Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_241/2008
Urteil vom 25. März 2009
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiber Flückiger.
Parteien
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdeführerin,
gegen
Helsana Versicherungen AG, Versicherungsrecht, 8081 Zürich, Beschwerdegegnerin,
D.________,
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 14. Februar 2008.
Sachverhalt:
A.
Der 1952 geborene D.________ war bei der Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana) obligatorisch krankenpflegeversichert, als er sich am 7. Februar 2007 einer Katarakt-Operation unterzog. Die Helsana übernahm die Kosten dieser Operation in Höhe von Fr. 2'700.-. Bereits vor und erneut nach dem Eingriff forderte sie den Versicherten auf, sich bei der Eidgenössischen Invalidenversicherung (nachfolgend: IV) zum Leistungsbezug (medizinische Eingliederungsmassnahmen) anzumelden. Nachdem dies unterblieben war, meldete die Helsana ihrerseits D.________ bei der IV an (Schreiben vom 6. Juli 2007).
Mit Verfügung vom 29. Oktober 2007 trat die IV-Stelle Bern nicht auf das Leistungsbegehren ein. Zur Begründung erklärte sie, die Helsana sei nicht legitimiert, den Versicherten anzumelden.
B.
In Gutheissung der dagegen von der Helsana erhobenen Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache an die IV-Stelle zurück "zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen". In den Erwägungen hielt das Gericht fest, die IV-Stelle habe auf die Anmeldung vom 6. Juli 2007 einzutreten und die erforderlichen Abklärungen zur Beurteilung ihrer Leistungspflicht vorzunehmen (Entscheid vom 14. Februar 2008).
C.
Die IV-Stelle Bern erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.
Die Helsana schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) deren Gutheissung beantragt.
Erwägungen:
1.
1.1 Indem das kantonale Gericht einzig über die Eintretensfrage entschied und die Prozessvoraussetzungen als erfüllt erachtete, hat es nach der Terminologie des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) einen Vorentscheid gefällt (Urteil 8C_13/2007 vom 28. Januar 2008 E. 1; vgl. BGE 133 V 477 E. 4.1.3 S. 481 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde ist somit nur dann einzutreten, wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).
1.2 Bleibt es beim angefochtenen Entscheid des kantonalen Gerichts, muss die IV-Stelle darüber befinden, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten der Katarakt-Operation erfüllt sind. Trifft dies zu, hat sie - aufgrund ihrer Bindung an den kantonalen Gerichtsentscheid - die Leistungen verfügungsweise zuzusprechen. Die Verwaltung könnte ihre eigene Verfügung nicht anfechten und damit auch nicht verhindern, dass diese in Rechtskraft erwächst. Dadurch erlitte sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
2.
Am 1. Januar 2008 sind die Änderungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) und anderer Erlasse wie des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; ; SR 830.1) vom 6. Oktober 2006 (5. IV-Revision, AS 2007 5129 ff.) in Kraft getreten. Auf den vorliegenden Fall sind noch die früheren Gesetzesfassungen anwendbar (vgl. BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220 mit Hinweisen).
3.
Strittig und zu prüfen ist einzig, ob die IV-Stelle auf die Anmeldung vom 6. Juli 2007 hätte eintreten müssen, welche die Helsana in eigenem Namen für D.________ einreichte. Das kantonale Gericht hat die Frage bejaht, während sie von der Beschwerdeführerin verneint wird.
4.
4.1 Wer Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung erhebt, hat sich auf amtlichem Formular anzumelden und eine Ermächtigung zur Einholung weiterer Auskünfte zu erteilen (Art. 65 Abs. 1 IVV). Befugt zur Geltendmachung des Anspruchs sind der Versicherte, sein gesetzlicher Vertreter sowie Behörden oder Dritte, die den Versicherten regelmässig unterstützen oder dauernd betreuen (Art. 66 Abs. 1 IVV).
4.2 Die Helsana ist für die Kosten der Katarakt-Operation in Höhe von Fr. 2'700.- aufgekommen. Darin liegt offensichtlich weder eine regelmässige Unterstützung noch eine dauernde Betreuung im Sinne von Art. 66 Abs. 1 IVV. Falls die dortige Umschreibung der Anmeldeberechtigung als abschliessend zu gelten hat, war der Nichteintretensentscheid der IV-Stelle korrekt. Im Folgenden bleibt zu prüfen, ob die Beschwerdegegnerin gestützt auf eine andere Rechtsgrundlage zur Anmeldung befugt ist.
