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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_333/2009
Urteil vom 5. September 2009
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Stohner.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Verleumdung, ev. üble Nachrede,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, vom 10. März 2009.
Sachverhalt:
A.
Mit Urteil vom 25. April 2008 wies das Strafgericht Basel-Landschaft die von A.________ gegen B.________ erhobene Klage wegen mehrfacher Verleumdung, eventualiter wegen mehrfacher übler Nachrede ab.
Die von A.________ eingereichte Appellation wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Urteil vom 10. März 2009 ab und bestätigte das angefochtene Urteil.
B.
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen sinngemäss mit den Anträgen, das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 10. März 2009 sei aufzuheben und die Sache zur weiteren Sachverhaltsabklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Auflage, weitere Zeugen zu befragen. Nach Vorliegen der Neubeurteilung sei B.________ durch das Bundesgericht der mehrfachen Verleumdung, eventualiter der üblen Nachrede, schuldig zu sprechen und zu einer angemessenen Strafe zu verurteilen. Des Weiteren habe das Bundesgericht die Widerrechtlichkeit der von B.________ ihr gegenüber begangenen Persönlichkeitsverletzung festzustellen und diesen zu verpflichten, ihr eine Genugtuung von Fr. 7'000.-- auszurichten.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1 Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung wendet und eine Verletzung des Willkürverbots von Art. 9 BV rügt, stellt sie der vorinstanzlichen Begründung lediglich ihre eigene Sicht der Dinge gegenüber, ohne näher zu erörtern, inwiefern der Entscheid (auch) im Ergebnis schlechterdings unhaltbar sein sollte. Ihre Ausführungen erschöpfen sich damit in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und genügen den Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Auf die Beschwerde kann insoweit nicht eingetreten werden.
2.
2.1 Dem Ehrverletzungsverfahren liegt ein jahrelanger Streit zwischen der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdegegner um die Sorge- und Besuchsrechtsregelung betreffend die gemeinsame Tochter C.________ zugrunde. In diesem Zusammenhang hatte der Beschwerdegegner am 31. Januar 2007 ein Schreiben an die Vormundschaftsbehörde gerichtet, in welchem er zu einer früheren Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 5. Januar 2007 replizierte. Die Beschwerdeführerin erachtet fünf Passagen der Eingabe des Beschwerdegegners als ehrverletzend. Diese lauten im Einzelnen wie folgt:
a) "Von D.________ wurde mir übrigens zugetragen, dass sich A.________ in einem Gespräch mit C.________ Kindergärtnerin, E.________, - obwohl ich natürlich auch seinerzeit noch keinerlei Kontakt zu C.________ hatte, was E.________ aber nicht wusste - in einer Weise geäussert hatte, dass E.________ nach diesem Gespräch der festen Überzeugung war, 'dass etwas sehr Schlimmes zwischen C.________ und ihrem Vater vorgefallen sei: nämlich sexueller Missbrauch'. In einem persönlichen Gespräch mit mir bestätigte E.________ die Mitteilung D.________. Dieser Vorfall zeigt, dass A.________ sich nicht scheut, mich auf skrupelloseste Weise zu verunglimpfen, um einen Kontakt zwischen C.________ und mir zu verhindern" (vorinstanzliche Akten act. 79).
b) " A.________s oberstes Ziel ist es, mich aus dem Leben C.________ zu verbannen und mir auch keine aussagekräftigen Informationen zu gestatten" (vorinstanzliche Akten act. 75).
c) "Die zur Zeit einzige Person auf der Welt, die dem Kind wirklich seelische Pein zufügt und seine seelische Entwicklung langfristig nachhaltig negativ beeinflusst, ist seine Mutter" (vorinstanzliche Akten act. 77).
d) " A.________ ist ein aggressiver, uneinsichtiger Mensch, dessen Gegenwart kaum jemand herbeisehnen wird" (vorinstanzliche Akten act. 79).
e) "Dieser Absolutheitsanspruch wurde ihr bereits an der Maturitätsschule für Erwachsene in Aarau attestiert, wo es - wen wundert es? - zu Auseinandersetzungen mit dem Lehrkörper kam" (vorinstanzliche Akten act. 79).
