Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_399/2009
Urteil vom 1. Oktober 2009
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Mathys,
Gerichtsschreiberin Binz.
Parteien
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 8090 Zürich,
Beschwerdeführerin,
gegen
X.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Strafzumessung, Konkurrenz, Begründungspflicht ( Art. 47, 49 und 50 StGB ),
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 24. März 2009.
Sachverhalt:
A.
Das Bezirksgericht Zürich bestrafte X.________ mit Urteil vom 22. August 2001 wegen Urkundenfälschung und Missbrauchs von Ausweisen und Schildern mit einer bedingten Gefängnisstrafe von drei Monaten. X.________ beging vor und nach diesem Urteilszeitpunkt weitere Taten. Dafür wurde er mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 19. März 2008 des mehrfachen betrügerischen Konkurses, der Hinderung einer Amtshandlung, der einfachen Körperverletzung sowie der versuchten Nötigung schuldig gesprochen. Das Bezirksgericht bestrafte ihn mit 12 Monaten bedingter Freiheitsstrafe, teilweise als Zusatzstrafe zu der mit Urteil vom 22. August 2001 ausgefällten Strafe, sowie mit Busse von Fr. 1'000.--.
B.
Gegen dieses Urteil erklärte X.________ die Berufung. Das Obergericht des Kantons Zürich sprach ihn mit Urteil vom 24. März 2009 vom Vorwurf der Körperverletzung und der versuchten Nötigung frei. Im Übrigen bestätigte es den Schuldpunkt und bestrafte X.________ mit einer bedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu Fr. 30.-- (wiederum teilweise als Zusatzstrafe).
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, das Urteil des Obergerichts sei wegen Verletzung von Bundesrecht aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Strafzumessung.
2.
Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdegegner habe die zu beurteilenden Taten vor und nach dem Urteil vom 22. August 2001 begangen, weshalb eine Gesamtstrafe auszufällen sei. Den im Jahre 2003 begangenen Konkursbetrug erachtet sie als schwerstes Delikt. Sie hält fest:
"Für das Konkursdelikt von 2003 ist von einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen auszugehen. Diese Strafe ist wegen der Hinderung einer Amtshandlung auf 250 Tagessätze zu erhöhen. Hinzu kommt, dass wegen des vor dem Urteil vom 22. August 2001 begangenen Konkursdelikts von 1999 eine Zusatzstrafe angezeigt ist und sich daraus eine weitere Straferhöhung ergibt. ... Insofern wäre im August 2001 insgesamt eine Strafe von mindestens 6 Monaten angezeigt gewesen, was zu einer Zusatzstrafe von mindestens 3 Monaten führen würde. Heute liegt die Tat allerdings rund 10 Jahre zurück. Insgesamt erscheint eine Gesamtstrafe von 300 Tagessätzen für den weitgehend ungeständigen und uneinsichtigen Angeklagten als angemessen." (angefochtenes Urteil E. V S. 32 f.)
Weiter führt die Vorinstanz aus, der geschiedene Beschwerdegegner erhalte noch keine IV-Rente ausbezahlt. Er beziehe monatlich Fr. 940.-- von der Fürsorge. Diese bezahle auch die Krankenkasse und die Miete für eine Einzimmerwohnung. Abgesehen von einem Haus in Montenegro, für dessen Fertigstellung er noch rund Fr. 500'000.-- benötige, verfüge der Beschwerdegegner über kein Vermögen. Seine Schulden beliefen sich auf Fr. 100'000.--. Bei diesen wirtschaftlichen Verhältnissen erscheine ein Tagessatz von Fr. 30.-- angemessen (s. angefochtenes Urteil E. V 8. S. 34).
3.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vorinstanz habe ihre Wahl der Strafart mit keinem Wort begründet, obschon sie dabei vom erstinstanzlichen Urteil abweiche. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe sei nicht zweckmässig. Angesichts der desolaten finanziellen Situation des Beschwerdegegners sei offensichtlich, dass er bei einem allfälligen Widerruf des bedingten Strafvollzugs die Geldstrafe nie bezahlen könnte. Würde sein Fürsorgegeld auf ein Jahr hochgerechnet und von der Geldstrafe abgezogen, verbliebe dem Beschwerdegegner umgerechnet täglich rund Fr. 6.50. Dies sei offensichtlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht ausreichend. Eine bezahlbare Geldstrafe müsste im konkreten Fall derart tief ausfallen, dass dem Tagessatz lediglich ein symbolischer Wert zukäme. Zudem würde eine solche Geldstrafe im Verhältnis zum enormen Schuldenberg des Beschwerdegegners von diesem kaum als spürbare Strafe wahrgenommen werden. Hinzu komme, dass die Vorinstanz das Verschulden des Beschwerdegegners als erheblich taxiert und zum Ausdruck gebracht habe, dass es sich keineswegs um einen Fall von Kleinkriminalität handle. Eine tiefe Geldstrafe würde die Gefahr bergen, dass dem Beschwerdegegner die Schwere der Tat nicht genügend vor Augen geführt und deshalb nicht präventiv wirken würde. Dabei sei zu beachten, dass der Beschwerdegegner bereits einmal innerhalb der Probezeit einer bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe straffällig geworden sei.
