BGer 6B_1056/2009 |
BGer 6B_1056/2009 vom 12.01.2010 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_1056/2009
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Urteil vom 12. Januar 2010
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Favre, Präsident,
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Bundesrichter Wiprächtiger,
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Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
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Gerichtsschreiber Stohner.
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Parteien
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X.________, vertreten durch Fürsprecher Pasquino Bevilacqua,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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A.________ AG, vertreten durch Fürsprecher Werner Meyer,
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Beschwerdegegnerin 1,
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Generalprokuratur des Kantons Bern, 3001 Bern,
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Beschwerdegegnerin 2.
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Gegenstand
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Brandstiftung, versuchte Herbeiführung einer Explosion, versuchter Betrug,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer, vom 18. Juni 2009.
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Sachverhalt:
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A.
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Das Obergericht des Kantons Bern befand X.________ am 18. Juni 2009 zweitinstanzlich der Brandstiftung, der versuchten Herbeiführung einer Explosion und des versuchten Betrugs schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von vier Jahren. Gleichzeitig widerrief es den X.________ mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 21. September 2005 für eine Strafe von drei Monaten und zwei Wochen Gefängnis gewährten bedingten Strafvollzug und ordnete den Vollzug der Strafe an.
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B.
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X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 18. Juni 2009 sei aufzuheben, und er sei freizusprechen. Der mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 21. September 2005 gewährte bedingte Strafvollzug sei nicht zu widerrufen. Eventualiter sei die Sache zu ergänzender Sachverhaltsabklärung und zu neuem Entscheid an die erste Instanz oder an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragt X.________, es sei das Privatgutachten des Wissenschaftlichen Diensts der Stadtpolizei Zürich vom 6. November 2009 als neues Beweismittel im Verfahren vor Bundesgericht zuzulassen.
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Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
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Erwägungen:
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1.
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Die Vorinstanz geht von folgendem Sachverhalt aus:
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In der Nacht vom 26. auf den 27. März 2006 brach in einer Garage in D.________ ein Brand aus. Das Gebäude dieser Garage steht im Eigentum der Beschwerdegegnerin 1, Mieter des Gebäudes und Eigentümer der Garageneinrichtung war der Beschwerdeführer. Zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin 1 kam es seit 2002 immer wieder zu Verfahren vor dem Mietamt.
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Die avisierte Feuerwehr, die in der Folge insbesondere die Experten des Dezernats Brände und Explosionen (BEX) und den Kriminaltechnischen Dienst der Kantonspolizei Bern aufbot, fand beim Eintreffen auf dem Brandplatz folgende Situation vor: Vor der Garage war ein Renault Espace parkiert, welcher der Beschwerdeführer tags zuvor erworben hatte. Im Innern des Wagens lagen drei rote Gasflaschen in geöffnetem Zustand. Daran befestigte Schläuche führten aus dem Fahrzeug hinaus und durch den Gasschieber am Tor ins Innere der Garage und liessen Gas ausströmen. Im Innern der Garage befanden sich acht Brandherde. Des Weiteren hatte die Täterschaft eine Zündvorrichtung angebracht, welche an einer Zeitschaltuhr angeschlossen war. Diese wiederum war bei einer Aussensteckdose der benachbarten Liegenschaft eingesteckt. Die drei Doppelflügeltore der Garage waren aufgerissen. Sonst fanden sich keine Einbruchspuren.
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Die Garage war mit einer Alarmanlage gesichert, welche mittels eines Badges und eines Codes ausgeschaltet werden konnte. Der Alarm wurde um 00:38:13 Uhr ausgelöst. Gegen 01:00 Uhr wurde der Beschwerdeführer von einem Zeugen in der Küche seiner Wohnung in E.________ gesehen.
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Im Zuge der Tatbestandsaufnahme konnten auf fünf verschiedenen zur Brandauslösung verwendeten Hilfsmitteln (Zeitschaltuhr, Stecker, gelbes Klebeband, zwei Schlauchstücke) komplette DNS-Profile des Beschwerdeführers isoliert werden (vgl. zum Ganzen angefochtenes Urteil S. 8-15).
