BGer 8C_652/2008 |
BGer 8C_652/2008 vom 08.05.2009 |
Bundesgericht
|
Tribunal fédéral
|
Tribunale federale
|
{T 0/2}
|
8C_652/2008
|
Urteil vom 8. Mai 2009
|
I. sozialrechtliche Abteilung
|
Besetzung
|
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
|
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
|
Gerichtsschreiber Hochuli.
|
Parteien
|
Bundesamt für Sozialversicherungen,
|
3003 Bern, Beschwerdeführer,
|
gegen
|
J.________, Beschwerdegegnerin,
|
vertreten durch Rechtsanwalt Josef Jacober,
|
IV-Stelle des Kantons Appenzell Innerrhoden, Poststrasse 9, 9050 Appenzell.
|
Gegenstand
|
Invalidenversicherung,
|
Beschwerde gegen den Entscheid des
|
Kantonsgerichts Appenzell Innerrhoden
|
vom 15. April 2008.
|
Sachverhalt:
|
A.
|
J.________, geboren 1971, ist geschieden und Mutter von zwei Kindern (mit Jahrgängen 1993 und 1997). Sie reiste 1991 als Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina in die Schweiz ein und arbeitete von Juli 1994 bis Juli 2001 vollzeitlich als Textilmitarbeiterin für die Firma W.________ AG. Seither blieb sie arbeitsunfähig. Am 4. September 2002 meldete sie sich wegen einem Rückenleiden und Schlafstörungen bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Nach erwerblichen und medizinischen Abklärungen, der Gewährung von Berufsberatung und der Durchführung einer beruflichen Abklärung verneinte die IV-Stelle des Kantons Appenzell Innerrhoden den Anspruch auf eine Invalidenrente bei einem ermittelten Invaliditätsgrad von 36 % (Verfügung vom 28. Januar 2005). Gestützt auf die Ergebnisse der polydisziplinären Begutachtung in der Medizinischen Abklärungsstelle X.________ (das Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle X.________ datiert vom 12. April 2007) sowie unter Berücksichtigung der Unterdurchschnittlichkeit des ohne Gesundheitsschaden erzielten Einkommens im Vergleich zu einem branchenüblichen Lohn gemäss statistischen Angaben ermittelte die IV-Stelle einen Invaliditätsgrad von 45 % und sprach der Versicherten mit Wirkung ab 1. Februar 2003 eine Viertelsrente zu (Einspracheentscheid vom 18. Oktober 2007).
|
B.
|
Die hiegegen erhobene Beschwerde der J.________ hiess das Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden gut, soweit es darauf eintrat. Es hob den Einspracheentscheid vom 18. Oktober 2007 auf und sprach der Versicherten mit Wirkung ab 1. Februar 2003 eine halbe Invalidenrente zu, weil zusätzlich ein leidensbedingter Abzug von dem nach den Tabellenlöhnen bestimmten Invalideneinkommen in der Grössenordnung von 10 bis 25 % zu berücksichtigen sei, so dass in jedem Fall ein Invaliditätsgrad resultiere, welcher der Beschwerdeführerin einen Anspruch auf eine halbe Invalidenrente einräume (Entscheid vom 15. April 2008).
|
C.
|
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) die Aufhebung des Gerichts- und des Einspracheentscheides mit der Begründung, das kantonale Gericht habe bei der konkreten Berücksichtigung eines Parallelisierungsabzuges und eines zusätzlichen leidensbedingten Abzuges von dem tabellarisch bestimmten Invalideneinkommen Bundesrecht verletzt. Bei korrekter Ermittlung resultiere ein rentenanspruchausschliessender Invaliditätsgrad.
|
Die Vorinstanz und J.________ schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Letztere ersucht gleichzeitig um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
|
Erwägungen:
|
1.
|
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen und ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
|
2.
