Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_675/2009
Urteil vom 19. Januar 2010
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiber Kathriner.
Parteien
S.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Christos Antoniadis,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Mai 2009.
Sachverhalt:
A.
Der 1952 geborene S.________ ist Transportchef sowie Inhaber der Firma T.________ GmbH und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Unfallfolgen versichert. Am 26. September 2006 fuhr ein Personenwagen in das Heck seines vor einem Rotlicht haltenden Autos. Eine von Dr. med. D.________, Facharzt für Allgemeinmedizin, durchgeführte Sonographie der rechten Schulter vom 21. November 2006 zeigte eine erhebliche perforierende Ruptur der Supraspinatussehne. Die SUVA verneinte mit Verfügung vom 2. Mai 2007 eine Leistungspflicht, da die geklagten Schulterbeschwerden rechts keine Folgen des Unfalls vom 26. September 2006 seien. Die bis zum 29. März 2007 angefallenen Kosten übernahm sie im Sinne von Abklärungsmassnahmen. SUVA-Kreisarzt Dr. med. O.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie, hielt in seiner medizinischen Beurteilung vom 13. Juni 2007 einen Kausalzusammenhang zwischen den Schulterbeschwerden und der Auffahrkollision vom 26. September 2006 für nicht gegeben. Mit Einspracheentscheid vom 8. August 2007 bestätigte die SUVA ihre Verfügung.
B.
Mit Beschwerde an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 11. September 2007 reichte S.________ eine Stellungnahme von Dr. med. D.________ vom 4. September 2007 ein, in der dieser mit grosser Wahrscheinlichkeit eine traumatische Genese der Befunde an der Schulter festhielt. Die SUVA gab mit Beschwerdeantwort eine ärztliche Beurteilung von Dr. med. K.________, Facharzt für Chirurgie, Abteilung Versicherungsmedizin der SUVA, vom 5. November 2007 zu den Akten, in welcher eine Unfallkausalität der Befunde verneint wurde. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 29. Mai 2009 ab.
C.
Mit Beschwerde lässt S.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und die Ausrichtung der gesetzlichen Leistungen beantragen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Vornahme weiterer Abklärungen an die SUVA zurückzuweisen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG ).
2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG), über den Unfallbegriff (Art. 4 ATSG) und über unfallähnliche Körperschädigungen (Art. 9 Abs. 2 UVV) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Grundsätze über den vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang, das notwendige Beweismass (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181) und zum Beweiswert medizinischer Berichte (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.
Zu ergänzen ist, dass bei Entscheiden, gestützt ausschliesslich auf versicherungsinterne ärztliche Beurteilungen, an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen sind: bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der ärztlichen Feststellungen, sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 122 V 157 E. 1d S. 162; BGE 8C_216/2009 vom 28. Oktober 2009 E. 4.4).
3.
Umstritten und zu prüfen ist der Kausalzusammenhang zwischen dem Auffahrunfall vom 26. September 2006 und den geklagten Schulterbeschwerden rechts.
3.1 SUVA-Kreisarzt Dr. med. O.________ äusserte sich in einer ärztlichen Beurteilung vom 13. Juni 2007 erstmals zur Kausalität der Befunde. Er verwies auf das Unfallereignis, bei dem keine höhere Krafteinwirkung auf das rechte Schultergelenk erfolgt sei. Entsprechend hätten sich dort zunächst auch keine Beschwerden bemerkbar gemacht. Diese seien zwei bis drei Wochen später aufgetreten. Die Abklärung habe einen entzündlichen Schub im Schultergelenk subacromial und intraartikulär bei einem Riss der Supraspinatussehne ergeben. Radiologisch habe sich zudem eine kleine Verkalkung im Bereich der Rotatorenmanschette gezeigt. Dies sei Hinweis für eine Tendinitis calcarea, allenfalls habe der Durchbruch eines Kalkdepots aus der Sehne in den Gelenkraum zum entzündlichen Schub geführt. Die festgestellten degenerativen Veränderungen erklärten jedoch schon für sich einen entzündlichen Schub. Die Veränderungen - AC-Gelenkarthrose, Riss der Supraspinatussehne, allenfalls Tendinitis calcarea - seien degenerative Erscheinungen. Ein Zusammenhang mit der Auffahrkollision vom 26. September 2006 sei nicht zu erkennen.
