BGer 1C_11/2009 |
BGer 1C_11/2009 vom 03.06.2009 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 1/2}
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1C_11/2009
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Urteil vom 3. Juni 2009
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I. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Féraud, Präsident,
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Bundesrichter Reeb, Raselli, Fonjallaz, Eusebio,
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Gerichtsschreiber Dold.
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Parteien
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Urs Schaufelberger, Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwältin Brigitte Bitterli,
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gegen
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Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.
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Gegenstand
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Wahl eines Volksschullehrers in den Gemeinderat; Unvereinbarkeit,
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Beschwerde gegen den Entscheid vom 3. Dezember 2008 des Regierungsrats des Kantons Aargau.
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Sachverhalt:
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A.
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Urs Schaufelberger ist seit dem 1. Januar 2002 Mitglied des Stadtrats (Gemeinderat) von Zofingen. Hauptberuflich arbeitet er als Bezirksschullehrer von Zofingen mit einem Arbeitspensum von 70 %. Urs Schaufelberger beabsichtigt, bei den Stadtratswahlen für die Amtsperiode von 2010 bis 2013 erneut zu kandidieren. Aufgrund einer Änderung der kantonalen Rechtsgrundlagen über die Vereinbarkeit des Amts als Gemeinderatsmitglied mit einer Anstellung als Mitarbeiter bei der gleichen Gemeinde ersuchte er um eine diesbezügliche Feststellungsverfügung. Mit Verfügung vom 3. Juli 2008 stellte das Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau fest, dass die Ausübung des Amts als Stadtratsmitglied von Zofingen für die Amtsperiode von 2010 bis 2013 mit der Tätigkeit als Hauptlehrer an der Bezirksschule Zofingen (bei einem Pensum von mehr als 20 %) nicht vereinbar sei. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Aargau mit Entscheid vom 3. Dezember 2008 ab.
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B.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. Januar 2009 beantragt Urs Schaufelberger im Wesentlichen, die Entscheide des Departements Volkswirtschaft und Inneres und des Regierungsrats seien aufzuheben. Es sei festzustellen, dass die Tätigkeit als Volksschullehrer an der Bezirksschule Zofingen mit der Tätigkeit als Mitglied des Stadtrats von Zofingen vereinbar sei.
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Der Regierungsrat beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Departement Volkswirtschaft und Inneres liess sich nicht vernehmen. Mit Schreiben vom 24. Februar 2009 reichte der Beschwerdeführer dem Bundesgericht unaufgefordert eine weitere Stellungnahme ein.
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C.
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Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 3. Juni 2009 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
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Erwägungen:
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1.
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1.1 Nach Art. 82 lit. c BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen. Der angefochtene Entscheid schützt die Feststellung des Departements Volkswirtschaft und Inneres, wonach die Tätigkeit als Lehrer an der Bezirksschule Zofingen mit dem Amt als Mitglied des Stadtrats unvereinbar sein soll. Er berührt sowohl das passive wie auch das aktive Wahlrecht und kann mit Stimmrechtsbeschwerde gemäss Art. 82 lit. c BGG angefochten werden (BGE 128 I 34 E. 1b und e S. 36 ff.; 123 I 97 E. 1b/dd S. 101 f.; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer ist in Zofingen stimmberechtigt (vgl. Art. 89 Abs. 3 BGG) und zudem Adressat des Hoheitsaktes, mit welchem die kantonale Behörde seine Tätigkeit als Lehrer mit dem Amt als Mitglied des Stadtrats von Zofingen für unvereinbar erklärt hat (vgl. BGE 114 Ia 263 E. 1b S. 264 f. mit Hinweisen; 119 Ia 167 E. 1d S. 173). Er ist deshalb zur Beschwerde legitimiert. Der angefochtene Entscheid richtet sich auf die kommenden Stadtratswahlen, für die der Beschwerdeführer kandidieren will. Der Beschwerdeführer hat deshalb ein aktuelles praktisches Interesse an dessen Aufhebung (vgl. BGE 116 Ia 359 E. 2a S. 363; Urteil 1C_373/2007 vom 6. August 2008 E. 1.2; je mit Hinweisen).