|
Strittig ist, ob die Versicherte Anspruch auf eine Invalidenrente hat. Allein diese Frage bildete bereits Gegenstand der Verwaltungsverfügung, des Einspracheentscheids und des angefochtenen Gerichtsentscheids (vgl. zum Anfechtungs- und Streitgegenstand: BGE 131 V 164 E. 2.1 S. 164 mit Hinweis). Teilaspekte eines Rechtsverhältnisses - wie z.B. der bei der Festsetzung der Invalidenrente massgebende Faktor des Invaliditätsgrades - sind grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbar (BGE 125 V 413 E. 2b S. 416) und folglich der richterlichen Überprüfung erst entzogen, wenn über den Streitgegenstand insgesamt rechtskräftig entschieden worden ist (SZS 2008 S. 575, 9C_115/2008 E. 6.2 mit Hinweis). Soweit das Beschwerde führende BSV letztinstanzlich die Aufhebung des kantonalen Gerichts- und des Einspracheentscheides beantragt, weil Verwaltung und Vorinstanz rechtsfehlerhaft einen anspruchsbegründenden Invaliditätsgrad festgestellt hätten, ist dieses Rechtsbegehren - entgegen der Vorinstanz - weder unzulässig noch steht diesem die Rechtskraftwirkung entgegen.
|
3.
|
3.1 Die IV-Stelle hat gemäss Einspracheentscheid vom 18. Oktober 2007 durch Einkommensvergleich (Art. 28 Abs. 2 IVG in der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung in Verbindung mit Art. 16 ATSG) für das Jahr 2004 bei einem Valideneinkommen von Fr. 38'626.- und einem Invalideneinkommen von Fr. 21'205.43 einen Invaliditätsgrad von 45,10 % ermittelt und gestützt darauf den Anspruch auf eine Viertelsrente im Sinne von Art. 28 Abs. 1 IVG (in der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung) bejaht. Dabei stellte die Verwaltung aus dem Vergleich des Valideneinkommens mit dem schweizerischen Durchschnittseinkommen von Arbeitnehmerinnen im Textilgewerbe auf dem Anforderungsniveau 4 laut der vom Bundesamt für Statistik (BFS) alle zwei Jahre herausgegebenen Lohnstrukturerhebung (LSE) für das Jahr 2004 eine Unterdurchschnittlichkeit (vgl. BGE 134 V 322) im Ausmass von minus 12,55 % fest. Um diesen Prozentsatz setzte die IV-Stelle das Invalideneinkommen herab und berücksichtigte sodann die invaliditätsbedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit um 50 % (in der angestammten und jeder leidensangepassten, körperlich mittelschweren bis selten schweren Tätigkeit).
|
3.2 Während die Verwaltung stillschweigend keinen Abzug von dem nach den Tabellenlöhnen bestimmten Invalideneinkommen im Sinne von BGE 126 V 75 vornahm, hat dies das kantonale Gericht beanstandet und erwogen, dass die Verweigerung eines Leidensabzuges als Rechtsverletzung zu qualifizieren sei. Zwar rechtfertigten weder das junge Lebensalter der Versicherten noch die körperlich bedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit einen Leidensabzug. Demgegenüber seien die psychisch bedingte 50%ige Arbeitsunfähigkeit, das Fehlen einer abgeschlossenen Berufslehre und die mangelhaften Deutschkenntnisse als erschwerende Faktoren auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Mit Blick auf die von der Vorinstanz beurteilten letzten sieben Anwendungsfälle von Leidensabzügen sei hier - in Abweichung vom Einspracheentscheid der IV-Stelle - zusätzlich einzig ein leidensbedingter Abzug von 10 bis 25 % angezeigt, so dass ein Invaliditätsgrad von 51 bis 59 % resultiere, welcher in jedem Falle einen Anspruch auf eine halbe Invalidenrente begründe.
|
4.