5.
5.1 Die Beschwerdegegnerin leitet ihre Anmeldebefugnis daraus ab, dass sie gemäss Art. 70 Abs. 2 lit. a ATSG für die Übernahme der Operationskosten vorleistungspflichtig gewesen sei. Die Beschwerdeführerin und ihr folgend das BSV bestreiten zunächst das Bestehen einer Vorleistungspflicht. Sie machen geltend, eine solche setze voraus, dass der betroffene Versicherer im Zeitpunkt seiner Zahlung bezweifle, ob er für die Leistungserbringung zuständig sei. Ein solcher Zweifel könne allenfalls bejaht werden, wenn der Versicherungsträger die berechtigte Person vor oder bei der Erbringung seiner eigenen Leistung auffordere, sich bei einer anderen Sozialversicherung anzumelden. Im Rahmen des invalidenversicherungsrechtlichen Verfahrens habe der Krankenversicherer indessen erklärt, er habe die Kosten der Kataraktoperation übernommen und die berechtigte Person erst im Nachhinein zur Anmeldung bei der IV aufgefordert.
5.2 Aus den Akten ergibt sich, dass die Helsana den Versicherten bereits mit Schreiben vom 9. Januar 2007, unmittelbar nach Eingang der Information über die für den 7. Februar 2007 vorgesehene Operation und vor der Erbringung ihrer Leistung, aufgefordert hat, sich bei der Invalidenversicherung anzumelden. Damit ist der für die Vorleistungspflicht kennzeichnende Zweifel an der (definitiven) eigenen Leistungspflicht (vgl. Art. 70 Abs. 1 ATSG und Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2009, S. 917 Art. 70 N 17) gegeben. Es ist daher nicht näher zu untersuchen, wie die Sache andernfalls zu beurteilen wäre.
6.
Zu prüfen bleibt, ob die (erfüllte) Vorleistungspflicht des Krankenversicherers nach Art. 70 Abs. 2 lit. a ATSG diesem das Recht verschafft, die versicherte Person unabhängig von deren Willen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (medizinische Massnahmen) anzumelden.
6.1 Hat ein vorleistungspflichtiger Versicherungsträger Leistungen erbracht und wird der Fall von einem anderen Träger übernommen, so hat dieser die Vorleistungen im Rahmen seiner Leistungspflicht zurückzuerstatten (Art. 71 ATSG). Um die Übernahme des Falles durch den zuständigen Träger zu gewährleisten, bestimmt Art. 70 Abs. 3 ATSG, die berechtigte Person habe sich bei den in Frage kommenden Sozialversicherern anzumelden. Kommt die versicherte Person, wie hier, der ihr durch diese Bestimmung auferlegten Verpflichtung nicht nach, stellt sich die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen dieses Verhaltens. Das Gesetz enthält keine diesbezüglichen Bestimmungen. Dementsprechend hat das Gericht eine Regel aufzustellen (vgl. Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB ). Im Schrifttum werden dazu verschiedene Positionen vertreten:
6.1.1 Eine Lehrmeinung verneint (implizit) ein Anmelderecht des vorleistenden Versicherungsträgers und spricht diesem stattdessen - ausgehend von den bereichsspezifischen Regelungen auf Verordnungsstufe in Art. 51 Abs. 2 UVV (SR 832.202) und 29 Abs. 2 MVV (SR 833.11) - die Befugnis zu, die eigenen Leistungen davon abhängig zu machen, dass die versicherte Person ihrerseits die Anmeldung vornimmt (Franz Schlauri, Die zweigübergreifende Verrechnung und weitere Instrumente der Vollstreckungskoordination des Sozialversicherungsrechts, in: Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.], Sozialversicherungsrechtstagung 2004, S. 137 ff., 180). Einen ähnlichen Standpunkt vertritt die Beschwerdeführerin.
