Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1C_365/2009
Urteil vom 21. Oktober 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Schoder.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer,
gegen
Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern,
Abteilung Massnahmen, Postfach 4165, 6000 Luzern 4.
Gegenstand
Administrativmassnahmen; Kontrollfahrt; Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung,
Beschwerde gegen die Verfügung vom 20. Juli 2009
des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung.
Sachverhalt:
A.
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern erliess gegenüber X.________ (Jahrgang 1932) am 18. Mai 2009 eine Verfügung, in der es die Durchführung einer ärztlich begleiteten Kontrollfahrt auf Kosten des Rechtsunterworfenen anordnete. Das Nichtbestehen der Kontrollfahrt oder das Nichterscheinen hätte den Entzug des Führerausweises zur Folge. Einer allfälligen Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurde die aufschiebende Wirkung entzogen.
X.________ erhob gegen die Verfügung des Strassenverkehrsamtes Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragte nebst deren Aufhebung die Wiederherstellung der aufschiebenden Beschwerdewirkung. Mit Verfügung vom 20. Juli 2009 wies der Präsident der Abgaberechtlichen Abteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Beschwerdewirkung ab.
B.
X.________ hat gegen die Verfügung des Abteilungspräsidenten Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ergriffen. Er beantragt, dass die Verfügung aufgehoben und der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt werde.
C.
Der Präsident der Abgaberechtlichen Abteilung des Verwaltungsgerichts schliesst auf Beschwerdeabweisung. Das Strassenverkehrsamt liess sich nicht vernehmen.
Erwägungen:
1.
1.1 Die angefochtene Verfügung betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich offen (Art. 82 lit. a BGG).
1.2 Bei der angefochtenen Verfügung, in welcher das Gesuch des Beschwerdeführers um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen wird, handelt es sich um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid. Solche Zwischenentscheide sind gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können.
Im Falle eines Führerausweisentzuges wegen einer unrechtmässig angeordneten Kontrollfahrt könnte der Beschwerdeführer während des Beschwerdeverfahrens nicht über sein Fahrzeug frei verfügen. Die Voraussetzung eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist damit erfüllt.
1.3 Entscheide über die aufschiebende Wirkung stellen solche über vorsorgliche Massnahmen nach Art. 98 BGG dar (Urteil des Bundesgerichts 1C_155/2007 vom 13. September 2007 E. 1.2). Nach dieser Vorschrift kann mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden.
Nach Art. 106 Abs. 2 BGG prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. Der Beschwerdeführer muss klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darlegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397 mit Hinweisen).
Ob die vorliegende Beschwerdeschrift den gestellten Anforderungen genügt, ist fraglich, kann aber mit Blick auf das Entscheidergebnis offen bleiben.
2.
Wegen der formellen Natur des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist die diesbezügliche Rüge vorab zu behandeln. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Vorinstanz habe die Pflicht zur Begründung ihres Entscheids nicht befolgt.
Diese Rüge zielt offensichtlich ins Leere. Die Begründung der ange-fochtenen Verfügung ist so abgefasst, dass sich der Beschwerdeführer über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn sachgerecht anfechten kann. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt nicht, dass sich die Behörde bis ins Detail zu den Streitfragen äussert (vgl. BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88 mit Hinweisen).
3.
3.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Anordnung einer Kontrollfahrt sei unrechtmässig. Er sei unbestrittenermassen noch nie durch Fahrfehler verkehrsauffällig geworden. Allein sein Alter sei kein Grund zur Anordnung einer Kontrollfahrt. Begründete Bedenken gegen seine Eignung als Fahrzeuglenker seien nicht vorhanden. Die ärztliche Di-agnose sei untauglich, weshalb darauf nicht hätte abgestellt werden dürfen. Die Vorinstanz habe die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde daher unter Verletzung des Willkürverbots verweigert.
3.2 Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung dann vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133 mit Hinweisen).
