Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_945/2009
Urteil vom 23. Februar 2010
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Mathys, Bundesrichterin
Jacquemoud-Rossari.
Gerichtsschreiberin Binz.
Parteien
X.________, vertreten durch Fürsprecher Andreas Imobersteg,
Beschwerdeführer,
gegen
Generalprokuratur des Kantons Bern, 3001 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Einfache Verkehrsregelverletzung; Willkür,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 7. Oktober 2009.
Sachverhalt:
A.
X.________ wurde mit Urteil des Gerichtskreises III Aarberg-Büren-Erlach vom 22. Dezember 2008 der einfachen Verkehrsregelverletzung durch Nichtanpassen der Geschwindigkeit beim Einfügen in den Verkehr schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 200.-- bestraft. Dagegen appellierte X.________. Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte ihn am 7. Oktober 2009 wegen einfacher Verkehrsregelverletzung durch mangelnde Aufmerksamkeit gegenüber einem anderen Strassenbenützer und bestätigte den Strafpunkt.
B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der einfachen Verkehrsregelverletzung freizusprechen.
Erwägungen:
1.
Die erste Instanz hielt folgenden Sachverhalt als erstellt:
Während A.________ sich rückwärts aus der Parklücke bewegte, fuhr der Beschwerdeführer aus seiner gegenüberliegenden Parklücke über den freien Parkplatz vor ihm in Richtung Strasse. Dabei konzentrierte er sich auf eine Fussgängerin, der er den Vortritt gewährte, sowie auf das von rechts herannahende Fahrzeug von B.________. Nachdem der Beschwerdeführer nochmals nach links und rechts geschaut hatte, fuhr er relativ zügig los. Im Moment, als er wieder geradeaus schaute, kam es in der Mitte der Strasse zur Kollision mit A.________ (s. angefochtenes Urteil E. II 1. S. 4).
2.
2.1 Die Vorinstanz hält fest, bezüglich der Chronologie der Geschehnisse seien Ergänzungen und Präzisierungen anzubringen. Die Aussagen des Zeugen B.________ erschienen sehr glaubhaft. Er habe ausgesagt, angehalten zu haben, als er gesehen habe, wie A.________ rückwärts aus seiner Parklücke habe fahren wollen. Kurze Zeit später sei der Beschwerdeführer aus seiner Parklücke vorwärts auf die Strasse gefahren. Die Vorinstanz folgert, dass A.________ im Zeitpunkt der Kollision nicht mehr rückwärts gefahren sei. Der Beschwerdeführer habe erst anlässlich der ersten Einvernahme das Fahrzeug des Zeugen erwähnt. Dies erstaune, da das Verhalten des Zeugen entscheidend gewesen sein dürfte für den Entscheid, das Parkfeld zügig zu verlassen. Zudem habe der Beschwerdeführer die Aussagen des Zeugen zur Chronologie der Geschehnisse trotz deren Bedeutung erst in der Hauptverhandlung angezweifelt. Deshalb erschienen die Aussagen des Beschwerdeführers wenig überzeugend, weshalb nicht darauf abzustellen sei. Dafür, dass A.________ zum Zeitpunkt der Kollision nicht mehr rückwärts gefahren sei, spreche auch das Schadenbild. A.________ habe sich aufgrund der Platzverhältnisse erst nach rechts abdrehen können, als er sich bereits mit dem ganzen Fahrzeug auf der Strasse befunden habe. Der Schaden sei an der Heckstange und an der Heckklappe rechts entstanden. Demzufolge habe A.________ bereits nach rechts abgedreht und sich in den Fliessverkehr eingefügt. Die erste Instanz sei ungenau geblieben, wenn sie ausführe, dass der Beschwerdeführer aus der Parklücke gefahren sei, während sich A.________ rückwärts bewegt habe (angefochtenes Urteil E. IV 1. S. 9 ff.).