6.1.2 Eine andere Auffassung leitet die Anmeldebefugnis aus einer Analogie zur Weiterleitungspflicht nach Art. 30 ATSG ab (Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2009, S. 923 Art. 70 N 35 am Ende; derselbe, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Soziale Sicherheit, 2. Auflage Basel 2007 [nachfolgend: SBVR], S. 329 N 276) oder bezeichnet diese Konzeption als noch nicht abschliessend geklärt (Thomas Gächter, Grundlegende Prinzipien des Koordinationsrechts, in: Schaffhauser/Schlauri, Sozialversicherungsrechtliche Leistungskoordination, St. Gallen 2006, S. 9 ff., 54 f.).
6.1.3 Nach Ansicht eines weiteren Autors kommt die Nichtanmeldung faktisch einem Verzicht auf Leistungen gleich. Dieser könne jedoch nur schriftlich erfolgen (Art. 23 Abs. 1 Satz 3 ATSG) und sei überdies nichtig, sofern schutzwürdige Interessen Dritter beeinträchtigt würden. Deshalb sei der vorleistungspflichtige Versicherer als legitimiert zu betrachten, die Anmeldung vorzunehmen (Hans-Jakob Mosimann, Vorleistungen nach ATSG, in: Schaffhauser/Kieser [Hrsg.], Das prekäre Leistungsverhältnis im Sozialversicherungsrecht, St. Gallen 2008, S. 107 ff., 112 f.).
6.1.4 Schliesslich wird die Anmeldebefugnis auch aus dem Grundsatz der Einheit des Prozesses abgeleitet: Ein vorleistungspflichtiger Versicherer sei legitimiert, den Entscheid eines anderen Trägers auf dem Rechtsmittelweg anzufechten (Befugnis zur Anfechtung "pro Adressat"; vgl. BGE 134 V 153 E. 5.4 S. 159 f. mit Hinweisen; zum Verhältnis IV-KV siehe Art. 88quater Abs. 1 IVV sowie Maria Londis, Das Verhältnis der Krankenversicherer zu den anderen Sozialversicherungen, SZS 2001 S. 132 ff., 133 f.). Er müsse deshalb den entsprechenden Anspruch auch mittels Anmeldung geltend machen können (Ueli Kieser, Vorleistungspflichten der Pensionskassen nach BVG und ATSG - Fragen und einige Antworten, in: Schaffhauser/Stauffer [Hrsg.], Die 1. BVG-Revision. Neue Herausforderungen - Praxisgerechte Umsetzung, St. Gallen 2005, S. 101 ff., 109).
6.2 Die erwähnten Positionen sind in grundsätzlicher Hinsicht wie folgt zu beurteilen:
6.2.1 Die Weiterleitungspflicht gemäss Art. 30 ATSG begründet keine Pflicht des empfangenden Trägers, auf ein Leistungsgesuch einzutreten. Ihr Zweck besteht darin, zu verhindern, dass ein Gesuch nur deshalb materiell unbehandelt bleibt, weil es bei einer unzuständigen Behörde eingereicht wurde. Im Fall der Vorleistung liegt keine derartige Konstellation vor, denn der vorleistende Versicherungsträger ist zur Leistungserbringung an die versicherte Person zuständig. Die spätere Abwicklung im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern beschlägt nicht den Anwendungsbereich von Art. 30 ATSG. Ebenso wenig besteht eine Grundlage für einen Analogieschluss.
6.2.2 Der Standpunkt, die Anmeldebefugnis lasse sich aus der mit der Vorleistungspflicht verbundenen Beschwerdelegitimation ("pro Adressat") ableiten, wird - entgegen der Argumentation des BSV in seiner Vernehmlassung - durch die ältere Rechtsprechung gestützt. Danach muss, wer aus eigenem Recht Verwaltungsgerichtsbeschwerde (gemäss dem bis Ende 2006 gültig gewesenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege [OG]) führen kann, auch im kantonalen Beschwerdeverfahren und im Anmeldeverfahren aus eigenem Recht legitimiert sein (BGE 98 V 54 E. 1 S. 55 f.; kritisch dazu: Ueli Kieser, Das Verwaltungsverfahren in der Sozialversicherung, Zürich 1999, S. 136 ff. N 305 ff.). In jüngeren Urteilen betonte das Eidgenössische Versicherungsgericht ebenfalls den engen Zusammenhang zwischen der Legitimation, einen bestimmten Anspruch auf dem Rechtsmittelweg geltend zu machen, und der Befugnis, die versicherte Person bei der Verwaltung zum Bezug dieser Leistung anzumelden (BGE 130 V 560 E. 4.3 S. 568 mit Hinweis auf Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage, Bern 1983, S. 153; SVR 2005 AlV Nr. 5 S. 13 E. 3.1, C 12/04; Urteil I 559/05 vom 31. März 2006, E. 2.2). Die Ableitung eines Anmelderechts aus dem Grundsatz der Einheit des Prozesses ist somit prinzipiell denkbar.