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1.2 Unzulässig ist der Antrag des Beschwerdeführers, der Entscheid des Departements Volkswirtschaft und Inneres vom 3. Juli 2008 sei aufzuheben. Dieser ist durch den Entscheid des Regierungsrats vom 3. Dezember 2008 ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gilt als inhaltlich mitangefochten (BGE 134 II 142 E. 1.4 mit Hinweis).
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1.3
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1.3.1 In kantonalen Angelegenheiten ist die Stimmrechtsbeschwerde gemäss Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG gegen Akte letzter kantonaler Instanzen zulässig. Art. 88 Abs. 2 Satz 1 BGG verlangt von den Kantonen, gegen behördliche Akte, welche die politischen Rechte der Stimmberechtigten in kantonalen Angelegenheiten verletzen können, ein Rechtsmittel vorzusehen. Rechtsmittelinstanz muss ein Gericht sein (BGE 134 I 199 E. 1.2 S. 201 mit Hinweisen). Ausgenommen von der Pflicht nach Art. 88 Abs. 2 Satz 1 BGG sind gemäss Satz 2 Akte des Parlaments und der Regierung. Rechtsmittelentscheide fallen indessen nicht unter diese Ausnahmebestimmung (GEROLD STEINMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 13 zu Art. 88 BGG). Im vorliegenden Fall wird ein Rechtsmittelentscheid des Regierungsrats des Kantons Aargau angefochten. Vom Erfordernis des Rechtsmittels an ein kantonales Gericht kann deshalb grundsätzlich nicht abgesehen werden. Es ist zu prüfen, ob die aargauische Rechtsmittelregelung die bundesrechtlichen Vorgaben erfüllt oder ob auf die Beschwerde mangels Erschöpfung des bundesrechtlich vorgeschriebenen kantonalen Instanzenzugs nicht einzutreten ist (vgl. BGE 134 I 199 E. 1.2-1.2.2 S. 201 f.; 123 II 231 E. 7 S. 236 f.; je mit Hinweisen).
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1.3.2 Nach Art. 130 Abs. 3 BGG erlassen die Kantone innert zwei Jahren nach Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes Ausführungsbestimmungen über die Zuständigkeit, die Organisation und das Verfahren der Vorinstanzen gemäss Art. 86 Abs. 2 und 3 sowie Art. 88 Abs. 2 BGG, einschliesslich der Bestimmungen, die zur Gewährleistung der Rechtsweggarantie nach Art. 29a BV erforderlich sind. Die Anpassungsfrist ist am 1. Januar 2009 abgelaufen. Das inzwischen ausser Kraft gesetzte Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Aargau vom 9. Juli 1968 (aVRPG; SAR 271.100) sah für den vorliegenden Fall keine Weiterzugsmöglichkeit an das kantonale Verwaltungsgericht vor. Eine solche wurde erst mit dem Inkrafttreten des neuen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 4. Dezember 2007 (VRPG; SAR 271.200) am 1. Januar 2009 geschaffen (vgl. § 54 VRPG und § 71 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Aargau vom 10. März 1992 über die politischen Rechte [GPR; SAR 131.100]). Das neue Verwaltungsrechtspflegegesetz sieht in § 84 vor, dass sich die Weiterziehbarkeit nur dann nach neuem Recht bestimmt, wenn der betreffende Entscheid nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eröffnet wurde. Der Entscheid des Regierungsrats vom 3. Dezember 2008 wurde dem Beschwerdeführer am 4. Dezember 2008 zugestellt. Nach der Übergangsbestimmung von § 84 VRPG richtet sich der kantonale Rechtsmittelweg somit nach bisherigem Recht.
