Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_34/2010
Urteil vom 10. März 2010
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger,
Gerichtsschreiberin Häne.
Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Bertschinger,
Beschwerdeführerin,
gegen
Verhöramt des Kantons Glarus, Postfach 335, 8750 Glarus,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Strafverfahren; Parteientschädigung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichtspräsident des Kantons Glarus vom 4. Dezember 2009.
Sachverhalt:
A.
Mit Zusatzverfügung vom 27. Oktober 2009 (Ziff. 1) zu einem Strafmandat wegen falschen Zeugnisses entschied das Verhöramt des Kantons Glarus, Rechtsanwalt Urs Bertschinger sei mit seiner Zivilforderung von Fr. 628.40 an den Zivilrichter zu verweisen. Auf Beschwerde von X.________ hin hob der Kantonsgerichtspräsident des Kantons Glarus mit Entscheid vom 4. Dezember 2009 Ziff. 1 der Zusatzverfügung auf und verwies die Beschwerdeführerin mit einer Zivilforderung von Fr. 628.40 auf den Zivilweg. X.________ ersuchte in ihrer Beschwerde um Gelegenheit zur Einreichung einer Kostennote. Die Kosten wurden zulasten des Staats verlegt, und X.________ wurde in Ziff. 5 des Entscheids ermessensweise eine Parteientschädigung von Fr. 250.-- zulasten des Staats zugesprochen.
B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Sie beantragt, (1) Ziff. 5 des Entscheids des Kantonsgerichtspräsidenten vom 4. Dezember 2009 sei aufzuheben, (2) es sei ihr für das vorinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von mindestens Fr. 700.-- (inkl. Mehrwertsteuer und Barauslagen) zuzusprechen, (3) eventualiter sei Ziff. 5 des Entscheids des Kantonsgerichtspräsidenten aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, (4) unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegner. In prozessualer Hinsicht beantragt sie, (1) es sei ihr für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren, (2) es sei ihr in der Person des unterzeichnenden Rechtsanwalts ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen und (3) es sei ihrem Rechtsvertreter vor der Festsetzung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands Gelegenheit zur Einreichung einer Kostennote zu geben.
Erwägungen:
1.
Soweit die Beschwerdeführerin subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Sinne von Art. 113 ff. BGG erhebt, ist darauf nicht einzutreten. Die Beschwerde in Strafsachen steht nach Art. 78 Abs. 1 BGG gegen Entscheide in Strafsachen offen. Darunter fallen sämtliche Entscheide, denen materielles Strafrecht oder Strafprozessrecht zugrunde liegt. Nach dem Konzept der Einheitsbeschwerde soll der Rechtsmittelweg an das Bundesgericht vom Rechtsgebiet abhängen, auf welches die Streitsache letztlich zurückgeht. Dies ist vorliegend ein Strafverfahren wegen falschen Zeugnisses. Damit ist auch in Bezug auf die Parteientschädigung die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG das zutreffende Rechtsmittel (BGE 135 IV 43 E. 1.1.1 S. 45 f.). Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen.
2.
Die Vorinstanz erwägt, die Beschwerdeführerin sei mit ihrer Forderung auf den Zivilweg zu verweisen. In der Sache sei sie vollständig durchgedrungen, womit die Kosten zulasten des Staates gingen. Die Beschwerdeführerin sei angemessen zu entschädigen. Entgegen ihrem Ersuchen sei keine Kostennote einzuholen, da sich ihr notwendiger Aufwand im Wesentlichen auf die Erstellung der Beschwerdeschrift beschränkt habe und dieser eingeschätzt werden könne (angefochtener Entscheid S. 3).
