Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_389/2009
Urteil vom 11. November 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiberin Dubs.
Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
Beschwerdeführer,
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. German Grüniger,
gegen
Grundstückgewinnsteuer-Kommission Menzingen.
Gegenstand
Grundstückgewinnsteuer,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer,
vom 28. April 2009.
Sachverhalt:
A.
Mit Vertrag vom 23. Juni 2005 gewährten die Erben der verstorbenen Geschwister X.________ (darunter E.________ und D.________) der R.________ AG Generalunternehmung auf dem Grundstück Nr. ________ in Menzingen ein auf drei Jahre befristetes Kaufsrecht zum Preis von Fr. 1'714'000.--. Vor der öffentlichen Beurkundung des Vertrags hatte die Urkundsperson beim Sekretär der Grundstückgewinnsteuerabteilung der Gemeinde Menzingen die Höhe des Depots für den mutmasslichen Steuerbetrag abklären lassen. Dieser bezifferte den Sicherstellungsbetrag auf Fr. 128'000.-- , indem er - versehentlich - von Anlagekosten von Fr. 541'733.80 statt von Fr. 40'068.-- ausging. Im Januar 2007 wurde das Kaufsrecht von der R.________ AG Generalunternehmung ausgeübt, und am 23. Februar 2007 wurde sie als neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
B.
Mit Verfügung vom 10. Dezember 2007 veranlagte die Grundstückgewinnsteuer-Kommission Menzingen einen Grundstückgewinn von Fr. 1'664'543.--, was eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 416'135.75 für alle Erben ergab. Dagegen erhoben D.________ und die Erben der inzwischen verstorbenen E.________ Einsprachen, welche mit Entscheiden vom 16. Juni 2008 abgewiesen wurden. Rekurse hiergegen wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, mit Urteil vom 28. April 2009 ab. Es erwog, die Gewinnberechnung aufgrund eines Verkehrswertes vor 25 Jahren von Fr. 40'068.-- sei nicht zu beanstanden. Zwar sei damit der provisorische Steuerbetrag fast dreimal tiefer als der definitive Steuerbetrag veranschlagt worden. Gleichwohl komme der Vertrauensschutz hier nicht zum Tragen, weil einerseits nicht erwiesen sei, dass die Rekurrenten im Vertrauen auf die Auskunft nicht mehr rückgängig zu machende Dispositionen getroffen hätten, und es sich andererseits bei der durch den Sekretär der Grundstückgewinnsteuer-Kommission mitgeteilten Depotzahlung nur um einen "mutmasslichen Steuerbetrag" gehandelt habe, womit den Verkäufern bewusst sein musste, dass noch mit Rückleistungen oder Nachzahlungen zu rechnen war.
C.
Mit Eingabe vom 15. Juni 2009 erheben A.________, B.________, C.________ und D.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 28. April 2009 aufzuheben und den steuerbaren Grundstückgewinn auf Fr. 1'130'791.-- bzw. die Grundstückgewinnsteuer auf Fr. 113'080.-- für alle Erben festzusetzen, eventuell die Grundstückgewinnsteuer entsprechend dem von der Grundstückgewinnsteuerabteilung der Gemeinde Menzingen mitgeteilten Steuerbetrag von Fr. 128'000.-- festzusetzen und subeventuell die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Sie rügen eine willkürliche Rechtsanwendung und einen Verstoss gegen Treu und Glauben.
D.
Die Grundstückgewinnsteuer-Kommission Menzingen, das Verwaltungsgericht des Kantons Zug sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung (Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben) beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
Erwägungen:
1.
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR. 642.14]). Die Beschwerdeführer haben vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen, sind als Steuerpflichtige durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung; sie sind daher zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die fristgerecht (Art. 100 BGG) eingereichte Eingabe ist unter folgendem Vorbehalt einzutreten.