6.2.3 Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und 3 ATSG kann die berechtigte Person auf Versicherungsleistungen verzichten. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. Er ist nichtig, wenn die schutzwürdigen Interessen von anderen Personen, von Versicherungen oder Fürsorgestellen beeinträchtigt werden (Art. 23 Abs. 2 ATSG). In casu liegt kein schriftlicher Verzicht auf Leistungen vor. Die Lehre betrachtet das einfache Unterlassen der Anmeldung nicht als Verzicht im Sinne von Art. 23 ATSG (Ghislaine Frésard-Fellay, De la renonciation aux prestations d'assurance sociale [art. 23 LPGA/ATSG], HAVE 2002 S. 335 ff., 337; Ueli Kieser, Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG], in: SBVR, S. 256 N 60 und S. 267 N 94; derselbe, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2009, Art. 23 N 7 und Art. 29 N 13; Gebhard Eugster, Krankenversicherung, in: SBVR, S. 811 N 1197; André Pierre Holzer, Verjährung und Verwirkung der Leistungsansprüche im Sozialversicherungsrecht, Diss. Freiburg 2005 S. 77). Die Annahme einer Nichtigkeit in analoger Anwendung von Art. 23 ATSG setzt daher jedenfalls voraus, dass die Nichtanmeldung im konkreten Zusammenhang qualifizierende Elemente aufweist. Als Konsequenz der Annahme von Nichtigkeit wäre die Bejahung eines Anmelderechts des betroffenen Sozialversicherers möglich.
6.3
6.3.1 Soweit das ATSG einen Versicherungsträger für vorleistungspflichtig erklärt, statuiert es in Art. 70 Abs. 3 ATSG eine Verpflichtung der versicherten Person, ihre Ansprüche gegenüber anderen Versicherern anzumelden. Daraus wird deutlich, dass der Anmeldung in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zukommt. Das Gesetz überlässt es nicht dem Belieben der versicherten Person, ob sie sich beim zuständigen Versicherer anmelden will. Das Unterlassen der Anmeldung - unter Missachtung der entsprechenden gesetzlichen Verpflichtung - hat in diesem Zusammenhang nicht nur zur Folge, dass der entsprechende Anspruch mit der Zeit erlischt (vgl. Art. 24 Abs. 1 ATSG), sondern verunmöglicht es auch der Beschwerdegegnerin, welche Vorleistungen erbracht hat, eine auf Art. 71 ATSG gestützte Forderung geltend zu machen. Diese Auswirkungen sind in ihrer Intensität jenen eines formellen Verzichts im Sinne von Art. 23 ATSG gleichzusetzen. Sie lassen sich vermeiden, wenn der Träger, welcher Vorleistungen erbracht hat, die Anmeldung aus eigenem Recht vornehmen kann. Auch unter dem Gesichtspunkt der Einheit des Prozesses ist ein berechtigtes Interesse des vorleistungspflichtigen Versicherers gegeben, welches die Annahme einer Anmeldebefugnis rechtfertigt. Die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen einer Verletzung der Anmeldepflicht gemäss Art. 70 Abs. 3 ATSG ist deshalb dahingehend zu beantworten, dass derjenige Sozialversicherungsträger, welcher in Erfüllung einer Verpflichtung nach Art. 70 Abs. 1 und 2 ATSG Vorleistungen erbracht hat, die versicherte Person aus eigenem Recht beim von ihm als zuständig erachteten Träger anmelden kann. Damit kann offen bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gesichtspunkte der Einheit des Prozesses (E. 6.1.4 hiervor) und der Nichtigkeit eines Verzichts (E. 6.1.3 hiervor) auch in anderen Konstellationen eine Anmeldebefugnis Dritter zu begründen vermögen.