3.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe ihr trotz ihres Ersuchens keine Gelegenheit zur Einreichung einer detaillierten Kostennote gegeben. Dadurch habe sie ihren Anspruch auf Behandlung nach Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV), ihren Anspruch auf ein gerechtes Verfahren (Art. 29 Abs. 1 BV) sowie ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt. Die von der Vorinstanz nach Ermessen festgesetzte Parteientschädigung von Fr. 250.-- sei "krass stossend". Es bestehe der Eindruck, die Vorinstanz habe sie bzw. ihren Rechtsvertreter mit einer "mickrigen Parteientschädigung" abstrafen wollen, da sie die staatlichen Untersuchungsorgane für deren inakzeptable Verfahrensführung gerügt habe. Sie habe sich gegen eine unkorrekte staatliche Verfahrensführung gewehrt und Anspruch auf volle Entschädigung. Das Verhalten der Vorinstanz sei treuwidrig und laufe letztlich darauf hinaus, dass kein Recht zur Einreichung einer Kostennote bestehe. Es könne nicht verlangt werden, dass bereits mit der ersten Rechtsschrift eine Kostennote eingereicht werde, da diesfalls die weiteren Kosten bis zum Schluss des Verfahrens nicht in der Kostennote enthalten wären. Auch wenn das Vorgehen der Vorinstanz nicht zu beanstanden wäre, würde die ermessensweise Festsetzung einer Parteientschädigung von Fr. 250.-- für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren gegen das Willkürverbot verstossen. Ihr Rechtsvertreter mache nicht nur den Aufwand hinsichtlich der Erstellung der Beschwerdeschrift geltend. Es sei ein Zeitaufwand von 3.2 Stunden zu einem äusserst bescheidenen Stundenansatz von Fr. 200.-- ausgewiesen, zuzüglich Auslagen im Betrag von Fr. 38.-- und Mehrwertsteuer im Betrag von Fr. 55.55. Ziehe man von der vorinstanzlich zugesprochenen Parteientschädigung von Fr. 250.-- die Mehrwertsteuer und die Barauslagen ab, so verbleibe ein Nettohonorar von Fr. 194.35. Diese Parteientschädigung sei "krass willkürlich" (Beschwerde S. 6 f.).
4.
Die Verlegung der Verfahrenskosten und die Ausrichtung einer Parteientschädigung im kantonalen Verfahren richten sich nach kantonalem Recht (Urteil des Bundesgerichts 6B_799/2007 vom 19. Juni 2008 E. 3.1). Die Verletzung kantonalen Rechts kann im Verfahren der Beschwerde an das Bundesgericht nur soweit gerügt werden, als darin ein Verstoss gegen das Willkürverbot im Sinne von Art. 9 BV liegt (vgl. Art. 95 BGG). Bei der Bemessung der Parteientschädigung steht dem Richter ein weiter Spielraum des Ermessens zu (BGE 111 V 48 E. 4a S. 49 mit Hinweisen). Das Bundesgericht greift praxisgemäss nur ein bei willkürlicher Anwendung der kantonalen Bestimmungen, welche die Bemessungskriterien für Parteientschädigungen umschreiben, oder bei einer Überschreitung oder einem Missbrauch des Ermessens durch die kantonalen Behörden. Darüber hinaus hebt das Bundesgericht die Festsetzung eines Anwaltshonorars auf, wenn sie ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu den mit Blick auf den konkreten Fall notwendigen anwaltlichen Bemühungen steht und in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstösst (vgl. zur Entschädigung des amtlichen Verteidigers BGE 118 Ia 133 E. 2b S. 134 mit Hinweisen). In Fällen, in denen eine kantonale Behörde den vom Anwalt in Rechnung gestellten Arbeitsaufwand als übersetzt bezeichnet, greift das Bundesgericht nur mit grosser Zurückhaltung ein. Es ist Sache der kantonalen Instanzen, die Angemessenheit anwaltlicher Bemühungen zu beurteilen, wobei sie über ein beträchtliches Ermessen verfügen (BGE 118 Ia 133 E. 2d S. 136 mit Hinweisen).
Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene kantonale Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft die Rüge der Verletzung des Willkürverbots gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet worden ist.
5.
Dass und inwiefern die Vorinstanz Bestimmungen des kantonalen Prozessrechts willkürlich anwendet, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend, weshalb dies nicht zu prüfen ist. Sie nennt insbesondere keine kantonale Rechtsgrundlage für ihre Behauptung, es werde jeweils die Möglichkeit zur Einreichung einer Kostennote gewährt (Beschwerde S. 6 f.). Auch betreffend die Rüge, die Parteientschädigung sei in willkürlicher Weise zu tief angesetzt worden (Beschwerde S. 7 f.), wird nicht dargelegt, welche Bestimmungen des kantonalen Rechts willkürlich angewandt wurden.