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1.3.3 Die Anpassungsfrist von Art. 130 Abs. 3 BGG bestimmt sich in analoger Anwendung von Art. 132 Abs. 1 BGG nach dem Zeitpunkt des Ergehens des angefochtenen Entscheids. Dessen Eröffnung wie auch die Erhebung der Beschwerde an das Bundesgericht sind nicht massgebend (Urteil 2C_35/2009 vom 13. Februar 2009 E. 1). Da der angefochtene Entscheid noch vor Ablauf der erwähnten Anpassungsfrist erging, erweist sich der kantonale Instanzenzug vorliegend in Übereinstimmung mit den bundesrechtlichen Vorgaben als erschöpft.
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1.4 Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Unter dem Vorbehalt der vorangehenden Erwägung 1.2 sowie rechtsgenüglich begründeter Rügen (Art. 42 Abs. 2 BGG) ist auf die Beschwerde einzutreten.
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2.
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Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimmrechts umschreiben oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen (BGE 129 I 185 E. 2 S. 190 mit Hinweisen). Dazu gehören Unvereinbarkeitsvorschriften (BGE 116 Ia 242 E. 1b S. 244 f. mit Hinweis).
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Mit Unvereinbarkeitsvorschriften werden unterschiedliche Zwecke verfolgt, je nach dem, ob sie Unvereinbarkeiten innerhalb derselben oder zwischen verschiedenen Staatsgewalten festschreiben. Verbieten Unvereinbarkeitsvorschriften einer Person, gleichzeitig Ämter in mehr als einer Staatsgewalt (Legislative, Exekutive und Judikative) auszuüben, so stehen sie im Dienste der Gewaltenteilung. Richten sie sich dagegen wie vorliegend auf Ämter innerhalb derselben Staatsgewalt, so bezwecken sie, Machtkonzentrationen zu verhindern, Beeinträchtigungen des guten Funktionierens der Staatsorgane vorzubeugen und die Unabhängigkeit dieser Organe und ihrer Mitglieder zu gewährleisten. Dabei geht es auch um die Bewahrung des Vertrauens des Bürgers in den Staat (BGE 114 Ia 395 E. 6b S. 402; Urteil 1P.763/2005 vom 8. Mai 2006 E. 4.2 mit Hinweisen). Es sind mehrere Mittel und Wege denkbar, diese Zwecke zu erreichen. Art. 34 Abs. 1 BV eröffnet den Kantonen in deren Auswahl einen gewissen Spielraum. Das Bundesgericht auferlegt sich bei der Beurteilung eine entsprechende Zurückhaltung (BGE 116 Ia 242 E. 1b S. 244 f.; Urteil 1P.763/2005 vom 8. Mai 2006 E. 4.1; je mit Hinweisen).
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3.
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3.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 34 Abs. 1 BV. Diese Bestimmung gewährleistet in allgemeiner Weise die politischen Rechte auf Ebene des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Sie bedarf der gesetzlichen Konkretisierung und ist damit der kantonalen Differenzierung zugänglich (BGE 116 Ia 242 E. 3c S. 251 mit Hinweisen).
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Unvereinbarkeitsbestimmungen bedeuten eine Einschränkung der politischen Rechte. Sie treffen einerseits die an einer Kandidatur interessierten Personen, andererseits aber auch jene Personen, welche erstere zu wählen beabsichtigen. Unvereinbarkeitsbestimmungen beschränken deshalb sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht (BGE 123 I 97 E. 1b/dd S. 101 f.; Urteil 1P.763/2005 vom 8. Mai 2006 E. 3.1; je mit Hinweisen). Sie sind nur dann zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt und zudem verhältnismässig sind (vgl. Art. 36 BV; BGE 123 I 97 E. 4b S. 105; Urteil 1P.763/2005 vom 8. Mai 2006 E. 3.1; je mit Hinweisen). Vorliegend geht es um die Frage, ob der Beschwerdeführer neben seinem Beruf als Bezirksschullehrer in Zofingen das Amt als Stadtratsmitglied ausüben darf. Würde die von der Vorinstanz festgestellte Unvereinbarkeit als zulässig erkannt, so müsste sich der Beschwerdeführer nach einer Wiederwahl für eine der beiden Tätigkeiten entscheiden.