2.1 Die Vorinstanz ist zum Schluss gekommen, die Passagen "b" und "e" seien nicht ehrverletzend. Die Äusserungen in lit. "c" und "d" seien demgegenüber zwar tatbestandsmässig, der Beschwerdegegner könne sich aber mit Erfolg auf den Rechtfertigungsgrund von Art. 14 StGB berufen. Ob die Aussagen in lit. "a" ehrverletzend seien, könne offen gelassen werden, da jedenfalls auch insoweit Art. 14 StGB greife (angefochtenes Urteil S. 5 ff.).
2.2 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin erfüllen demgegenüber die fünf Textstellen den Tatbestand der Verleumdung gemäss Art. 174 StGB, eventualiter jenen der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 StGB, ohne dass der Rechtfertigungsgrund von Art. 14 StGB erfüllt ist. Sie lastet der Vorinstanz damit eine Verletzung von Art. 14, Art. 173 und Art. 174 StGB an (Beschwerde S. 6).
2.3 Die Ehrverletzungstatbestände schützen die Ehre. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist darunter insbesondere die Wertschätzung eines Menschen zu verstehen, die er bei seinen Mitmenschen tatsächlich geniesst bzw. sein Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein, d.h. sich so zu benehmen, wie nach allgemeiner Anschauung ein charakterlich anständiger Mensch sich zu verhalten pflegt. Der strafrechtliche Schutz beschränkt sich grundsätzlich auf den menschlich-sittlichen Bereich. Den Tatbestand erfüllen danach nur Behauptungen sittlich vorwerfbaren, unehrenhaften Verhaltens. Der Ehrangriff muss von einiger Erheblichkeit sein. Verhältnismässig unbedeutende Übertreibungen bleiben straflos (siehe BGE 119 IV 44 E. 2a; vgl. auch Franz Riklin, Basler Kommentar StGB II, 2. Aufl., 2007, N. 15 vor Art. 173).
Die ehrverletzende Äusserung muss sich auf Tatsachen - im Gegensatz zu reinen Werturteilen - beziehen und hat gegenüber Dritten zu erfolgen. Als Dritte gelten auch Behörden im Verhältnis zu den Bürgerinnen und Bürgern, die sie kontaktieren (Urteil des Bundesgerichts 6S.3/2007 vom 13. Februar 2007 E. 4.3). Eine Äusserung ist bereits ehrenrührig, wenn sie an sich geeignet ist, den Ruf zu schädigen, unabhängig davon, ob der Dritte die Beschuldigung oder Verdächtigung für wahr hält oder nicht. Die Strafbarkeit der Äusserung beurteilt sich nach dem Sinn, den der unbefangene Durchschnittsadressat dieser unter den gegebenen Umständen beimisst (BGE 128 IV 53 E. 1a mit weiteren Hinweisen). Es kommt nicht nur auf die isolierten einzelnen Äusserungen, sondern auch auf den Gesamtzusammenhang des Texts an (BGE 117 IV 27 E. 2c).
2.4 Bezüglich der Passagen "b" und "e" macht die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, die Aussagen seien unwahr. Sie verkennt insoweit, dass es unerheblich ist, ob eine Aussage wahr oder unwahr ist, solange sie nicht ehrverletzend ist. Die Vorinstanz hat unter Bezugnahme auf die erstinstanzliche Urteilsbegründung im Ergebnis zutreffend gefolgert, dass die Vorwürfe des Beschwerdegegners, es sei das oberste Ziel der Beschwerdeführerin, ihn aus dem Leben der gemeinsamen Tochter zu verbannen und ihm auch keine aussagekräftigen Informationen zu gestatten, nicht die für die Erfüllung des Tatbestands erforderliche Erheblichkeit aufweisen. Dasselbe gilt für die Aussage, der Beschwerdeführerin sei von der Maturitätsschule für Erwachsene ein Absolutheitsanspruch attestiert worden. Die Äusserungen in lit. "b" und "e" haben mithin unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks, welchen sie bei unbefangenen Drittpersonen hinterlassen, keinen ehrverletzenden Charakter.
