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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
9C_480/2009
Urteil vom 21. August 2009
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.
Parteien
J.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Michael Ausfeld,
Beschwerdeführer,
gegen
BVG-Vorsorgestiftung FISIO,
vertreten durch Treuhand X.________ AG,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Berufliche Vorsorge,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 26. März 2009.
Sachverhalt:
A.
J.________, geboren 1965, arbeitet seit Mai 1994 als Physiotherapeut in der Physiotherapiepraxis des L.________ und ist im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses bei der BVG-Vorsorgestiftung FISIO (bis 4. Januar 2003: BVG-Vorsorgestiftung SPV, Sempach; heute: BVG-Vorsorgestiftung physioswiss) berufsvorsorgeversichert. Am 6. November 1997 erlitt er als Velofahrer einen Verkehrsunfall, bei welchem er sich eine Commotio cerebri mit Kontusion der Halswirbelsäule (HWS) und eine nicht dislozierte Nasenbeinfraktur zuzog (Kurzbericht des Dr. med. A.________ vom 7. November 1997). Die Unfallversicherung (Berner Versicherungen, Bern; heute: Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Bern [im Folgenden: Allianz]), erbrachte die gesetzlichen Leistungen und richtete Taggelder aus. Am 21. Juli 2000 meldete sich J.________ bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich sprach J.________ nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen sowie Beizug der Akten der Unfallversicherung bei einem Invaliditätsgrad von 40 % ab 6. November 1998 eine Viertelsrente und bei einem Invaliditätsgrad 53 % ab 1. Februar 1999 eine halbe Rente zu (Verfügung vom 4. Juli 2001). Die Allianz verfügte am 13. Mai 2005 die Zusprechung einer Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 53 % ab 1. Januar 2005 sowie einer Integritätsentschädigung in Höhe von Fr. 9'720.- bei einem Integritätsschaden von 10 %. Die hiegegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 24. Januar 2006 ab. Die BVG-Vorsorgestiftung FISIO (welche ihrerseits mit der Rentenanstalt/Swiss Life, Zürich, einen Vorsorgevertrag abgeschlossen hatte) anerkannte ihre grundsätzliche Leistungspflicht, lehnte die Auszahlung einer Invalidenrente jedoch zufolge Überversicherung ab.
B.
Am 5. September 2007 liess J.________ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Klage erheben gegen die BVG-Vorsorgestiftung FISIO und die Zusprechung einer Invalidenrente von jährlich Fr. 11'785.- nebst Zins zu 5 % ab 5. September 2007 beantragen. Zudem sei die Vorsorgestiftung zur Kostenübernahme für ein Lohngutachten in Höhe von Fr. 3'228.- zu verpflichten. Das Sozialversicherungsgericht wies die Klage mit Entscheid vom 26. März 2009 ab.
C.
J.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides die Zusprechung der "ungekürzten Leistungen" der beruflichen Vorsorge von jährlich Fr. 9'319.- nebst Zins sowie die Erstattung der Kosten für das Lohngutachten beantragen. Eventualiter sei die Sache zur Durchführung eines Beweisverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem beantragt er eine öffentliche Verhandlung.
Die Vorsorgeeinrichtung schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Vorinstanz und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; Ausnahme: Beschwerden gemäss Art. 97 Abs. 2 BGG [Art. 105 Abs. 3 BGG]).
2.
Streitig und zu prüfen ist die Überentschädigungsberechnung.
2.1 In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt der Beschwerdeführer, das kantonale Gericht habe kein ordentliches Beweisverfahren durchgeführt.
2.2 Das Verfahren vor Sozialversicherungsgericht richtet sich in den Vorgaben gemäss Art. 61 ATSG nach kantonalem Recht, dessen Anwendung vom Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft wird (Art. 95 lit. a BGG), wobei dem Beschwerdeführer eine qualifizierte Rügepflicht obliegt (Art. 106 Abs. 2 BGG). Gemäss § 23 Abs. 1 des zürcherischen Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993 (GSVG; LS 212.81) stellt das Gericht unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest. Es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei (Abs. 1). Den Parteien werden die Rechtsnachteile förmlich angedroht, die ihnen entstehen, wenn sie die Mitwirkung verweigern (Abs. 2). Die Durchführung des Beweisverfahrens kann ganz oder teilweise einer Abordnung oder einem Mitglied des Gerichts übertragen werden (Abs. 3). Sind Beweise erhoben worden, so erhalten die Parteien Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen (Abs. 4).