2.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz nehme in willkürlicher Weise an, dass A.________ sein Manöver bereits beendet habe, als es zur Kollision gekommen sei. Das Schadenbild spreche dafür, dass dieser mit seinem Fahrzeug ausschliesslich durch eine Rückwärtsbewegung in die beschriebene Unfallendlage gekommen sei. Wäre A.________ zum Zeitpunkt der Kollision bereits in Richtung des Fliessverkehrs gestanden oder vorwärts gefahren, wäre sein Fahrzeug tendenziell am Heck links oder allenfalls am Heck in der Mitte getroffen worden. Bei objektiver Betrachtung der Aussagen der Beteiligten sowie der Betrachtung des Schadenbildes kämen Zweifel an den vorinstanzlichen Feststellungen auf. Da dieser Sachverhalt für ihn gegenüber jenem der ersten Instanz klar ungünstiger sei, verletze die Vorinstanz den Grundsatz "in dubio pro reo". Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, die Vorinstanz habe sich eine Überprüfung des Sachverhalts unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Art. 36 Abs. 4 SVG vorbehalten. Er habe in der Appellation ausschliesslich die Verletzung von materiellen Bestimmungen des eidgenössischen Rechts gerügt. Die Vorinstanz habe die Überprüfung entgegen dem Grundsatz des Rügeprinzips nicht auf eine rechtliche Würdigung beschränkt. Es sei willkürlich, den bereits verbindlich festgestellten Sachverhalt anzupassen, um eine Verletzung von Art. 36 Abs. 4 SVG begründen zu können.
3.
Die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Busse wegen mangelnder Aufmerksamkeit erfolgte gestützt auf den Tatbestand der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln, bei welchem es sich gemäss Art. 90 Ziff. 1 SVG i.V.m. Art. 103 StGB um eine Übertretung handelt. Bilden ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des Verfahrens, so kann gemäss Art. 334 Abs. 3 des Gesetzes des Kantons Bern vom 15. März 1995 über das Strafverfahren (StrV BE) die Sachverhaltsfeststellung mit der Appellation nur angefochten werden, wenn sie auf einer offensichtlich unrichtigen Akten- oder Beweiswürdigung beruht.
3.1 Der Beschwerdeführer rügt eine willkürlich falsche Anwendung von kantonalem Verfahrensrecht. Gemäss Art. 95 BGG ist die Anwendung einfachen kantonalen Rechts von der Überprüfung durch das Bundesgericht ausgenommen. Sie kann mit Beschwerde an das Bundesgericht nur gerügt werden, wenn geltend gemacht wird, sie verletze gleichzeitig das Willkürverbot von Art. 9 BV. Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 135 II 356 E. 4.2.1 S. 362 mit Hinweis).
Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG, BGE 133 Il 249 E. 1.4.2 S. 254).
3.2 Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe sich in der Appellation nicht auf den Sachverhalt bezogen, ist nicht geeignet, eine willkürliche Anwendung von Art. 334 Abs. 3 StrV BE zu begründen. Obschon der Beschwerdeführer in der Appellationsbegründung die erstinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht als willkürlich rügte, wies er darauf hin, dass die Frage zum genauen chronologischen Ablauf der Geschehnisse umstritten sei (kantonale Akten pag. 121). Sein Vorbringen, im vorliegenden Verfahren seien in Analogie zu Art. 42 Abs. 2 BGG nur deutlich erhobene und genügend begründete Rügen zu überprüfen, erweist sich als unbegründet. Zum einen gilt das Rügeprinzip nicht uneingeschränkt (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Andererseits legt der Beschwerdeführer nicht substanziiert dar, inwiefern es offensichtlich unhaltbar ist, dass die Vorinstanz den Sachverhalt in Bezug auf den chronologischen Ablauf ergänzt und präzisiert. Darauf ist mangels hinreichender Begründung nicht einzutreten (Art. 106 Abs. 2 BGG).
4.
Was der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung vorbringt, ist ebenfalls nicht geeignet, Willkür darzulegen. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung basiert auf den Aussagen der Beteiligten und dem Schadenbild. Der Beschwerdeführer stellt dem grösstenteils einfach seine Sicht der Dinge gegenüber. So nimmt er beispielsweise eine eigene Würdigung des Schadenbildes vor, um den chronologischen Ablauf der Geschehnisse zu widerlegen. Aus einer solchen appellatorischen Kritik ergibt sich nicht, dass und inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt willkürlich im Sinne von Art. 9 BV festgestellt haben könnte. Auf die Rüge ist nicht einzutreten (Art. 106 Abs. 2 BGG). Angesichts des im Übrigen willkürfreien Beweisergebnisses bestehen keine unüberwindbaren Zweifel, dass sich der Sachverhalt wie von der Vorinstanz festgestellt verwirklicht hat. Somit liegt auch keine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" vor (s. BGE 129 I 49 E. 4 S. 58; 127 I 38 E. 2a S. 40 f.; je mit Hinweisen).
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. Februar 2010
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Favre Binz