|
Auf der nicht medizinischen beruflich-erwerblichen Stufe der Invaliditätsbemessung charakterisieren sich als Rechtsfragen die gesetzlichen und rechtsprechungsgemässen Regeln über die Durchführung des Einkommensvergleichs (BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348, 128 V 29 E. 1 S. 30, 104 V 135 E. 2a und b S. 136 f.). In dieser Sicht stellt sich die Feststellung der beiden hypothetischen Vergleichseinkommen als Tatfrage dar, soweit sie auf konkreter Beweiswürdigung beruht, hingegen als Rechtsfrage, soweit sich der Entscheid nach der allgemeinen Lebenserfahrung richtet. Letzteres betrifft etwa die Fragen, ob Tabellenlöhne anwendbar sind und welches die massgebliche Tabelle ist (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 8C_255/2007 vom 12. Juni 2008 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 134 V 322) sowie die Wahl der zutreffenden Stufe (Anforderungsniveau 1, 2, 3 oder 4; Urteile I 860/06 vom 7. November 2007 E. 3.2 und I 732/06 vom 2. Mai 2007 E. 4.2.2) und des zu berücksichtigenden Wirtschaftszweigs oder Totalwertes (Urteil 9C_678/2008 vom 29. Januar 2009 E. 3.2 mit Hinweis). Demgegenüber beschlägt der Umgang mit den Zahlen in der massgeblichen LSE-Tabelle eine Tatfrage. Schliesslich ist die Frage, ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Leidensabzug vorzunehmen sei, eine Rechtsfrage, während jene nach der Höhe des Abzuges eine typische Ermessensfrage darstellt, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung vorliegt (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 in fine S. 399; Urteil 9C_973/2008 vom 19. Januar 2009 E. 3). Ermessensmissbrauch ist gegeben, wenn eine Behörde zwar im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens bleibt, sich aber von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt oder allgemeine Rechtsprinzipien, wie das Verbot von Willkür oder rechtsungleicher Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben sowie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 123 V 150 E. 2 S. 152 mit Hinweisen).
|
5.
|
Das BSV beanstandet, das kantonale Gericht habe in zweifacher Hinsicht Bundesrecht verletzt. Zum einen habe die Vorinstanz bei dem von der Verwaltung infolge eines unterdurchschnittlichen Valideneinkommens berücksichtigten Parallelisierungsabzug von 12,55 % nicht geprüft, ob die von der Rechtsprechung hiefür statuierten Voraussetzungen erfüllt seien. Nur eine - aus invaliditätsfremden Gründen hinzunehmende und nicht aus freien Stücken tolerierte - deutliche Abweichung des tatsächlich erzielten Verdienstes vom branchenüblichen LSE-Durchschnittslohn vermöge gegebenenfalls eine Parallelisierung der Vergleichseinkommen zu rechtfertigen. Als deutlich könne nur eine Abweichung bezeichnet werden, welche über eine Schwelle von 10 % hinausgehe. Hier sei deshalb - bei Erfüllung der übrigen, bisher nicht geprüften Voraussetzungen - höchstens eine Parallelisierung im Ausmass von 2,55 % zulässig. Zum anderen habe das kantonale Gericht zu Unrecht zusätzlich zum Parallelisierungsabzug einen leidensbedingten Abzug von 10 bis 25 % vorgenommen. Mit der IV-Stelle sei davon auszugehen, dass weder die beruflichen noch die persönlichen Umstände des konkreten Einzelfalles für die Vornahme eines solchen Abzuges sprächen. Schliesslich könne ein Abzug keinesfalls in der von der Vorinstanz praktizierten Weise schematisch nach Massgabe der letzten sieben, vor dem kantonalen Sozialversicherungsgericht entschiedenen Fälle quantifiziert werden.
