Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_718/2009
Urteil vom 23. März 2010
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Zünd,
Gerichtsschreiber Errass.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Steiner,
Beschwerdeführer,
gegen
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
Regierungsrat des Kantons Zürich.
Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, vom 26. August 2009.
Erwägungen:
1.
Der am 5. Februar 1967 geborene türkische Staatsangehörige X.________ ist seit dem 22. März 2002 mit der im Kanton Zürich niedergelassenen spanischen Staatsangehörigen Y.________ verheiratet. Ihm selber wurde nach der Heirat die Aufenthaltsbewilligung erteilt, seit dem 26. März 2007 ist er im Besitz der Niederlassungsbewilligung. Am 27. Mai 2007 beantragte X.________ den Nachzug seiner in der Türkei wohnhaften ausserehelichen Töchter A.________, geboren 1994, und B.________, geboren 1996. Die Mädchen lebten seit ihrer Geburt bei ihren Eltern C.________ und X.________ in der Türkei; nach der Ausreise des Vaters in die Schweiz am 6. August 2001 wurden sie vorerst weiterhin von der Mutter betreut. Am 3. September 2007 übertrug das Amtsgericht Kulu das Sorgerecht für A.________ und B.________ auf den Vater.
Mit Verfügung vom 23. Oktober 2007 lehnte das Migrationsamt des Kantons Zürich das Nachzugsgesuch für die beiden Töchter ab, was vom Regierungsrat des Kantons Zürich am 26. November 2008 sowie vom kantonalen Verwaltungsgericht am 26. August 2009 bestätigt wurde.
2.
Die von X.________ gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich am 29. Oktober 2009 erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist offensichtlich begründet, weshalb sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. b BGG mit summarischer Begründung gutgeheissen werden kann.
Die kantonalen Behörden berufen sich auf die in der Rechtsprechung zu Art. 17 ANAG entwickelten Kriterien für den Familiennachzug von Kindern bei Teilfamilien, wofür es besonderer familiärer Gründe bzw. einer zwingend notwendig gewordenen Änderung in den Betreuungsverhältnissen bedarf (BGE 133 II 6 E. 3.1 S. 9 ff.; 130 II 1 E. 2.2 S. 3 ff., je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer geht ebenfalls von dieser Rechtslage aus und macht geltend, die Kinder lebten weitgehend auf sich allein gestellt in Ankara, während die Kindsmutter die weitere Betreuung der Kinder ablehne und nach Istanbul zu ihrem neuen Freund gezogen sei. Das Verwaltungsgericht erachtet es für nicht glaubhaft, dass die Kindsmutter die Betreuung der Kinder verweigern und sie ihrem Schicksal überlassen sollte, und es verweist im weiteren auf eine Betreuungsmöglichkeit durch einen Onkel väterlicherseits, die angesichts des Alters der Kinder ausreichend erscheine. Diese Beurteilung durch das Verwaltungsgericht erscheint weder in tatsächlicher Hinsicht geradezu willkürlich, noch verstösst sie gegen Bundesrecht.
Es kommt darauf jedoch im Ergebnis nicht entscheidend an. Der Beschwerdeführer ist mit einer spanischen Staatsangehörigen verheiratet. Er kann sich deshalb auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) stützen. Der Anhang I zum FZA sieht vor, dass die Familienangehörigen einer Person, die Staatsangehörige einer Vertragspartei ist und ein Aufenthaltsrecht hat, über die Befugnis verfügen, bei dieser Wohnung zu nehmen. Als Familienangehörige gelten ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit u.a. der Ehegatte und die Verwandten in absteigender Linie, die noch nicht 21 Jahre alt sind (Art. 3 Abs. 2 lit. a Anhang I FZA). Das Recht auf Familiennachzug hängt nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts, die auf entsprechenden Entscheiden des EuGH beruht, nicht mehr von einem vorherigen rechtmässigen Aufenthalt in einem Signatarstaat des FZA ab (BGE 2C_196/2009 vom 29. September 2009 E. 3), und er gilt auch für Stiefkinder (BGE 2C_269/2009 vom 5. Januar 2010 E. 4; BGE 2C_490/2009 vom 2. Februar 2010 E. 3).
Ob ein Verweigerungsgrund gegeben ist (dazu BGE 2C_490/2009 E. 3.2.2 und 3.2.3), wird das Migrationsamt des Kantons Zürich erstinstanzlich zu prüfen haben, an welches die Angelegenheit zurückzuweisen ist.
3.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG) und hat der Kanton Zürich den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 BGG). Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wird über die kantonale Kosten- und Entschädigungsregelung neu zu befinden haben (vgl. Art. 67 BGG e contrario).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 26. August 2009 aufgehoben und die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen an das Migrationsamt des Kantons Zürich zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.
Zur Regelung der kantonalen Kosten- und Entschädigungsfrage wird die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, dem Regierungsrat des Kantons Zürich, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. März 2010
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Müller Errass