2.5 Die Passagen "a", "c" und "d", mit welchen der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin erstens vorwirft, ihn auf skrupelloseste Weise zu verunglimpfen, um den Kontakt zwischen C.________ und ihm zu verhindern (Äusserung "a"), ihr zweitens anlastet, C.________ seelische Pein zuzufügen und deren seelische Entwicklung langfristig nachhaltig negativ zu beeinflussen (Äusserung "c"), und sie drittens als aggressiv und uneinsichtig bezeichnet (Äusserung "d"), sind demgegenüber tatbestandsmässig. Hierdurch wird die Beschwerdeführerin als "Rabenmutter" taxiert bzw. als Mensch mit nicht unerheblichen Charakterfehlern beschrieben, was ihren Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein, tangiert. Dass die inkriminierten Aussagen als Erwiderung auf ein Schreiben der Beschwerdeführerin im Rahmen des Sorge- und Besuchsrechtsprozesses gemacht worden sind, berührt die Tatbestandsmässigkeit nicht.
Dass die Vorinstanz bei diesem Ergebnis mangels Entscheiderheblichkeit davon abgesehen hat, weitere Personen zu den Äusserungen des Beschwerdegegners in lit. "a" als Zeugen einzuvernehmen, stellt eine zulässige antizipierte Beweiswürdigung dar. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (Beschwerde S. 17 f.) liegt darin weder eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör noch ein Verstoss gegen das Willkürverbot begründet.
2.6 Die Vorinstanz hat, wie dargelegt, die Aussagen in lit. "a", "c" und "d" als durch Art. 14 StGB gerechtfertigt eingestuft. Zu prüfen ist, ob diese Auffassung Bundesrecht verletzt.
Die Rechtfertigungsgründe des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches haben Vorrang vor dem Entlastungsbeweis im Sinne von Art. 173 Ziff. 2 StGB, der nur zum Zuge kommt, wenn die Straflosigkeit sich nicht bereits aus einem Rechtfertigungsgrund ergibt (BGE 131 IV 154 E. 1.3; 123 IV 97 E. 2c/aa; 116 IV 211 E. 4a). Gemäss der Bestimmung von Art. 14 StGB verhält sich rechtmässig, wer handelt, wie es das Gesetz gebietet oder erlaubt, auch wenn die Tat nach dem StGB oder einem andern Gesetz mit Strafe bedroht ist. Ehrverletzende Äusserungen von Parteien und ihren Anwälten im Prozess sind aufgrund der aus der Verfassung und aus gesetzlichen Bestimmungen sich ergebenden prozessualen Darlegungsrechte und -pflichten bzw. durch die Berufspflicht gemäss Art. 14 StGB gerechtfertigt, sofern sie sachbezogen sind, nicht über das Notwendige hinausgehen, nicht wider besseres Wissen erfolgen und blosse Vermutungen als solche bezeichnen (BGE 131 IV 154 E. 1.3; 118 IV 153 E. 4b, 248 E. 2c; BGE 6B_68/2009 vom 4. Juni 2009 E. 4).
