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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4D_48/2009
Urteil vom 30. Oktober 2009
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Luczak.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Rüegg,
gegen
X.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Olivier Dollé.
Gegenstand
Haftpflichtrecht,
Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, vom 3. März 2009.
Sachverhalt:
A.
Unter Berufung auf einen Verkehrsunfall vom 29. September 2004, den B.________ verursacht haben soll, fordert A.________ (Beschwerdeführer) von der X.________ AG (Beschwerdegegnerin), bei welcher B.________ haftpflichtversichert ist, gestützt auf Art. 65 Abs. 1 SVG als Ersatz für bereits erlittenen Personen- und Sachschaden Fr. 29'162.75 nebst gestaffeltem Zins als Schadenersatz. Die Beschwerdegegnerin hält indessen die Sachdarstellung des Beschwerdeführers für unglaubwürdig, weshalb der Beschwerdeführer am 2. Februar 2006 diese Forderung, im Verfahren reduziert auf Fr. 25'014.15, klageweise geltend machte. Das Amtsgericht Luzern-Land wie auch das anschliessend angerufene Obergericht des Kantons Luzern wiesen die Klage ab.
B.
Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht mit Verfassungsbeschwerde, das Urteil des Obergerichts vom 3. März 2009 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde und Bestätigung des angefochtenen Urteils. Das Obergericht verweist auf das angefochtene Urteil und stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen:
1.
Da der Streitwert Fr. 30'000.-- nicht erreicht und sich keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegeben (Art. 113 i.V.m. Art. 74 BGG). Ebenso steht dem Eintreten auf die Beschwerde nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer sein Rechtsbegehren nicht beziffert hat, denn mangels Feststellungen zum Quantitativ könnte das Bundesgericht kein Urteil fällen, sollte sich die Beschwerde als begründet erweisen (BGE 133 III 489 E. 3.1 mit Hinweisen).
2.
2.1 Nach Darstellung des Beschwerdeführers fuhr B.________ am 29. September 2004 um ca. 21.20 Uhr mit seinem Opel beim Einbiegen in den Verkehrskreisel in Ebikon in die Beifahrerseite seines sich bereits im Kreisel befindlichen Daimlers. Seine eigene Geschwindigkeit gab der Beschwerdeführer mit ca. 30 km/h an. Den Opel habe er erblickt, als er sich ca. 8 - 10 m vor der späteren Kollisionsstelle befunden habe. Der Opel sei sehr schnell gefahren, mit ca. 50 - 60 km/h. Er habe gedacht, der Opelfahrer werde ihm den Vortritt gewähren. Dieser sei aber ohne anzuhalten direkt in den Kreisel gefahren. Der Beschwerdeführer sei nicht ausgewichen, sondern habe stark gebremst. Sein Wagen sei zum Zeitpunkt der Kollision stillgestanden mit der Fahrzeugfront eher Richtung M-Park. Auf Wunsch des Opelfahrers habe man die Polizei nicht gerufen. Der Opelfahrer habe beide Autos auf die Seite gestellt und das Unfallprotokoll ausgefüllt. Er habe gesagt, er werde die Unfallstelle von den Scherben reinigen. Der Beschwerdeführer sei dann nach Hause gefahren.
2.2 B.________ erklärte gegenüber der Beschwerdegegnerin, er sei mit 60-70 km/h in den Kreisel eingefahren. Den Daimler habe er vor der Kollision eigentlich nicht wahrgenommen. Er sei ungebremst in diesen hineingefahren. Der Daimler sei im Zeitpunkt der Kollision nicht stillgestanden. Als Zeuge befragt verwies B.________ auf das Unfallprotokoll, ohne sich an Einzelheiten des Unfallablaufs zu erinnern. Er bestätigte aber, mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in den Kreisel gefahren zu sein und dass seine Aufmerksamkeit durch nichts eingeschränkt gewesen sei.
2.3 Die Beschwerdegegnerin holte aufgrund des Unfallprotokolls, der Besprechungsprotokolle, eines Plans des Kreisels im Massstab 1:500 und von Fotos der beschädigten Fahrzeuge ein unfallanalytisches Gutachten ein. Gestützt darauf vertrat sie den Standpunkt, das Ereignis sei vermutlich absichtlich und an einem anderen Ort herbeigeführt worden. Das Amtsgericht liess hierauf bei einem gerichtlich bestellten Experten eine technische Unfallanalyse erstellen, welche die Ergebnisse des Privatgutachtens weitestgehend bestätigte. Das Amtsgericht gelangte gestützt darauf sowie auf weitere Indizien zum Ergebnis, das Ereignis sei absichtlich, mit Einwilligung des Beschwerdeführers herbeigeführt worden.
