Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_496/2008
Urteil vom 17. April 2009
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiber Jancar.
Parteien
S.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Schweizer Paraplegiker-Vereinigung, Dr. Elisabeth Scherwey,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,
SWICA Gesundheitsorganisation, Römerstrasse 38, 8400 Winterthur.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 11. September 2007.
Sachverhalt:
A.
Die 1987 geborene S.________ arbeitete seit 1. August 2004 als Lernende im Bereich Verkauf bei der Firma M.________ und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch unfallversichert. Am 2. November 2004 wurde sie verletzt auf dem Boden vor ihrem Haus aufgefunden. Die Abklärungen ergaben, dass sie aus dem Fenster ihrer im dritten Stock liegenden Wohnung gestürzt war. Das Spital G.________, wo sie bis 16. November 2004 hospitalisiert war und am 2. sowie 8. November 2004 operiert wurde, diagnostizierte im Austrittsbericht vom 17. November 2004 eine komplette Berstungsfraktur LWK3 sowie eine Keilimpressionfraktur L2 und L4. Mit Verfügung vom 13. Oktober 2005 verneinte die SUVA ihre Leistungspflicht, da die Versicherte den Gesundheitsschaden absichtlich herbeigeführt habe und nicht davon ausgegangen werden könne, sie sei ohne eigenes Verschulden gänzlich unfähig gewesen, vernunftgemäss zu handeln. Die dagegen von der Versicherten und ihrem Krankenversicherer, der Swica Gesundheitsorganisation, Winterthur, erhobenen Einsprachen wies sie mit Entscheid vom 27. Dezember 2006 ab.
B.
Die hiegegen von der Versicherten und der Swica eingereichten Beschwerden wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 11. September 2007 ab.
C.
Mit Beschwerde beantragt die Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides seien ihr die gesetzlichen Leistungen in vollem Umfang auszurichten. Ferner verlangt sie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für die Gerichtskosten im letztinstanzlichen Verfahren.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während die SWICA und das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichten.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG ).
2.
2.1 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den Ausschluss von Versicherungsleistungen bei absichtlich herbeigeführten Gesundheitsschäden oder Tod (Art. 37 Abs. 1 UVG), ausser bei gänzlicher Unfähigkeit der versicherten Person, im Zeitpunkt der Tat vernunftgemäss zu handeln (Art. 48 UVV; BGE 129 V 95), zutreffend dargelegt.
2.2 Zu ergänzen ist, dass die leistungsansprechende Person, da sie das Vorliegen eines Unfalles zu beweisen hat, auch die Unfreiwilligkeit der Schädigung und bei Suizid oder Suizidversuch die Urteilsunfähigkeit nach Art. 16 ZGB zur Zeit der Tat nachweisen muss (SVZ 68 2000 S. 202; RKUV 1996 Nr. U 247 S. 168 E. 2a und b). Den Parteien obliegt jedoch in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Sozialversicherungsprozess keine subjektive Beweisführungslast im Sinne von Art. 8 ZGB. Eine Beweislast besteht nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die überwiegende Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125, 117 V 261 E. 3b S. 264; SVZ 68 2000 S. 202). Dass die versicherte Person absichtlich aus dem Leben geschieden ist oder scheiden wollte, darf nur dann als nachgewiesen gelten, wenn gewichtige Indizien jede andere den Umständen angemessene Deutung ausschliessen. Deshalb ist in solchen Fällen zunächst von der durch den Selbsterhaltungstrieb gegebenen Vermutung auszugehen, es liege keine Selbsttötung bzw. kein Selbsttötungsversuch vor, und sodann zu fragen, ob derart überzeugende Umstände vorliegen, dass diese Vermutung widerlegt wird (RKUV 1996 Nr. U 247 S. S. 168 E. 2a und b; Urteile 256/03 vom 9. Januar 2004, E. 3.3, und U 197/02 vom 11. März 2003, E. 5.3).