3.2
3.2.1 Dieser Einschätzung des SUVA-Kreisarztes steht eine Beurteilung von Dr. med. D.________ gegenüber, welcher am 21. November 2006 eine Sonographie durchgeführt hatte. Am 4. September 2007 hielt Dr. med. D.________ zum Bericht vom Dr. med. O.________ fest, aus seiner Sicht bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen dessen Angaben und seinem Sonographiebefund. Auf den Bildern habe er einen recht aktiven Entzündungsprozess festgestellt, und in der Sonographie sei eine fransig perforierende Ruptur von ca. 2 cm Grösse ersichtlich gewesen. Die Läsion habe teilweise noch scharf erkennbare Ränder gezeigt, welche nicht ausgedünnt gewesen seien. Diese Rissform sei in der Regel eher frischen Charakters, was mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine traumatische Genese spreche. Gegen relevante degenerative Veränderungen sprächen auch die anderen umliegenden kräftigen Sehnen. Wären überwiegend degenerative Veränderungen vorgelegen, so hätten sich diese auch an anderer Stelle zeigen müssen und die Sehne selbst wäre zudem schon deutlich ausgedünnt gewesen.
3.2.2 Dr. med. D.________ widerspricht damit der Einschätzung von Dr. med. O.________. Seine Aussagen sind begründet. Er verweist dabei auf die von ihm erhobenen bildgebenden Befunde. Insbesondere sein Hinweis auf den frischen Charakter der Rissform, welcher mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine traumatische Genese stehe, sowie der Hinweis auf die anderen umliegenden kräftigen Sehnen stehen im Widerspruch zur Aussage von Dr. med. O.________, wonach der Riss der Supraspinatussehne eine degenerative Erscheinung sei.
3.3
3.3.1 Die Beschwerdegegnerin holte hierauf bei Dr. med. K.________ am 5. November 2007 eine zusätzliche ärztliche Beurteilung ein. Dieser gab an, biomechanisch sei ein Sehnenriss in der Schulter im Falle eines leichten Auffahrunfalls bei einer sitzenden und angegurteten Person praktisch unmöglich. Eine Prellung der rechten Schulter habe eindeutig nicht stattgefunden. Eine beschwerdefreie Latenz von zwei bis drei Wochen mache eine Beteiligung der Schulter zudem noch viel unwahrscheinlicher. Ein traumatisierter Körperteil verursache sofort Schmerzen und nicht erst mehrere Wochen später. Es sei weder Aufgabe noch liege es in der Kompetenz eines Radiologen, gutachterliche Stellungnahmen zu Kausalitätsfragen abzugeben. Rückschlüsse auf die Kausalität allein aufgrund von Bildern seien prinzipiell nicht möglich, speziell bei schwierig zu interpretierenden Sonographien. Dr. med. D.________ habe die konventionellen Röntgenbilder nicht gesehen und kenne das Dossier mit den genauen Angaben zum Verlauf und den Fotos vom Auto nicht. Letztere bewiesen klar die geringe Heftigkeit der Auffahrkollision, welche für eine Schulterverletzung völlig ungeeignet sei. Eine traumatische Entstehung der von ihm beschriebenen perforierenden Ruptur der Supraspinatus-Sehne mit entzündlicher Reaktion und erheblicher Bursitis subacromialis sei theoretisch höchstens möglich. Auch die Tatsache, dass die Rotatorenmanschette auf der linken Seite schon 1994 habe operiert werden müssen, spreche für ein beidseitiges konstitutionell krankhaftes Problem.
