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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4A_468/2009
Urteil vom 30. November 2009
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Luczak.
1. Parteien
A.________,
2. B.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Peter Züger,
gegen
X.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Carla Wassmer.
Gegenstand
Darlehens- und Vermögensverwaltungsvertrag,
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz, Zivilkammer,
vom 20. Januar / 22. Juli 2009.
Sachverhalt:
A.
Die Ehegatten A.________ (Beschwerdeführer) und B.________ (Beschwerdeführerin) eröffneten am 4. Februar 1992 ein Gemeinschaftskonto bei der X.________ (heute X.________ AG, Beschwerdegegnerin), das sie sogleich mit DM 50'000.-- und in der Folge mit weiteren Einzahlungen alimentierten. Ausserdem errichteten sie ein gemeinsames Wertschriftendepot, in welches sie diverse Wertschriften legten. Der Beschwerdeführer unterzeichnete am 26. Juni 1993 einen ersten und am 21. Januar 1998 einen zweiten Verwaltungsauftrag, mit welchem er die Beschwerdegegnerin mit der selbständigen Verwaltung der bei dieser liegenden Vermögenswerte beauftragte. Als ab Ende 1998 das Gemeinschaftskonto überzogen war, gewährte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer am 27. Januar 1999 einen Kredit von Fr. 500'000.--, gesichert durch einen Pfandvertrag gleichen Datums. Am 22. November 1999 wurde dieser Kredit durch einen solchen in laufender Rechnung bis zum Betrag von Fr. 2'000'000.-- ersetzt, jederzeit ohne Kündigung rückforder- bzw. rückzahlbar. Auch dieser Kredit war durch die Wertschriften gesichert, welche bei Fälligkeit der Schuld unverzüglich nach Belieben der Bank zur Befriedigung ihrer Ansprüche jeglicher Art freihändig verwertet werden konnten. Bis im November 2003 hatte die Beschwerdegegnerin sämtliche verpfändeten Depotwerte liquidiert, nachdem sie den Verwaltungsauftrag mit Schreiben vom 5. Juni 2000 gekündigt und dem Beschwerdeführer am 7. Februar 2001 das bis dahin banklagernd gehaltene Schreiben übergeben hatte. Danach blieben Fr. 2'021'019.12 offen.
B.
Diesen Betrag nebst Zins verlangte die Beschwerdegegnerin von den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit am 9. Januar 2004 mit Klage vor dem Bezirksgericht Schwyz. Die Beschwerdeführer beantragten Abweisung der Klage und forderten widerklageweise Ersatz für den ihnen durch Schlechterfüllung des Vermögensverwaltungsvertrags entstandenen Schaden, den sie im Laufe des Verfahrens auf Fr. 3'190'000.-- bezifferten. Das Bezirksgericht wies die Klage gegen die Ehefrau des Beschwerdeführers mangels Passivlegitimation ab und verpflichtete diesen zur Zahlung des eingeklagten Betrages. Die Widerklage wies es ab, in Bezug auf die Beschwerdeführerin bereits mangels Aktivlegitimation. Gegen dieses Urteil vom 8. Februar 2007 erhoben die Beschwerdeführer kantonale Berufung mit den Anträgen, die Klage auch mit Bezug auf den Beschwerdeführer abzuweisen und die Widerbeklagte zu verpflichten, ihnen Fr. 3'190'000.-- zu bezahlen. Ferner behielten sie sich ein Nachklagerecht vor und beantragten eventualiter die Rückweisung der Sache an das Bezirksgericht zur Beweisergänzung und neuer Entscheidung. Die Beschwerdegegnerin ergriff kein Rechtsmittel, so dass der erstinstanzliche Entscheid mit Bezug auf die Abweisung der Klage gegenüber der Beschwerdeführerin rechtskräftig wurde. Mit Beschluss vom 20. Januar/22. Juli 2009 wies das Kantonsgericht die Berufung in Bezug auf die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zur Widerklage ab, hob das erstinstanzliche Urteil im Übrigen auf, soweit dieses nicht in Rechtskraft erwachsen war, und wies den Prozess zur Beweisergänzung und Neubeurteilung an das Bezirksgericht zurück.
C.
Die Beschwerdeführer beantragen dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen im Wesentlichen, die Klage abzuweisen, die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zu bejahen und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ihnen Fr. 3'190'000.-- nebst Zins zu bezahlen, unter Vorbehalt des Nachklagerechts. Eventuell sei der Forderungsprozess zur Beweisergänzung und neuem Entscheid an das Kantonsgericht, subeventuell an das Bezirksgericht zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin und das Kantonsgericht schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 135 III 329 E. 1 S. 331 mit Hinweisen). Die Beschwerde ist in der Regel erst gegen Endentscheide der oberen kantonalen Gerichte zulässig (Art. 90 BGG). Gemeint sind Entscheide, die den Prozess beenden. Ausserdem ist die Beschwerde zulässig gegen Teilentscheide, d. h. Entscheide, die nur einen Teil der Begehren behandeln, wenn diese Begehren unabhängig von den anderen beurteilt werden können, oder die das Verfahren nur für einen Teil der Streitgenossen und Streitgenossinnen abschliessen (Art. 91 BGG; BGE 134 III 426 E. 1.1 S. 428).