2.3 Die Urteilsfähigkeit der versicherten Person ist in bezug auf die in Frage stehende konkrete Handlung und unter Würdigung der bei ihrer Vornahme herrschenden objektiven und subjektiven Verhältnisse zu prüfen. Ob die Tat ohne Wissen und Willen erfolgte, ist nicht entscheidend; denn eine Absicht, und sei es auch nur in Form eines völlig unreflektierten, dumpfen Willensimpulses, ist stets festzustellen; sonst liegt keine Selbsttötung bzw. kein Suizidversuch vor. Massgeblich ist einzig, ob im entscheidenden Moment jenes Minimum an Besinnungsfähigkeit zur kritischen, bewussten Steuerung der endothymen (d.h. vor allem der triebhaften innerseelischen) Abläufe vorhanden war. Damit eine Leistungspflicht des Unfallversicherers entsteht, muss mit anderen Worten eine Geisteskrankheit, Geistesschwäche usw. nachgewiesen sein, welche im Zeitpunkt der Tat, unter Würdigung der herrschenden objektiven und subjektiven Umstände sowie in bezug auf die in Frage stehende Handlung, die Fähigkeit gänzlich aufgehoben hat, vernunftgemäss zu handeln. Es muss deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Geisteskrankheit oder eine schwere Störung des Bewusstseins nachgewiesen sein, also psychopathologische Symptome wie Wahn, Sinnestäuschungen, depressiver Stupor (plötzlicher Erregungszustand mit Selbsttötungstendenz), Raptus (plötzlicher Erregungszustand als Symptom einer seelischen Störung) u.a.m. Dazu muss das Motiv zum Suizid oder Suizidversuch aus der geisteskranken Symptomatik stammen, mit anderen Worten muss die Tat "unsinnig" sein. Eine blosse "Unverhältnismässigkeit" der Tat, indem der Suizident seine Lage in depressiv-verzweifelter Stimmung einseitig und voreilig einschätzt, genügt zur Annahme von Urteilsunfähigkeit nicht. Für deren Nachweis ist nicht bloss die zu beurteilende Suizidhandlung von Bedeutung und somit nicht allein entscheidend, ob diese als unvernünftig, uneinfühlbar oder abwegig erscheint. Vielmehr ist auf Grund der gesamten Umstände, wozu das Verhalten und die Lebenssituation der versicherten Person vor dem Selbsttötungsereignis insgesamt gehören, zu beurteilen, ob sie in der Lage gewesen wäre, den Suizid oder Suizidversuch vernunftmässig zu vermeiden oder nicht. Der Umstand, dass die Suizidhandlung als solche sich nur durch einen krankhaften, die freie Willensbetätigung ausschliessenden Zustand erklären lässt, stellt nur ein Indiz für das Vorliegen von Urteilsunfähigkeit dar (RKUV 1996 Nr. U 267 S. 309 E. 2b; erwähntes Urteil U 256/03, E. 3.2). An deren Nachweis sind keine strengen Anforderungen zu stellen; er gilt als geleistet, wenn eine durch übermächtige Triebe gesteuerte Suizidhandlung als wahrscheinlicher erscheint als ein noch in erheblichem Masse vernunftgemässes und willentliches Handeln (RKUV 1996 Nr. U 267 S. 309 E. 2c; erwähntes Urteil U 197/02, E. 5.3).
3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die SUVA für den Sturz der Versicherten aus dem Fenster, der sich zwischen dem Abend des 1. und dem Morgen des 2. November 2004 ereignete, grundsätzlich leistungspflichtig ist.
3.1 Am 3. November 2004 wurde die Versicherte vom Psychiater Dr. med. T.________, Leitender Arzt, Spital G.________, untersucht. Er führte in der Rubrik "Anamnestische Angaben" aus, sie habe seit dem 13. Lebensjahr eine Beziehung zu einem Mann gehabt, der vor drei Wochen verstorben sei. Sie gebe an, sich nicht mehr erinnern zu können, was gestern passiert sei. Offenbar Sturz aus der Höhe; gegenüber der Schwester habe sie angegeben, gestern Stilnox genommen zu haben. Nach Angaben der Mutter sei sie stark belastet gewesen durch die Trauerreaktion. Als Befund stellte Dr. med. T.________ fest: Schläfrig, weckbar, verladen, Gedankengang verlangsamt. Depressiv, zur Zeit nicht kooperationsfähig. Er diagnostizierte eine vorsätzliche Selbstverletzung in suizidaler Absicht. Eine Neubeurteilung erfolge morgen. Aufgrund der Abklärung der Versicherten vom 4. November 2004 legte Dr. med. T.________ in der Rubrik "Anamnestische Angaben" dar, nach dem Tod ihres Freundes habe sie bei seinen Angehörigen gelebt und nicht gearbeitet. Es sei ihr schlecht gegangen. Am 2. November habe sie Stilnox geschluckt, um zu sterben, danach Angst bekommen, dass es nicht ausreichend genug gewesen sei, um zu sterben. In dieser Angst Sturz aus dem Fenster in suizidaler Absicht. Als Befund gab Dr. med. T.________ an: Besonnen und orientiert, Gedankengang stockend, keine inhaltlichen Denkstörungen, affektiv depressiv, teilweise schlecht erreichbar. Vordergründig nicht suizidal, hintergründig unklar. Er diagnostizierte eine vorsätzliche Selbstverletzung und- vergiftung in suizidaler Absicht sowie eine depressive Anpassungsstörung.