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3.2 § 69 Abs. 3 KV/AG (SR 131.227) bestimmt, dass niemand gleichzeitig Mitglied des Grossen Rats und des Regierungsrats oder Mitglied einer dieser Behörden und des Obergerichts sein kann (Satz 1). Weitere Unvereinbarkeiten werden durch Gesetz festgelegt (Satz 2). Gestützt hierauf erliess der Grosse Rat des Kantons Aargau das Unvereinbarkeitsgesetz vom 29. November 1983 (SAR 150.300), dessen § 5 Abs. 2 seit dem 1. August 2005 folgenden Wortlaut hat:
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Mit dem Amte eines Mitgliedes des Gemeinderates sind zusätzlich nicht vereinbar die Tätigkeit als Finanzverwalter sowie Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern der Gemeinde und von Gemeindeanstalten mit einem Pensum von mehr als 20 %.
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In übergangsrechtlicher Hinsicht ist § 12 des Unvereinbarkeitsgesetzes zu beachten. Danach konnten Personen, die unter die Regelung von § 5 Abs. 2 des Unvereinbarkeitsgesetzes fallen und in der Amtsperiode von 2002 bis 2005 Mitglied des Gemeinderates waren, für die Amtsperiode von 2006 bis 2009 noch einmal gewählt werden.
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§ 41 des Gesetzes des Kantons Aargau vom 17. Dezember 2002 über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL; SAR 411.200) bestimmt, dass Lehrpersonen an der Volksschule und an Kindergärten Angestellte der entsprechenden Gemeinde beziehungsweise des Gemeindeverbands sind. Der Beschwerdeführer ist Lehrer an der Bezirksschule in Zofingen und damit Angestellter dieser Gemeinde. Da sein Pensum als Lehrer mehr als 20 % beträgt, fällt er in den Anwendungsbereich von § 5 Abs. 2 des Unvereinbarkeitsgesetzes. Die Auslegung dieser Bestimmung durch die Vorinstanz ist nicht zu beanstanden. Sie wird zudem durch die Entstehungsgeschichte bestätigt, wie sie die Vorinstanz und der Beschwerdeführer dargelegt haben.
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Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die strittige Unvereinbarkeit auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruht.
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3.3
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3.3.1 Das mit der Bestimmung von § 5 Abs. 2 des Unvereinbarkeitsgesetzes verfolgte öffentliche Interesse besteht in der Gewährleistung des guten Funktionierens der Verwaltung, der Verhinderung von Machtkonzentrationen und der Bewahrung des Vertrauens des Bürgers in den Staat. Insbesondere soll kein Gemeindeangestellter für die Kontrolle über sich selbst zuständig sein und sollen keine Interessen- oder Pflichtenkollisionen die Unabhängigkeit der betreffenden Staatsorgane beeinträchtigen (BGE 116 Ia 242 E. 3b/aa S. 249 mit Hinweisen; BGE 114 Ia 395 E. 6b S. 402; Urteil 1P.763/2005 vom 8. Mai 2006 E. 4.2 mit Hinweisen). Es stellt sich die Frage, ob es gerechtfertigt ist, das so umschriebene öffentliche Interesse auch in Bezug auf von einer Gemeinde angestellte Lehrkräfte zu bejahen.
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Die Vorinstanz führt in ihrem Entscheid und ihrer Vernehmlassung aus, die Gemeinden nähmen zahlreiche Aufgaben wahr, welche den Schulbereich beträfen. Sie verweist auf die §§ 53 und 66 des Schulgesetzes des Kantons Aargau vom 17. März 1981 (SAR 401.100). Nach der erstgenannten Bestimmung beschaffen und erhalten die Gemeinden die für die Kindergärten und die Volksschule erforderlichen Schullokale, Turn- und Spielplätze, das Mobiliar, die Schuleinrichtungen und die Lehrmittel. In der zweitgenannten Bestimmung ist die Beteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände am Personalaufwand der Volksschulen und Kindergärten geregelt. Die Vorinstanz legt dar, der Gemeinderat habe im Rahmen dieser Aufgaben über Ausgaben zu entscheiden, die mindestens die Hälfte des Gemeindebudgets ausmachten. Nach § 42 Abs. 3 GAL sei die Schulleitung zudem in jedem Fall bei allen Personalentscheiden anzuhören. Und die Schulleitung unterstehe dem Gemeinderat. Auch wenn der Beschwerdeführer als Stadtratsmitglied nicht direkt dem Bildungsressort vorstehe, bestehe die Möglichkeit der Einflussnahme.