|
5.1 In BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325 hat das Bundesgericht unlängst erkannt:
|
Was zunächst die Ermittlung des Valideneinkommens anbelangt, ist entscheidend, was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdient hätte. Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft, da es empirischer Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein (BGE 129 V 222 E. 4.3.1 S. 224 mit Hinweisen). Bezog eine versicherte Person aus invaliditätsfremden Gründen (z.B. geringe Schulbildung, fehlende berufliche Ausbildung, mangelnde Deutschkenntnisse, beschränkte Anstellungsmöglichkeiten wegen Saisonnierstatus) ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen, ist diesem Umstand bei der Invaliditätsbemessung nach Art. 16 ATSG Rechnung zu tragen, sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie sich aus freien Stücken mit einem bescheideneren Einkommensniveau begnügen wollte (BGE 125 V 146 E. 5c/bb S. 157 mit Hinweisen). Nur dadurch ist der Grundsatz gewahrt, dass die auf invaliditätsfremde Gesichtspunkte zurückzuführenden Lohneinbussen entweder überhaupt nicht oder aber bei beiden Vergleichseinkommen gleichmässig zu berücksichtigen sind (BGE 129 V 222 E. 4.4 S. 225). Diese Parallelisierung der Einkommen kann praxisgemäss entweder auf Seiten des Valideneinkommens durch eine entsprechende Heraufsetzung des effektiv erzielten Einkommens oder durch Abstellen auf die statistischen Werte (vgl. SVR 2008 IV Nr. 2 S. 3, I 697/05 und Urteil I 750/04 vom 5. April 2006 E. 5.5) oder aber auf Seiten des Invalideneinkommens durch eine entsprechende Herabsetzung des statistischen Wertes (vgl. Urteil U 454/05 vom 6. September 2006 E. 6.3.3 mit Hinweisen) erfolgen.
|
Die Grundüberlegung dieser Rechtsprechung ist die folgende: Wenn eine versicherte Person in derjenigen Tätigkeit, die sie als Gesunde ausgeführt hat, einen deutlich unterdurchschnittlichen Lohn erzielt, weil ihre persönlichen Eigenschaften (namentlich fehlende Ausbildung oder Sprachkenntnisse, ausländerrechtlicher Status) die Erzielung eines Durchschnittslohnes verunmöglichen, dann ist nicht anzunehmen, dass sie mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung behaftet einen (anteilmässig) durchschnittlichen Lohn erzielen könnte (BGE 135 V 58 E. 3.4.3 S. 61).
|
5.2 Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nach der Rechtsprechung primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als Invalidenlohn. Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, so können nach der Rechtsprechung entweder die LSE-Tabellenlöhne oder die sogenannten DAP-Zahlen herangezogen werden (BGE 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475, SVR 2005 UV Nr. 16 S. 52 [U 192/03 E. 3.1], je mit Hinweisen). Praxisgemäss können persönliche und berufliche Merkmale der versicherten Person wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Nationalität oder Aufenthaltskategorie sowie Beschäftigungsgrad einen auf höchstens 25 % begrenzten Leidensabzug von dem nach den LSE-Tabellenlöhnen zu ermittelnden Invalideneinkommen rechtfertigen, soweit anzunehmen ist, dass die trotz des Gesundheitsschadens verbleibende Leistungsfähigkeit infolge eines oder mehrerer dieser Merkmale auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem Einkommen verwertet werden kann (BGE 134 V 322 E. 5.2 S. 327 mit Hinweis auf BGE 126 V 75).
|
5.3 Ist bestimmten einkommensbeeinflussenden Merkmalen im Sinne von BGE 126 V 75 E. 5b/aa S. 79 bereits bei der Parallelisierung (E. 5.1 hievor) der Vergleichseinkommen Rechnung getragen worden, dürfen dieselben invaliditätsfremden Faktoren nicht nochmals im Rahmen des sogenannten Leidensabzuges (E. 5.2 i.f. hievor) berücksichtigt werden (BGE 134 V 322 E. 5.2 in fine S. 328). Der Abzug wird sich daher in der Regel auf leidensbedingte Faktoren beschränken und nicht mehr die maximal zulässigen 25 % für sämtliche invaliditätsfremden und invaliditätsbedingten Merkmale ausschöpfen (BGE 134 V 322 E. 6.2 in fine S. 330). Kann tatsächlich oder zumutbarerweise ein durchschnittliches Invalideneinkommen erzielt werden, dann besteht kein Grund, ein aus wirtschaftlichen Gründen unterdurchschnittliches Valideneinkommen im Rahmen der Einkommensparallelisierung auf ein durchschnittliches hochzurechnen (BGE 135 V 58 E. 3.4.3 S. 61). Dieses Vorgehen ist weder verfassungswidrig noch diskriminierend und stellt keine methodische Ungleichbehandlung Schlechterverdienender dar (BGE 135 V 58 E. 3.4.4 S. 63). Schliesslich hat die Invalidenversicherung weder für ungünstige konjunkturelle Verhältnisse einzustehen noch regionale Lohnunterschiede auszugleichen (Urteil I 405/06 vom 29. Mai 2007 E. 4.2 mit Hinweisen).