3.2
3.2.1 Die Stadtpolizei X.________ hielt in den Berichten vom 2./11. November 2004 fest, beim Eintreffen der Motorpatrouille am 2. November 2004 sei die Versicherte in Bauchlage auf dem Teerboden des Parkplatzes direkt neben der Rabatte der Liegenschaft gelegen und bereits von den Rettungskräften versorgt worden. In ihrer Wohnung im dritten Stock sei vor dem offen stehenden Fenster ein kleiner Tisch gestanden, auf dem Wischspuren, vermutlich von den Fussballen, hätten ausgemacht werden können. Die Versicherte sei auf die mit Sträuchern bewachsene Rabatte gestürzt. Auf der Rabatte - Aufschlagstelle - hätten deutliche Körperabdrücke und Erbrochenes festgestellt werden können. Auf Grund der polizeilichen Feststellungen vor Ort - da die Aufschlagstelle etwa viereinhalb Meter von der Hausfassade entfernt gewesen sei - müsse die Versicherte vom Fenstersims abgesprungen sein. Wäre sie aus dem Fenster gefallen, wäre sie höchstens zwei Meter vor der Hausfassade entfernt gewesen.
3.2.2 Bei der polizeilichen Einvernahme vom 11. November 2004 sagte die Versicherte aus, sie habe den Tod ihres Freundes bei einem Autounfall nicht verkraften können und sei in Depressionen geraten. Obwohl ihr verschiedene Personen geholfen hätten, habe sie damit nicht fertig werden können. An diesem Abend habe sie mehrere Schlaftabletten zu sich genommen und habe einfach einschlafen bzw. aus dem Leben scheiden wollen. Da sie gemerkt habe, dass dies nicht gewirkt habe, habe sie sich auf den Tisch neben dem Fenster gesetzt und dieses geöffnet. Was danach geschehen sei, wisse sie nicht mehr. Ihr sei erst wieder klar geworden, als sie im Spital aufgewacht sei. Insgesamt habe sie etwa 17 Schlaftabletten und 50 Tropfen Schlafmittel eingenommen.
3.3 Die Psychiaterin Frau Dr. med. I.________ diagnostizierte im Bericht zu Handen des Zentrums Y.________ vom 30. November 2004 einen Status nach Suizidversuch infolge Überlastungssituation; derzeit keine manifeste Suizidalität. Im Rahmen der Anamnese führte sie aus, die Versicherte habe Stilnox-Tabletten in suizidaler Absicht geschluckt. Sie sei dabei auf einem vor dem Fenster stehenden Tisch gesessen. Sie wisse nicht mehr, ob und wie sie zum Fenster hinausgefallen oder -gesprungen sei. Sie habe für die drei folgenden Tage eine Teilamnesie.