1.2
1.2.1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 S. 1.4.1 S. 254). Der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen gilt nicht, soweit eine Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht geltend gemacht wird (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). In diesem Fall müssen die Beschwerdeführer in ihrer Eingabe präzise und in Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Vorinstanz im Einzelnen darlegen, inwiefern der angefochtene Entscheid widerrechtlich sein soll (qualifizierte Rügepflicht; vgl. BGE 133 II 249 S. 1.4.2 S. 254; 133 IV 286 E. 1.4 S. 287).
1.2.2 Die vorliegende Eingabe genügt diesen Anforderungen nur teilweise: Die Beschwerdeführer begründen nämlich ihren Hauptantrag überhaupt nicht. Sie legen jedenfalls nicht dar, weshalb die von der Vorinstanz geschützte Grundstückgewinnberechnung willkürlich sein soll. Im Gegenteil räumen sie selbst ausdrücklich ein, dass sie gegen die Feststellung der Vorinstanz, die Berechnung des Verkehrswertes vor 25 Jahren durch die Beschwerdegegnerin sei nicht zu beanstanden, nichts einzuwenden haben (Ziff. 17 der Beschwerde). Insoweit kann daher auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
2.
2.1 Damit bleibt nur noch zu prüfen, ob sich hier aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 9 BV) eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung der Beschwerdeführer aufdrängt. Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben statuiert ein Verbot widersprüchlichen Verhaltens und verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden. Gemäss Rechtsprechung und Doktrin (Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl. Zürich 2006, S. 130 ff.; Christoph Rohner, St. Galler Kommentar, 2. Aufl. Zürich/St. Gallen 2008, Rz. 51 ff. zu Art. 9 BV) ist dies der Fall, (a) wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen gehandelt hat; (b) wenn sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder wenn die rechtsuchende Person die Behörde aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte; (c) wenn die Person die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen konnte; (d) wenn sie im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können, und (e) wenn die gesetzliche Ordnung seit der Auskunftserteilung keine Änderung erfahren hat (BGE 131 II 627 E. 6.1 S. 636 f.; 131 V 472 E. 5 S. 480 f.; vgl. auch Urteil 2C_6/2009 vom 26. August 2009 E. 3.2). Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Tragweite des Grundsatzes von Treu und Glauben im Steuerrecht, das vom Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Besteuerung beherrscht ist, von vornherein geringer ist als in anderen Rechtsbereichen (vgl. BGE 131 II 627 E. 6.1 S. 637 mit Hinweisen; Urteile 2C_3/2009 vom 4. August 2009 E. 2.7; 2C_382/2007 vom 23. November 2007 E. 3a).
2.2 Die Vorinstanz hat die Berufung auf Treu und Glauben vorab deshalb verneint, weil sich die betroffenen Personen nicht berechtigterweise auf eine Vertrauensgrundlage verlassen durften und ebenso wenig gestützt darauf nachteilige Dispositionen getroffen haben. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden. Nach § 201 des Steuergesetzes des Kantons Zug vom 25. Mai 2000 (StG/ZG, BSG 632.1) erlässt die Veranlagungsbehörde (unverzüglich) nach Eintritt des Steuertatbestandes eine provisorische Steuerrechnung, welche sofort fällig wird und innert 30 Tagen nach deren Zustellung zu bezahlen ist. Eine allfällige Differenz zwischen definitivem und provisorischem Steuerbetrag ist ab dem 31. Tag nach der provisorischen Rechnungsstellung gegenseitig zu verzinsen. Gemäss § 202 StG/ZG haften die steuerpflichtige Person und die Käuferin oder der Käufer des Grundstückes solidarisch für die Bezahlung der Grundstückgewinnsteuern. Bei der öffentlichen Beurkundung ist ein Depot in der Höhe des mutmasslichen Steuerbetrages zu leisten oder eine entsprechende Sicherheitsleistung zu erbringen (Abs. 2). Bei diesem "Depot" handelt es sich mithin um ein Instrument des Steuerbezugs, das einerseits im Interesse des Gemeinwesens (es verfügt nach dem Steuergesetz über kein gesetzliches Grundpfandrecht für die Grundstückgewinnsteuer) liegt und andererseits dem Schutz der an sich nicht steuerpflichtigen (vgl. § 192 StG/ZG), aber gleichwohl solidarisch haftenden Käufer bzw. Käuferinnen dient. Wenn daher das Depot in der Höhe des mutmasslichen Steuerbetrages zu tief ausfällt, hat dies vorab nachteilige Folgen für die erwähnten "Interessenten". Aufgrund dieser spezifischen Sicherungsfunktion zugunsten des Gemeinwesens bzw. der Käuferschaft lässt sich aus dem Depot bzw. seinem Betrag schon von der Natur der Sache her keine Vertrauensgrundlage bezüglich der definitiven Grundstückgewinnsteuerschuld ableiten.