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2.
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2.1 Der Beschwerdeführer legt ergänzend zu den im kantonalen Verfahren erhobenen Beweisen als weiteres Beweismittel ein Privatgutachten des Wissenschaftlichen Diensts der Stadtpolizei Zürich vom 6. November 2009 ins Recht. Er beantragt, dieses als neues Beweismittel im Sinne von Art. 99 BGG für das bundesgerichtliche Verfahren zuzulassen (Beschwerde S. 4-9).
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2.2 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im bundesgerichtlichen Verfahren nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Novencharakter hat ein Beweismittel nicht nur, wenn es neue Sachverhalte enthält, sondern auch, wenn es sich auf bereits in den Prozess eingeführte Tatsachen bezieht, wie dies namentlich bei Einreichung eines zusätzlichen Privatgutachtens der Fall ist, welches die im vorinstanzlichen Verfahren thematisierten Fragen zum Gegenstand hat.
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2.3 Der Beschwerdeführer hat bereits im kantonalen Verfahren mehrfach Antrag auf Einholung eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Diensts der Stadtpolizei Zürich gestellt. Diesen Antrag hat die Vorinstanz - wie zuvor bereits die Untersuchungsbehörden und die erste Instanz - in willkürfreier antizipierter Beweiswürdigung mit der Begründung abgewiesen, es bestehe keine Veranlassung, an den umfassenden Feststellungen im Schluss- und Ergänzungsbericht des Dezernats BEX der Kantonspolizei Bern vom 30. März 2007 respektive vom 24. August 2007 zu zweifeln (Beschluss der Vorinstanz vom 1. April 2009, vorinstanzliche Akten act. 2395 ff.). Im angefochtenen Urteil legt die Vorinstanz unter Bezugnahme auf die Schlussfolgerungen des Dezernats BEX und in weitestgehender Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Urteilsbegründung dar, weshalb sie den Sachverhalt als erstellt erachtet.
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Damit hat vorliegend nicht erst der Entscheid der Vorinstanz zur Einreichung des Privatgutachtens des Wissenschaftlichen Diensts der Stadtpolizei Zürich vom 6. November 2009 Anlass gegeben. Dieses neue Beweismittel ist unzulässig im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG und auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten.
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3.
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3.1 Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz (Beschwerde S. 10-19).
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3.2 Die Vorinstanz erwägt, die Garagentore seien durch die Täterschaft aufgedrückt worden. Diese müsse sich zuvor im Innern der Garage aufgehalten und die Brände vorbereitet haben, was bedeute, dass die Täterschaft über einen Schlüssel zur Garage und einen Badge für die Alarmanlage verfügt habe, da keine Einbruchspuren vorhanden gewesen seien und die Zeit ohne Abstellen der Alarmanlage nicht ausgereicht hätte, um die umfangreichen und zeitintensiven Vorbereitungshandlungen zu treffen. Die Alarmanlage sei erst kurz vor Verlassen des Tatorts wieder aktiviert worden. Da die Brände im Innern der Garage gelegt worden seien, sei eine Gasleitung von aussen in die Garage hinein sinnlos gewesen. Ebenso wenig sei die elektrische Zündvorrichtung mittels Zeituhr erforderlich gewesen. Mit diesen Vorkehren habe die Täterschaft eine Brandlegung von aussen suggeriert, um die Ermittlungsbehörden in die Irre zu führen. An einer solchen Täuschung aber habe einzig der Beschwerdeführer ein Interesse. Dieser habe für die Tatzeit kein Alibi, da es ihm möglich gewesen sei, mit seinem Fahrzeug innert 20 Minuten vom Tatort zu seiner Wohnung zu gelangen. Ein gewichtiges Indiz für seine Täterschaft seien die auf den zur Brandauslösung verwendeten Hilfsmitteln festgestellten DNS-Spuren. Des Weiteren sei der Beschwerdeführer im Besitz eines Schlüssels zur Garage und eines Badges für die Alarmanlage gewesen und verfüge über die nötigen Ortskenntnisse. Für seine Täterschaft sprächen namentlich auch die Positionierung des Renault Espace, die Tatsache, dass der verwendete Gartenschlauch aus seiner Garage stamme, sowie sein merkwürdiges Verhalten nach der Tat und sein auffälliges Aussageverhalten. Ferner stelle seine angespannte finanzielle Situation ein mögliches Tatmotiv dar. Aufgrund eines Brandereignisses in seiner Garage im Jahr 2001 habe der Beschwerdeführer eine Versicherungssumme von Fr. 315'000.-- ausbezahlt erhalten und daher die Erfahrung gemacht, dass sich ein Brand finanziell gesehen lohnen könne. Schliesslich gebe es keine objektiven Hinweise auf eine Dritttäterschaft (vgl. zum Ganzen angefochtenes Urteil S. 17-28).
