Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_591/2009
Urteil vom 22. Oktober 2009
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter L. Meyer, von Werdt,
Gerichtsschreiber von Roten.
Parteien
B.________, (Ehefrau),
vertreten durch Fürsprecherin Ursula Padrutt,
Beschwerdeführerin,
gegen
K.________, (Ehemann),
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Suter,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Ehescheidung (Vorsorgeausgleich/Güterrecht),
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, vom 23. Juni 2009.
Sachverhalt:
A.
B.________ (Ehefrau) (hiernach: Beschwerdeführerin), Jahrgang 1948, und K.________ (Ehemann) (fortan: Beschwerdegegner), Jahrgang 1947, heirateten am 23. Oktober 1970. Sie wurden Eltern zweier Kinder, geboren in den Jahren 1974 und 1980. Die Beschwerdeführerin betreute und erzog die Kinder, führte den Haushalt und war ab 1990 zusätzlich in Teilzeit erwerbstätig. Sie arbeitet heute bei der Post (Anstellung im Umfang von rund 70 %). Der Beschwerdegegner ist seit Oktober 1997 vollinvalid und bezieht ganze Renten seiner Pensionskasse und der Eidgenössischen Invalidenversicherung. Die Parteien lebten ab 1. November 2001 getrennt. Ihr Getrenntleben musste gerichtlich geregelt werden. Am 12. August 2004 klagte der Beschwerdegegner auf Scheidung, der die Beschwerdeführerin zustimmte. Uneinig blieben sich die Parteien über die vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen.
B.
Der Gerichtspräsident von G.________ schied die Ehe. Er verpflichtete den Beschwerdegegner zur Bezahlung folgender Geldbeträge an die Beschwerdeführerin:
Fr. 875.-- (ab Rechtskraft bis 31. Juli 2012) und Fr. 1'035.-- (ab 1. August 2012) als monatliche, teuerungsangepasste Unterhaltsbeiträge;
Fr. 153'684.85 per Saldo aller güterrechtlichen Ansprüche;
Fr. 112'500.-- als Entschädigung gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB auf das Vorsorgekonto der Beschwerdeführerin bei der Pensionskasse Post.
Begehren, mit denen die Parteien mehr oder anderes verlangten, wies der Gerichtspräsident ab, soweit er darauf eintrat (Urteil vom 24. Oktober 2007).
C.
Gegen das Urteil legte der Beschwerdegegner Appellation ein. Er beantragte, es sei gerichtlich festzustellen, dass die Parteien einander keinen nachehelichen Unterhalt schuldeten, er sei zu verpflichten, der Beschwerdeführerin aus Güterrecht Fr. 150'280.70 zu bezahlen, und es sei gerichtlich festzustellen, dass auf eine Teilung der von der Beschwerdeführerin während der Ehe angesparten Austrittsleistung in Anwendung von Art. 123 Abs. 2 ZGB verzichtet werde, eventuell sei er zu verpflichten, Fr. 50'000.-- als Entschädigung gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB auf das Vorsorgekonto der Beschwerdeführerin bei der Pensionskasse Post zu bezahlen. Die Beschwerdeführerin schloss auf Abweisung der Appellation und verlangte in ihrer Antwort eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils von Amtes wegen, was den Beginn der Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt angeht. Sie legte Anschlussappellation ein mit dem Antrag, den Beschwerdegegner zu verpflichten, ihr aus Güterrecht Fr. 265'674.60 zu bezahlen.
D.
In teilweiser Gutheissung der Appellation und von Amtes wegen legte das Obergericht des Kantons Aargau die vom Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin geschuldeten Leistungen neu fest wie folgt:
Fr. 485.-- (ab Rechtskraft bis 31. März 2012) und Fr. 685.-- (ab 1. April 2012) als monatliche, teuerungsangepasste Unterhaltsbeiträge;
Fr. 151'366.30 per Saldo aller güterrechtlichen Ansprüche;
Fr. 50'000.-- als Entschädigung gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB auf das Vorsorge-konto der Beschwerdeführerin bei der Pensionskasse Post.