2.3 Der Beschwerdeführer zitiert diese Bestimmung, legt aber nicht dar, inwiefern die Vorinstanz sie willkürlich angewendet haben soll. Wie aus § 23 Abs. 4 GSVG hervorgeht, ist ein besonderes Beweisverfahren mit anschliessender Möglichkeit der Parteien, zum Ergebnis Stellung zu nehmen, nicht in jedem Fall erforderlich. Die Vorinstanz hat aufgrund der Akten geurteilt, zu denen die Parteien Stellung nehmen konnten. Ein besonderer Beweisauflagebeschluss (§ 136 und 141 ZPO/ZH i.V.m. § 28 lit. d GSVG) ist unter diesen Umständen nicht erforderlich. Ein solcher entsprach im Übrigen bereits unter der bis 31. Dezember 2004 gültig gewesenen Form von § 23 GSVG nicht der Praxis der Vorinstanz, welche schon damals in der Regel die Beweise ohne vorgängige Bezeichnung des Beweisthemas und ohne vorgängige Beweisauflage erhob - was im Lichte des Gebotes der Einfachheit und Raschheit des Verfahrens (Art. 61 lit. c ATSG) durchaus gerechtfertigt werden konnte - und welches (vereinfachte) Verfahren in der seit 1. Januar 2005 gültigen Fassung von § 23 Abs. 1 GSVG gesetzlich verankert worden ist.
3.
3.1 Die Vorinstanz hat zutreffend erwogen, dass zwischen dem mutmasslich entgangenen Verdienst (Art. 24 Abs. 1 BVV 2) und dem iv-rechtlichen Valideneinkommen eine weitgehende Parallele besteht, jedoch keine Kongruenz (Urteil B 17/03 vom 2. September 2004 E. 4.4 mit Hinweisen). Das vor Eintritt der Invalidität erzielte Einkommen kann als Ausgangspunkt genommen und auch das iv-rechtliche Valideneinkommen zum Vergleich herangezogen werden, solange keine konkreten Umstände vorliegen, wonach der Versicherte mehr verdient hätte (vgl. das bereits erwähnte Urteil B 17/03 a.a.O sowie die Urteile B 98/03 vom 22. März 2004 E. 4.2 und B 80/01 vom 17. Oktober 2003 E. 5.2). Die Annahme einer überproportional (d.h. über die Lohn- und Preisentwicklung hinausgehenden) hohen Einkommensentwicklung muss auf Lebensgeschehnissen gründen, die schon in der Zeit vor dem Eintritt des versicherten Ereignisses ihren Anfang genommen haben, es sei denn, die Einkommenserhöhung habe von der Natur des ihr zu Grunde liegenden Motivs her überhaupt erst nach dem versicherten Ereignis eintreten können (Urteil B 43/02 vom 23. Januar 2003 E. 3.2).
3.2
3.2.1 Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, er habe vor Eintritt der Invalidität effektiv mehr als die Fr. 84'500.- verdient, welche der IV-Berechnung als Valideneinkommen zugrunde gelegt wurden und von denen die Vorinstanz ausgegangen ist. Er bringt aber vor, er hätte anfangs 2005 Fr. 116'000.- jährlich verdienen können und beruft sich dabei insbesondere auf die Lohnempfehlungen des Schweizerischen Physiotherapie Verbandes FISIO (vom 25. Oktober 2004), eine Medienmitteilung der Finanz- und der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich vom 29. Januar 2001 sowie auf ein von ihm veranlasstes Lohngutachten der Firma K.________ AG, Kompetenzzentrum für berufliche Wiedereingliederung vom 13. Februar 2007. Dem hielt das kantonale Gericht entgegen, es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb der mutmassliche Verdienst nicht dem Valideneinkommen gleichzusetzen sei. Der Beschwerdeführer habe weder geltend gemacht noch bestünden Anzeichen dafür, dass in der Physiotherapie von einem unausgeglichenen Arbeitsmarkt auszugehen wäre. Er müsse sich daher das in der IV-Verfügung zugrunde gelegte Valideneinkommen (in Höhe von Fr. 84'500.-) entgegenhalten lassen.
3.2.2 Die Vorinstanz hat nicht generell den mutmasslichen Verdienst mit dem iv-rechtlichen Valideneinkommen gleichgesetzt, was unzulässig wäre, sondern sie hat im konkreten Fall unter Berücksichtigung des Valideneinkommens eine rechtsgenügliche Beweiswürdigung vorgenommen. Im Übrigen ist nicht massgebend, was der Versicherte allenfalls hätte verdienen können, sondern was er effektiv verdient hätte. Gemäss dem mit der Klage eingereichten Lohnreglement verdienten vom Kanton bzw. den kantonalen Spitälern angestellte Physiotherapeuten im Kanton Zürich (Stand 2003) in der anwendbaren Lohnklasse 14 je nach Erfahrungs- und Leistungsstufe (ohne Anlaufstufe) zwischen Fr. 67'807.- und Fr. 97'556.-. Der vom kantonalen Gericht angenommene Verdienst liegt in diesem Rahmen.
