich mit der Beschwerde an das Bundesgericht gegen das Obergerichtsurteil des Kantons Luzern betreffend Zuweisung der landwirtschaftlichen Gewerbe "B.________" und "C.________" vom 7. Februar 2008 gestellt wurde.
4.
Die Beschwerdeführer erachten die Voraussetzung der "anderen wichtigen Gründe" für eine Erwachsenenadoption gemäss Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB als erfüllt und rügen mit weitschweifenden Ausführungen sinngemäss eine Verletzung dieser Gesetzesbestimmung sowie eine fehlerhafte Feststellung des Sachverhalts.
4.1 Sie machen in ihrer Beschwerde insbesondere geltend, die Feststellung des Obergerichts, wonach der Erwachsenenadoption Ausnahmecharakter zukomme bzw. Art. 266 ZGB restriktiv auszulegen sei, verstosse in klarer Weise gegen Bundesrecht und entspreche in keiner Weise der Absicht des Gesetzgebers.
4.2 Es müsse wiederholt betont werden, dass zwischen den Beschwerdeführern ein sehr inniges und intensives Verhältnis bestehe. Der Beschwerdeführer 2 habe sich auch um den Beschwerdeführer 1 gesorgt, als dieser nach seiner Hüftoperation im Landwirtschaftsbetrieb und zu Hause eingeschränkt gewesen sei. Diese innige, familienähnliche Beziehung stelle sehr wohl einen "wichtigen Grund" für eine Adoption im Sinne von Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB dar. Die Auffassung des Obergerichts, das Gesuch sei wirtschaftlich motiviert bzw. wegen des hängigen Zuweisungsprozesses gestellt worden, sei falsch. Dies beweise die Tatsache, dass die Beschwerdeführer trotz negativem Zuweisungsentscheid des Bundesgerichts weiterhin an ihrem Adoptionsgesuch festhielten.
4.3 Zudem sei das Adoptionsgesuch abgelehnt worden, obwohl das Sozialberatungszentrum die Gutheissung empfohlen habe. Ein Abweichen von den Feststellungen dieser Fachpersonen sei nur zulässig, wenn triftige Gründe bestünden, die an der Unrichtigkeit der gemachten Feststellungen Zweifel aufkommen liessen. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall.
5.
5.1 Bei der Revision des Adoptionsrechts war umstritten, ob die Adoption Mündiger, die in verschiedenen Rechtsordnungen grundsätzlich ausgeschlossen ist, überhaupt zugelassen werden sollte (Botschaft vom 12. Mai 1971 über die Änderung des ZGB, BBl 1971 I 1223 Ziff. 3.5.1.3.1). Denn der Sinn der Adoption besteht hauptsächlich darin, einem elternlosen Kind die Erziehung in einer Familie und zugleich kinderlosen Eltern das Erlebnis der Elternschaft zu ermöglichen. Dieser Sinn entfällt jedoch bei der Erwachsenenadoption, weshalb der Gesetzgeber die Adoption Mündiger nur ausnahmsweise zulassen wollte, nämlich dann, wenn eine der Unmündigenadoption vergleichbare Situation besteht (Botschaft vom 12. Mai 1971 über die Änderung des ZGB, a.a.O.). Der Ausnahmecharakter der Erwachsenenadoption wurde im Laufe der parlamentarischen Beratungen mehrfach hervorgehoben (vgl. BGE 101 II 7 E. 1 S. 8 f.; Amtl. Bull. N 1972 I S. 588 f. und 608, S 1971 S. 724 f.). Vor diesem Hintergrund kann die Auffassung der Beschwerdeführer, es entspreche nicht der Absicht des Gesetzgebers, der Erwachsenenadoption einen Ausnahmecharakter zuzuschreiben und Art. 266 ZGB restriktiv auszulegen, nicht geteilt werden.
Auch in der neueren Literatur wird Art. 266 ZGB mehrheitlich als restriktiv auszulegende Ausnahmebestimmung bezeichnet (vgl. Peter Breitschmid, in: Basler Kommentar, Bd. I, 3. Aufl, 2006, N. 1 zu Art. 266 ZGB; Cyril Hegnauer, Grundriss des Kindsrecht, 5. Auflage 1999, N. 11.29 f.; Errol Küffer, Die Erwachsenenadoption: von der Mutter der Adoption zur Schwiegermutter, FamPra.ch 2004 S. 27 ff.). Wichtige Gründe, die eine Abkehr von der restriktiven Auslegungspraxis der Erwachsenenadoption rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich und werden von den Beschwerdeführern auch nicht aufgezeigt.