Hinzu kommt, dass dem Sekretär der Grundstückgewinnsteuerabteilung, welcher mit Schreiben vom 12. April 2005 die Höhe des Depots bestimmte, ein Entwurf vom 1. April 2005 für die öffentliche Urkunde vorlag, worin sämtliche wesentlichen Vertragsbedingungen bereits feststanden, so insbesondere der Verkaufspreis und die Dauer des Kaufsrechts. Die definitive öffentliche Urkunde vom 23. Juni 2005 wurde gegenüber diesem Entwurf hauptsächlich um die Zahlungsmodalitäten sowie insbesondere um den Betrag des Depots ergänzt. Daraus muss geschlossen werden, dass dieser Punkt für die darauf folgende (angeblich nachteilige) Disposition gar nicht ursächlich war, zumal der Verkaufsentschluss zu feststehenden Konditionen schon lange vorher gefasst worden war. Jedenfalls vermochten die Beschwerdeführer nicht schlüssig aufzuzeigen, mit welcher "Alternative" sie die Steuerlast hätten minimieren wollen und vor allem minimieren können. Die Grundstückgewinnsteuer-Kommission Menzingen weist nämlich in ihrer Vernehmlassung vom 7. Oktober 2009 zu Recht darauf hin, dass hier von einer "enormen Steuerlast" nicht die Rede sein kann. Die Grundstückgewinnsteuer von Fr. 416'135.75 (bei einem steuerbaren Gewinn von Fr. 1'664'543.--) entspricht einer Steuerbelastung von 25 %. Bezogen auf das Minimum von 10 % und das Maximum von 60 % gemäss § 199 Abs. 3 StG/ZG handelt es sich mit 25 % immer noch um eine recht massvolle Steuerlast, welche keineswegs "prohibitiv" wirkt. Bei einer Überbauung, Vermietung und Vermarktung durch die Beschwerdeführer selbst hätte wohl nicht mehr Privatvermögen vorgelegen (vgl. § 189 Abs. 1 StG/ZG), und es wären Einkommenssteuern von Bund, Kanton und Gemeinde angefallen, die bald einmal die Schwelle von 25 % überschritten hätten.
Selbst wenn hier eine an sich schützenswerte Vertrauensgrundlage zugunsten der Beschwerdeführer und eine nicht wieder rückgängig zu machende nachteilige Disposition anzunehmen wären, müsste weiter geprüft werden, ob nicht überwiegende öffentliche Interessen der Berufung auf Treu und Glauben entgegenstehen (vgl. 2.1 in fine). Das Steuerrecht, das vom Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Besteuerung beherrscht ist, liesse jedenfalls in einem Fall wie hier eine vom materiellen Recht krass abweichende Festsetzung der Grundstückgewinnsteuer nicht zu.
3.
3.1 Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
3.2 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Beschwerdeführern unter Solidarhaft aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Grundstückgewinnsteuer-Kommission Menzingen, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. November 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Müller Dubs