3.3
3.3.1 Die weiteren Argumente des Versicherten, er habe bereits vor dem Unfall vom 6. November 1997 konkrete Schritte zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in die Wege geleitet, wobei seine in zahlreichen Arbeitszeugnissen bescheinigten Fähigkeiten zeigten, dass er das Potenzial zur Ausübung einer solchen gehabt hätte; zudem liessen die wiederholten Weiterbildungen darauf schliessen, dass er auch in unselbstständiger Position eine leitende Anstellung gefunden hätte, erachtete das kantonale Gericht als nicht stichhaltig. Es erwog, ein höheres Einkommen sei selbst dann nicht überwiegend wahrscheinlich, wenn nicht vom Valideneinkommen ausgegangen würde. Der Stellenwechsel in die Physiotherapiepraxis des L.________ sei kaum karrierewirksam gewesen und die bis zum Unfall erzielte Lohnentwicklung "minim". Der Beschwerdeführer habe nicht die Funktion eines Physiotherapeuten mit besonderen Aufgaben versehen, da er zu wenige spezifische Weiterbildungen besucht habe; auch seien die bescheinigten Weiterbildungen nicht über das Übliche hinausgegangen, was zur normalen Ausbildung als Physiotherapeut gehöre. Schliesslich sei die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht überwiegend wahrscheinlich, zumal ein entsprechender Mietvertrag für Praxisräumlichkeiten (vom 6. Juli 1996) aktenkundig nicht zustande gekommen sei.
3.3.2 Es ist unbestritten, dass dem Beschwerdeführer sowohl von seinen Arbeitgebern als auch von Berufskollegen gute bis sehr gute berufliche Fähigkeiten attestiert wurden (Arbeitszeugnisse aus den Jahren 1988 bis 1994; Einschätzung des L.________ vom 15. Juli 2003). Aktenkundig trug er sich vor seinem Unfall vom 6. November 1997 mit dem Gedanken, eine selbstständige Erwerbstätigkeit als Physiotherapeut aufzunehmen und interessierte sich zu diesem Zweck im Jahre 1996 für die Miete einer Praxisräumlichkeit (nicht zustande gekommener Mietvertrag vom 6. Juli 1996; auch bestätigten die Physiotherapeuten B.________ und P.________ gegenüber der Verfasserin des Parteigutachtens vom 13. Februar 2007, diesbezügliche Gespräche mit dem Versicherten geführt zu haben). Soweit die Vorinstanz in konkreter, pflichtgemässer Beweiswürdigung feststellte, der Schritt in die berufliche Selbstständigkeit sei gleichwohl nicht überwiegend wahrscheinlich, ist das Bundesgericht indes daran gebunden (Art. 105 Abs. 2 BGG; E. 1 hievor). Denn blosse Absichtserklärungen der versicherten Person hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft reichen nicht aus, damit eine entsprechende Entwicklung als überwiegend wahrscheinlich angesehen werden darf (beispielsweise Urteil U 473/06 vom 2. November 2007 E. 3.1 mit Hinweisen). Der angefochtene Entscheid ist somit entgegen den Vorbringen in der Beschwerde nicht willkürlich im Sinne von Art. 9 BV, zumal es sowohl an der hiefür vorausgesetzten offensichtlichen Unhaltbarkeit fehlt als auch kein klarer Widerspruch mit der tatsächlichen Situation vorliegt und weder eine Norm oder ein unumstrittener Rechtsgrundsatz in krasser Weise verletzt werden noch die vorinstanzlichen Erwägungen dem Gerechtigkeitsgedanken in geradezu stossender Weise zuwiderlaufen. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148; 134 II 124 E. 4.1 S. 133; 132 I 175 E. 1.2 S. 177, je mit Hinweisen). Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde verletzte die Vorinstanz auch kein Bundesrecht, soweit sie in antizipierter Beweiswürdigung auf die Abnahme weiterer Beweise (insbesondere auf die Befragung der angerufenen Zeugen) verzichtete; denn sie legte nachvollziehbar begründet dar, weshalb in Würdigung der bereits erhobenen Beweise ein höheres Einkommen des Versicherten nicht überwiegend wahrscheinlich sei. Nicht zu beanstanden ist demzufolge, wenn das kantonale Gericht erwog, das vom Beschwerdeführer veranlasste Parteigutachten vom 13. Februar 2007 sei weder erforderlich noch geboten gewesen, weshalb dessen Kosten nicht vergütet werden könnten, zumal die Feststellung, das Gutachten beruhe weitgehend auf den Angaben des Beschwerdeführers, nicht offensichtlich unrichtig ist.
4.
Die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung (Art. 6 EMRK) setzt im Sozialversicherungsprozess einen im erstinstanzlichen Verfahren zu stellenden Parteiantrag voraus (Urteil 9C_599/2008 vom 18. Dezember 2008 E. 1.2, in: SZS 2009 S. 133 und SVR 2009 IV Nr. 22 S. 62). Ein solcher findet sich in der vorinstanzlichen Klage nicht, so dass der Anspruch auf öffentliche Verhandlung als verwirkt gilt (BGE 122 V 47 E. 3b/bb S. 56, Urteil 9C_890/2007 vom 14. Februar 2008, E. 6, je mit Hinweisen). Im Übrigen könnte auch einem rechtzeitig gestellten und vor Bundesgericht erneuerten Antrag keine Folge gegeben werden, da der massgebende Sachverhalt aktenmässig erstellt ist und dessen Beurteilung nicht vom persönlichen Eindruck der Partei abhängt (vgl. in SVR 2006 BVG Nr. 19 S. 66 publ. E. 3.2.1 des Urteils BGE 132 V 127; Urteil 9C_555/2007 vom 6. Mai 2008, E. 3.3.2, je mit Hinweisen).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 21. August 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Meyer Bollinger Hammerle