3.4 In ihrer Ereignisbeschreibung vom 14. April 2005 betreffend die Nacht vom 1. auf den 2. November 2004 gab die Versicherte an, sie sei wie jeden Abend bei der Familie ihres verstorbenen Freundes gewesen und habe plötzlich sehr heiss bekommen. Sie habe danach ein paar Schlucke Amaretto auf den leeren Magen getrunken. Der Onkel und die Schwester ihres Freundes hätten sie nach Hause gefahren. Entgegen deren Willen habe sie allein sein wollen. Vor ihrer Türe habe sie das Gesteck mit dem Foto ihres Freundes gesehen und habe die Wohnung betreten. Sie sei ins Badezimmer gegangen, habe aus unerklärlichen Gründen jegliche Tabletten und Schlafmittel ins Schlafzimmer genommen und sich aufs Bett gelegt. Sie habe ein Glas mit Wasser und Medikamenten gefüllt und dies ohne die geringste Überlegung getrunken. Sie habe einfach nur schlafen wollen. Danach habe die Tatsache, dass die Tabletten in ihrem Körper gewesen seien, bei ihr eine regelrechte Panik ausgelöst. Sie habe zu schwitzen angefangen. In ihren Gedanken sei alles durcheinander gewesen. Sie habe das Krankenauto rufen wollen, doch dann habe sie gesehen, wie sie ihr den Magen auspumpen würden. Sie habe auf die Toilette gehen und sich den Finger in den Hals stecken wollen, doch Erbrechen sei für sie das Schlimmste überhaupt auf der Welt. Es sei ihr übel geworden, sie habe eine Hitze in sich gefühlt und kaum noch stehen können. Sie habe unbedingt frische Luft gebraucht, habe sofort das Fenster geöffnet und sich mit letzter Kraft auf das Esstischchen vor dem Fenster gezogen. Sie habe noch gewusst, dass sie dort mit angezogenen Beinen gesessen, das "Herzkissen" ihres Freundes umschlossen in den Armen gehabt und zur gegenüberliegenden Turnhalle geschaut habe, wo sie noch verschwommen eine Person wahrgenommen habe. Sie habe noch gedacht, hoffentlich denke diese Person nicht, dass sie einen Blödsinn machen könnte. Dann sei alles dunkel geworden und seitdem wisse sie nichts mehr.
4.
4.1 Umstritten und zu prüfen ist als Erstes, ob die Versicherte zwischen dem Abend des 1. und dem Morgen des 2. November 2004 in suizidaler Absicht (RKUV 1996 Nr. U 267 S. 309 E. 2b) aus dem Fenster sprang oder unabsichtlich aus dem Fenster stürzte und sich so die Verletzungen, deretwegen sie Leistungen beansprucht, zuzog. SUVA und Vorinstanz gehen von Ersterem aus.
4.2 Der Psychiater Dr. med. P.________, SUVA Versicherungsmedizin, legte in der Aktenbeurteilung vom 4. Oktober 2005 unter anderem dar, wichtig sei, dass sich bei der Versicherten unterschiedliche Aussagen zum Ereignis fänden: Am 14. April 2005 habe sie angegeben, sie könne sich von einem bestimmten Moment an an nichts mehr erinnern und der Sturz aus dem Fenster falle in das Dunkel dieser Gedächtnislücke. Diese Aussage stehe derjenigen gegenüber, die sie wenige Tage nach dem Ereignis bei Dr. med. T.________ gemacht habe. Hier berichte sie nicht von einer Gedächtnislücke, sondern Dr. med. T.________ dokumentiere, sie sei in suizidaler Absicht aus dem Fenster gesprungen. Im Hinblick auf die Beurteilung von Aussagen über zurückliegende Ereignisse aus der Erinnerung von Betroffenen gelte, dass ein grosser zeitlicher Abstand die Erinnerung an das Ereignis eher verfälsche, während die Erinnerung an das Ereignis vollständiger und unverfälschter sei, wenn die Aussage zeitnah stattgefunden habe. Er bewerte insofern die Aussage der Versicherten bei Dr. med. T.________, worin sie sich an einen Sprung aus dem Fenster erinnere, in der Beweiskraft stärker als die Monate später gemachte Aussage. In der Aktenbeurteilung vom 20. Dezember 2006 legte Dr. med. P.________ dar, Dr. med. T.________ habe sich am 3. November 2004 wegen des reduzierten Bewusstseinzustandes und der reduzierten kognitiven Funktionen der Versicherten entschieden, die Beurteilung am nächsten Tag vorzunehmen. Die Dokumentation des Gesprächs vom 4. November 2004 sei inhaltsreicher und die Versicherte habe sich daran in einem als "besonnen und orientiert" beschriebenen Zustand beteiligen können. Vor diesem Hintergrund gehe er davon aus, dass die Aussagekraft ihrer differenzierten Angaben vom 4. November 2004 höher zu bewerten sei als die knappen und groben Äusserungen vom Vortag. Für die Annahme, sie habe die nach 3. November 2004 gemachten Aussagen nur "nachgeredet", ergebe sich kein Anhalt.