3.1 Der Richter muss die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergeben, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Diese von der Rechtsprechung entwickelte Begründungspflicht ist im neuen Recht in Art. 50 StGB vorgesehen (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 20 mit Hinweisen).
3.2 Für Strafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr sieht das Gesetz Geldstrafe oder Freiheitsstrafe vor. Im Vordergrund steht dabei die Geldstrafe. Das ergibt sich aus dem Prinzip der Verhältnismässigkeit, wonach bei alternativ zur Verfügung stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden soll, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft. Bei der Wahl der Sanktionsart sind als wichtige Kriterien die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 82 E. 4.1 S. 85 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht hat die Kriterien für die Bemessung der Geldstrafe in einem Grundsatzentscheid festgehalten (BGE 134 IV 60). Darauf kann verwiesen werden. Bei der Tagessatzhöhe ist zu beachten, dass der Gesetzgeber bewusst auf einen minimalen Ansatz verzichtet hat. Im Rahmen des gesetzlichen Ermessens ist allerdings dem Zweck der Geldstrafe und ihrer Bedeutung im strafrechtlichen Sanktionensystem Rechnung zu tragen. Soll die Geldstrafe gleichwertig neben die Freiheitsstrafe treten, darf der Tagessatz nicht so weit herabgesetzt werden, dass er lediglich symbolischen Wert hat. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Geldstrafe als unzweckmässige Sanktion angesehen und deshalb vielfach auf eine Freiheitsstrafe erkannt werden müsste. Dies würde dem zentralen Grundanliegen der Revision diametral zuwiderlaufen (BGE 134 IV 60 E. 6.5.2 S. 72 f.). Die Höhe des Tagessatzes darf den Betrag von Fr. 10.-- grundsätzlich nicht unterschreiten, um nicht als bloss symbolische Strafe wahrgenommen zu werden (BGE 6B_769/2008 vom 18. Juni 2009 E. 1.4).
3.3 Die Vorinstanz verfügt im Rahmen der Strafzumessung über ein weites Ermessen, welches sich auch auf die Wahl der Sanktionsart bezieht (s. BGE 6B_112/2009 vom 16. Juli 2009 E. 3; 134 IV 17 E. 2.1 S. 19 f.; je mit Hinweisen). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdegegners sowenig ein Kriterium für die Wahl der Strafart wie dessen voraussichtliche Zahlungsunfähigkeit (s. BGE 134 IV 97 E. 5.2.3 S. 104 mit Hinweis). Auch die Berechnungen der Beschwerdeführerin zur Höhe des Tagessatzes erweisen sich als unbehelflich. Bei einem allfälligen Vollzug der Geldstrafe könnten Zahlungserleichterungen angeordnet werden (Art. 35 StGB). Gemäss Art. 36 Abs. 1 StGB träte schliesslich an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe, soweit der Beschwerdegegner die Geldstrafe nicht bezahlen würde und sie auf dem Betreibungsweg uneinbringlich wäre. Weiter kommt dem vorinstanzlich festgelegten Tagessatz von Fr. 30.-- mehr als bloss symbolischer Charakter zu (vgl. E. 3.2 hiervor). Ein allfälliger Vollzug der Geldstrafe würde beim Beschwerdegegner angesichts seiner finanziellen Verhältnisse zu einer Beschränkung des Lebensstandards sowie zu einem Konsumverzicht führen. Er würde die Geldstrafe durchaus als spürbare Strafe wahrnehmen. Die Wahl der Geldstrafe verletzt kein Bundesrecht.
Der Beschwerdeführerin ist beizustimmen, dass die Vorinstanz die Wahl der Strafart nicht explizit begründet. Da die Geldstrafe im Bereich der kleineren und mittleren Kriminalität die Hauptsanktion darstellt (vgl. BGE 134 IV 97 E. 4.2.1 und 4.2.2 S. 101 mit Hinweisen), ist die Wahl der Geldstrafe im Ergebnis nicht zu beanstanden. Deshalb kann entsprechend der Rechtsprechung zur Begründung der Strafzumessung auf die Aufhebung des Urteils verzichtet werden (BGE 127 IV 101 E. 2c S. 104 f. mit Hinweisen).
