Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_201/2009
Urteil vom 11. September 2009
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiber Grünvogel.
Parteien
I.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch B._________,
gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich,
Brunngasse 6, 8405 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Verwaltungsverfahren),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 23. Dezember 2008.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 15. Juni 2007 setzte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich den versicherten Verdienst der 1963 geborenen I.________ ab 2. August 2006 auf Fr. 3'679.- fest. Auf Einsprache hin hob sie diesen mit Entscheid vom 25. Februar 2008 auf Fr. 4'056.- an. Gleichzeitig lehnte sie das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ab.
B.
Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. Dezember 2008 ab. Gleichzeitig verweigerte es die unentgeltliche Verbeiständung.
C.
Dagegen lässt I.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen.
Die Kasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerdeführerin ist mit Blick auf den Umfang und Inhalt der Eingabe (51 dicht beschriebene A4-Seiten mit in weiten Teilen nur schwer verständlichem Inhalt, weil Rechtsbegehren und Begründung vermischend, sodann über 15 Seiten minutiös den Sachverhalt aus eigener Sicht wiedergebend, um hernach zwar zahlreiche Rechtsverletzungen zu rügen, ohne indessen diese mit der gebotenen Kürze in den zugehörigen Sachverhalt zu stellen) vorab auf Art. 42 Abs. 6 BGG zu verweisen, wonach unleserliche, ungebührliche, unverständliche oder übermässig weitschweifige Rechtsschriften zur Änderung zurückgewiesen werden können, da sie den Gang der Rechtspflege behindern und unnötigerweise Ressourcen der Justiz binden (vgl. Laurent Merz, in: Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 104 zu Art. 42 BGG). Art. 42 Abs. 2 BGG verlangt für die Eingaben an das Bundesgericht nicht ohne Grund eine Begründung "in gedrängter Form". Auch kann eine weitschweifige Rechtsschrift unter bestimmten Voraussetzungen als ungebührlich und rechtsmissbräuchlich gewertet werden, womit sie mit Nichteintreten nach Art. 108 Abs. 1 BGG erledigt werden dürfte (vgl. dazu etwa das ebenfalls den vorliegenden Vertreter betreffende Urteil 2D_11/2009 vom 14. April 2009).
2.
Die Eingabe der Beschwerdeführerin umfasst nebst Anträgen in der Sache selbst und prozessualer Natur auch eine Vielzahl von Feststellungsanträgen. Diese sind gegenüber rechtsgestaltenden oder leistungsverpflichtenden Rechtsbegehren grundsätzlich subsidiär (vgl. BGE 114 II 253 E. 2a S. 255, mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 2C.5/1999 vom 3. Juli 2003, E. 4.2).
Auf diese ist daher nicht einzutreten. Die darin aufgeworfenen Rechtsfragen sind indessen in die Prüfung der Rechtmässigkeit des vorinstanzlichen Entscheids eingeschlossen.
3.
Der prozessuale Antrag auf mündliche Parteiverhandlung gemäss Art. 57 ff. BGG ist nicht näher begründet. Überdies besteht darauf nur ausnahmsweise ein Rechtsanspruch (siehe die zu Art. 112 OG und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergangene, unter der Herrschaft von Art. 57 BGG fortzuführende Rechtsprechung: statt vieler BGE 125 V 37 E. 3; Urteil 4A.5/2002 vom 22. Januar 2003, E. 2; siehe sodann Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 S. 4302. Auch ist nicht einsichtig, inwiefern eine solche zur Klärung der im vorliegenden Verfahren sich stellenden Rechtsfragen dienen könnte, weshalb auf die Durchführung des beantragten Verfahrens verzichtet wird.
4.
Der Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege wie auch derjenige auf vorgängige Bekanntgabe des Spruchkörpers, einschliesslich des Gerichtsschreibers, wurde bereits mit Zwischenverfügung vom 12. März 2009 erledigt, so dass darauf nicht mehr einzugehen ist.
5.
Die Beschwerdeführerin beantragt in der Sache die Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz, eventuell an die Verwaltung. Dabei macht sie in erster Linie eine nicht heilbare Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, die vor allem dadurch begangen worden sei, dass ihr keine Einsicht in die von der Verwaltung zur Entscheidfindung über die Einsprache beigezogenen Akten gewährt worden sei.