2.4 Die Vorinstanz erwog, es treffe zwar zu, dass die festgestellte Ungewöhnlichkeit des Unfallablaufs an der behaupteten Stelle keinen direkten Beweis für die Einwilligung des Beschwerdeführers zum Zusammenstoss bilde. Indessen könne der Klage bereits dann kein Erfolg beschieden sein, wenn die Beschwerdegegnerin Zweifel an der Richtigkeit der erheblichen Sachbehauptungen des Beschwerdeführers zu erwecken vermöge. Alsdann führte die Vorinstanz aus, das Gutachten beruhe auf der Analyse technischer Daten bezüglich Kollisionswinkel und Geschwindigkeit des Fahrzeugs beim Zusammenprall. Vor dem Hintergrund der entsprechenden Ergebnisse habe der Gutachter erst in einem zweiten Schritt untersucht, ob die Schilderungen der Unfallbeteiligten plausibel seien, was er namentlich mit Bezug auf den Kollisionswinkel von 90° sowie auf das behauptete Bremsverhalten des Beschwerdeführers verneint habe. Dass B.________ eine Lenkbewegung nach links gemacht haben sollte, wie der Beschwerdeführer vor Obergericht vorgebracht habe, sei nicht bewiesen und wäre unwahrscheinlich.
2.5 Der Beschwerdeführer hält die Beweiswürdigung der Vorinstanz für willkürlich (Art. 9 BV, vgl. zum Begriff der Willkür BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133). Sie setze sich über die konkreten und im Wesentlichen übereinstimmenden Zeugen- und Parteiaussagen der Beteiligten und das direkt nach dem Unfall von diesen unterzeichnete Protokoll hinweg und räume dem Gutachten einen Stellenwert ein, der ihm im Vergleich zu den genannten direkten Beweisen nicht zukommen könne, zumal im Gutachten verschiedentlich blosse Wahrscheinlichkeitskriterien erörtert würden.
2.5.1 Nach dem angefochtenen Urteil bestritt der Beschwerdeführer nicht, dass der Kollisionswinkel der beiden Fahrzeuge im Bereich von 90° anzusiedeln sei. In der Beschwerde wird zwar behauptet, nicht aber unter Aktenhinweisen aufgezeigt, dass die erstinstanzlichen Feststellungen zum Kollisionswinkel bemängelt wurden. Eine diesbezügliche Willkürrüge, sollte sie denn beabsichtigt sein, wäre somit nicht hinreichend begründet. Soweit der Beschwerdeführer anführt, die Kollisionsspuren am Unfallfahrzeug sprächen für eine Lenkbewegung von B.________ zur Gefahr hin, ist nicht ersichtlich, woraus er dies ableitet. Dem Gutachten ist vielmehr zu entnehmen, dass bei einem Lenkmanöver des Opelfahrers nach links, das den festgestellten Kollisionswinkel ergeben hätte, aufgrund der Lenkbewegungen eher Kontaktspuren entlang der Längsachse des Daimler zu erwarten gewesen wären. Im Gutachten wird zudem ein derartiges Ausweichmanöver zur Gefahr hin als "sehr aussergewöhnlich" angesehen. Jedenfalls ist der Vorinstanz keine Willkür vorzuwerfen, wenn sie eine Lenkbewegung des Opelfahrers zur Gefahr hin nicht als wahrscheinlich betrachtete.
2.5.2 Die Vorinstanz legt sodann dar, unter der Annahme einer - möglicherweise absichtlichen - Lenkbewegung von B.________ zur Gefahr hin bliebe ungewöhnlich, dass der Beschwerdeführer 7,2 bis 12,5 m vor dem Kollisionspunkt eine Bremsung eingleitet hat. Wäre B.________ absichtlich in den stillstehenden Daimler gefahren, müsste daraus geschlossen werden, der Beschwerdeführer habe absichtlich gebremst, damit B.________ mit ihm kollidiere. Ohne eine solche Absicht hätte aber der Beschwerdeführer, als er den Bremsvorgang begann, (noch) keinen Anlass zu bremsen gehabt, weil er aufgrund der Entfernung des Opels von 17 bis 25,7 m davon habe ausgehen müssen, er könne noch vor dem Opel passieren. Dies gelte erst recht, wenn sich B.________ mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h genähert hätte, weil diesfalls die Entfernung des Opel zum Kollisionspunkt bei Einleitung des Bremsmanövers noch grösser gewesen wäre als die vom Experten aufgrund der von diesem festgestellten Geschwindigkeit von 36 bis 44 km/h berechnete. Auf diese Würdigung geht der Beschwerdeführer nicht vertieft ein. Namentlich erläutert er mit seinen allgemeinen Vorbringen zu möglichen Angstreaktionen nicht, inwiefern die Annahme der Vorinstanz unhaltbar sein soll, das Abbremsen bis zum Stillstand sei in der konkreten Situation bei keiner Hypothese nachvollziehbar.