Die Anschlussappellation der Beschwerdeführerin wies das Obergericht ab (Urteil vom 23. Juni 2009).
E.
Dem Bundesgericht beantragt die Beschwerdeführerin, den Beschwerdegegner zu verpflichten, ihr güterrechtlich per Saldo aller Ansprüche Fr. 210'866.30 sowie den Betrag von Fr. 112'500.-- als Entschädigung gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB zu bezahlen, eventuell die Angelegenheit zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Es sind die kantonalen Akten, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Erwägungen:
1.
Streitig sind die Forderungen der Beschwerdeführerin von Fr. 210'866.30 aus ehelichem Güterrecht und von Fr. 112'500.-- aus beruflicher Vorsorge. Die Beschwerde gemäss Art. 72 ff. BGG ist grundsätzlich zulässig. Auf formelle Einzelfragen wird im Sachzusammenhang zurückzukommen sein.
2.
In güterrechtlicher Hinsicht geht es um die Bewertung der im Eigentum des Beschwerdegegners stehenden Liegenschaft (Einfamilienhaus). Die kantonalen Gerichte haben auf die Verkehrswertschätzung im eingeholten Gerichtsgutachten abgestellt. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Bewertungsmethode, die dem Gerichtsgutachten zugrunde liegt. Sie nimmt einen Liegenschaftswert von Fr. 816'000.-- an und errechnet auf Grund der übrigen unangefochtenen Werte eine ihr zustehende Güterrechtsforderung von Fr. 210'866.30 (S. 4 ff. der Beschwerdeschrift).
2.1 Der Gerichtsgutachter hat den Ertragswert der Liegenschaft auf Fr. 401'000.-- und deren Realwert auf Fr. 816'000.-- festgelegt, den Ertragswert mit 0.4 und den Realwert mit 1.0 gewichtet und nach der Formel "(0.4 x Ertragswert + 1.0 x Realwert) : 1.4" einen Verkehrswert von rund Fr. 697'000.-- errechnet (E. 5.2.3.2.1 S. 25 f.). Zum Verfahren hat das Obergericht festgehalten, die Beschwerdeführerin stelle das Vorgehen des gerichtlichen Experten zu Recht nicht grundsätzlich in Frage (E. 5.2.3.2.2 S. 26). Es ist davon ausgegangen, die von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen betreffend Baulandreserve und Bauarbeiten an der Umfahrungsstrasse seien unbegründet bzw. nicht substantiiert (E. 5.2.3.2.2 und .3 S. 26 ff. des angefochtenen Urteils). Ihre bisherigen Rügen erneuert die Beschwerdeführerin nicht. Sie wendet sich heute gegen das Vorgehen des Gerichtsgutachters und verlangt, es sei einzig auf den Realwert abzustellen. Der Ertragswert dürfe nicht berücksichtigt werden.
2.2 Als neues rechtliches Vorbringen ist der Einwand grundsätzlich zulässig, sofern er nicht auf einer Ausweitung des vorinstanzlich festgestellten Sachverhalts beruht, d.h. ohne Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen oder des Beweisverfahrens beurteilt werden kann (BGE 134 III 643 E. 5.3.2 S. 651; 135 I 91 E. 2.1 S. 93; 135 II 123 E. 4.1 S. 124 f.). Bei Bewertungsfragen bestimmt in seinem Anwendungsbereich das Bundesrecht, nach welchen Grundsätzen die Bewertung vorzunehmen ist (Begriff, Methode u.ä.), wogegen die danach vorzunehmende Wertermittlung eine tatsächliche Feststellung betrifft. Auf Grund der besseren Kenntnis der örtlichen Verhältnisse im Rahmen der Auswahl der Schätzungsmethode verfügt die kantonale Instanz über ein gewisses Ermessen. In diesen Beurteilungsspielraum greift das auf eine reine Rechtskontrolle beschränkte Bundesgericht nur mit Zurückhaltung dann ein, wenn die Auffassung der Vorinstanz als unvertretbar erscheint (vgl. BGE 133 III 416 E. 6.3.3 S. 419).