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3.3 Art. 9 BV gewährleistet den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Auf dem Gebiet der Beweiswürdigung ist die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür beschränkt. Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen (BGE 134 I 140 E. 5.4). Dass das angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht (127 I 54 E. 2b).
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Wird eine willkürliche Beweiswürdigung gerügt, reicht es nicht aus, wenn der Beschwerdeführer zum Beweisergebnis frei plädiert und darlegt, wie seiner Auffassung nach die vorhandenen Beweise richtigerweise zu würdigen gewesen wären, wie er dies in einem appellatorischen Verfahren mit freier Rechts- und Tatsachenüberprüfung tun könnte. Er muss gemäss ständiger Rechtsprechung vielmehr aufzeigen, inwiefern die angefochtene Beweiswürdigung die Verfassung dadurch verletzen sollte, dass sie im Ergebnis offensichtlich unhaltbar wäre (vgl. BGE 129 I 49 E. 4; 128 I 81 E. 2; 127 I 38 E. 3c).
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3.4 Was der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz vorbringt, ist nicht geeignet, Willkür darzutun. Mit seinen Ausführungen stellt er der vorinstanzlichen Begründung über weite Strecken einzig seine eigene Sicht der Dinge gegenüber, indem er darlegt, wie die Beweise seiner Meinung nach zu würdigen gewesen wären. Dabei nimmt er insbesondere Bezug auf die Erwägungen im Privatgutachten des Wissenschaftlichen Diensts der Stadtpolizei Zürich vom 6. November 2009, um hierdurch zu belegen, dass er über ein Alibi für den Tatzeitpunkt verfüge (Beschwerde S. 10-18). Infolge Unzulässigkeit dieses neuen Beweismittels (vgl. E. 2 hiervor) sind diese Vorbringen von vornherein unbeachtlich, weshalb auf die Beschwerde insoweit nicht eingetreten werden kann. Auch im Übrigen vermag er in keiner Weise aufzuzeigen, dass bzw. inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich wäre. Entgegen seiner Auffassung (Beschwerde S. 18 f.) konnte die Vorinstanz, ohne in Willkür zu verfallen, namentlich folgern, die auf fünf verschiedenen zur Brandauslösung verwendeten Hilfsmitteln isolierten kompletten DNS-Profile des Beschwerdeführers stellten ein gewichtiges Indiz für dessen Täterschaft dar (angefochtenes Urteil S. 22 f. und S. 27). Der Beweiswert von DNS-Profilen ist gerichtsnotorisch, und die Vorinstanz konnte daher ohne Verletzung der Begründungspflicht und ohne den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör zu missachten, dessen Antrag auf Einholung eines Berichts beim Institut für Rechtsmedizin abweisen.
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4.
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Da der Beschwerdeführer seinen Antrag, der mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 21. September 2005 gewährte bedingte Strafvollzug sei nicht zu widerrufen, einzig damit begründet, vom Widerruf sei infolge des vollumfänglichen Freispruchs im vorliegenden Verfahren abzusehen, erübrigen sich bei diesem Verfahrensausgang nähere Ausführungen.
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Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 12. Januar 2010
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Favre Stohner
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