2.5.3 Die Vorinstanz hält fest, der Kläger verkenne, dass sich die technischen Feststellungen erst durch das Zusammentreffen mehrerer ungewöhnlicher Verhaltensweisen erklären lasse, sollte sich der Unfall an der bezeichneten Stelle ereignet haben. Der Beschwerdeführer wendet ein, möglich sei ebenso sehr, dass eine der beiden Verhaltensweisen für sich allein die gutachterlich ermittelten Unfallschäden an den beiden PW verursacht habe. Dass eine einzige unwahrscheinliche, aber an sich mögliche Verhaltensweise den Zusammenstoss mit den festgestellten Schäden hätte verursachen können, stellt der Beschwerdeführer zwar zur Debatte, indem er ausführt, gutachterlich habe nicht festgestellt werden könne, wie stark der Opelfahrer vor der Kollision tatsächlich abgebremst habe, so dass die fotografierten Kollisionsspuren je Bremsweg und möglichem Abdriften zufolge des Bremsens ohne Weiteres auch mit einer der beiden Verhaltensweisen allein erklärbar seien. Ob und wenn ja mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Bremsen und Abdriften des Opels die Unfallschäden teilweise erklären könnte, ist indessen nicht festgestellt und legt auch der Beschwerdeführer nicht im Einzelnen dar. Bereits insoweit erweist sich die Rüge als nicht hinreichend begründet. Davon abgesehen sind die Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet, den angefochtenen Entscheid als willkürlich erscheinen zu lassen, da der Opelfahrer aussagte, er sei ungebremst in den Daimler hineingefahren, und auch der Beschwerdeführer behauptet, der Opel sei ohne anzuhalten in den Kreisel gefahren. Hinweise auf ein Bremsen und Abdriften des Opels sind damit nicht ersichtlich.
2.5.4 Nach Auffassung des Beschwerdeführers hat die Beschwerdegegnerin zu verantworten, dass er nicht in der Lage ist, zu beweisen, dass die Bremsen am Opel versagten, da die Wracks verschrottet wurden. Inwiefern aufgrund der Angaben der Beteiligten ein Anlass für Abklärungen in dieser Hinsicht bestanden haben soll, ist der Beschwerde jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr bemerkt der Experte in der Ergänzung zum Gutachten, ein Versagen der Bremsen sei theoretisch möglich, aber der Opel sei mit einem Zweikreisbremssystem ausgerüstet gewesen, womit beim Ausfall des einen Bremskreises der zweite Bremskreis noch hätte funktionieren müssen. Hätten die Bremsen dennoch versagt, wäre zu erwarten gewesen, dass der Opellenker dies vorgetragen hätte. Ein Bremsversagen kann bei dieser Sachlage in guten Treuen ausgeschlossen werden. Der Beschwerdegegnerin ist daher keine treuwidrige Verhinderung der Spurensicherung anzulasten, wenn sie von der Aufbewahrung der Autowracks absah, zumal nicht feststeht, dass vor der Verschrottung je von einem Bremsversagen die Rede war. Die Vorinstanz war somit nicht gehalten, dem Beschwerdeführer wegen Beweisvereitelung durch die Gegenpartei eine Beweiserleichterung zu gewähren. Auch in diesem Lichte erweist sich die Beweiswürdigung der Vorinstanz nicht als verfassungswidrig.
2.5.5 Dass Zweifel an der Richtigkeit der Schilderung des Unfallortes und -hergangs nicht berechtigt sein können, sofern sich die beiden Beteiligten nicht gekannt hätten, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf und ist nicht ersichtlich, ist doch ihr persönliches Verhältnis ohne Einfluss auf die technischen Gegebenheiten. Dem Beschwerdeführer hilft daher die Behauptung nicht weiter, es sei erstellt, dass er und B.________ einander vor dem angegebenen Unfalldatum nicht gekannt und sich daher nicht abgesprochen hätten.
2.5.6 Der Beschwerdeführer sieht in den behaupteten unfallbedingten Verletzungen der beiden Protagonisten ein Indiz für die Wahrheit der Aussagen der am Unfall Beteiligten. Selbst wenn die Verletzungen nachgewiesen wären und als Indiz gegen eine absichtliche Verursachung des Zusammenstosses gewertet werden könnten, liesse sich daraus nichts zum behaupteten weiteren Unfallhergang und dem Unfallort ableiten. Auch vor diesem Hintergrund könnte von Willkür keine Rede sein.
3.
Aus den dargelegten Gründen erweisen sich die Willkürrügen des Beschwerdeführers als unbegründet. Demnach verfiel die Vorinstanz auch nicht in Willkür, wenn sie die Richtigkeit der Sachdarstellung des Beschwerdeführers als zweifelhaft erachtete. Dies führt zu Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. Oktober 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
Klett Luczak