2.3 Der Verkehrswert eines überbauten Grundstückes darf in differenzierender Kombination von Real- und Ertragswert ermittelt werden. Die Bestimmung des Verkehrswertes anhand des gewichteten Mittels aus Real- und Ertragswert ist als Methode anerkannt und verbreitet. Die Gewichtung hängt von der Art des Bewertungsobjekts im konkreten Einzelfall ab (vgl. BGE 125 III 1 E. 5 S. 5 ff.; 134 III 42 E. 4 S. 44, je Wohn- und Geschäftsliegenschaften betreffend). Der Verkehrswert von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern orientiert sich dabei auf dem Markt erfahrungsgemäss hauptsächlich am Realwert, der insoweit stärker gewichtet werden darf (vgl. Urteil 5A_294/2008 vom 18. August 2008 E. 3.3.3). Der Ertragswert kann dort wiederum in den Vordergrund rücken, wo der Eigentümer seine Liegenschaft voraussichtlich über längere Zeit nicht veräussern wird (vgl. Urteil 5A_251/2008 vom 6. November 2008 E. 3.3.1, eine Eigentumswohnung betreffend). Die Lehre weicht nicht grundsätzlich von der Rechtsprechung ab und beantwortet die Frage nach der richtigen Schätzungsmethode bei Einfamilienhäusern ebenfalls differenziert. Nach der Ansicht, die die Beschwerdeführerin zitiert, bildet Ausgangslage für den Verkehrswert der Substanzwert (WENGER/WENGER/NAEGELI, Der Liegenschaftenbewertung, 5.A. Zürich 2009, S. 34). Der Meinung wird teilweise insofern beigepflichtet, als bei normalen Einfamilienhäusern der Substanzwert in der Regel wichtiger sei als der ertragsorientierte Wert, weil Einfamilienhäuser keine Investitions-, sondern Konsumgüter seien (FIERZ, Der Schweizer Immobilienwert, 5.A. Zürich 2005, S. 307). Verbreitet ist schliesslich die Auffassung, bei Einfamilienhäusern werde dem Ertragswert im Vergleich zum Realwert eine untergeordnete Bedeutung beigemessen; die Gewichtung habe Wohnlage, Objektgrösse, Gebäudecharakter, Bauart, Raumanordnung und Nachfrage zu beachten (DAS SCHWEIZERISCHE SCHÄTZERHANDBUCH, Bewertung von Immobilien, Chur 2005, S. 112).
2.4 Mit Blick auf Rechtsprechung und Lehre kann nicht gesagt werden, eine Gewichtung von Ertrags- und Realwert sei bei der Schätzung von Einfamilienhäusern ausgeschlossen und der Gerichtsgutachter habe eine Bewertungsmethode gewählt, deren Anwendung zu einem unhaltbaren Ergebnis führen muss (vgl. für das Steuerrecht: BGE 131 I 291 E. 3.2.2 S. 307). Ob und allenfalls in welchem Verhältnis der Ertragswert und der Realwert hier gewichtet werden durften, hängt von der Art und den Besonderheiten des konkreten Einfamilienhauses ab, die das Obergericht nicht festgestellt hat, weil im kantonalen Verfahren eine Rüge gegen das Vorgehen des Gerichtsgutachters nicht erhoben wurde (E. 2.2). Immerhin kann darauf hingewiesen werden (Art. 105 Abs. 2 BGG), dass das Privatgutachten, das die Beschwerdeführerin am 5. September 2007 eingereicht hat, die gleiche Methode wie das Gerichtsgutachten verwendet und dabei den Ertragswert mit 0.25 und den Realwert mit 1.0 gewichtet unter Berücksichtigung der Faktoren "Wohnhaus mit Garage, freistehend, Zustand gut, gesuchte Wohnlage" (S. 12; act. 302 der erstinstanzlichen Akten mit blauem Hefter "Gutachten, eingereicht von RA Oswald am 05.09.2007"). Mangels entsprechender Rügen (E. 2.2) fehlen auch Feststellungen zur Frage, ob der Beschwerdegegner als Eigentümer die Liegenschaft nach Abschluss des Verfahrens verkaufen, selber bewohnen oder vermieten wird. Immerhin steht fest, dass er seit der Trennung im Jahre 2001 in einer anderen Ortschaft in einer Mietwohnung lebt, während die Beschwerdeführerin offenbar mit den Kindern bis heute im Einfamilienhaus wohnt. Es wäre deshalb denkbar, dass der Beschwerdegegner die Wohnverhältnisse belässt, wie sie sind, und seine Liegenschaft inskünftig vermietet. Aus seiner Sicht spielt es bei der Frage, ob er das Haus verkaufen will, eine Rolle, welchen Ertrag er bei einer allfälligen Vermietung erzielen würde. Auch ein potentieller Käufer beachtet nicht nur, welchen Substanz- bzw. Realwert die Liegenschaft hat, sondern auch, was er als Miete bezahlen müsste, wenn er ein (zwar rares) Einfamilienhaus oder eine entsprechend grosszügige Wohnung mieten würde. Insgesamt erscheint die Berücksichtigung des Ertragswertes bei der Schätzung des Einfamilienhauses im vorliegenden Fall nicht als bundesrechtswidrig, zumal der Ertragswert im Verhältnis zum Realwert keine dominante (hier: 0.4 : 1.0) Rolle spielt.