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3.3.2 Träger des obligatorischen Volksschulunterrichts sind im Kanton Aargau die Gemeinden oder die Gemeindeverbände (§ 29 Abs. 1 KV/AG). Gemäss § 29 Abs. 5 KV/AG beaufsichtigt der Kanton die Volksschulen, was rechtlich eine unmittelbare Aufsicht über die Gemeinden und Gemeindeverbände bedeutet (KURT EICHENBERGER, Verfassung des Kantons Aargau, 1986, N. 5 zu § 29 KV). Der Berufsauftrag der Lehrpersonen wird in § 24 GAL umschrieben. Das Dekret des Kantons Aargau vom 24. August 2004 über die Löhne der Lehrpersonen (LDLP; SAR 411.210) und §§ 44 ff. der Verordnung des Kantons Aargau vom 13. Oktober 2004 über die Anstellung und Löhne der Lehrpersonen (VALL; SAR 411.211) regeln in detaillierter Weise die Besoldung. Die Rechtsstellung der Lehrer wird damit durch das kantonale Recht bestimmt.
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3.3.3 Die Führung der Volksschule obliegt der Schulpflege (§ 71 Abs. 1 Schulgesetz). Diese untersteht nicht dem Gemeinderat, sondern wird wie dieser vom Volk gewählt (§ 54 Abs. 1 Schulgesetz; § 21 lit. a und b des Gesetzes des Kantons Aargau vom 19. Dezember 1978 über die Einwohnergemeinden [Gemeindegesetz; SAR 171.100]). Sie nimmt die Arbeitgeberfunktion wahr und ist insbesondere für die Anstellung und für die Auflösung der Anstellungsverhältnisse zuständig (§ 42 Abs. 1 GAL; § 4 i.V.m. § 8 Abs. 1 VALL). Auch stellt sie die für die operative Führung der Schule zuständige Schulleitung an und beaufsichtigt diese (§ 71 Abs. 2 Schulgesetz; § 9 Abs. 1 der Verordnung des Kantons Aargau vom 23. November 2005 zur geleiteten Schule [SAR 401.115]; § 8 Abs. 1 VALL).
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Die administrative und fachliche Aufsicht über die Volksschullehrer obliegt damit entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht dem Gemeinderat, sondern ausschliesslich der Schulpflege. Ein Subordinationsverhältnis, das die strittige Unvereinbarkeitsregelung zu rechtfertigen vermöchte, besteht zwischen Gemeinderat und Volksschullehrer nicht.
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3.3.4 Weiter ist zu prüfen, inwiefern der Gemeinderat trotz Fehlens eines Subordinationsverhältnisses Kompetenzen besitzt, mit welchen er die Stellung der Volksschullehrer beeinflussen kann, so dass eine Personalunion zwischen Gemeinderatsmitglied und Volksschullehrer die Gefahr von Interessen- und Pflichtenkollisionen mit sich bringen könnte.