3.3.2 Dr. med. K.________ verwies zur Begründung seiner Kausalitätsbeurteilung, wie bereits Dr. med. O.________, im Wesentlichen auf die geringe Krafteinwirkung beim leichten Auffahrunfall und den zeitlichen Abstand zwischen Unfallereignis und dem Auftreten der Schulterbeschwerden rechts. Diese machten sich ausweislich der Akten erstmals zwei bis drei Wochen nach dem Unfallereignis bemerkbar. Beim Auffahrunfall selber und in der Zeit danach war der Beschwerdeführer im Bereich der rechten Schulter hingegen beschwerdefrei, wie er auf dem Erhebungsblatt für die Abklärung von HWS-Fällen vom 13. November 2006 bestätigte. In der Zeit nach dem Unfallereignis traten lediglich leichte Nackenverspannungen mit Einschränkung der Kopfbeweglichkeit auf. In dieser Phase ging der Beschwerdeführer normal seiner beruflichen Tätigkeit nach und suchte seinen Hausarzt einen Monat nach dem Unfall erstmals auf. Dr. med. D.________ erwähnte in seiner Beurteilung diese Umstände nicht und gab auch keine mögliche Begründung hierfür an. Korrekt ist hingegen der Verweis des Beschwerdeführers auf ein Urteil, in dem im Fall einer Teilruptur der Supraspinatussehne ein Kausalzusammenhang zwischen einem Unfall und zeitlich erst später aufgetretenen Beschwerden bejaht wurde (Urteil 8C_656/2008 vom 13. Februar 2009). Als begründet erweist sich der Hinweis von Dr. med. K.________, wonach Dr. med. D.________ nicht über sämtliche Akten verfügte. Insbesondere hatte letzterer keine Kenntnis von den konventionell radiologischen Abklärungen vom 15. November 2006 und der Fotos des Unfallautos. Der Beweiswert seiner Beurteilung ist damit herabgesetzt.
3.3.3 Auch Dr. med. K.________ lieferte allerdings keine Erklärung für den von Dr. med. D.________ festgehaltenen frischen Sehnenriss. Er kritisierte hauptsächlich verschiedene Umstände, die den Beweiswert des Berichts von Dr. med. D.________ einschränken. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem festgestellten Sehnenriss nahm er jedoch nicht vor. Er bezeichnete diesen zwar nicht mehr wie noch Dr. med. O.________ als degenerativ, allerdings weiterhin nur möglicherweise als traumatisch bedingt. Nicht korrekt erweist sich, zumindest aufgrund der bisher in den Akten befindlichen Unterlagen, die Argumentation von Dr. med. K.________, wonach von einer früheren Operation der Rotatorenmanschette auf der linken Seite auf ein beidseits konstitutionell krankhaftes Problem geschlossen werden könne. Gemäss dem im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Gutachten von Dr. med. N.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie, vom 16. Juli 1999, waren die Unfälle in den Jahren 1994 und 1995 alleinige Ursachen für die früheren Beschwerden an der linken Schulter. Unfallfremde Faktoren schloss der Gutachter damals ausdrücklich aus, womit ein konstitutionell krankhaftes Problem zu verneinen ist.
3.4 Insgesamt ergibt sich, dass die Beurteilung von Dr. med. D.________ gewisse Mängel aufweist, worauf Dr. med. K.________ zu Recht hinweist. Insbesondere die zeitliche Differenz zwischen Unfallereignis und dem Auftreten der Beschwerden bleiben bei dessen Beurteilung ungeklärt. Andererseits liefern auch die SUVA-Ärzte keine überzeugende Erklärung für die bildgebenden Befunde von Dr. med. D.________. Der Bericht von Dr. med. D.________ vom 4. September 2007 vermag jedoch die von der Rechtsprechung vorausgesetzten geringen Zweifel an der Kausalitätsbeurteilung der SUVA-Ärzte zu begründen (vgl. E. 2 hievor). Die im Rahmen der Beweiswürdigung bei bloss versicherungsinternen medizinischen Beurteilungen verlangten strengen Anforderungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Sache ist daher an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit diese den Kausalzusammenhang in einem externen medizinischen Gutachten beurteilen lässt und anschliessend neu verfügt.
4.
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu erneuter Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG , unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235). Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten daher der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Dem obsiegenden, anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer steht eine Parteientschädigung zu.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Mai 2009 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 8. August 2007 werden aufgehoben. Die Sache wird an die SUVA zurückgewiesen, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Leistungsanspruch neu verfüge. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. Januar 2010
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
Leuzinger Kathriner