2.5 Aus den dargelegten Gründen kann nicht beanstandet werden, dass das Obergericht auf das Gerichtsgutachten abgestellt hat und vom darin geschätzten Verkehrswert der Liegenschaft ausgegangen ist. In ihren übrigen Teilen ist die güterrechtliche Auseinandersetzung unangefochten geblieben. Der Beschwerdeführerin stehen somit die obergerichtlich errechneten Fr. 151'366.30 aus Güterrecht zu.
3.
Streitig ist der Anspruch der Beschwerdeführerin aus beruflicher Vorsorge. Während das Obergericht auf die konkreten Vorsorgebedürfnisse der Parteien abgestellt und die vom Beschwerdegegner zu leistende Entschädigung auf Fr. 50'000.-- bemessen hat, fordert die Beschwerdeführerin den Betrag von Fr. 112'500.--, der sich bei einer Teilung der hypothetischen Vorsorgeguthaben ergeben hätte (S. 8 ff. der Beschwerdeschrift).
3.1 Die Regelung über die Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge unterscheidet danach, ob ein Vorsorgefall eingetreten ist oder nicht. Gehört ein Ehegatte oder gehören beide Ehegatten einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge an und ist bei einem oder bei beiden Ehegatten ein Vorsorgefall bereits eingetreten, so ist eine Teilung der nach dem Freizügigkeitsgesetz vom 17. Dezember 1993 (FZG; SR 831.42) für die Ehedauer zu ermittelnden Austrittsleistungen ausgeschlossen und eine angemessene Entschädigung geschuldet (vgl. Art. 122 Abs. 1 und Art. 124 Abs. 1 ZGB ). Beim Beschwerdegegner ist der Vorsorgefall "Invalidität" mit einem Invaliditätsgrad von 100 % im Oktober 1997 eingetreten, so dass der ganze Vorsorgeausgleich über eine angemessene Entschädigung nach Art. 124 Abs. 1 ZGB erfolgt (BGE 129 III 481 E. 3.2 S. 483 ff.).