6.3.2 Nach dem Gesagten kann die versicherte Person den vorleistungspflichtigen Sozialversicherer nicht daran hindern, beim letztendlich zuständigen Versicherungsträger im Rahmen von Art. 71 ATSG die Rückerstattung der Vorleistungen zu verlangen. Unterlässt sie die Anmeldung, ist der Versicherer, welcher Vorleistungen erbracht hat, befugt, diese aus eigenem Recht vorzunehmen. Das Anmelderecht steht demnach neben den in Art. 66 Abs. 1 IVV genannten Berechtigten auch dem im Verhältnis zur Invalidenversicherung vorleistungspflichtigen Träger zu, welcher seine gesetzliche Vorleistungspflicht erfüllt hat. Soweit Rz. 1015 des Kreisschreibens über das Verfahren in der Invalidenversicherung (KSVI) etwas anderes besagt, ist die Verwaltungsweisung nicht rechtmässig.
7.
7.1 Die Beschwerdeführerin macht des Weiteren geltend, auch bei Vorliegen einer Anmeldebefugnis Dritter könne nur der (urteilsfähige) Versicherte selbst die für die Anspruchsprüfung erforderliche Entbindung von der Schweigepflicht vornehmen. Es sei davon auszugehen, dass die entsprechende Ermächtigung nicht erteilt würde. Deshalb hätte das Leistungsgesuch ohnehin (gestützt auf Art. 43 Abs. 3 ATSG) durch einen Nichteintretensentscheid erledigt werden müssen. Das kantonale Gericht habe deshalb zu Unrecht erkannt, die IV-Stelle müsse auf die Anmeldung des Krankenversicherers eintreten und in der Folge das Abklärungsverfahren durchführen.
7.2 Nach der zu Art. 66 Abs. 2 IVV ergangenen Rechtsprechung umfasst die zulässige Anmeldung durch Drittpersonen die Entbindung von Geheimnisträgern (insbesondere Ärztinnen und Ärzten) von ihrer Schweigepflicht nicht. Diese ist der (urteilsfähigen) versicherten Person vorbehalten (BGE 120 V 435 E. 2b S. 438 f.; Urteil I 113/05 vom 8. Juni 2005 E. 2.4 am Ende). Im vorliegenden Kontext ist jedoch zu beachten, dass der Versicherte durch die Geltendmachung seines Anspruchs auf Kostenübernahme beim obligatorischen Krankenpflegeversicherer den behandelnden Arzt im Verhältnis zu diesem Versicherungsträger von der Schweigepflicht entbunden hat. Diese Entbindung entfaltet auch insoweit Wirkung, als der vorleistungspflichtige Krankenversicherer anschliessend den bezahlten Betrag bei der - nach seiner Auffassung - letztlich zur Kostenübernahme verpflichteten IV-Stelle einfordern will. Eine zusätzliche Entbindungserklärung ist in dieser spezifischen Konstellation nicht erforderlich. Wie es sich verhält, falls die Organe der Invalidenversicherung für die Anspruchsprüfung weitere Informationen benötigen, über die der Krankenversicherer nicht verfügt und welche einer Geheimhaltungspflicht unterliegen, ist im vorliegenden Verfahren nicht näher zu prüfen. Dasselbe gilt für die vom BSV thematisierten Auswirkungen der 5. IV-Revision (E. 2 hiervor), insbesondere die in diesem Zusammenhang eingefügten, seit 1. Januar 2008 in Kraft stehenden und deshalb vorliegend nicht anwendbaren Art. 6a IVG und Art. 66 Abs. 1bis IVV.
8.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die IV-Stelle die Anmeldung vom 6. Juli 2007 hätte behandeln müssen. Das kantonale Gericht hat die gegen den Nichteintretensentscheid vom 29. Oktober 2007 erhobene Beschwerde zu Recht gutgeheissen. Die Beschwerde ist abzuweisen.
9. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin als der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da sich zwei Sozialversicherungsträger gegenüberstehen, gilt für die Gerichtsgebühr der ordentliche Rahmen nach Art. 65 Abs. 3 BGG, während Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG keine Anwendung findet (Urteile 9C_799/2007 vom 25. April 2008, E. 4, und 8C_13/2007 vom 28. Januar 2008, E. 6.1 [nicht publiziert in BGE 134 V 153]).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 25. März 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Flückiger