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Wie bereits erwähnt, obliegt die Beschaffung und Erhaltung der für die Kindergärten und die Volksschule erforderlichen Infrastruktur, einschliesslich der Lehrmittel, den Gemeinden (§ 53 Schulgesetz). Auch sind die Gemeinden verpflichtet, sich am Personalaufwand der Volksschulen und Kindergärten zu beteiligen (§ 66 Schulgesetz). Die Vorinstanz argumentiert, dass der Beschwerdeführer als Gemeinderatsmitglied in diesem Bereich Einfluss nehmen könnte, auch wenn er nicht dem Bildungsressort vorstehe. Dies trifft im Grundsatz zu. Allerdings ist die Möglichkeit der Einflussnahme eher gering. Wohl hat der Gemeinderat eine allgemeine Vorberatungs- und Antragspflicht und obliegt es ihm, zu Handen des Einwohnerrats bzw. der Stimmbürger den jährlichen Kostenvoranschlag vorzubereiten (§ 37 Abs. 1 und 2 lit. a i.V.m. § 86 Gemeindegesetz). Auch wenn der Schulbereich einen beträchtlichen Anteil am Voranschlag ausmacht, so handelt es sich dabei doch weitgehend um gebundene Ausgaben. Der damit verbundene Einfluss des Gemeinderats auf die berufliche Stellung der Lehrer ist gering. Die einzelnen Unterrichtsfächer, die Zahl der Unterrichtslektionen und ihre Dauer sowie die Lernziele und die Stoffauswahl werden durch den Regierungsrat bestimmt, ebenso die obligatorischen Lehrmittel (§ 13 Abs. 2 und § 16 Abs. 3 Schulgesetz). Die Gemeinden sind verpflichtet, den Schülern die Lehrmittel und das Schulmaterial unentgeltlich zur Verfügung zu stellen (§ 16 Abs. 1 Schulgesetz). Die Festlegung der Schülerzahl fällt im Rahmen von § 14 Schulgesetz in die Kompetenz des Regierungsrats und des Departements Bildung, Kultur und Sport. § 54 des Schulgesetzes behält sodann wesentliche Entscheidungen den Stimmbürgern vor, so jene über Schulbauten und die Errichtung neuer Schulen und Abteilungen (Abs. 2), über den Samstag als zusätzlichen Unterrichtstag, die Führung von Tagesschulen sowie die generelle Einführung von Blockzeiten (Abs. 2bis).
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3.3.5 Sind im vorliegenden Fall keine strukturell angelegten Interessen- und Pflichtenkollisionen ersichtlich, so ist aber doch nicht zu übersehen, dass die Ausübung der Ämter des Lehrers und des Gemeinderatsmitglieds in der gleichen Gemeinde durch ein und dieselbe Person zu einer Konzentration öffentlicher Aufgaben und in diesem Sinn zu einer gewissen Machtkonzentration führt. Beide Aufgaben erfordern eine enge Beziehung zur Bevölkerung. Aufgrund ihrer Bedeutung (insbesondere in kleineren Gemeinden) liegt die personelle Trennung im Sinne der in Frage stehenden Unvereinbarkeitsbestimmung im öffentlichen Interesse.
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3.4
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3.4.1 Beruht die umstrittene Einschränkung des Wahlrechts wie dargelegt auf einer gesetzlichen Grundlage und liegt sie im öffentlichen Interesse, so ist abschliessend zu prüfen, ob sie verhältnismässig ist. Dabei ist der den Kantonen in diesem Bereich zustehende Spielraum zu beachten. Die Unvereinbarkeitsregeln erfahren in den einzelnen Kantonen eine sehr unterschiedliche Ausgestaltung. Das Bundesgericht hat sowohl liberale als auch restriktive Lösungen als verfassungsmässig bezeichnet. Nach der Rechtsprechung obliegt es in erster Linie dem Gesetzgeber, den Kreis der von einer Unvereinbarkeitsbestimmung erfassten Personen zu ziehen. Ein gewisser Schematismus ist dabei angesichts der Vielfalt der zu regelnden Fälle nicht zu beanstanden. Das Bundesgericht bezeichnete etwa eine kantonale Bestimmung als verfassungskonform, wonach ein öffentlich-rechtlicher Angestellter nicht einer Behörde angehören darf, welche ihm gegenüber Disziplinar- oder Weisungsbefugnisse innehat. Es schützte aber auch eine Regelung, welche es einem Primarlehrer einer Gemeinde ermöglichte, in den Gemeindevorstand gewählt zu werden (BGE 116 Ia 242 E. 3 f. S. 247 ff.; Urteil 1P.763/2005 vom 8. Mai 2006 E. 4.2-4.4; je mit Hinweisen).