3.3 Gemäss der angefochtenen Verfügung wird über ein Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Beschwerdewirkung aufgrund der Aktenlage entschieden. Bei der Abwägung der Gründe für und gegen die sofortige Vollstreckbarkeit einer Massnahme könne auch der mutmassliche Verfahrensausgang in der Sache eine Rolle spielen.
Im vorliegenden Fall sei das öffentliche Interesse der Verkehrssicherheit, das mit der Anordnung einer Kontrollfahrt geschützt werden solle, höher zu gewichten als die Interessen des Beschwerdeführers. Die angeordnete Kontrollfahrt sei zwar mit einem gewissen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden, belaste den Beschwerdeführer aber nicht übermässig. Dem Verhältnismässigkeitsprinzip werde insoweit Rechnung getragen, als die Anforderungen an eine Kontrollfahrt weniger hoch seien als an eine Prüfungsfahrt und als dem Beschwerdeführer der Führerausweis vorläufig belassen werde. Es sei nicht ersichtlich, weshalb mit der Durchführung der Kontrollfahrt zugewartet werden sollte, zumal dies der Verkehrssicherheit abträglich sein könnte. Wenn sich im Rahmen des Hauptverfahrens herausstellen sollte, dass die Kontrollfahrt zu Unrecht angeordnet worden sei, wäre dem bei den Kosten- und Entschädigungsfolgen Rechnung zu tragen. Das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Beschwerdewirkung sei somit abzuweisen.
3.4 Nach der Praxis sind für den Entscheid über die Gewährung der aufschiebenden Wirkung die entgegenstehenden Interessen abzuwägen und ist das Verhältnismässigkeitsprinzip massgeblich (BGE 106 Ib 115 E. 2a S. 116). Dabei steht der kantonalen Instanz ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Auch ist sie nicht gehalten, für ihren Entscheid zeitraubende zusätzliche Abklärungen zu treffen, sondern sie kann in erster Linie auf die ihr zur Verfügung stehenden Akten abstellen. Das Bundesgericht beschränkt sich auf Beschwerde hin erst recht auf eine vorläufige Prüfung der Akten. Es kontrolliert, ob die kantonale Instanz ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat und hebt deren Entscheid nur auf, wenn sie wesentliche Interessen ausser Acht gelassen oder offensichtlich falsch bewertet hat (BGE 106 Ia 115 E. 2a S. 116; Urteil des Bundesgerichts 2A.128/2003 vom 3. April 2003 E. 2.2).
3.5 Die Vorinstanz nahm eine Interessenabwägung vor. Dieses Vorgehen ist nach dem Gesagten nicht zu beanstanden. Die Abweisung des Gesuchs stützte die Vorinstanz auf das öffentliche Interesse der Verkehrssicherheit. Es handelt sich um ein gewichtiges Interesse, geht es dabei doch um den Schutz von Menschenleben. Die höhere Gewichtung des öffentlichen Interesses im Verhältnis zu den privaten Interessen des Beschwerdeführers, keinen zeitlichen und finanziellen Aufwand tragen zu müssen, war daher zweifelsohne geboten.
Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die Vorinstanz beim derzeitigen Verfahrensstand auf die bei den Akten liegende ärztliche Diagnose abstellte. Ob diese zutrifft oder nicht, ist nicht schon im Rahmen vorsorglicher Massnahmen, sondern erst im Hauptverfahren zu prüfen. Im Übrigen beschränkt sich der Beschwerdeführer auf die Behauptung, die Diagnose sei falsch, ohne dies näher zu begründen.
Der Beschwerdeführer legt auch vor Bundesgericht nicht dar und es ist nicht ersichtlich, welche gewichtigen Gründe gegen die sofortige Durchführung der Kontrollfahrt sprechen würden. Jedenfalls ist es nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz in Anbetracht der Aktenlage sowie der einschlägigen Vorschriften des Strassenverkehrsrechts über die Anordnung einer Kontrollfahrt bei über 70-jährigen Ausweisinhabern (vgl. Art. 27 ff. der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr [Verkehrszulassungsverordnung, VZV; SR 741.51]) die Zuerkennung der aufschiebenden Beschwerdewirkung verweigerte.
4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. Oktober 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Féraud Schoder