3.2 Bei der Bestimmung der angemessenen Entschädigung ist die gesetzgeberische Grundentscheidung zu berücksichtigen, dass Vorsorgeguthaben unter den Ehegatten hälftig zu teilen sind (Art. 122 ZGB). Allerdings darf nicht ungeachtet der konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse eine Entschädigung festgesetzt werden, die schematisch dem Ergebnis der hälftigen Teilung der Vorsorgeguthaben entspricht. Vielmehr ist den Vermögensverhältnissen nach der güterrechtlichen Auseinandersetzung sowie der sonstigen wirtschaftlichen Lage der Parteien nach der Scheidung gebührend Rechnung zu tragen. Es kann zweistufig vorgegangen werden, indem das Gericht zuerst die Höhe der Austrittsleistung im Zeitpunkt der Scheidung bzw. des Eintritts des Vorsorgefalls berechnet und alsdann auf das konkrete Vorsorgebedürfnis der Parteien abstellt (BGE 129 III 481 E. 3.4.1 S. 488). Mit Bezug auf diesen zweiten Schritt hat das Bundesgericht festgehalten, dass es nicht angeht, der Bemessung der Entschädigung die Grundsätze von Art. 122 ZGB (hälftige Teilung eines hypothetischen Vorsorgekapitals) zugrunde zu legen, wo der Vorsorgefall viele Jahre vor der Scheidung eingetreten ist. Massgebend sind in einem solchen Fall hauptsächlich die konkreten Vorsorgebedürfnisse der Ehegatten (BGE 131 III 1 E. 5 und E. 6 S. 7 ff.). Umgekehrt treten diese Vorsorgebedürfnisse in den Hintergrund, wo der Eintritt des Vorsorgefalls und der Eintritt der Rechtskraft der Scheidung zeitlich nahe beieinander liegen. Massgebend ist in einem solchen Fall der Teilungsgrundsatz, so dass die Entschädigung gemäss Art. 124 ZGB summenmässig der Hälfte der Austrittsleistungen im Sinne von Art. 122 ZGB entsprechen darf (BGE 133 III 401 E. 3.3 S. 405 f.).
3.3 Der zeitliche Abstand zwischen der Rechtskraft des Urteils im Scheidungspunkt (30. November 2007) und dem Eintritt des Vorsorgefalls (28. Oktober 1997) beträgt hier gut zehn Jahre. Das Obergericht hat deshalb einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine angemessene Entschädigung in der Höhe der hälftig geteilten Austrittsleistungen (= Fr. 112'500.--) verneint und die angemessene Entschädigung anhand der konkreten Vorsorgebedürfnisse auf Fr. 50'000.-- festgelegt (E. 6.3 S. 34 ff. des angefochtenen Urteils). Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, es dürfe keine Korrektur des hälftigen Vorsorgeausgleichs vorgenommen werden, weil beide Parteien kurz vor der Pensionierung stünden (2012) und die gleichen Vorsorgebedürfnisse hätten. Die Auffassung lässt sich weder auf die Rechtsprechung stützen noch mit der angeführten Literaturstelle belegen. Die zitierten Autoren behandeln den Fall, wo beide Ehegatten in wenigen Jahren das AHV-Alter erreichen und der Ehegatte A. seit zwei Jahren - nicht wie hier seit zehn Jahren - invalid ist. In ihrem Fall sehen sie keinen Bedarf nach einer Korrektur der nach der Höhe der Austrittsleistungen bestimmten Entschädigung. Umgekehrt verhält es sich mit der Variante einer Pensionierung des Ehegatten A., zu der die zitierten Autoren festhalten, je weiter zurück die Pensionierung - hier der Vorsorgefall "Invalidität" - liegt, desto mehr verliert das Kriterium der letzten Austrittsleistung an Massgeblichkeit. Diesfalls müsse die Entschädigung angemessen reduziert werden (GEISER/GRÜTTER, Reformbedarf in der zweiten und dritten Säule, in: Scheidungsrecht -aktuelle Probleme und Reformbedarf, Zürich 2008, S. 67 ff., S. 68 f.). Eine Abweichung von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht ersichtlich. Die Lehrmeinung stützt vielmehr die Vorgehensweise des Obergerichts.
3.4 Gegen die obergerichtliche Bestimmung der angemessenen Entschädigung wendet die Beschwerdeführerin einzig ein, den angenommenen Vermögensverhältnissen sei bereits deshalb die Grundlage entzogen, weil das im Eigentum des Beschwerdegegners stehende Einfamilienhaus nicht Fr. 697'000.--, sondern Fr. 816'000.-- wert sei. Diese Auffassung trifft nach dem Gesagten nicht zu (E. 2 hiervor). Weitere Rügen erhebt die Beschwerdeführerin diesbezüglich keine, so dass die Angemessenheit der zuerkannten Entschädigung auch nicht zu prüfen ist (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104 f.; 135 V 39 E. 2.2 S. 41).