4.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Anwendung des Asperationsprinzips. Eine Gesamtstrafe könne gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB nur bei Gleichartigkeit der Strafen verhängt werden. Aus den vorinstanzlichen Erwägungen lasse sich nicht entnehmen, dass bei der Beurteilung aller vor dem 22. August 2001 begangenen Delikte eine Gesamtstrafe und damit auch die Zusatzstrafe in Form einer Geldstrafe angemessen gewesen wären. Der Beschwerdegegner sei deshalb mit einer Freiheitsstrafe und mit einer Geldstrafe zu bestrafen. Weiter verletze die Vorinstanz die Begründungspflicht gemäss Art. 50 StGB, indem sie eine Zusatzstrafe von drei Monaten als angezeigt halte, diese aber ohne nähere Begründung im Rahmen der Gesamtstrafe lediglich mit 50 Tagen einsetze.
4.1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 StGB).
Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es nach Art. 49 Abs. 2 StGB die Strafe so, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären. Art. 49 Abs. 2 StGB will im Wesentlichen das Asperationsprinzip auch bei retrospektiver Konkurrenz gewährleisten. Der Täter, der mehrere Freiheitsstrafen verwirkt hat, soll nach einem einheitlichen, für ihn relativ günstigen Prinzip der Strafschärfung beurteilt werden, unabhängig davon, ob die Verfahren getrennt durchgeführt werden oder nicht. Die Zusatzstrafe gleicht dementsprechend die Differenz zwischen der ersten Einsatz- oder Grundstrafe und der hypothetischen Gesamtstrafe aus, die nach Auffassung des Richters bei Kenntnis der später beurteilten Straftat ausgefällt worden wäre. Der Täter soll damit trotz Aufteilung der Strafverfolgung in mehrere Verfahren gegenüber jenem Täter, dessen Taten gleichzeitig beurteilt wurden und der von dem für ihn relativ günstigen Prinzip der Strafschärfung nach Art. 49 Abs. 1 StGB profitierte, nicht benachteiligt und soweit als möglich auch nicht besser gestellt werden (BGE 132 IV 102 E. 8.2 S. 104 f.; 129 IV 113 E. 1.1 S. 115; je mit Hinweisen).
Bei der Beurteilung von Straftaten, die teils vor und teils nach einer früheren Verurteilung begangen wurden, ist im Falle, dass die nach der Verurteilung verübte Tat die schwerere ist, von der für diese Tat verwirkten Strafe auszugehen und deren Dauer wegen der vor der ersten Verurteilung begangenen Tat angemessen zu erhöhen, und zwar unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für die frühere Tat eine Zusatzstrafe auszufällen ist (BGE 116 IV 14 E. 2b S. 17 mit Hinweisen; zur Übernahme der altrechtlichen Rechtsprechung ins neue Recht: Urteil 6B_28/2008 vom 10. April 2008 E. 3.3.2).
4.2 Die Vorinstanz war bei der Bemessung der gedanklich zu bestimmenden Gesamtstrafe und damit auch der Zusatzstrafe sowohl in Bezug auf die Strafart als auch hinsichtlich der Art des Vollzugs nicht an den rechtskräftigen ersten Entscheid gebunden (BGE 133 IV 150 E. 5.2.1 S. 156 mit Hinweis). Für das von ihr als schwerstes beurteilte Delikt (das Konkursdelikt von 2003) geht sie von einer Geldstrafe aus. Es sind keine Gründe ersichtlich, wieso sie nicht für sämtliche Delikte eine Geldstrafe ausfällen sollte. Zwar spricht sie betreffend das Konkursdelikt von 1999 zunächst von einer Gefängnisstrafe. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das damals geltende Recht die Sanktionsart der Geldstrafe noch nicht kannte. Die Voraussetzung der Gleichartigkeit der Strafen ist somit erfüllt und das Asperationsprinzip anwendbar.
4.3 Die Vorinstanz ist methodisch richtig vorgegangen. Sie hat eine hypothetische Strafe (250 Tagessätze) für die nach der Verurteilung begangenen Taten festgesetzt. Anschliessend hat sie eine hypothetische Gesamtstrafe für die vor der Verurteilung begangene Tat zusammen mit der bereits ausgefällten Strafe gebildet. Für das Konkursdelikt von 1999 nennt sie eine Zusatzstrafe von "mindestens drei Monaten". In Anwendung des Asperationsprinzips sowie unter Berücksichtigung des Zeitablaufs erhöht sie die hypothetische Strafe (250 Tagessätze) um 50 Tagessätze auf 300 Tagessätze Geldstrafe. Diese Erhöhung erweist sich als angemessen. Die Vorinstanz hat mittels Zahlenangaben offen gelegt, wie sich die von ihr ausgesprochene Strafe quotenmässig zusammensetzt (BGE 132 IV 102 E. 8.3 S. 105 mit Hinweisen). Ihre Strafzumessung ist nachvollziehbar und genügt der Begründungspflicht nach Art. 50 StGB. Die Rüge der Beschwerdeführerin erweist sich als unbegründet.
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführerin sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. Oktober 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Favre Binz