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Im vorliegenden Fall hat der kantonale Gesetzgeber in Bezug auf die von einer Gemeinde angestellten Lehrpersonen eine restriktive Lösung bevorzugt, um die Konzentration verschiedener öffentlicher Aufgaben von vornherein zu verhindern und dadurch Beeinträchtigungen des Vertrauens der Bevölkerung in die Verwaltung vorzubeugen. Die beanstandete Bestimmung ist ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieser Ziele. Eine gleich geeignete, aber mildere Massnahme ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht dargetan. Mit der milderen Massnahme einer Ausstandsregelung kann in Einzelfällen auftretenden Interessen- und Pflichtenkollisionen begegnet werden. Sie vermag jedoch nicht Machkonzentrationen im genannten Sinn zu verhindern und ist insoweit auch nicht geeignet, Beeinträchtigungen des Vertrauens der Bevölkerung in die Verwaltung vorzubeugen. Schliesslich erscheint die Beschränkung des passiven Wahlrechts als zumutbar. Jedenfalls hat der kantonale Gesetzgeber durch die Wahl der fraglichen Unvereinbarkeitsregelung den ihm in diesem Bereich zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
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3.4.2 Die Rüge der Verletzung von Art. 34 Abs. 1 BV erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet und ist abzuweisen.
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4.
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4.1 Weiter sieht der Beschwerdeführer Art. 25 lit. b und c des UNO-Paktes II (SR 0.103.2) als verletzt an.
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4.2 Art. 25 UNO-Pakt II hat folgenden Wortlaut:
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Jeder Staatsbürger hat das Recht und die Möglichkeit, ohne Unterschied nach den in Artikel 2 genannten Merkmalen und ohne unangemessene Einschränkungen
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a) an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter teilzunehmen;
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b) bei echten, wiederkehrenden, allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlen, bei denen die freie Äusserung des Wählerwillens gewährleistet ist, zu wählen und gewählt zu werden;
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c) unter allgemeinen Gesichtspunkten der Gleichheit zu öffentlichen Ämtern seines Landes Zugang zu haben.
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Eine auf den vorliegenden Fall direkt anwendbare Rechtsprechung zu Art. 25 UNO-Pakt II besteht soweit ersichtlich noch nicht. In seinem Entscheid vom 13. Dezember 1991 i.S. Joszef Debreczeny gegen die Niederlande prüfte der Menschenrechtssausschuss eine Gemeinderatsmitglieder betreffende Unvereinbarkeitsbestimmung unter dem Gesichtswinkel von Art. 25 lit. b UNO-Pakt II (Entscheid des Menschenrechtsausschusses vom 13. Dezember 1991 i.S. Joszef Debreczeny gegen die Niederlande, Nr. 500/1992, Ziff. 9.2, «http://tb.ohchr.org/» [besucht am 15. Juni 2009]; BGE 129 I 185 E. 5 S. 192; vgl. auch Menschenrechtssausschuss, allgemeine Erklärung Nr. 25 vom 12. Juli 1996, UN Doc. CCPR/C/21/Rev.1/Add.7, Ziff. 16, «http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/comments.htm» [besucht am 15. Juni 2009], dt. Übers. in: Walter Kälin/Giorgio Malinverni/Manfred Nowak, Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte, 2. Aufl. 1997, S. 392 ff.). Er erwog, es stelle eine zulässige Einschränkung des passiven Wahlrechts dar, wenn es einem Polizisten verwehrt werde, als Gemeinderatsmitglied zu amtieren, da zwischen diesen beiden Positionen indirekt ein Subordinationsverhältnis bestehe (a.a.O., Ziff. 9.3).