2.7 Sämtliche inkriminierten Äusserungen, welche der Beschwerdegegner im Rahmen des heftig geführten Sorge- bzw. Besuchsrechtsstreits gegenüber der zuständigen, mit den Akten vertrauten Vormundschaftsbehörde gemacht hat, nehmen im Gesamtzusammenhang Bezug auf die Frage der Sorge- und Besuchsrechtsregelung im Allgemeinen respektive auf den im damaligen Verfahren strittigen Entzug seines Informationsrechts nach Art. 275a ZGB im Besonderen und sind damit sachbezogen. In einem solchen Verfahren ist es - wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat (angefochtenes Urteil S. 8) - zulässig, alle den persönlichen Verkehr der Eltern mit dem Kind betreffenden Aspekte anzuführen, so dass die entscheidende Behörde sich ein Gesamtbild der Situation und des Eltern-Kind-Verhältnisses machen kann (vgl. Art. 274 Abs. 2 ZGB).
In die Beurteilung miteinzubeziehen ist weiter, dass die Beschwerdeführerin ihrerseits den Beschwerdegegner verbal angegriffen hat. Ihr Schreiben vom 5. Januar 2007, auf welches sich der Beschwerdegegner mit seiner Eingabe vom 31. Januar 2007 bezogen hat, enthält insbesondere die Aussage, der Beschwerdegegner sei schlichtweg dermassen krank im Kopf, dass er keine vernünftigen Gedanken mehr bilden könne. Im erstinstanzlichen Urteil, auf welches die Vorinstanz in ihrer Urteilsbegründung verweist, wird zusammenfassend ausgeführt, das absolut uneinsichtige Verhalten der Beschwerdeführerin, ihre Missachtung behördlicher und gerichtlicher Entscheide, ihre Wutausbrüche, ihre objektiv nicht nachvollziehbare Darstellung des Beschwerdegegners gegenüber C.________ als bösen Menschen sowie der zermürbende Rechtsstreit, in dessen Rahmen es die Beschwerdeführerin verstanden habe, dem Beschwerdegegner auf rechtswidrige Weise zu verunmöglichen, den minimalsten persönlichen Verkehr mit C.________ zu pflegen, hätten dazu geführt, dass der Beschwerdegegner seine Aussagen als zutreffend habe erachten dürfen (Urteil des Strafgerichts Basel-Landschaft vom 25. April 2008 E. 4.6, vorinstanzliche Akten act. 693 ff.).
Vor diesem Hintergrund ist als Fazit festzuhalten, dass die Äusserungen des Beschwerdegegners zwar gewisse Zuspitzungen und Übertreibungen beinhalten, was jedoch unter strafrechtlichen Gesichtspunkten nicht ausschlaggebend ist (BGE 131 IV 154 E. 1.4.2). Entscheidend ist vielmehr, dass seine Aussagen im Gesamtkontext nicht als unnötig verletzend zu bewerten sind, und dass er angesichts des beschriebenen Verhaltens der Beschwerdeführerin von der Richtigkeit seiner Vorwürfe überzeugt gewesen ist (vgl. auch angefochtenes Urteil S. 7). Die Äusserungen des Beschwerdegegners in lit. "a", "c" und "d" seiner Eingabe vom 31. Januar 2007 sind folglich durch das Darlegungsrecht im Prozess im Sinne von Art. 14 StGB gerechtfertigt.
Damit erübrigen sich Ausführungen zum Gutglaubensbeweis nach Art. 173 Ziff. 2 StGB ebenso wie solche zum Tatbestand der Verleumdung gemäss Art. 174 StGB, da es insoweit mangels Handelns wider besseres Wissen an der Tatbestandsmässigkeit fehlt.
2.8 Die weiteren Anträge der Beschwerdeführerin, es seien die Widerrechtlichkeit der bestehenden Persönlichkeitsverletzungen festzustellen (Art. 28 ff. ZGB) und der Beschwerdegegner zur Bezahlung einer Genugtuung von Fr. 7'000.-- zu verpflichten, sind abzuweisen. Die Äusserungen des Beschwerdegegners sind strafrechtlich gerechtfertigt, und es liegt auch zivilrechtlich keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung vor, weshalb der adhäsionsweise geltend gemachten Genugtuungsforderung der Beschwerdeführerin die Grundlage fehlt.
3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 5. September 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
Schneider Stohner