Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5D_79/2009
Urteil vom 26. Juni 2009
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter L. Meyer, von Werdt,
Gerichtsschreiber Rapp.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
Kreisgericht St. Gallen, Sohl 1, Postfach, 9004 St. Gallen,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Erlass von Gerichtskosten (Ergänzung des Scheidungsurteils),
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Präsident der II. Zivilkammer, vom 27. April 2009.
Sachverhalt:
A.
X.________ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) führte vor dem Kreisgericht St. Gallen und dem Kantonsgericht St. Gallen ein Verfahren auf Ergänzung des Scheidungsurteils. Die Gerichtskosten wurden der Beschwerdeführerin mit Urteil des Kantonsgerichts vom 5. Februar 2008 zur Hälfte auferlegt. Ein Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung wurde abgewiesen.
Mit Gesuch vom 10. Dezember 2008 ersuchte die Beschwerdeführerin beim Kreisgericht St. Gallen um Erlass ihres Kostenanteils von Fr. 16'167.10. Mit Verfügung vom 13. März 2009 wies der Kreisgerichtspräsident das Gesuch ab.
B.
Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin am 21./27. März 2009 Rechtsverweigerungsbeschwerde beim Kantonsgericht St. Gallen, welche mit Entscheid vom 27. April 2009 abgewiesen wurde.
C.
Mit als ordentliche Einheitsbeschwerde sowie subsidiäre Verfassungsbeschwerde bezeichneter Eingabe vom 23. Mai 2009 beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, eventualiter die Feststellung, dass sie gemäss Bundesrecht die Anforderungen an das Armenrecht erfüllt habe und erfülle. Ferner ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege.
Mit Verfügung vom 5. Juni 2009 wurde das Gesuch um Verfahrenssistierung abgewiesen, und es wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG), welcher einen Endentscheid i.S.v. Art. 90 BGG darstellt und den Erlass einer Urteilsgebühr in einer Zivilsache betrifft. Es handelt sich dabei um einen öffentlich-rechtlichen Entscheid, der in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG; Urteil 5D_177/2008 vom 12. Januar 2009 E. 1).
2.
In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich nur gegeben, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nicht, ist sie dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG).
2.1 Vorliegend beträgt der Streitwert Fr. 16'167.10, sodass die Streitwertgrenze nicht erreicht ist. Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
2.2 Der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist restriktiv auszulegen (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4). Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4; 134 III 115 E. 1.2 S. 117; 133 III 493 E. 1.1 und 1.2 S. 495 f.). Die Voraussetzung von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ist hingegen erfüllt, wenn ein allgemeines Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit Rechtssicherheit herzustellen (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4; 133 III 645 E. 2.4 S. 648 f.). Eine neue Rechtsfrage kann vom Bundesgericht sodann beurteilt werden, wenn dessen Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann, namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4 mit Hinweis auf die Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4309). Auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann unter der Voraussetzung von grundsätzlicher Bedeutung sein, dass sich die erneute Überprüfung aufdrängt. Dies kann zutreffen, wenn die Rechtsprechung nicht einheitlich oder in der massgebenden Lehre auf erhebliche Kritik gestossen ist (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4; 134 III 354 E. 1.5 S. 357 f.) oder wenn in der Zwischenzeit neue Gesetzesbestimmungen in Kraft getreten sind (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4; 134 III 115 E. 1.2 S. 117). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ist in der Beschwerdeschrift auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG).
2.3 Diese Grundsätze verkennt die Beschwerdeführerin. Sie begründet das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lediglich damit, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Beschwerde betreffend das Hauptverfahren zur Entscheidfindung angenommen habe und die Vorinstanzen in willkürlicher Weise von der bundesgerichtlichen Praxis zum Armenrecht abgewichen seien. Damit hat sie nicht genügend begründet, dass eine Voraussetzung von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG erfüllt sei, sodass die Beschwerde in Zivilsachen nicht gegeben ist. Zulässig ist dagegen grundsätzlich die Verfassungsbeschwerde (Art. 113, Art. 114 i.V.m. Art. 75 Abs. 1, Art. 117 i.V.m. Art. 90 BGG).
3.
Zur Verfassungsbeschwerde ist berechtigt, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 115 lit. b BGG).
Gemäss Art. 273 lit. b des St. Gallischen Zivilprozessgesetzes vom 20. Dezember 1990 (ZPO/SG; sGS 961.2) können Gerichtskosten vom Gerichtspräsidenten erlassen werden, wenn es besondere Umstände rechtfertigen. Gemäss den vorinstanzlichen Ausführungen besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Erlass; vielmehr stehe dieser im Ermessen des Gerichtspräsidenten. Ein definitiver Erlass von Gerichtskosten könne nur in Frage kommen, wenn eine klare und auch voraussichtlich länger andauernde Mittellosigkeit nachgewiesen sei, sodass einem Erlassgesuch nicht entsprochen werden könne, wenn bereits die (weniger strengen) Voraussetzungen für die unentgeltliche Prozessführung nicht erfüllt seien.
Die Frage, ob auf den Abgabeerlass für ein kantonales Verfahren ein Rechtsanspruch besteht, beurteilt sich nach kantonalem Recht, das das Bundesgericht lediglich daraufhin überprüft, ob verfassungsmässige Rechte, insbesondere das Willkürverbot (Art. 9 BV), verletzt sind. Die Beschwerdeführerin legt nicht hinreichend dar, und dies ist auch nicht ersichtlich, dass die Annahme des Kantonsgerichts willkürlich ist, Art. 273 lit. b ZPO/SG vermittle keinen Rechtsanspruch.
Besteht nach der nicht willkürlichen Auffassung des Kantonsgerichts kein Rechtsanspruch auf Abgabeerlass (vgl. auch BGE 122 I 373 E. 1 S. 374 f. mit Hinweisen), fehlt es der Beschwerdeführerin an der Legitimation zur subsidiären Verfassungsbeschwerde, weshalb auf ihre Eingabe nicht einzutreten ist (Urteil 5D_177/2008 vom 12. Januar 2009 E. 2).
4.
Zusammenfassend ist auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten. Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das betreffende Gesuch abzuweisen ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Präsident der II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Juni 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
Hohl Rapp