5.2 Dem Obergericht ist darin beizupflichten, dass die enge persönliche Beziehung und das gemeinsame Führen des Hofes nicht ausreichen, um eine Erwachsenenadoption zu rechtfertigen und weitere stark verbindende Elemente, wie zum Beispiel ein jahrelanges, intensives Pflegeverhältnis, vorliegend nicht ersichtlich sind. Solche weitere verbindende Elemente werden von den Beschwerdeführern auch nicht aufgezeigt. Beide Beschwerdeführer sind selbständig und bedürfen keiner Pflege. Anzumerken ist, dass auch die geltend gemachte Unterstützung nach der Hüftoperation des Beschwerdeführers 1 nicht als stark verbindendes Element ausreichen kann. Ohnehin handelt es sich hierbei um ein neues und damit vor Bundesgericht unzulässiges Vorbringen (Art. 99 Abs. 1 BGG). Zudem pflegt der Beschwerdeführer 2 gemäss Bericht des Sozialberatungszentrums ein gutes Verhältnis zu seinen leiblichen Eltern und seinen acht Geschwistern und steht in regelmässigem Kontakt mit ihnen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es und ist es nicht nachvollziehbar, weshalb sich der Beschwerdeführer 2 eine neue Familie wünscht.
Im Übrigen stellt das Festhalten der Beschwerdeführer an ihrem Gesuch - trotz inzwischen ergangenem Bundesgerichtsurteil - keinen stichhaltigen Beweis für einen nicht hauptsächlich wirtschaftlich motivierten Adoptionswunsch dar.
Mit Obergerichtsurteil des Kantons Luzern vom 7. Februar 2008 wurden die landwirtschaftlichen Gewerbe "C.________" und "B.________" im Rahmen einer Erbteilung an Z.________, den Bruder des Beschwerdeführers 1, zugeteilt. Dieser Zuteilungsentscheid wurde auf Art. 11 i.V.m. Art. 9 BGBB gestützt und vor allem damit begründet, dass Z.________ - im Gegensatz zum kinderlosen Beschwerdeführer 1 - einen Sohn habe, welcher sich für die Selbstbewirtschaftung des Bauerngewerbes eigne. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer 1 das Adoptionsgesuch und reichte Beschwerde beim Bundesgericht gegen das Obergerichtsurteil ein. Mit dieser Beschwerde verlangte der Beschwerdeführer 1 die Zuteilung der landwirtschaftlichen Gewerbe an sich und begründete sein Begehren hauptsächlich mit der eingeleiteten Adoption seines Mitarbeiters bzw. mit seiner zukünftigen zur Selbstbewirtschaftung geeigneten Nachkommenschaft. Vor diesem Hintergrund drängt sich tatsächlich der Eindruck auf, dass das Adoptionsgesuch (zumindest anfänglich) weitgehend wirtschaftlich motiviert war. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer 1 sowohl im Adoptionsverfahren als auch im Verfahren betreffend Zuweisung der landwirtschaftlichen Gewerbe wiederholt betonte, wie wichtig ihm die Weiterbewirtschaftung des Bauernhofes bzw. die spätere Übernahme des Betriebes durch den Beschwerdeführer 2 sei. Zumindest erscheint unter diesen Umständen die vom Obergericht vorgenommene Würdigung, es läge eine wirtschaftliche Motivation vor, nicht als willkürlich.
5.3 Zudem kann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer in der Nichtbefolgung der Empfehlung des Sozialberatungszentrums keine falsche bzw. willkürliche Sachverhaltsfeststellung erblickt werden. Zwar trifft es zu, dass Gerichte in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe von Gutachten abweichen dürfen (vgl. BGE 128 I 81 E. 2 S. 86). Dies gilt jedoch für die Sachverhaltsabklärung in fachspezifischen Bereichen und nicht auch für die Beantwortung von Rechtsfragen. Die Beschwerdeführer verkennen, dass es sich bei der Frage, ob die enge persönliche Beziehung und das gemeinsame Bewirtschaften des Bauernhofs wichtige Gründe im Sinn von Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB darstellen, nicht um fachspezifisches Wissen, sondern um Rechtsanwendung handelt, welche dem Richter vorbehalten ist. Das Obergericht anerkennt die innige, familienähnliche Beziehung, erachtet diese Tatsache jedoch nicht als wichtigen Grund, welcher eine Erwachsenenadoption rechtfertigen würde.
5.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Obergericht weder Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB verletzt noch eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung vorgenommen hat.
6.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss tragen die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit die Verfahrenskosten ( Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 5. März 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin:
Hohl Gut