1.1 Soweit der Beschwerdeführer als Partei am vorliegenden Verfahren beteiligt ist, hat die Vorinstanz über keines der Hauptbegehren der Parteien entschieden, auch nicht partiell, sondern die Sache zur Beweisergänzung und Neubeurteilung an das Bezirksgericht zurückgewiesen. Dieser Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab, sondern stellt einen Zwischenentscheid dar (BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127 mit Hinweisen).
1.2 Gegen selbständig eröffnete Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen, ist die Beschwerde nur zulässig, wenn eine der folgenden alternativen Voraussetzungen erfüllt ist: Erstens, wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Zweitens, wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 134 III 188 E. 2.2 S. 191; 133 III 629 E. 2.1 S. 631). Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG nicht selbständig anfechten, können sie ihn doch mit dem Endentscheid anfechten, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 135 II 30 E. 1.3.2 S. 34 f.). Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer, darzutun, dass die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (vgl. BGE 134 III 426 E. 1.2 in fine S. 429; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2).
1.3 Der Beschwerdeführer erkennt zu Recht, dass nur dann ein nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG anzunehmen ist, wenn dieser rechtlicher Natur ist, was voraussetzt, dass er durch einen späteren günstigen Entscheid nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann. Dabei ist es nicht nötig, dass sich der Nachteil schon im kantonalen Verfahren durch einen günstigen Endentscheid beheben lässt. Es reicht aus, wenn er in einem anschliessenden bundesgerichtlichen Verfahren beseitigt werden kann. Rein tatsächliche Nachteile, etwa die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens, fallen demgegenüber nicht in Betracht (BGE 134 III 188 E. 2.1 f. S. 190 f. mit Hinweisen). Der Rückweisungsentscheid bewirkt für den Beschwerdeführer keinen irreversiblen Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, da er ihn später zusammen mit dem neu zu fällenden Endentscheid wird anfechten können (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG). Mit dem Hinweis auf das Alter der Beschwerdeführer, die lange Verfahrensdauer und die daraus entstehenden Probleme thematisiert der Beschwerdeführer tatsächliche Nachteile, die keine Beschwerdemöglichkeit nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG eröffnen.
1.4 Nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist die Beschwerde gegen Zwischenentscheide ausserdem zulässig, wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt mithin voraus, dass das Bundesgericht, sollte es der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers folgen, selbst einen Endentscheid fällen könnte und die Angelegenheit nicht seinerseits an die Vorinstanz zurückweisen müsste (BGE 133 III 634 mit Hinweisen).
1.4.1 Der Beschwerdeführer ist der Meinung, seine Beschwerde sei zuzulassen, denn das Bundesgericht sei in der Lage, die Klage abzuweisen und die Widerklage gutzuheissen, sollte sich die Beschwerde als begründet erweisen. Bei sorgfältiger Vermögensverwaltung und Liquidation des Depots zwischen dem 30. April 2001 und dem 31. Mai 2001 hätte das Depot statt des Minussaldos von Fr. 2'021'019.12 im Durchschnitt der betreffenden Zeitspanne einen Wert von etwa Fr. 3'190'000.00 aufgewiesen, wie der Privatgutachter der Beschwerdeführer anhand von Vergleichsportefeuilles berechnet habe. Da die Beschwerdegegnerin diese Schadensberechnung nie substantiiert bestritten habe, könne das Bundesgericht auf diesen Schadensbetrag abstellen.
1.4.2 Inwiefern das Privatgutachten prozesskonforme Sachbehauptungen enthält, welche die Beschwerdegegnerin im einzelnen hätte bestreiten müssen, damit sie nicht nach kantonalem Prozessrecht als anerkannt galten, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Dem angefochtenen Entscheid ist einzig zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer die Höhe des Minussaldos von Fr. 2'021'019.12 anerkannten, der nach der Liquidation ihrer Depotwerte im November 2003 entstanden ist, und dass die Beschwerdegegnerin weder den Zeitpunkt der Schadenschätzung substantiiert bestritten noch behauptet habe, ein allfälliger Schaden sei auf den 7. Februar 2001 hin zu berechnen (auf dieses Datum hatte das Bezirksgericht im Rahmen der Rechtsanwendung auf die vorgebrachten Tatsachen abgestellt). Dass die Beschwerdegegnerin für den Fall der Feststellung von Pflichtwidrigkeiten ihrerseits die Höhe des von den Beschwerdeführern behaupteten Guthabens von Fr. 3'190'000.-- per 15. Mai 2001 anerkannt hätte, ist demgegenüber nicht festgestellt. Da die Vorinstanz keinerlei Feststellungen zur Schadensberechnung der Beschwerdeführer getroffen hat, könnte das Bundesgericht entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keinen Endentscheid fällen, sondern müsste die Sache an die Vorinstanz zur Ergänzung des Sachverhalts mit Bezug auf die Schadenshöhe zurückweisen. Die Zulässigkeit der Beschwerde ist daher mit Bezug auf den Beschwerdeführer auch nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG nicht gegeben, weshalb nicht darauf einzutreten ist.
