BGer 2C_227/2009
 
BGer 2C_227/2009 vom 18.05.2009
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
2C_227/2009
Urteil vom 18. Mai 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Wyssmann.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
Steueramt des Kantons Aargau.
Gegenstand
Kantons- und Gemeindesteuern 2001-2004 (unentgeltliche Rechtspflege),
Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer,
vom 6. März 2009.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten von X.________ richtet sich gegen die Verfügung des Präsidenten der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 6. März 2009. Der Kammerpräsident wies deren Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab und setzte eine neue Frist für die Bevorschussung der Verfahrenskosten an. Die Beschwerdeführerin beantragt:
"1. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau 2. Kammer (WBE.2008.336 / AS) vom 6. März 2009 sei aufzuheben.
2. Die Vorinstanz sei zu verpflichten, mir, der Beschwerdeführerin, ... die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
3. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
4. Mir als Beschwerdeführerin sei die unentgeltliche Rechtspflege auch für das Verfahren vor Bundesgericht zu gewähren.
5. Weiter beantrage ich, dass die Akten der Vorinstanz (Kantonales Steuergericht Akten Nr. 3-RV.2008.19 P 191; Verwaltungsgericht Akten Nr. WBE.2008.336 / AS) dem Bundesgericht als Grundlage zur Entscheidung vorliegen und beigezogen werden.
6. In die Belege sei an Drittpersonen ausser an Richter kein Einblick zu gewähren.
7. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen."
2.
Die Beschwerde wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von einer durch die Entscheidung besonders berührten Partei mit einem schutzwürdigen Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG) eingereicht. Sie richtet sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten Entscheid (Verfügung) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Es handelt sich um einen Zwischenentscheid, der im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG geeignet ist, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zu bewirken, falls die Beschwerdeführerin nicht in der Lage wäre, die Kosten zu bevorschussen (vgl. BGE 133 IV 335 E. 4 S. 338; 129 I 129 E. 1.1 S. 131). Die Beschwerde ist somit zulässig. Die kantonalen Akten sind eingereicht worden. Die Einholung der Vernehmlassungen der beteiligten Behörden erweist sich nicht als notwendig.
3.
Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wird durch das kantonale Prozessrecht geregelt. Unabhängig davon besteht nach Art. 29 Abs. 3 BV ein Mindestanspruch der bedürftigen Partei auf unentgeltliche Rechtspflege in einem nicht aussichtslosen Prozess. Dieser Anspruch umfasst auch die Befreiung von den Verfahrenskosten und der Sicherstellung von Verfahrenskosten (BGE 122 I 8 E. 2a S. 9, 322 E. 2b S. 324). Das Bundesgericht prüft frei, ob der verfassungsmässige Anspruch gemäss Art. 29 Abs. 3 BV verletzt ist, während es die Auslegung und Anwendung des kantonalen Gesetzesrechts nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür prüft (BGE 129 I 129 E. 2.1 S. 133; 127 I 202 E. 3a S. 204 f.). Die angefochtene Verfügung stützt sich auf § 35 Abs. 2 des aargauischen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 9. Juli 1968, aVRPG). Sowohl nach dieser Vorschrift wie auch nach dem verfassungsrechtlichen Mindestanspruch (Art. 29 Abs. 3 BV) ist für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege bzw. für den Erlass des Kostenvorschusses erforderlich, dass das Rechtsmittel nicht als aussichtslos erscheint. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht auf Kosten des Gemeinwesens anstrengen können. Die Prozesschancen sind in vorläufiger und summarischer Prüfung des Prozessstoffes abzuschätzen. Ob ein Begehren aussichtslos erscheint, beurteilt sich aufgrund der Verhältnisse im Zeitpunkt des Gesuchs (BGE 133 III 614 E. 5 S. 616; 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135 f., je mit Hinweisen).
Zu prüfen ist, ob das Gesuch der Beschwerdeführerin um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abgewiesen werden durfte.
4.