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Allgemein lässt sich sagen, dass Einschränkungen von Art. 25 UNO-Pakt II im Kontext des betreffenden politischen Systems zu beurteilen sind. Den Vertragsstaaten räumt die Garantie einen weiten Spielraum ein (MANFRED NOWAK, CCPR Commentary, 2. Aufl. 2005, N. 45 und 47 zu Art. 25 UNO-Pakt II). Es ist deshalb davon auszugehen, dass die in E. 3 hiervor dargelegten Überlegungen zur Einschränkung des Wahlrechts auch auf Art. 25 UNO-Pakt II übertragen werden können. Eine Verletzung dieser Bestimmung ist folglich ebenfalls zu verneinen.
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5.
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5.1 Der Beschwerdeführer wendet ein, die Gleichstellung der Volksschullehrkräfte mit anderen Gemeindeangestellten bedeute eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 BV. Die vom Gesetzgeber getroffene Regelung erweise sich insbesondere deshalb als stossend, weil sie einzig Volksschullehrkräfte betreffe, die an einer Volksschule ihres Wohnorts unterrichteten. Der Beschwerdeführer spricht in diesem Zusammenhang auch von willkürlichen Differenzierungen und macht eine Verletzung von Art. 9 BV geltend.
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5.2 Es trifft zu, dass Unvereinbarkeitsbestimmungen mit dem Gleichheitsgebot vereinbar sein müssen. Dieses Gebot ist auch dann verletzt, wenn die Unterscheidungen nicht getroffen werden, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen (BGE 129 I 113 E. 5.1 S. 125 f.; 125 II 326 E. 10b S. 345; je mit Hinweis). Nach den Ausführungen in E. 3 hiervor beruht die vom Beschwerdeführer beanstandete Gleichbehandlung indessen auf einem sachlichen Grund. § 5 Abs. 2 des Unvereinbarkeitsgesetzes verstösst nicht gegen die Grenzen des den Kantonen in diesem Bereich zustehenden Spielraums (vgl. BGE 116 Ia 242 E. 4 S. 251 mit Hinweisen). Eine Verletzung des Gleichheitsgebots ist deshalb ebenso zu verneinen wie eine solche des Willkürverbots.
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6.
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6.1 Nach Ansicht des Beschwerdeführers verstösst die Einführung der beanstandeten Unvereinbarkeitsbestimmung gegen Treu und Glauben (Art. 9 BV). Sie treffe all jene Volksschullehrkräfte, die nun entweder ihr politisches Amt vorzeitig aufgeben oder den Schulort wechseln müssten.
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6.2 Der Grundsatz von Treu und Glauben verschafft einen Anspruch auf Schutz berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten, sofern sich dieses auf eine konkrete, den betreffenden Bürger berührende Angelegenheit bezieht. Der entsprechende Schutz entfällt in der Regel bei Änderungen von Erlassen, da gemäss dem demokratischen Prinzip die Rechtsordnung grundsätzlich jederzeit geändert werden kann. Der Vertrauensgrundsatz vermag einer Rechtsänderung nur entgegenzustehen, wenn diese gegen das Rückwirkungsverbot verstösst oder in wohlerworbene Rechte eingreift. Nach der Rechtsprechung kann es aus Gründen der Rechtsgleichheit, der Verhältnismässigkeit und des Willkürverbots sowie des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich zudem geboten sein, gegebenenfalls eine angemessene Übergangsregelung zu schaffen. Damit soll verhindert werden, dass gutgläubig getätigte Investitionen nutzlos werden (BGE 130 I 26 E. 8.1 S. 60; 134 I 23 E. 7.1 S. 35 f.; je mit Hinweisen).
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Ein Verstoss gegen das Rückwirkungsverbot oder ein Eingriff in wohlerworbene Rechte ist vorliegend nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht. Zudem sieht § 12 des Unvereinbarkeitsgesetzes für die Amtsperiode von 2006 bis 2009 eine Übergangsfrist vor. Es kann deshalb nicht gesagt werden, dass § 5 Abs. 2 des Unvereinbarkeitsgesetzes den Vertrauensgrundsatz verletze. Die Rüge des Beschwerdeführers ist unbegründet.
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7.
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Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
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4.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement Volkswirtschaft und Inneres und dem Regierungsrat des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 3. Juni 2009
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Féraud Dold
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