6.
6.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihr sei zu Unrecht nicht die Möglichkeit gewährt worden, eine Kostennote einzureichen, bzw. ihre Parteientschädigung sei in willkürlicher Weise festgesetzt worden. Soweit sie die diesbezügliche Sachlage aus ihrer Sicht schildert und die von ihr daraus gezogenen Schlüsse darlegt, erschöpft sich ihre Beschwerde in einer appellatorischen Kritik. Darauf ist nicht einzutreten.
6.2 Die Vorinstanz hat entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Festsetzung der Parteientschädigung das ihr zustehende grosse Ermessen weder überschritten noch missbraucht. Zum Zeitpunkt des Entscheids über die Festsetzung der Parteientschädigung lag der Vorinstanz keine Kostennote vor. Weder deren Feststellung, dass der notwendige Aufwand der Beschwerdeführerin, der sich im Wesentlichen auf die Erstellung der Beschwerdeschrift begrenzt habe, eingeschätzt werden könne, noch die Höhe der im angefochtenen Urteil festgesetzten Parteientschädigung sind unter den vorliegenden Umständen als willkürlich zu bezeichnen. Die zugesprochene Parteientschädigung von Fr. 250.-- ist zwar knapp bemessen, jedoch nicht geradezu offensichtlich unhaltbar. Im vorinstanzlichen Verfahren wurden weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht komplexe Fragen aufgeworfen. Letztlich ging es lediglich darum, dass im erstinstanzlichen Urteil anstelle der Beschwerdeführerin wohl versehentlich deren Rechtsanwalt mit einer Zivilforderung auf den Zivilweg verwiesen wurde, was durch das angefochtene Urteil korrigiert wird. Von der Verteidigung erforderte dies keine umfangreichen Darlegungen.
6.3 Es ist weiter nicht ersichtlich, inwiefern die Vorgehensweise der Vorinstanz gegen den Anspruch auf Behandlung nach Treu und Glauben, den Anspruch auf ein gerechtes Verfahren oder den Anspruch auf rechtliches Gehör verstossen soll. Es hätte der Beschwerdeführerin freigestanden, mit ihrer Eingabe vom 4. November 2009 an die Vorinstanz eine Kostennote einzureichen, die bei allfälligen, zu einem späteren Zeitpunkt notwendigen Aufwendungen hätte ergänzt werden können. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV ergibt sich kein Anspruch auf eine separate Anhörung zu der vom Gericht gestützt auf den Verfahrensausgang ins Auge gefassten Kosten- und Entschädigungsregelung. Die betroffene Person hat anlässlich ihrer Ausführungen zur Sache Gelegenheit, sich hierzu vorgängig zu äussern (Urteil des Bundesgerichts B 15/05 vom 29. März 2006 E. 10.1 mit Hinweis auf BGE 115 Ia 101 E. 2 S. 102 f.). Dass und inwiefern sich aus kantonalem Recht bezüglich der Kosten- und Entschädigungsfrage ein über die bundesverfassungsrechtliche Minimalgarantie hinausgehender Anspruch auf Stellungnahme ergäbe, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Ebenso wenig beruft sie sich auf eine andere kantonale Bestimmung, die ihr ein solches Recht einräumen würde. Die Tatsache, dass sie eine Aufforderung zur Einreichung einer Kostennote verlangte, ändert daran nichts. Das Verfahren wurde nicht in überraschender Weise bzw. unerwartet schnell erledigt. Die Beschwerdeführerin hätte somit durchaus die Gelegenheit gehabt, ihren anwaltlichen Aufwand geltend zu machen. Der Umstand, dass die Vorinstanz ermessensweise über die Parteientschädigung entscheidet, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
7.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario). Der Antrag der Beschwerdeführerin, dass ihrem Rechtsvertreter vor der Festsetzung der Parteientschädigung die Einreichung einer Kostennote zu ermöglichen sei, ist damit gegenstandslos.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Ihren angespannten finanziellen Verhältnissen ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgerichtspräsidenten des Kantons Glarus schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. März 2010
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Favre Häne