4.1 Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beschwerdeführerin mit Wohnsitz im Kanton Bern ist zu einem Zwölftel an der unverteilten Erbschaft ihres Vaters beteiligt. Zur Erbschaft gehören verschiedene Liegenschaften in den aargauischen Gemeinden A.________ und B.________ sowie in weiteren Gemeinden der Kantone Aargau, Bern und Nidwalden. Vor Bezirksgericht C.________ ist eine Klage der Beschwerdeführerin auf Teilung der Erbschaft hängig. Die meisten Gemeinden (und auch die Gemeinde B.________) haben die Beschwerdeführerin für die unverteilte Erbschaft im Hinblick auf die erbrechtliche Auseinandersetzung vorerst nur provisorisch veranlagt. Die Gemeinde A.________ erliess hingegen am 1. Dezember 2006 für die Kantons- und Gemeindesteuern 2001-2004 die definitiven Veranlagungen. Mit Rekurs gegen den Einspracheentscheid vom 11. Dezember 2007 verlangte die Beschwerdeführerin, dass auch die Gemeinde A.________ die Veranlagungen provisorisch vorzunehmen habe. Das hat das Steuerrekursgericht des Kantons Aargau abgelehnt mit der Begründung, die Veranlagungen entsprächen der gesetzlichen Erbquote der Steuerpflichtigen (1/12), die Einkommens- und Vermögenswerte seien durch die Visura Treuhand-Gesellschaft ausgewiesen, die Rekurrentin habe im Rekursverfahren nichts vorgebracht, was gegen die Richtigkeit der Beträge spräche, und die Teilung der Erbschaft habe insbesondere keine Auswirkungen auf die bis zum Teilungszeitpunkt den einzelnen Erben steuerlich zuzurechnenden Quoten. Unter diesen Umständen bestehe kein Anlass, die Faktoren aus unverteilter Erbschaft ermessensweise festzusetzen oder die Erbengemeinschaft als Ganzes zu besteuern (vgl. § 10 Abs. 2 StG/AG; Entscheid des Steuerrekursgerichts vom 25. September 2008).
4.2 Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, inwiefern die Beschwerdeführerin vor der oberen kantonalen Instanz (Verwaltungsgericht) bessere Prozessaussichten ausweisen könnte. Dass ihre Mutter inzwischen verstorben sei, ist - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - ohne Einfluss auf die für die Steuerjahre 2001-2004 massgebende Erbquote und auf das Nachlassvermögen dieser Jahre. Inwiefern die Veranlagungen der Höhe nach falsch sein könnten, geht weder aus der beim Verwaltungsgericht eingereichten Beschwerde noch aus der Beschwerde ans Bundesgericht hervor. Weshalb im Erbteilungsprozess die Erbquote in Frage stehen könnte, legt die Beschwerdeführerin ebenfalls nicht dar. In der angefochtenen Verfügung hat der Kammerpräsident zudem dargelegt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vornahme einer provisorischen Veranlagung nicht erfüllt wären. Die in § 225 Abs. 1 Satz 2 StG/AG vorgesehene provisorische Rechnungsstellung für die "übrigen Steuern" beziehe sich gemäss § 78 Abs. 5 StGV/AG auf die Grundstückgewinnsteuern, die Erbschafts- und Schenkungssteuern sowie die Jahressteuern gemäss § 45 StG/AG (und nicht auf die periodischen Steuern). Von einem besonders langwierigen Steuerverfahren sei hier nicht auszugehen.
Diese Beurteilung ist sachlich vertretbar. Nach vernünftigem Ermessen würde von einer besonnenen Person in vergleichbarer Lage ein solcher Prozess nicht angestrengt. Es verletzt daher weder den grundrechtlichen Anspruch aus Art. 29 Abs. 3 BV noch bedeutet es eine willkürliche Auslegung von § 35 Abs. 2 aVRPG, wenn der Kammerpräsident das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Prozessführung bzw. Erlass des Kostenvorschusses abgelehnt hat.
5.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 BGG abzuweisen. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.
Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Art. 64 Abs. 1 BGG verlangt für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren, dass das Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Dass die vorliegende Beschwerde objektiverweise irgendwelche Prozesschancen gehabt haben könnte, muss aufgrund der vorstehenden Ausführungen verneint werden. Die unentgeltliche Rechtspflege kann auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht bewilligt werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Steueramt des Kantons Aargau, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. Mai 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Müller Wyssmann