5.
5.1 Es besteht eine Häufung von Beweisen und Indizien für die Annahme, dass die Versicherte am 2. November 2004 in suizidaler Absicht aus dem Fenster sprang. Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, fällt entscheidend ins Gewicht, dass sie nach den polizeilichen Ermittlungen etwa viereinhalb Meter von der Hausfassade entfernt auf den Boden in der Rabatte aufschlug; hätte es sich um einen Sturz aus dem Fenster gehandelt, wäre sie höchstens etwa zwei Meter von der Hausfassade entfernt aufgeschlagen (vgl. E. 3.2.1 hievor). Der Auffassung, dass die viereinhalb Meter vor der Hauswand liegende Aufschlagstelle nicht durch einen ungewollten blossen Sturz, sondern nur durch einen absichtlichen Sprung aus dem Fenster zu erreichen war, ist beizupflichten. Weiter ist zu beachten, dass die Versicherte gemäss dem Polizeibericht vom 2. November 2004 auf Grund der SMS auf ihrem Natel, das im Wohnzimmer aufgefunden worden war, offensichtlich an Depressionen litt. Der Psychiater Dr. med. T.________ diagnostizierte auf Grund von Untersuchungen der Versicherten eine vorsätzliche Selbstverletzung und -vergiftung in suizidaler Absicht sowie eine depressive Anpassungsstörung (E. 3.1 hievor; Berichte vom 3. und 4. November 2004). Bei der polizeilichen Einvernahme vom 11. November 2004 gab die Versicherte an, sie habe den Unfalltod ihres Freundes nicht verkraften können und sei in Depressionen verfallen. An diesem Abend habe sie mehrere Schlaftabletten zu sich genommen und habe einfach einschlafen bzw. aus dem Leben scheiden wollen (E. 3.2.2 hievor).
In Würdigung dieser Umstände ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die Versicherte zunächst in suizidaler Absicht Medikamente einnahm und danach in suizidaler Absicht aus dem Fenster sprang.
5.2 Die Versicherte macht geltend, es müsse davon ausgegangen werden, dass die Formulierung im Bericht des Dr. med. T.________ vom 4. November 2004 "In dieser Angst Sturz aus dem Fenster in suizidaler Absicht" nicht ihre Worte wiedergebe, sondern seine Interpretation des von ihm Wahrgenommenen darstelle. Sie sei nicht absichtlich aus dem Fenster gesprungen. Selbst wenn sie in ihrer depressiven Verstimmung zunächst an Suizid gedacht haben sollte, habe ihr Überlebenstrieb kurz nach der Medikamenteneinnahme gesiegt. Um frische Luft zu erhalten, habe sie das Fenster geöffnet und sich auf den daneben stehenden Tisch gesetzt. Leider sei die Wirkung der Medikamente stärker gewesen als erwartet; sie sei in einen Zustand der Besinnungslosigkeit versetzt worden und so wohl aus dem Fenster gestürzt. Sie habe sich beim Fenstersturz bereits in einem bewusstlosen Zustand befunden, weshalb ihr Körper relativ "locker" am Boden aufgeschlagen sei, was zur Folge gehabt habe, dass sie sich nicht noch schlimmer verletzt habe. Es sei anhand ihrer Verletzungen gutachterlich klären zu lassen, ob sie aus dem Fenster absichtlich gesprungen oder in bewusstlosen Zustand gestürzt sei; denn ein "wacher" und bewusstseinsklarer Mensch würde anders fallen und demzufolge auch andere Verletzungen erleiden als die Versicherte. Zudem verweist sie auf die polizeilich festgestellte Tatsache, dass sie auf dem Teerboden des Parkplatzes direkt neben der Rabatte aufgefunden wurde (E. 3.2.1 hievor); damit sei erstellt, dass sie sich nach dem Sturz bis zum Ort ihres Auffindens bewegt haben müsse; wie weit und wie stark dies der Fall gewesen sei, könne nicht mehr rekonstruiert werden.
