Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_804/2009
Urteil vom 19. Februar 2010
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiber Holzer.
Parteien
B.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Unia Arbeitslosenkasse,
Ausstellungsstrasse 36, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. Juli 2009.
Sachverhalt:
A.
B.________ (geb. 1946), dipl. Architekt ETH/SIA, war seit dem 1. Januar 1997 beim Amt X.________ als Projektleiter angestellt. Am 30. September 2005 wurde er im Rahmen einer Fürsorgerischen Freiheitsentziehung in die Psychiatrische Klinik Y.________ und anschliessend in die Psychiatrische Universitätsklinik A.________ eingewiesen. Gleichentags erstattete der Kantonsbaumeister gegen B.________ Strafanzeige wegen Drohung. Nachdem das Untersuchungsrichteramt das Strafverfahren gegen B.________ betreffend Drohung mit Verfügung vom 21. April 2006 eingestellt hatte, verfügte die Direktion des Amtes X.________ am 16. Mai 2006, das Arbeitsverhältnis mit B.________ werde per 30. September 2006 aufgelöst.
Am 1. Oktober 2006 meldete sich B.________ bei der Unia Arbeitslosenkasse (nachstehend: AlK Unia) zum Leistungsbezug an und beantragte eine Arbeitslosenentschädigung. Mit Verfügung vom 21. November 2006 und Einspracheentscheid vom 15. Januar 2007 stellte die AlK Unia B.________ ab 1. Oktober 2006 für 31 Tage in der Bezugsberechtigung ein, da der Versicherte durch sein Verhalten Anlass zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben habe und die Arbeitslosigkeit somit selbstverschuldet sei.
B.
Die von B.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. Juli 2009 dahingehend teilweise gut, als die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf 10 Tage herabgesetzt wurde.
C.
Mit Beschwerde beantragt B.________, ihm seien unter Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides die Taggelder ungekürzt auszubezahlen. Gleichzeitig beantragt er, er sei mündlich einzuvernehmen und stellt ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung.
Die AlK Unia und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beweiswürdigung durch das kantonale Gericht verletzt namentlich dann Bundesrecht, wenn es den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteile 9C_689/2008 vom 25. Februar 2009 E. 3.1 und 9C_1025/2008 vom 19. Januar 2009 E. 4.1).
2.
2.1 Inhalt und Tragweite von Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG und Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV sind im kantonalen Entscheid zutreffend dargelegt worden. Dasselbe gilt hinsichtlich der verschuldensabhängigen Einstellungsdauer (vgl. Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 lit. b AVIV). Das kantonale Gericht hat insbesondere zutreffend erwogen, dass in Nachachtung von Art. 20 lit. b des Übereinkommens Nr. 168 über Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit vom 21. Juni 1988 (SR 0.822.726.8) eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit nur bei Vorsatz der versicherten Person zulässig ist (vgl. auch BGE 124 V 234 E. 3a S. 236). Auch im Anwendungsbereich dieses Übereinkommens ist Vorsatz bereits dann im Sinne eines Eventualvorsatzes zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer wissen konnte und musste, dass er durch sein Verhalten womöglich eine Kündigung bewirkt, und er eine solche in Kauf nimmt (Urteil C 282/00 vom 11. Januar 2001 E. 2b; vgl. auch Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007, Rz. 831 S. 2427).
2.2 Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie den Beschwerdeführer für 10 Tage in der Anspruchsberechtigung einstellte, weil er durch sein Verhalten Anlass zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben habe und die Arbeitslosigkeit somit selbstverschuldet sei.
3.
3.1 Das kantonale Gericht hat in Würdigung der gesamten Akten für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellt, dass der Versicherte durch sein Verhalten und seine Äusserungen am Arbeitsplatz seine Mitarbeiter und Vorgesetzen beunruhigte und er damit den Grund für den Verlust der Arbeitsstelle gesetzt hat. Was der Beschwerdeführer gegen diese Feststellung vorbringt, vermag sie nicht als offensichtlich unrichtig erscheinen zu lassen.
3.2 Im vorinstanzlichen Entscheid finden sich keine Erwägungen dazu, inwiefern der Versicherte vorsätzlich auf den Verlust der Arbeitsstelle hingewirkt hat.
3.2.1 Der Beschwerdeführer hat gegen seine Entlassung aus dem öffentlichen Dienst stets opponiert und diese bis vor Bundesgericht angefochten (vgl. Urteil 1C_560/2008 vom 6. April 2009). Auf Grund seines Verhaltens kann ein direkter Vorsatz, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber - etwa um Leistungen der Arbeitslosenversicherung erwirken zu können - zu provozieren, ausgeschlossen werden.
3.2.2 Fraglich ist, ob der Versicherte im Sinne eines Eventualvorsatzes wissen konnte und musste, dass er durch sein Verhalten womöglich eine Kündigung bewirkt, und er eine solche in Kauf genommen hat. Rechtsprechungsgemäss handelt eventualvorsätzlich, wer den Eintritt des als möglich erkannten Erfolgs ernstnimmt, mit ihm rechnet und sich mit ihm abfindet, wobei ein Eventualvorsatz nur mit Zurückhaltung anzunehmen ist (vgl. Urteil 8C_504/2007 vom 16. Juni 2008 E. 5.3.2 mit Hinweisen auf die strafrechtliche Lehre und Rechtsprechung). Wie die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, legte der Versicherte ein Verhalten an den Tag, bei dem eine vernünftig handelnde Person damit rechnen musste, dass es die Fortdauer des Arbeitsverhältnisses gefährden konnte. Keine Feststellung hat die Vorinstanz zur Frage getroffen, ob der Beschwerdeführer noch in der Lage war, sich über sein Verhalten ausreichend Rechenschaft zu geben. Der Beschwerdeführer wurde noch am selben Tag, an dem er seine Mitarbeiter und seinen Vorgesetzten ernsthaft beunruhigte, im Rahmen einer Fürsorgerischen Freiheitsentziehung in die Psychiatrische Klinik Y.________ eingewiesen. Somit darf nicht ohne weitere Abklärungen von der Urteilsfähigkeit des Versicherten ausgegangen werden. Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen, Einsprache- und kantonaler Gerichtsentscheid sind aufzuheben und die Sache ist an die AlK Unia zurückzuweisen, damit sie die Urteilsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt des vorgeworfenen Verhaltens abkläre und hernach über die Einstellung neu entscheide. Stellt sich bei diesen Abklärungen heraus, dass der Versicherte die Gefahr einer Kündigung nicht mehr erkennen, mit ihr rechnen und sich mit ihr abfinden konnte, so entfiele die Grundlage für die Annahme eines Eventualvorsatzes und damit auch der Einstellungsgrund.
4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE 133 V 642 E. 5). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung des anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführers gegenstandslos. Bei diesem Verfahrensausgang erübrigt sich eine mündliche Einvernahme des Beschwerdeführers.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. Juli 2009 und der Einspracheentscheid der Unia Arbeitslosenkasse vom 15. Januar 2007 aufgehoben werden und die Sache an die Unia Arbeitslosenkasse zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung neu verfüge.
2.
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Staatssekretariat für Wirtschaft und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. Februar 2010
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Holzer