|
6.
|
6.1 Das Beschwerde führende BSV rügt, dass Verwaltung und Vorinstanz die praxisgemäss statuierten Voraussetzungen der Einkommensparallelisierung (im Sinne von E. 5.1 hievor) nicht geprüft haben.
|
6.1.1 Ein Abweichen vom Regelfall, wonach das Valideneinkommen grundsätzlich anhand des zuletzt verdienten Lohnes zu bestimmen ist, kommt erst dann in Frage, wenn - unter anderem - der tatsächlich erzielte Verdienst deutlich unter dem branchenüblichen LSE-Tabellenlohn liegt (BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325; vgl. Urteil 9C_488/2008 vom 5. September 2008 E. 6.3 mit Hinweisen). Ob die von IV-Stelle und kantonalem Gericht im Rahmen der Einkommensparallelisierung berücksichtigte Abweichung vom branchenüblichen Durchschnittseinkommen die von der Rechtsprechung geforderte Deutlichkeitsschwelle erreicht, ist vom Bundesgericht als Rechtsfrage frei zu prüfen (vgl. E. 4 hievor).
|
6.1.2 In der Praxis wurde das Überschreiten des Erheblichkeitsgrenzwertes bei einer Abweichung des tatsächlich erzielten Verdienstes vom branchenspezifischen Tabellenlohn um zehn und mehr Prozentpunkte bejaht (vgl. z.B. die Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts U 454/05 vom 6. September 2006 E. 6.3.2, I 601/03 vom 27. Februar 2004 E. 5.2, I 411/02 vom 5. Februar 2003 E. 4.1 und 4.3, I 97/00 vom 29. August 2002 E. 4, AHI 1999 S. 237 [I 377/98 E. 3], I 164/96 vom 15. Oktober 1996 E. 2 und des Bundesgerichts 9C_395/2008 vom 9. Oktober 2008 E. 5.3.2 und SVR 2008 IV Nr. 2 S. 3 [I 697/05 E. 5.4]), bei einer Abweichung um weniger als fünf Prozentpunkte jedoch verneint (vgl. z.B. die Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 314/00 vom 7. Mai 2001 E. 2c/aa i.f. und des Bundesgerichts 9C_782/2008 vom 4. März 2009 E. 4.2.3, 9C_69/2009 vom 13. Februar 2009 E. 3.3, SVR 2008 IV Nr. 49 S. 163 [9C_404/2007 E. 2.3] und 8C_367/2007 vom 7. April 2008 E. 5.3). Zuletzt liess das Bundesgericht offen, wo der konkrete prozentuale Erheblichkeitsgrenzwert anzusetzen sei (Urteile 9C_891/2007 vom 30. Dezember 2008 E. 2.2 i.f. und SVR 2009 IV Nr. 7 S. 13 [9C_488/2008 E. 6.6]). Obwohl vereinzelt auch bei einer Abweichung um knapp mehr als 5 % das Erreichen der Deutlichkeitsschwelle verneint wurde (vgl. z.B. Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 27/06 vom 24. August 2006 E. 6.3.2 und des Bundesgerichts 9C_796/2008 vom 6. November 2008 E. 2.3), ist auch mit Blick auf den soweit ersichtlich ersten Parallelisierungsfall (ZAK 1989 S. 456, I 362/88 E. 3b i.f.) die in SVR 2009 IV Nr. 7 S. 13, 9C_488/2008 E. 6.6, offengelassene Rechtsfrage in dem Sinne zu beantworten, dass der Erheblichkeitsgrenzwert der Abweichung des tatsächlich erzielten Verdienstes vom branchenüblichen LSE-Tabellenlohn, ab welchem sich eine Parallelisierung der Vergleichseinkommen im Sinne von BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325 f. rechtfertigen kann, auf 5 % festzusetzen ist. Der nach Massgabe der Tabellenlöhne bestimmte Referenzwert des branchenüblichen Einkommens basiert auf den Ergebnissen einer statistischen Durchschnittswertermittlung