Diese Vorbringen sind allesamt unbehelflich, da sie die polizeilich festgestellte Aufschlagstelle der Versicherten viereinhalb Meter von der Hausfassade entfernt nicht substantiiert in Frage zu stellen vermögen. Es bestehen unter diesen Umständen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bericht des Dr. med. T.________ vom 4. November 2004, die Versicherte sei in suizidaler Absicht aus dem Fenster gesprungen, nicht das Geschehene wiedergibt. Da diesbezüglich von weiteren Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, ist darauf zu verzichten (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 131 I 153 E. 3 S. 157, 124 V 90 E. 4b S. 94).
6.
Streitig ist, ob die Versicherte im Zeitpunkt des Suizidversuchs gänzlich unfähig war, vernunftgemäss zu handeln (E. 2.1 und 2.3 hievor).
6.1 Zu dieser Frage nahm der Psychiater Dr. med. P.________ in den Aktenbeurteilungen vom 4. Oktober 2005 und 20. Dezember 2006 Stellung. Am 4. Oktober 2005 führte er unter anderem aus, eine suizidale Absicht bzw. Tat im Zusammenhang mit der von der Versicherten beschriebenen belastenden psychischen Situation nach dem Tod ihres Freundes sei durchaus verstehbar und nachvollziehbar und könne als Symptom der festgestellten depressiven Reaktion angesehen werden. Auch früher sei bei ihr in einer schwierigen Lebenssituation Suizidalität aufgetreten. Weiter legte er unter Hinweis auf die Ereignisbeschreibung der Versicherten vom 14. April 2005 (E. 3.4 hievor) dar, sie habe in einer psychisch schwer belastenden Situation unterschiedliche aufeinanderfolgende Handlungen getätigt mit der Absicht, sich das Leben zu nehmen. Die Handlungen seien konsequent mit Hinblick auf die angesprochene Absicht und dienlich. Gelegentlich werde das Vorliegen eines Abschiedsbriefs als Anhalt für die voll erhaltene Urteilsfähigkeit angeführt. Dass die Versicherte keinen solchen hinterlassen habe, sei gut verstehbar, weil für sie nach dem Tod ihres Freundes keine wichtige lebende Person als Adressat mehr vorhanden gewesen sei. Die Versicherte habe Alkohol und Tabletten eingenommen, also Substanzen, welche die Urteilsfähigkeit grundsätzlich einschränken könnten. Es liege aber kein Hinweis vor, der belege, dass sich diese Substanzen in ihrem Verhalten oder Denken auf eine Art und Weise ausgewirkt hätten, die Rückschlüsse auf eine eingeschränkte Urteilsfähigkeit zuliesse. Zwar habe sie am 14. April 2005 geschrieben, "ohne die geringste Überlegung" Tabletten eingenommen zu haben. In einem früheren Zeitpunkt habe sie aber gegenüber Dr. med. T.________ sehr wohl ihre suizidale Absicht explizit erwähnt. Von ihren unterschiedlichen Aussagen müsse denen mit der grösseren zeitlichen Nähe zum Ereignis die grössere Aussagekraft beigemessen werden. Die Rekonstruktion des Geschehens ergebe, dass die Versicherte in einem psychisch schwer belastenden Zustand die Absicht, dem Leben ein Ende zu bereiten, verfolgt und dafür unterschiedliche Handlungen ausgeführt habe. Die psychische Störung habe ihre Fähigkeit, im Zeitpunkt des Ereignisses vernunftgemäss zu handeln, nicht überwiegend wahrscheinlich vollständig aufgehoben. In der Aktenbeurteilung vom 20. Dezember 2006 hielt Dr. med. P.________ an seiner Einschätzung fest.