5.1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 42 ATSG und Art. 29 Abs. 2 BV, aber auch der (ausschliesslich für das gerichtliche Verfahren geltende) Anspruch auf ein faires Verfahren im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EMRK umschliessen das Recht auf Akteneinsicht. Ein solches ist auf entsprechendes Gesuch hin zu gewähren (zur Form im verwaltungsinternen Verfahren siehe Art. 8 ATSV; BGE 132 V 387).
Nach der Rechtsprechung kann eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist darüber hinaus - im Sinne einer Heilung des Mangels - selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Gehörs von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 133 I 201 E. 2.2 S. 204, 132 V 387 E. 5.1 S. 390 mit Hinweis).
5.2 In der Einspracheschrift vom 20. August 2007 stellte der Vertreter der Beschwerdeführerin auf Seite 8 von 18 unter "Beweisantrag" zu seinen materiellen Ausführungen folgende Begehren:
"Es seien die vollständigen Akten der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich ins Recht aufzunehmen.
Es sei dem Vertreter der Einsprecherin Einsicht in die beigezogenen Akten zu gewähren und im Falle der Unvollständigkeit des Dossiers die angebotenen folgenden Dokumente ins Recht aufzunehmen.
Es sei vorgängig des Erlasses eines Entscheides eine mündliche Anhörung durchzuführen."
5.3 Wenn auch etwas umständlich und überdies nicht an zu erwartender Stelle innerhalb der Rechtsschrift gestellt, erscheint dieser Antrag hinsichtlich des Wunsches, vor der Entscheidfindung umfassend die Akten der Verwaltung einsehen zu können, noch hinreichend klar. Liegt ein solcher vor, ist diesem zumindest in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Gesuchsteller vor Erlass der angefochtenen Verfügung keine Akteneinsicht in die verfahrensbezogenen Akten genommen hatte, im Einspracheverfahren regelmässig stattzugeben, selbst wenn die Verwaltung für den Entscheid lediglich auf die bereits der Verfügung zu Grunde liegenden Akten abstellt. Insoweit liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Verwaltung vor. Anders als im ebenfalls die Beschwerdeführerin betreffenden Fall 8C_396/2008 (Urteil des Bundesgerichts vom 22. September 2008) hat vorliegend die Vorinstanz diese Verletzung im Rechtsmittelverfahren nicht geheilt. Letztinstanzlich fällt eine Heilung des Verfahrensmangels wegen fehlender Möglichkeit einer umfassenden Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ausser Betracht. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Einsprache- und vorinstanzlichen Entscheids, ungeachtet der materiellen Begründetheit der Beschwerde, welche das Bundesgericht mit Zwischenverfügung vom 12. März 2009 in einer summarischen Prüfung als aussichtslos betrachtet hat.
5.4 Die Verwaltung, an welche die Angelegenheit zurückzuweisen ist, wird der Beschwerdeführerin die beantragte Akteneinsicht gewähren mit der Möglichkeit, zur Verfügung vom 15. Juni 2007 Stellung zu nehmen, ehe sie in der Sache einen neuen Einspracheentscheid fällt. Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand hat die Versicherte indessen nicht, wie von der Vorinstanz mit zutreffender Begründung im angefochtenen Entscheid dargelegt ist. Darauf wird verwiesen.
6.
Mit der Rückweisung an die Verwaltung werden die gegen das kantonale Gerichtsverfahren vorgebrachten verfahrensmässigen Rügen, einschliesslich jener der verweigerten unentgeltlichen Verbeiständung im kantonalen Gerichtsverfahren, gegenstandslos. Darauf ist daher nicht näher einzugehen.
7.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdegegnerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Parteientschädigung ist nach dem gebotenen Aufwand festzusetzen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Dezember 2008 und der Einspracheentscheid der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich vom 25. Februar 2008 werden aufgehoben. Die Sache wird an die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und über den Taggeldanspruch ab 2. August 2006 neu verfüge. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 500.- auszurichten.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 11. September 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Grünvogel