im Rahmen der vom Bundesamt für Statistik alle zwei Jahre durchgeführten Lohnstrukturerhebung mit einer entsprechenden Streuweite der einzelnen erfassten Löhne. Auch vor diesem Hintergrund genügt der auf - nur, aber immerhin - 5 % zu beziffernde Erheblichkeitsgrenzwert als Voraussetzung der Einkommensparallelisierung dem Bedürfnis nach Ausgleichung eines aus invaliditätsfremden Gründen unfreiwillig deutlich unterdurchschnittlich realisierten Einkommens in der angestammten Tätigkeit.
|
6.1.3 Setzt die Einkommensparallelisierung im Sinne von BGE 134 V 322 unter anderem das Erreichen des Erheblichkeitsgrenzwertes von 5 % voraus (E. 6.1.2 hievor), stellt sich die Frage, wie die Parallelisierung vorzunehmen ist. Wird ab Erreichen des Erheblichkeitsgrenzwertes um die volle prozentuale Abweichung parallelisiert, so kommt es zwischen einem ohne Parallelisierung durchzuführenden Einkommensvergleich (bei einer Abweichung des tatsächlich erzielten Verdienstes vom branchenüblichen LSE-Tabellenlohn von 4 %) und einem mit Parallelisierung durchzuführenden Einkommensvergleich bei einer Abweichung von 5 % zu einem willkürlich erscheinenden, erheblichen, sprunghaften Anstieg des Invaliditätsgrades um mehrere Prozentpunkte. Mit Blick auf eine dem Grundsatz der Rechtsgleichheit genügende Invaliditätsgradermittlung ist zu vermeiden, dass die - bei einer kontinuierlich ansteigenden Differenz zwischen tatsächlich erzieltem Lohn und branchenüblichem Durchschnittseinkommen - ab Erreichen des Erheblichkeitsgrenzwertes von mindestens 5 % gegebenenfalls durchzuführende Einkommensparallelisierung eine sprunghafte Erhöhung des Invaliditätsgrades zur Folge hat. Es ist daher nur in dem Umfang zu parallelisieren, in welchem die prozentuale Abweichung den Erheblichkeitsgrenzwert von 5 % übersteigt, bezweckt doch die Parallelisierung praxisgemäss nur die Ausgleichung einer deutlichen - also nicht jeder kleinsten - Abweichung des tatsächlich erzielten Verdienstes vom tabellarisch bestimmten branchenüblichen Referenzeinkommen. Insofern ist an der bisherigen Praxis, welche bei gegebenen Voraussetzungen - insbesondere einer ausreichend deutlichen Abweichung des Valideneinkommens vom branchenüblichen LSE-Tabellenlohn - jeweils die Parallelisierung im vollen Ausmass der ganzen prozentualen Unterdurchschnittlichkeit vornahm, nicht länger festzuhalten.
|
6.1.4 Soweit Verwaltung und Vorinstanz im Rahmen des Einkommensvergleiches ohne Prüfung der praxisgemäss im Weiteren vorausgesetzten Bedingungen die Parallelisierung durch Herabsetzung des Invalideneinkommens im vollen Umfang des Minderverdienstes von 12,55 % vorgenommen haben, verletzt der angefochtene Entscheid nach dem Gesagten Bundesrecht. Die IV-Stelle, an welche die Sache zwecks Durchführung ergänzender Abklärungen und Neuverfügung über einen allfälligen Rentenanspruch zurückzuweisen ist, wird untersuchen, ob die weiteren Voraussetzungen (E. 5.1 und 5.3 hievor) einer Einkommensparallelisierung erfüllt sind, welche gegebenenfalls anschliessend in der hier dargelegten Weise (E. 6.1.3) durchzuführen ist.