2.
Neben dem Rückweisungsentscheid enthält der angefochtene Beschluss auch einen im Ergebnis die Widerklage der Beschwerdeführerin abweisenden Entscheid. Damit wird das Verfahren bezüglich dieser Streitgenossin abgeschlossen (die Abweisung der ihr gegenüber erhobenen Klage ist bereits in Rechtskraft erwachsen), weshalb die Beschwerde nach Art. 91 lit. b BGG zulässig ist.
2.1 Die Vorinstanz erwog, für die Beurteilung der Widerklage sei nicht erheblich, dass die Beschwerdeführerin das Formular für die Kontoeröffnung mitunterzeichnet habe. Entscheidend sei vielmehr, wer den Verwaltungsauftrag vom 21. Januar 1998 unterschrieben habe, da die Beschwerdeführerin die Widerklage einzig mit der Verletzung der Sorgfalts-, Informations- und Treuepflicht der Beschwerdegegnerin bei Ausführung des Verwaltungsvertrages begründet habe. Die Beschwerdeführerin sei aber nicht Partei dieses Vertrages, weshalb die Beschwerdegegnerin ihr gegenüber wegen dessen allfälliger Verletzung nicht schadenersatzpflichtig werden könne. Die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zur Widerklage sei daher zu verneinen und die Widerklage abzuweisen.
2.2 Die Beschwerdeführerin bringt wie bereits vor Vorinstanz vor, sie mache gegenüber der Beschwerdegegnerin eine ausservertragliche Haftung nach Art. 41 OR geltend. Habe die Beschwerdegegnerin den Verwaltungsauftrag schlecht erfüllt, habe sie dem Gemeinschaftskonto/-depot der Beschwerdeführerin widerrechtlich Schaden zugefügt und sei zu dessen Ersatz verpflichtet. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung sei die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin gegeben.
2.3 Ein Schadenersatzanspruch gemäss Art. 41 Abs. 1 OR setzt unter anderem die Widerrechtlichkeit der Schadenszufügung voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Schadenszufügung widerrechtlich, wenn sie gegen eine allgemeine gesetzliche Pflicht verstösst, d.h. wenn entweder ein absolutes Recht des Geschädigten verletzt (Erfolgsunrecht) oder eine reine Vermögensschädigung durch Verstoss gegen eine einschlägige Schutznorm bewirkt wird (Verhaltensunrecht). Da das Vermögen kein absolutes subjektives Rechtsgut darstellt, ist eine reine Vermögensschädigung - auf eine solche beruft sich die Beschwerdeführerin - nur rechtswidrig, wenn sie auf einen Verstoss gegen eine Verhaltensnorm zurückgeht, die dem Schutz vor solchen Schädigungen dient (BGE 133 III 323 E. 5.1 S. 330 mit Hinweis). Die Haftung aus den behaupteten Pflichtverletzungen richtet sich nach Art. 398 OR. Die auftragsrechtlichen Sorgfalts-, Treue- und Aufklärungspflichten sind jedoch rein vertraglicher Natur. Sie bezwecken nicht den Schutz des Vermögens vertragsfremder Dritter. Dass die Beschwerdegegnerin gegen andere Rechtspflichten verstossen haben könnte, die dem (ausservertraglichen) Vermögensschutz dienen, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf und ist nicht ersichtlich. Widerrechtlichkeit im Sinne von Art. 41 OR liegt daher nicht vor, weshalb sich gestützt darauf kein Anspruch herleiten lässt. Damit hat die Vorinstanz die Widerklage der Beschwerdeführerin ungeachtet des Hinweises auf die Aktivlegitimation im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung der Widerklage der Beschwerdeführerin richtet, bleibt sie daher erfolglos.
3.
Aus den dargelegten Gründen ist auf die Beschwerde des Beschwerdeführers nicht einzutreten, und jene der Beschwerdeführerin ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit kosten- und entschädigungspflichtig.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde wird nicht eingetreten, jene der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerin unter solidarischer Haftbarkeit für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 15'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. November 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
Klett Luczak