6.2 Laut dem Polizeibericht vom 2. November 2004 litt die Versicherte auf Grund der SMS auf ihrem Natel offensichtlich an Depressionen. Gemäss den Akten hat sie am Abend vor dem Sprung aus dem Fenster auch Alkohol konsumiert (E. 3.2.1 und 3.4 hievor). Der Psychiater Dr. med. T.________ untersuchte sie am 3. und 4. November 2004, mithin erstmals einen Tag nach ihrem Auffinden. Er diagnostizierte eine depressive Anpassungsstörung und gab an, vor dem Sturz aus dem Fenster habe die Versicherte Stilnox geschluckt. Zur Frage ihrer Urteil(un)fähigkeit enthalten seine beiden kurzen, stichwortartigen Berichte jedoch keine Stellungnahme (E. 3.1 hievor). Auf Grund dieser Angaben zu ihrem Geisteszustand ist indessen nicht ausgeschlossen, dass sie im Zeitpunkt des Suizidversuchs gänzlich urteilsunfähig war (betreffend Selbstschädigungen im Zusammenhang mit dem Auftreten von Anpassungsstörungen vgl. Dilling/Freyberger [Hrsg.], Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 4. A., Bern, 2008, S. 171; Dilling/Mombour/Schmidt [Hrsg.], Internationale Klassifikation psychischer Störungen, ICD-10 Kapitel V [F], Klinisch-diagnostische Leitlinien, 6. A., Bern etc. 2008, S. 180 f.). Die Urteilsunfähigkeit lässt sich auf Grund der übrigen Tatumstände nicht von vornherein verneinen.
Entgegen der Auffassung von SUVA und Vorinstanz ist es nicht gerechtfertigt, bezüglich der Frage Urteils(un)fähigkeit allein auf die Aktenbeurteilungen des Dr. med. P.________ abzustellen. Zwar ist eine reine Aktenbeurteilung bzw. ein reines Aktengutachten nicht an sich als unzuverlässig zu beurteilen. Eine Relativierung betreffend reiner Aktengutachten erfolgte indessen in RKUV 2001 Nr. U 438 S. 345 (mit Hinweis auf BGE 127 I 54 E. 2e-g S. 57 ff.), wo festgehalten wurde, dass sich psychiatrische Gutachten grundsätzlich auf eine persönliche Untersuchung abzustützen hätten (siehe auch Urteil U 312/02 vom 26. November 2003, E. 2.3). Wichtigste Grundlage gutachtlicher Schlussfolgerungen ist hier - gegebenenfalls neben standardisierten Tests - die klinische Untersuchung mit Anamneseerhebung, Symptomerfassung und Verhaltensbeobachtung (vgl. Leitlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Versicherungspsychiatrie [SGVP] für die Begutachtung psychischer Störungen, in: Schweizerische Ärztezeitung 2004 S. 1050 Ziff. IV/4.). Die direkte ärztliche Auseinandersetzung mit der zu begutachtenden Person rückt erst dann in den Hintergrund, wenn es im Wesentlichen nur um die Beurteilung eines feststehenden medizinischen Sachverhalts geht und sich neue Untersuchungen erübrigen; in einem solchen Fall kann auch ein reines Aktengutachten voll beweiswertig sein (Urteil I 1094/06 vom 14. November 2007, E. 3.1.1, besprochen in SZS 2008 S. 393; in RKUV 1988 Nr. U 56 S. 370 publ. E. 5b des Urteils BGE 114 V 109; vgl. auch BGE 127 I 54 E. 2f S. 58). Eine derartige Ausgangslage bestand hier aber nicht, weshalb eine psychiatrische Begutachtung mit persönlicher Exploration der Versicherten durchzuführen ist. Der begutachtenden Person bleibt es anheimgestellt, bei Dr. med. T.________ zusätzliche Auskünfte betreffend seine damaligen Feststellungen einzuholen. Nach Durchführung der erforderlichen Abklärungen hat die SUVA über ihre Leistungspflicht neu zu verfügen.
7.
Die Rückweisung der Sache an die SUVA zu erneuter Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt als volles Obsiegen der Versicherten gemäss Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 2 BGG (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235), wobei die SUVA nicht unter die Befreiung von Gerichtskosten nach Art. 66 Abs. 4 BGG fällt (BGE 133 V 642). Das Gesuch der Versicherten um unentgeltliche Rechtspflege für die Gerichtskosten ist damit gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 11. September 2007 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 27. Dezember 2006 aufgehoben werden und die Sache an die SUVA zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Leistungsanspruch neu verfüge.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der SUVA auferlegt.
3.
Die SUVA hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 17. April 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Jancar