3.5 Nach dem Gesagten kann die Festsetzung der angemessenen Entschädigung auf Fr. 50'000.-- nicht beanstandet werden.
4.
Im erstinstanzlichen Urteil wurde der Beschwerdegegner verpflichtet, die Entschädigung gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB auf das Vorsorgekonto der Beschwerdeführerin bei der Pensionskasse Post zu bezahlen. Gegen diese Auszahlungsart hat die Beschwerdeführerin weder appelliert noch Anschlussappellation eingelegt (Bst. C hiervor). Das Obergericht hat die Auszahlungsart beibehalten. Die Beschwerdeführerin begehrt vor Bundesgericht die Auszahlung direkt an sich selbst und macht geltend, es bestehe keine gesetzliche Grundlage für eine Auszahlung der Entschädigung in gebundener Form und ihre Zustimmung dazu habe sie nie erteilt. Das angefochtene Urteil sei bezüglich der Auszahlungsart aufzuheben (S. 10 f. der Beschwerdeschrift mit Hinweis auf BGE 132 III 145 E. 4.5 S. 154 f. und auf GEISER/GRÜTTER, a.a.O., S. 69).
Da die Beschwerdeführerin eine Auszahlung direkt an sich selbst nicht in einem förmlichen Antrag vor Obergericht verlangt hat, ist das entsprechende Beschwerdebegehren neu und unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG; BGE 135 I 119 E. 2 S. 121).
Entgegen der Darstellung in der Beschwerdeschrift findet sich im angefochtenen Urteil keine allgemeine Feststellung, die Beschwerdeführerin habe geltend gemacht, sie könne die Entschädigung nach Art. 124 Abs. 1 ZGB nicht einfach in die Pensionskasse einzahlen und damit ihre eigene Austrittsleistung erhöhen. Diesen Einwand hat die Beschwerdeführerin gemäss den obergerichtlichen Feststellungen "vor Vorinstanz (act. 68) zwar noch geltend" gemacht (E. 6.3.3.3 S. 36). Vor Obergericht aber ist der Einbezug der Entschädigungszahlung in die Berechnung der Rente aus beruflicher Vorsorge als solcher dem Grundsatz nach unbeanstandet geblieben (E. 6.3.3.3 S. 37 des angefochtenen Urteils). Diese Feststellungen des Obergerichts zu ihren Vorbringen ficht die Beschwerdeführerin nicht an und sind für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Danach hat die Beschwerdeführerin die Auszahlungsart vor Obergericht nicht beanstandet, obschon sie dazu Gelegenheit und mit Blick auf die Anordnung des Gerichtspräsidenten auch Anlass gehabt hätte, wie sie das in ihrer Beschwerdeschrift selber belegt. Unter diesen Umständen aber haben die heutigen Vorbringen zur Auszahlungsart und zum Fehlen ihrer Zustimmung auch in tatsächlicher Hinsicht als neu und unzulässig zu gelten (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 134 V 223 E. 2 S. 226 f.; 135 III 121 E. 3 S. 124). Auf die Beschwerde kann insgesamt nicht eingetreten werden, was die Art der Bezahlung der angemessenen Entschädigung angeht.
5.
Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Dem Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege kann nicht entsprochen werden. Die vorstehenden Erwägungen, wonach ihre Rügen zur Hauptsache unbegründet, teils aber auch unzulässig sind, verdeutlichen, dass die gestellten Rechtsbegehren von Beginn an keinen Erfolg haben konnten. Es kommt hinzu, dass die Beschwerdeführerin über eine Forderung im Betrag von rund Fr. 150'000.-- gegen den Beschwerdegegner verfügt und deren Uneinbringlichkeit vor Bundesgericht nicht dargetan hat, so dass sie nicht als bedürftig gelten kann (Art. 64 BGG; vgl. GEISER, Grundlagen, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 2.A. Basel 1998, S. 1 ff., S. 22 bei/in Anm. 140, mit Hinweis). Die Beschwerdeführerin wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen, da in der Sache keine Vernehmlassungen eingeholt wurden (vgl. Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Oktober 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
Hohl von Roten