|
6.2 Wie das BSV im Übrigen zu Recht beanstandet, wird sich die Verwaltung im Rahmen der Rückweisung zur Neuverfügung über einen allfälligen Rentenanspruch auch zur Frage des Leidensabzuges (BGE 126 V 75) zu äussern haben, welcher praxisgemäss insofern in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis zu den Voraussetzungen der Einkommensparallelisierung (BGE 134 V 322) steht (vgl. dazu E. 5.3 hievor), als dieselben einkommensbeeinflussenden Faktoren nicht sowohl einen Parallelisierungs- als auch einen Leidensabzug zu begründen vermögen. Sollte sich herausstellen, dass die Beschwerdegegnerin - aus invaliditätsfremden Gründen - infolge fehlender Berufsausbildung und mangelhafter Sprachkenntnisse ein unterdurchschnittliches Valideneinkommen erzielt hatte, welches um mindestens 5 % unter dem branchenüblichen LSE-Tabellenlohn liegt, so dass die Vergleichseinkommen nach Massgabe der Erwägungen 5.1 und 6.1.3 hievor zu parallelisieren sind, vermögen dieselben Faktoren praxisgemäss (E. 5.3 hievor) nicht zusätzlich auch noch einen Leidensabzug zu begründen, was das kantonale Gericht offensichtlich ausser Acht liess. Schliesslich erfordert die rechtsfehlerfreie Festsetzung eines Leidensabzuges - im Gegensatz zu der mit angefochtenem Entscheid zum Ausdruck gebrachten Auffassung - nicht ein schematisches Abstellen auf praktische Anwendungsfälle des kantonalen Sozialversicherungsgerichts, sondern eine gesamthafte Schätzung aller das Invalideneinkommen gemäss BGE 126 V 75 beeinflussenden Merkmale auf Grund einer nach pflichtgemässem Ermessen durchzuführenden Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles (BGE 126 V 75 E. 5b/bb i.f. S. 80 mit Hinweisen).
|
7.
|
Die Beschwerdegegnerin hat im bundesgerichtlichen Verfahren - wie schon vor dem Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden als Beschwerde führende Partei - um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht.
|
7.1 Das Verfahren vor Bundesgericht ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann in Bezug auf die vorläufige Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten entsprochen werden, da die Bedürftigkeit ausgewiesen und die Aussichtslosigkeit in dieser Verfahrenslage nicht zu prüfen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG; Urteil 9C_422/2007 vom 4. April 2008 E. 3). Es wird indessen auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist.
|
7.2 Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist abzuweisen, da die Beschwerdegegnerin über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, welche die Deckung der Anwaltskosten gewährt.
|
7.3 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Vorinstanz noch über das bei ihr gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung zu befinden haben.
|
Demnach erkennt das Bundesgericht:
|
1.
|
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Kantonsgerichts Appenzell Innerrhoden vom 15. April 2008 und der Einspracheentscheid der IV-Stelle des Kantons Appenzell Innerrhoden vom 18. Oktober 2007 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über einen allfälligen Rentenanspruch neu verfüge.
|
2.
|
Der Beschwerdegegnerin wird die unentgeltliche Rechtspflege in Bezug auf die vorläufige Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten gewährt. Im Übrigen wird dieses Gesuch für das letztinstanzliche Verfahren abgewiesen.
|
3.
|
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.
|
4.
|
Die Akten werden dem Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden zugestellt, damit es über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das kantonale Verfahren entscheide.
|
5.
|
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden schriftlich mitgeteilt.
|
Luzern, 8. Mai 2009
|
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
|
des Schweizerischen Bundesgerichts
|
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
|
Ursprung Hochuli
|